Schlagwortarchiv für: Diskriminierung

Das Landgericht (LG) Berlin II hat eine Wohnungsbaugesellschaft zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 11.000 Euro wegen einer Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verurteilt. Die Vermieterin habe den Mieter wegen seiner Behinderung diskriminiert.

Mieter war auf Rollstuhl angewiesen
Der Mieter sitzt im Rollstuhl. Um sein Wohnhaus eigenständig verlassen oder betreten zu können, verlangten er und sein Ehemann von der Vermieterin die Zustimmung zum Bau einer Rampe. Die Vermieterin verweigerte diese, sodass die Frage in einem – anderen – gerichtlichen Verfahren geklärt werden musste. Laut der dortigen Entscheidung des LG musste die Vermieterin die Zustimmung zum Bau einer Rampe erteilen. Im weiteren Verfahren sprach das LG dem Mieter nun eine Entschädigung zu, weil die Vermieterin ihn aufgrund seiner Behinderung diskriminiert habe. Grundlage ist das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot nach § 19 AGG. Danach ist eine Benachteiligung, z.B. wegen einer Behinderung, auch in zivilrechtlichen Massengeschäften unzulässig. Vermietung von Wohnraum fällt darunter, sofern Vermieter insgesamt mehr als 50 Wohnungen vermieten, was vorliegend der Fall ist.

Unmittelbare Benachteiligung des Mieters
Da die Vermieterin die Zustimmung zum Bau der Rampe über zwei Jahre bis zur Entscheidung des LG verwehrte, habe sie den Mieter durch Unterlassen unmittelbar benachteiligt. Sie sei nach § 5 AGG verpflichtet gewesen, die Benachteiligung des Klägers durch positive Maßnahmen zu beseitigen, z.B. die Erteilung der Zustimmung zum Bau einer Rampe. Dieser Handlungspflicht sei die Vermieterin nicht nachgekommen. Im Vergleich zu anderen Mietern ohne (körperliche) Behinderung sei ihm der Zugang zur Wohnung rechtswidrig versagt worden.

Die Höhe der Entschädigung begründet das Gericht mit den gravierenden Folgen der Benachteiligung für den Kläger und dem Verhalten der Vermieterin. Aus Sicht des Gerichts handelte diese nicht problemorientiert, sondern verweigerte zwei Jahre lang hartnäckig die Zustimmung zum Bau der Rampe aus pauschalen Gründen, die nicht ansatzweise zu überzeugen vermochten. Ohne Hilfe Dritter war es dem Kläger nicht möglich, die vorhandenen sechs Treppenstufen zu überwinden und er konnte das Haus nicht spontan verlassen oder betreten. Er war dadurch in seiner Bewegungs- und Handlungsfreiheit stark eingeschränkt.

Quelle: LG Berlin II, Urteil vom 30.9.2024, 66 S 24/24, PM 32/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Wenn im IT-Bereich mehr Männer als Frauen beschäftigt werden, entfaltet dies keine Indizwirkung für einen Benachteiligungsgrund. Ebenso wenig indiziert das Verwenden der Ansprache „Du“ eine Altersdiskriminierung. Zu diesem Ergebnis kam jetzt das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln.

Geschlechterdiskriminierung?
Werden im IT-Bereich mehr Männer als Frauen beschäftigt, könne dies viele Gründe haben, etwa den, dass sich auf diesem Sektor mehr Männer als Frauen bewerben. Die Feststellung, dass ein Betrieb der IT-Branche nur männliche Angestellte habe, genüge für sich ebenfalls nicht, um eine Indizwirkung zu begründen. Dieser Umstand sage nichts darüber aus, welche Personen welchen Geschlechts mit welcher Qualifikation sich überhaupt auf eine Arbeitsstelle beworben hätten und eingestellt worden seien.

Auch die Ausschreibung der Stelle als Vollzeitstelle könne nicht dahin verstanden werden, als habe der ArbG hiermit signalisiert, an der Einstellung von Frauen nicht interessiert zu sein oder männliche Bewerber zu bevorzugen. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass Frauen möglicherweise häufiger an einer Teilzeitstelle interessiert seien und häufiger in Teilzeit arbeiteten als Männer. Dieser Umstand erlaube keinen Rückschluss auf eine Präferenz des ArbG für männliche Bewerber.

Altersdiskriminierung?
Schließlich indiziere das Verwenden der Ansprache „Du“ keine Altersdiskriminierung. Dies sei vielmehr eine weit verbreitete Wortwahl (nicht nur) in der modernen IT-Branche.

Quelle: LAG Köln, Beschluss vom 30.9.2020, 11 Ta 161/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat eine Verfassungsbeschwerde gegen arbeitsgerichtliche Entscheidungen zu einer Kündigung wegen einer groben menschenverachtenden Äußerung nicht zur Entscheidung angenommen. Damit bleiben die Entscheidungen der Gerichte für Arbeitssachen wirksam, wonach die Äußerung „Ugah, Ugah“ gegenüber eienem dunkelhäutigen Kollegen eine menschenverachtende Diskriminierung darstellt, die sich nicht unter Berufung auf das grundgesetzlich garantierte Recht auf freie Meinungsäußerung rechtfertigen lässt.

Das war geschehen
Der Beschwerdeführer betitelte in einer kontrovers ablaufenden Betriebsratssitzung einen dunkelhäutigen Kollegen mit den Worten „Ugah, Ugah!“, der ihn wiederum als „Stricher“ bezeichnete. Die daraufhin gegen den Beschwerdeführer ausgesprochene Kündigung erachteten die Arbeitsgerichte als wirksam, auch aufgrund einer einschlägigen vorhergehenden Abmahnung, die aber nicht zu einer Änderung seines Verhaltens geführt hatte.

Das sagte der Beschwerdeführer
Dagegen berief sich der Beschwerdeführer auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit – erfolglos. Die Arbeitsgerichte hätten seine Grundrechte gegenüber dem Kündigungsinteresse der Arbeitgeberin nicht abgewogen. Man dürfe ihm keine rassistische Einstellung vorwerfen. Der Umgangston im Betriebsrat sei durchaus „hin und wieder flapsig“. Das liege daran, dass es von allen Betriebsratsmitgliedern gewollt sei, die teilweise abstrakte bürokratische Materie durch Auflockerung der Gesprächsatmosphäre zu fördern. Es gehöre zum gepflegten Umgangston unter den Betriebsratsmitgliedern und sei bislang nie ein Problem gewesen. Seine Einwände blieben erfolglos.

So sieht es das BVerfG
Das BVerfG hält die Wertungen für richtig, die die Arbeitsgerichte getroffen haben, und die sich aus den Grundrechten der Meinungsfreiheit und Menschenwürde sowie dem Diskriminierungsverbot ergeben. Sie verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinem Grundrecht der Meinungsfreiheit. Die Einschränkung der Meinungsfreiheit durch die arbeitsgerichtliche Bestätigung der Kündigung sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Zutreffend wurde die konkrete Situation als maßgeblich angesehen, in der ein Mensch mit dunkler Hautfarbe direkt mit nachgeahmten Affenlauten adressiert wird. Der Schluss, dass aufgrund der Verbindung zu einem nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verpönten Merkmal keine nur derbe Beleidigung vorliege, sondern die Äußerung fundamental herabwürdigend sei, sei auch im Lichte des grundgesetzlichen Diskriminierungsverbots korrekt, das sich gegen rassistische Diskriminierung wendet.

Menschenwürde vor Meinungsfreiheit
Das Grundrecht der Meinungsfreiheit erfordere im Normalfall eine Abwägung zwischen drohenden Beeinträchtigungen der persönlichen Ehre und der Meinungsfreiheit. Die Meinungsfreiheit trete aber zurück, wenn herabsetzende Äußerungen die Menschenwürde antasten oder sich als Formalbeleidigung oder Schmähung darstellen. Das haben die Gerichte hier in Anwendung des Kündigungsschutzrechts nicht verkannt, so das BVerfG. Sie hätten ausführlich begründet, dass und warum es sich um menschenverachtende Diskriminierung handelt. Danach wird die Menschenwürde angetastet, wenn eine Person nicht als Mensch, sondern als Affe adressiert wird, und damit das Recht auf Anerkennung als Gleiche unabhängig von der „Rasse“ verletzt wird. Diese Wertung sei ebenso, wie die im Rahmen der fristlosen Kündigung geforderte Gesamtwürdigung, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Quelle: BVerfG, Beschluss vom 2.11.2020, 1 BvR 2727/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Mobbing im Team. AußenseiterDas Amtsgericht Hannover hat eine hannoversche Diskothek verurteilt, an einen klagenden promovierten hannoverschen Rechtsanwalt 1000 EUR Entschädigung wegen Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgesetz zu zahlen und künftig Benachteiligungen des Klägers aus Gründen der ethnischen Herkunft zu unterlassen.

Das Gericht sieht es als bewiesen an, dass der Kläger am späten Abend des 13.7.14, nach dem Finalsieg der deutschen Fußballnationalmannschaft, aus Gründen seiner Dunkelhäutigkeit nicht in eine Diskothek im Steintorviertel eingelassen wurde. Der Kläger, dessen Mutter aus Sri Lanka stammt, ist dunkelhäutiger Deutscher. Nach Vernehmung von sieben Zeugen stellte das Gericht fest, dass der Kläger mit einem Trikot der deutschen Fußballnationalmannschaft dem Anlass durchaus entsprechend gekleidet und auch nicht alkoholisiert war. Einen von der Beklagten vorgetragenen allgemeinen Einlassstopp konnte das Gericht nicht erkennen, da die hellhäutigen Begleiter des Klägers problemlos Zutritt zu der Diskothek bekamen. Das Gericht hat nach der Beweiserhebung keinen Grund feststellen können, der es der Beklagten ermöglicht hätte, den Kläger zu Recht abzuweisen. Es hat vielmehr festgestellt, dass „in Ermangelung anderer Gründe die Dunkelhäutigkeit des Klägers der Grund für den verweigerten Eintritt war“.

Wegen Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wurde der Inhaber der Diskothek verurteilt, an den Kläger 1000 EUR Entschädigung für die erlittene Diskriminierung zu zahlen. Das Gericht geht davon aus, dass dieser Betrag für die Beklagte künftig eine Abschreckungswirkung entfalten kann. Außerdem hat die Beklagte es künftig zu unterlassen, dem Kläger aufgrund seiner ethnischen Herkunft den Zutritt zu der Diskothek zu verwehren.

Quelle Amtsgericht Hannover, Urteil vom 25.11.2015, 549 C 12993/14, Abruf-Nr. 145951 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

 

ArbeitsrechtDie wiederholte Kündigung einer schwangeren Frau ohne Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde kann einen Anspruch auf Geldentschädigung wegen Diskriminierung auslösen.

Das hat das Arbeitsgericht Berlin entschieden und den beklagten Arbeitgeber zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 1.500 EUR verurteilt. Der Arbeitgeber hatte die bei ihm beschäftigte Klägerin bereits während der Probezeit gekündigt. Diese Kündigung hatte das Arbeitsgericht in einem vorangegangenen Kündigungsschutzverfahren für unwirksam erklärt. Die Klägerin hatte dem Arbeitgeber nämlich gleich nach der Kündigung mitgeteilt, dass sie schwanger sei. Dabei hatte sie auch den Mutterpass vorgelegt. Der Arbeitgeber hatte trotzdem keine Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde zur Kündigung eingeholt. Einige Monate später kündigte er erneut ohne Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde. Seine Einlassung, er sei davon ausgegangen, dass die Schwangerschaft schon beendet sei, ließ das Arbeitsgericht nicht gelten. Es erklärte auch die erneute Kündigung für unwirksam. Zudem muss der Arbeitgeber eine Geldentschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zahlen. Er habe aufgrund des ersten Kündigungsschutzverfahrens und der Kenntnis des Mutterpasses mit dem Fortbestand der Schwangerschaft rechnen müssen (Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 8.5.2015, 28 Ca 18485/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Platten / IdeeArbeitnehmer sind durch geregelte Altersgrenzen regelmäßig durch gesetzliche Rentenansprüche materiell abgesichert. Arbeits- und tarifvertragliche Altersgrenzen verstoßen damit nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

So entschied es das Arbeitsgericht Bonn im Fall eines 66-jährigen Rundfunkjournalisten. Er war seit über 30 Jahren als freier Mitarbeiter für eine Rundfunkanstalt tätig. Ende 2012 teilte der Sender ihm das Ende der bisherigen Zusammenarbeit wegen Erreichens der gesetzlichen Rentenaltersgrenze mit. Darin sah der Journalist eine Altersdiskriminierung und klagte gegen den Sender auf Zahlung einer Entschädigung von mindestens 25.000 EUR.

Das Arbeitsgericht wies die Klage jedoch ab. Arbeits- und tarifvertragliche Altersgrenzen, die an das Erreichen der gesetzlichen Altersgrenzen anknüpfen, sind nach dem AGG zulässig. Grund: Die Arbeitnehmer sind dann regelmäßig durch gesetzliche Rentenansprüche materiell abgesichert (Arbeitsgericht Bonn, 3 Ca 685/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

RechtsbeistandWird unter Verstoß gegen das Mutterschutzgesetz einer schwangeren Arbeitnehmerin eine Kündigung erklärt, stellt dies eine Benachteiligung wegen des Geschlechts dar und kann einen Anspruch auf Entschädigung auslösen.

Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer Arbeitnehmerin, die sich aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert sah. Im Kleinbetrieb ihrer Arbeitgeberin galt zwar nicht das Kündigungsschutzgesetz. Für die schwangere Klägerin bestand jedoch der besondere Kündigungsschutz des Mutterschutzgesetzes (MuSchG). Anfang Juli 2011 wurde aus medizinischen Gründen zudem ein Beschäftigungsverbot nach dem MuSchG für die Klägerin ausgesprochen. Dem Ansinnen der Arbeitgeberin, dieses Beschäftigungsverbot nicht zu beachten, widersetzte sich die Klägerin. Am 14. Juli 2011 wurde festgestellt, dass ihre Leibesfrucht abgestorben war. Für den damit notwendig gewordenen Eingriff wurde die Klägerin auf den 15. Juli 2011 ins Krankenhaus einbestellt. Sie unterrichtete die Arbeitgeberin von dieser Entwicklung noch am 14. Juli 2011 und fügte hinzu, dass sie nach der Genesung einem Beschäftigungsverbot nicht mehr unterliegen werde. Die Beklagte sprach umgehend eine fristgemäße Kündigung aus und warf diese noch am 14. Juli in den Briefkasten der Klägerin.

Die Richter am BAG bestätigten die Vorinstanz, die der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 3.000 EUR zugesprochen hatte. Die Klägerin sei wegen ihrer Schwangerschaft von der Arbeitgeberin ungünstiger behandelt und daher wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden. Dies ergebe sich schon aus dem Verstoß der Arbeitgeberin gegen das Mutterschutzgesetz. Da Mutter und totes Kind noch nicht getrennt waren, bestand noch die Schwangerschaft im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung. Auch der Versuch, die Klägerin zum Ignorieren des Beschäftigungsverbots zu bewegen und der Ausspruch der Kündigung noch vor der künstlich einzuleitenden Fehlgeburt weist die ungünstigere Behandlung der Klägerin wegen ihrer Schwangerschaft nach. Der besondere gesetzliche Schutz der schwangeren Frau vor Benachteiligungen führe jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden auch zu einem Entschädigungsanspruch nach dem AGG (BAG, 8 AZR 838/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Sucht ein öffentlicher Arbeitgeber in einer an „Berufsanfänger“ gerichteten Stellenanzeige für ein Traineeprogramm „Hochschulabsolventen/Young Professionells“ und lehnt er einen 36jährigen Bewerber mit Berufserfahrung bei einer Rechtsschutzversicherung und als Rechtsanwalt ab, so ist dies ein Indiz für eine Benachteiligung dieses Bewerbers wegen seines Alters. Der Arbeitgeber trägt dann die Beweislast dafür, dass ein solcher Verstoß nicht vorgelegen hat. Er darf sich darauf berufen, dass der Bewerber aufgrund seiner im Vergleich zu den Mitbewerbern schlechteren Examensnoten nicht in die eigentliche Bewerberauswahl einbezogen worden ist.

So entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer öffentlich-rechtlichen Krankenhausträgerin. Diese hatte Zeitungsinserate aufgegeben, in denen es u.a. hieß: „Die C. hat in den kommenden Jahren einen relevanten Bedarf an Nachwuchsführungskräften. Um diesen abzudecken, gibt es ein spezielles Programm für Hochschulabsolventen/Young Professionells: Traineeprogramm an der C. Dabei sollen jährlich zunächst zwei Hochschulabsolventen rekrutiert und dem Programm „C“ zugeführt werden. Da es sich per definitionem um Berufsanfänger handelt, stehen neben den erworbenen Fähigkeiten vor allem die persönlichen Eigenschaften im Mittelpunkt.“ Der damals 36-jährige Kläger, ein Volljurist mit mehrjähriger Berufserfahrung, erhielt auf seine Bewerbung eine Absage. Dies sah er als eine Benachteiligung wegen seines Alters an und verlangte von der Beklagten eine Entschädigung. Die Beklagte bestritt eine solche Diskriminierung und machte geltend, sie habe eine Auswahl nach den Examensnoten getroffen und nur diejenigen Bewerber in Betracht gezogen, die Examensnoten von gut oder sehr gut aufgewiesen hätten. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Die Revision des Klägers hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts teilweise Erfolg. Die Stellenausschreibung, die sich an Hochschulabsolventen/Young Professionells und an Berufsanfänger richtet, begründe nach Ansicht der Richter ein Indiz für eine Benachteiligung des abgelehnten Klägers wegen dessen Alters. Dieses Indiz könne die Beklagte widerlegen, wenn sie nur die Bewerber mit den besten Examensnoten in die Bewerberauswahl einbezogen hätte. Das Grundgesetz gebe nämlich vor, dass sie als öffentliche Arbeitgeberin die Stellen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Bewerber besetzen müsse. Da der Kläger eine solche Bewerberauswahl durch die Beklagte bestritten hatte, war die Sache zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (BAG, 8 AZR 429/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Begründet ein Arbeitgeber seine Maßnahme gegenüber dem Arbeitnehmer, muss diese Auskunft zutreffen. Ist sie dagegen nachweislich falsch oder steht sie im Widerspruch zum Verhalten des Arbeitgebers, kann dies ein Indiz für eine Diskriminierung bedeuten.

Hierauf wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer türkischstämmigen Arbeitnehmerin hin. Diese war zunächst befristet für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Dezember 2008 als Sachbearbeiterin eingestellt worden. Im Oktober 2008 fand ein Personalgespräch statt, in dem es auch um Arbeitsfehler der Arbeitnehmerin ging. Im November 2008 wurde die Verlängerung der befristeten Beschäftigung für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Januar 2010 vereinbart. Im September 2009 teilte der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin mit, dass eine Verlängerung oder Entfristung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. Februar 2010 nicht erfolgen werde. Die Arbeitnehmerin machte, auch mit Hinweis auf den geringen Anteil von Beschäftigten nichtdeutscher Herkunft, eine Diskriminierung wegen ihrer ethnischen Herkunft geltend. Dies verneinte der Arbeitgeber, weitere Begründungen lehnte er ab. Am 31. Januar 2010 erstellte der Arbeitgeber ein Arbeitszeugnis mit der Leistungsbeurteilung „zu unserer vollsten Zufriedenheit“. Gegen die von der Klägerin angestrengte Klage auf Entschädigung wegen ethnischer Diskriminierung verteidigte sich der Arbeitgeber mit dem Argument, die Entfristung sei wegen der nicht genügenden Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin abgelehnt worden.

Anders als das Arbeitsgericht hat das Landesarbeitsgericht den Arbeitgeber zur Zahlung einer Entschädigung von 2.500 EUR und von Schadenersatz verurteilt. Dessen Revision hatte Erfolg. Die Verurteilung könne nach Ansicht des BAG nicht auf die vom Landesarbeitsgericht gegebene Begründung gestützt werden. Das Landesarbeitsgericht werde aber aufzuklären haben, ob die vom Arbeitgeber erteilten Auskünfte über die Gründe der Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses Indizwirkung für eine Diskriminierung der Arbeitnehmerin (Klägerin) haben, weil diese Auskünfte möglicherweise falsch waren oder im Widerspruch zu dem sonstigen Verhalten des Beklagten standen. Das Landesarbeitsgericht müsse zudem prüfen, ob das erteilte Zeugnis falsch war oder die Begründung, eine Entfristung sei wegen der Leistungsmängel der Arbeitnehmerin nicht möglich gewesen. Auch wird dem Vortrag der Arbeitnehmerin nachzugehen sein, zuvor sei eine andere, ebenfalls nicht zutreffende Auskunft erteilt worden. Die Arbeitnehmerin soll zunächst auf einen Wegfall ihres Arbeitsplatzes wegen einer bevorstehenden Fusion hingewiesen worden sein (BAG, 8 AZR 364/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Aus einer falschen Anrede in der Ablehnung einer Bewerbung kann keine Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft hergeleitet werden.

Aus diesem Grund wies das Arbeitsgericht Düsseldorf die Entschädigungsklage einer Frau ab. Diese hatte sich erfolglos um die Stelle als lebensmitteltechnische Assistentin beworben. In dem Ablehnungsschreiben wurde sie unzutreffend mit „Sehr geehrter Herr“ angeredet. Sie ist der Ansicht, aus dieser Anrede ergebe sich, dass sie wegen ihres Migrationshintergrunds nicht eingestellt worden sei. Aus ihrer mit Foto eingereichten Bewerbung gehe eindeutig hervor, dass sie weiblich sei. Dies belege, dass man ihre Bewerbung offensichtlich keines Blickes gewürdigt und diese wegen ihres bereits aus dem Namen sich ergebenden Migrationshintergrunds aussortiert habe. Mit der Klage hat sie eine Entschädigung in Höhe von 5.000 EUR verlangt.

Das Arbeitsgericht erläuterte, dass ein Entschädigungsanspruch nach dem AGG voraussetze, dass die Bewerberin wegen eines der dort genannten Merkmale wie der Rasse oder ethnischen Herkunft benachteiligt worden sei. Dabei genüge es, dass sie Tatsachen vortrage, aus denen sich nach allgemeiner Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine solche Benachteiligung ergebe. Dann müsse der Arbeitgeber nachweisen, dass keine Benachteiligung vorliege. Vorliegend reiche der Vortrag der Frau für eine solche Beweislastverlagerung aber nicht aus. Die Verwechslung in der Anrede lasse keine Benachteiligung wegen der Rasse oder der ethnischen Herkunft vermuten. Es sei genauso wahrscheinlich, wenn nicht sogar näherliegend, dass der falschen Anrede in dem Ablehnungsschreiben ein schlichter Fehler bei der Bearbeitung dieses Schreibens zugrunde liege (Arbeitsgericht Düsseldorf, 14 Ca 908/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl