Lebensversicherungen haben in Deutschland nur eine geringe Haltbarkeitsdauer. Mehr als die Hälfte von ihnen wird vor dem Vertragsende storniert. Für den Versicherungsnehmer ist das in der Regel mit einem erheblichen Verlust verbunden. In den ersten Versicherungsjahren werden nämlich die eingezahlten Beiträge um die Abschluss- und Verwaltungskosten gekürzt. Ein Guthaben auf dem Versicherungskonto ergibt sich daher üblicherweise erst nach etlichen Jahren.

In vielen Fällen steht der Versicherungsnehmer aber besser, wenn er die Versicherung nicht storniert, sondern verkauft. Dabei kann er auf institutionelle Aufkäufer zugehen, die die Versicherungen direkt aufkaufen. Er kann aber auch auf Handelsplattformen versuchen, einen Käufer zu finden.

Eine solche Handelsplattform ist z.B. die Policenbörse der BÖAG Börsen AG, die auch die Börsen Hamburg und Hannover betreibt (www.policenboerse-deutschland.de). In einem Auktionsverfahren kann der Versicherungsnehmer hier seine Versicherung an den Meistbietenden verkaufen. Weitere Handelsplattformen sind z.B. www.life-jack.de oder www.zweitmarkt-auktion.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Kommt es zwischen den Kindeseltern sehr oft zu mit Umzügen verbundenen Trennungen und späteren Versöhnungen, kann ihnen die elterliche Sorge entzogen werden, sofern bei den Kindern gravierende Entwicklungsstörungen erkennbar werden.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Köln in einem entsprechenden Fall. Die Kindeseltern hatten sich hier 17 Mal getrennt und später wieder ausgesöhnt. Die Richter wiesen in ihrer Entscheidung darauf hin, dass diese vielen Trennungen zu schwerwiegenden Loyalitätskonflikten bei den Kindern führen könnten. Hierdurch werde eine störungs- und angstfreie Entwicklung der Kinder verhindert. Unerheblich sei dabei, dass die Eltern aus ihrer subjektiven Sicht davon überzeugt seien, dass eine liebevolle Beziehung zwischen Eltern und Kindern bestehe. Vielmehr sei auf die ichbezogene Wahrnehmung der Eltern in ihrer Beziehung abzustellen. Diese könne eine ordnungsgemäße Entwicklung der Kinder nämlich nicht sicherstellen. Es zeige sich nämlich, dass die Eltern wegen ihrer regelmäßigen Konflikte nicht fähig seien, das Kindeswohl ausreichend zu berücksichtigen und in den Mittelpunkt ihrer Beziehung zu stellen (OLG Köln, 4 UF 29/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Soweit Romanveröffentlichungen von Arbeitnehmern unter den Schutz von Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz fallen und keine Persönlichkeitsrechte anderer verletzen, kann eine außerordentliche Kündigung keinen Erfolg haben.

So entschied das Arbeitsgericht Herford im Fall eines Arbeitnehmers, der bei einem Möbelhersteller beschäftigt war. Er hatte einen Roman unter dem Titel „Wer die Hölle fürchtet, kennt das Büro nicht“ veröffentlicht. In dessen Vorwort hieß es: „In dieser Geschichte geht es um Personen und Handlungen, die natürlich frei erfunden sind. Sollte Euch vielleicht doch die eine oder andere Person erstaunlich bekannt vorkommen, kann das nur daran liegen, dass es wohl in jeder Firma einen Kollegen gibt, auf den die überzeichnete Beschreibung meiner Charaktere passen könnte. Ihr könnt Euch ja einfach Eure Kollegen in diese Geschichte hineindenken, dann wird es sicher noch amüsanter für Euch. Doch in Wirklichkeit kann es solche merkwürdigen Figuren ja gar nicht geben, oder…?“ Der Arbeitgeber verstand jedoch keinen Spaß und kündigte dem Arbeitnehmer fristlos.

Dessen Kündigungsschutzklage hatte Erfolg. Das Arbeitsgericht entschied, dass die Kündigung unwirksam sei. Eine außerordentliche Kündigung setze nämlich voraus, dass der Arbeitnehmer gegen eine ihm obliegende Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis verstoßen habe. Ein solcher Verstoß liege hier aber nicht vor. Die Veröffentlichung des Buches reiche hierfür nicht aus. Es sei auch nicht ersichtlich, dass durch das Buch Persönlichkeitsrechte von Kollegen/Kolleginnen oder der Geschäftsleitung verletzt würden. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht werde nur verletzt, wenn der Betroffene erkennbar zum Gegenstand einer medialen Darstellung gemacht werde. Und selbst in diesem Fall müsse geprüft werden, ob der hohe Stellenwert der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz) die Beeinträchtigungen von Persönlichkeitsrechten im Wege der Wechselwirkung möglicherweise rechtfertige. Vorliegend sei der Roman aber schon nicht auf den Betrieb des Arbeitgebers zugeschnitten. Teilweise Ähnlichkeiten seien auch in anderen Betrieben zu finden (Arbeitsgericht Herford, 2 Ca 1394/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bei der Genehmigung eines Bahnfunkmasts, der auf ein unmittelbar angrenzendes Nachbargrundstück optisch bedrängend wirkt, muss ein vorhandener Alternativstandort in die Abwägung einbezogen werden.

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall mehrerer Grundstückseigentümer. Diese sind Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks, an dem eine Bahnstrecke vorbeiführt. Mit Genehmigung des Eisenbahn-Bundesamts errichtete die DB Netz AG auf ihrem unmittelbar angrenzenden Nachbargrundstück einen 25 m hohen Sendemast. Er ist Teil eines neuen digitalen Funksystems, das u.a. der Sicherheit des Bahnverkehrs dient. Mit ihrer Klage wenden sich die Eigentümer gegen die optische Dominanz der am Rande des Wohngebiets errichteten Anlage. Sie machen insbesondere geltend, der Mast könne auf einem etwas entfernt gelegenen ebenfalls bahneigenen Grundstück aufgestellt werden.

Das OVG stellte die Rechtswidrigkeit der Genehmigung fest. Zwar halte der Sendemast die vorgeschriebenen Grenzwerte für Lärm und elektromagnetische Wellen ein. Ferner müssten die Eigentümer wegen ihrer Nachbarschaft zur Bahnlinie mit technisch notwendigen Veränderungen rechnen, die gegebenenfalls mit optischen Beeinträchtigungen verbunden seien. Jedoch seien diese Auswirkungen nach Ansicht der Richter durch die Wahl des Standorts der Anlage möglichst gering zu halten. Deshalb müssten Alternativstandorte, welche die optische Wirkung auf das Grundstück durch den 25 m hohen Mast minderten, in die Abwägungsentscheidung einbezogen werden. Dies habe das Eisenbahn-Bundesamt im Hinblick auf das für die Aufstellung des Funkmasts ebenfalls geeignete Grundstück, das aber nicht an die Wohnbebauung angrenze, bisher unterlassen. Deshalb sei die Genehmigung rechtswidrig (OVG Rheinland-Pfalz, 8 C 11052/10.OVG).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ist durch einen Sachverständigen nachgewiesen, dass eine Wärmedämmung zur Verhinderung von Schimmelbildung auf der gesamten Hausfassade notwendig ist, liegt eine bauliche Veränderung vor, die der ordnungsmäßigen Instandhaltung oder Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums dient.

Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt a.M. können die Wohnungseigentümer eine solche Maßnahme durch Stimmenmehrheit als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung beschließen. Dieser Beschluss muss nicht einstimmig erfolgen. Dies gelte nach Ansicht der Richter auch in dem Fall, in dem zwar eine Teildämmung ebenfalls wirtschaftlich vertretbar wäre, eine Volldämmung aber zu einem besseren Ergebnis führen würde. Ein verantwortungsbewusster Hauseigentümer würde daher die Volldämmung wählen. Als Konsequenz wurde daher die Klage eines Eigentümers gegen den Beschluss zurückgewiesen (OLG Frankfurt a.M., 20 W 138/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Mitarbeiterin eines Großmarkts ist nicht verpflichtet, sich die Personalien des Unfallverursachers geben zu lassen, der nach einem Unfall auf dem Parkplatz den Eigentümer des beschädigten Pkw ausrufen lässt. Der Betreiber des Großmarkts haftet daher auch nicht, wenn der Geschädigte den Ausruf nicht hört und sich der Unfallverursacher nachher nicht mehr ermitteln lässt.

Das musste sich ein Pkw-Fahrer vor dem Amtsgericht München sagen lassen. Nach einem Einkauf hatte er sein Fahrzeug beschädigt auf dem Parkplatz vorgefunden. Als er am Empfang des Großmarkts nach Zeugen fragte, wurde ihm erklärt, dass sich der Unfallverursacher dort gemeldet habe. Es sei das Kennzeichen des geschädigten Fahrzeugs ausgerufen worden. Die Personalien des Schädigers seien jedoch nicht notiert worden. Weil sich der Schädiger später nicht mehr ermitteln ließ, verlangte der Geschädigte den Ersatz seines Schadens vom Betreiber des Großmarkts. Durch die unterlassene Aufnahme der Personalien sei die Regulierung des Schadens vereitelt worden. Hierfür müsse der Betreiber des Großmarkts haften.

Das sah das Amtsgericht jedoch anders. Es wies die Klage ab, da der Großmarktbetreiber nicht für den Schaden hafte. Der Unfall habe sich rein zufällig auf seinem Gelände ereignet. Eine nähere Beziehung zu dem Schädiger habe nicht bestanden. Die Person habe sich damit nicht im Einflussbereich des Großmarkts befunden. Als die Person zum Empfang kam, sei zudem noch gar nicht bekannt gewesen, dass sich der Schädiger nachher vom Unfallort entfernen würde. Die Mitarbeiterin habe damit auch nicht rechnen müssen. Sie hätte zu diesem Zeitpunkt auch nicht einmal einen Anspruch auf die Mitteilung von Name und Adresse gegenüber dem Unfallverursacher gehabt. Aus diesem Grunde könne sie auch keine Pflicht verletzt haben (Amtsgericht München, 343 C 6867/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine Krankenkasse kann ein notwendiges Hilfsmittel nicht mit der Begründung ablehnen, der entsprechende Bedarf könne auch durch Pflegekräfte gedeckt werden.

So entschied das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz im Fall einer behinderten Frau, die ihre Krankenkasse per einstweiliger Verfügung verpflichten wollte, die Kosten für einen Dusch-WC-Aufsatz zu übernehmen. Die Krankenkasse verweigerte die Zahlung mit dem Argument, für die Intimreinigung sei bereits ein Pflegebedarf ermittelt, der durch die Pflegekräfte gedeckt werde.

Dieser Argumentation wollten sich die Richter jedoch nicht anschließen und gaben der Frau recht. Die Vorgehensweise der Krankenkasse sei mit dem Grundsatz der Selbstbestimmung aus dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) nicht zu vereinbaren. Diese lege nämlich gerade fest, dass die Leistungen an behinderte Menschen deren Selbstbestimmung fördern sollen. Zudem würde dies auch gegen die Menschenwürde verstoßen. Eine solche Einschränkung der Antragstellerin könne auch nicht vorübergehend bis zur Entscheidung in der Hauptsache hingenommen werden. Der Betrag sei daher bereits im Rahmen der einstweiligen Verfügung zuzusprechen (LSG Rheinland-Pfalz, L 5 KR 59/11 B ER).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine Vormundschaft für ein Kind muss nicht allein deshalb eingerichtet werden, weil die Eltern im Ausland wohnen und dort nur schwer zu erreichen sind. Die Eltern bleiben in diesem Fall auch dann Inhaber der elterlichen Sorge, wenn sie deren Ausübung einer dritten Person übertragen haben.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz und wies den Antrag auf Einrichtung einer Vormundschaft für ein 10-jähriges Kind aus Afghanistan zurück. Der Junge leidet an einem mehrfachen Herzfehler. Durch Vermittlung einer Hilfsorganisation lebt er seit Oktober 2008 mit Zustimmung seiner in Afghanistan verbliebenen Eltern bei der Antragstellerin in Deutschland. Auf diese Weise kann das Kind die erforderliche medizinische Versorgung erhalten, die in Afghanistan nicht gesichert wäre. Die Antragstellerin hat die Einrichtung einer Vormundschaft beantragt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Rechtsstatus des Kindes sei ungeklärt. Die Eltern des Kindes seien in Afghanistan nur schwer zu erreichen und deshalb an der Ausübung der elterliche Sorge gehindert. Eine Postanschrift existiere nicht. Da die Eltern nur ihre Muttersprache sprächen, könne sie nicht direkt und nicht jederzeit mit ihnen kommunizieren, sondern nur über Dritte wie den Dorfvorsteher oder den Vorsteher der Moschee des kleinen Ortes, in dem die Eltern leben.

Der Antrag auf Einrichtung einer Vormundschaft hatte schon in erster Instanz keinen Erfolg. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen diese Entscheidung des Familiengerichts hat das OLG nun zurückgewiesen. Die Einrichtung einer Vormundschaft sei nach Ansicht der Richter nicht erforderlich, da das Kind weiter unter der elterlichen Sorge seiner in Afghanistan lebenden Eltern stehe. Diese hätten zwar die Ausübung der elterlichen Sorge in zulässiger Weise bis auf Weiteres auf die Antragstellerin übertragen. Sie könnten die erteilte Vollmacht aber jederzeit widerrufen und die Sorgerechtsverantwortung wieder selbst übernehmen. Eine Vormundschaft sei nur einzurichten, wenn ein Minderjähriger nicht unter elterlicher Sorge stehe. Die elterliche Sorge ruhe auch nicht. Dies sei nur der Fall, wenn die Eltern die elterliche Sorge tatsächlich über längere Zeit nicht ausüben könnten. Hierzu reiche die bloße physische Abwesenheit nicht aus, wenn die Eltern – wie hier – ihr Kind bei Dritten gut versorgt wüssten und auch aus der Ferne Einfluss auf die Ausübung der elterlichen Sorge nehmen könnten. Die Eltern des Kindes seien erreichbar, wenn auch mühsam und über Umwege. Die Eltern seien auch in der Lage, selbst Kontakt zu ihrem Kind aufzunehmen. Dass sie auf die elterliche Sorge in den vergangenen Jahren keinen Einfluss genommen hätten, stehe diesem Ergebnis nicht entgegen (OLG Koblenz, 11 UF 153/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der eigenmächtige Urlaubsantritt eines Arbeitnehmers rechtfertigt grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung.

Nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Berlin-Brandenburg könne sich diese Kündigung aber im Rahmen der Interessenabwägung als unverhältnismäßig herausstellen. Geprüft werden müsse, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz der erheblichen Pflichtverletzung des Arbeitnehmers zumindest bis zum Ende der Kündigungsfrist zugemutet werden könne. Abzuwägen sei dabei das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand. Zu berücksichtigen sei insbesondere der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Danach ist eine fristlose Kündigung ungerechtfertigt, wenn die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers durch mildere Mittel geahndet werden könne. Im vorliegenden Fall hatte das Arbeitsverhältnis 31 Jahre lang beanstandungsfrei bestanden. Nach einer solch langen Zeitspanne sei es nach Ansicht der Richter unverhältnismäßig, ohne eine vorherige Abmahnung außerordentlich zu kündigen (LAG Berlin-Brandenburg, 10 Sa 1823/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Auch eine nicht prüfbare Schlussrechnung kann fällig werden, wenn der Bauherr keine Einwendungen macht.

Das musste sich ein Bauherr vor dem Bundesgerichtshof (BGH) sagen lassen. Sein Argument „nicht prüfbare Schlussrechnung“ gegen die Abrechnung ging nicht auf. Der BGH verwies in seiner Urteilsbegründung zwar noch einmal darauf, dass eine Werklohnklage grundsätzlich als unbegründet abzuweisen ist, wenn der Bauherr die erteilte Schlussrechnung nicht prüfen könne. Das gelte aber nicht, wenn der Bauherr nach Erhalt der Schlussrechnung zwei Monate untätig bleibe und die fehlende Prüfbarkeit nicht rüge. In diesem Fall sei die Werklohnforderung gleichwohl fällig. An dieser Fälligkeit ändere sich auch nichts, wenn weitere, nicht prüfbare Schlussrechnungen vorgelegt würden. Vielmehr müsse eine Sachprüfung erfolgen. Hier werde festgestellt, ob die Forderung berechtigt sei (BGH, VII ZR 41/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl