Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat entschieden: Ein Beschäftigungsverhältnis wird erst ab dem Beginn der Entgeltfortzahlung und nicht schon mit Abschluss des Arbeitsvertrags begründet.

Zu Beginn des Arbeitsverhältnisses krankgemeldet

Geklagt hatte ein 36-jähriger Arbeitsloser, dessen Anspruch auf Arbeitslosengeld Ende Oktober 2023 auslief. Anfang Oktober unterschrieb der Mann einen Arbeitsvertrag als Lagerist bei einem Reinigungsunternehmen zu einem Monatslohn von 3.000 Euro brutto. Er trat die Arbeit jedoch nie an, da er sich zu Beginn des Arbeitsverhältnisses krankmeldete. Zwei Wochen später kündigte die Firma innerhalb der Probezeit.

Krankenkasse zahlte kein Krankengeld

Die Krankenkasse des Mannes lehnte daraufhin die Zahlung von Krankengeld ab. Begründung: Es habe kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden, da der Mann kein Einkommen erzielt habe.

Der Mann verklagte das Unternehmen und verlangte die Anmeldung zur Sozialversicherung ab dem Beginn des Arbeitsvertrags. Er vertrat dazu die Auffassung, dass bereits durch einen rechtsgültigen Vertrag, der eine Entgeltzahlung vorsehe, ein Beschäftigungsverhältnis zustande komme. Dies müsse auch gelten, wenn ihm der Arbeitsantritt krankheitsbedingt nicht möglich sei. Andernfalls würde er aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit leer ausgehen.

Landessozialgericht gab Krankenkasse Recht

Das LSG vermochte sich der Rechtsauffassung des Klägers nicht anzuschließen. Der Arbeitgeber müsse ihn nicht zur Sozialversicherung anmelden, da ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht schon mit dem Beginn des Arbeitsvertrags entstanden sei. Erforderlich sei vielmehr, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall habe. Dieser Anspruch entstehe jedoch bei neuen Arbeitsverhältnissen generell erst nach einer vierwöchigen Wartezeit.

Wartezeit war ohnehin nicht erfüllt

Diese gesetzliche Regelung solle verhindern, dass Arbeitgeber die Kosten der Lohnfortzahlung für Arbeitnehmer tragen müssen, die direkt nach der Einstellung erkrankten. Der Gesetzgeber habe eine solche Konsequenz als unbillig angesehen.

Unabhängig davon müsse der Mann sich erst an seine Krankenkasse wenden, bevor er seinen Arbeitgeber verklage.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 21.1.2025, L 16 KR 61/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Ein Ehemann kann nach der Trennung von seiner Frau verlangen, die Nutzungsverhältnisse an einem gemeinsamen Haus neu zu ordnen. Das stellte das Oberlandesgericht (OLG) Celle fest.

Ärzteehepaar trennte sich

Nachdem sich ein Ärzteehepaar getrennt hatte, wollte der Mann in ein gemeinsames Haus des Paares ziehen. Doch dort wohnte seine Schwiegermutter. In der ihr allein gehörenden Ehewohnung lebte die Frau mit den gemeinsamen Kindern. Der Mann schlief zunächst in seiner Praxis, dann bei Bekannten. Schließlich wohnte er zur Untermiete.

Den Eheleuten gehörte aber hälftig noch das von der Schwiegermutter bewohnte Einfamilienhaus mit Garten. Dieser wollte der Mann wegen Eigenbedarf kündigen. Dazu war die Mitwirkung seiner Ehefrau erforderlich. Das lehnte sie ab. Sie meinte, der Mann wolle sie nur zwingen, ihrer Mutter zu kündigen. Auch habe er noch ein weiteres Haus. Der Mann klagte.

Amtsgericht: Eigenbedarf nicht genügend dargelegt

Das Amtsgericht (AG) wies seine Klage ab. Der Mann habe den Eigenbedarf nicht hinreichend dargelegt. Da die Schwiegermutter eine nahe Angehörige sei, könne ihre Tochter selbst Eigenbedarf anmelden. So zog der Mann vor das OLG.

So sah es das Oberlandesgericht

Das OLG gab dem Mann Recht. Ihm sei seit der Trennung ein Festhalten am Mietverhältnis nicht länger zuzumuten. Auch habe er seinen Eigenbedarf ausreichend dargelegt. Er hatte vorgetragen, dass sein jetziges Mietverhältnis nur befristet war. Ein ständiges Wohnen in der Praxis sei ihm nicht zuzumuten. Ein Umzug in das andere Haus sei ihm ebenfalls nicht zuzumuten, da dieses noch ein Rohbau sei und er auch kein Geld für einen Umzug habe. Nach all dem sah das OLG den geltend gemachten Eigenbedarf nicht als „offensichtlich aussichtslos“ an. Vor allem sei die Frau in der Lage, ihre Mutter in der Ehewohnung und einer nicht genutzten Einliegerwohnung aufzunehmen.

Quelle: OLG Celle, Beschluss vom 19.2.2025, 21 UF 237/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Ein Auftrag zur Genehmigungsplanung ist so zu verstehen, dass auch die Beauftragung mit vorangehenden Leistungsphasen erfasst ist, sofern diese nicht bereits von Dritten erbracht und dem Architekten zur Verfügung gestellt wurden. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe entschieden.

Ein Architekt war mündlich damit beauftragt worden, die Baugenehmigung für die Erweiterung eines Gasthofs einzuholen. Damit war klar, dass er die Leistungsphase 4 im Leistungsbild Gebäude und Innenräume sowie Tragwerksplanung erbringen musste. Da er vom Auftraggeber nur Bestandszeichnungen erhalten hatte, die nicht an eine Vor- oder Entwurfsplanung heranreichten, verlangte er auch das Honorar für diese notwendigen Leistungen. Der Auftraggeber weigerte sich. Er meinte, er habe nur die Genehmigungsplanung beauftragt.

Das OLG gab dem Architekten Recht und sprach ihm das Honorar für die Leistungsphasen 1 bis 4 zu. Es komme nicht auf die Regelungen der HOAI, sondern auf den Inhalt des konkreten Auftrags an. Nicht entscheidend sei, ob die Parteien einen schriftlichen oder mündlichen Vertrag geschlossen, sondern was sie tatsächlich vereinbart haben. Ein Auftrag zur Genehmigungsplanung müsse dann so verstanden werden, dass auch die Beauftragung mit vorangehenden Leistungsphasen erfasst ist, da diese notwendige Voraussetzung für die Erstellung der Genehmigungsplanung ist. Etwas anderes gelte nur, wenn die vorangehenden Planungsleistungen bereits von Dritten erbracht wurden und dem Architekten zur Verfügung gestellt werden.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle: OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.10.2022, 4 U 142/20

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Wer ein Kraftfahrzeug mit einem weit über der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h liegenden Tempo fährt, muss seine volle Konzentration auf das Verkehrsgeschehen richten. Schon die kurzzeitige Ablenkung durch Bedienung des Navigationssystems kann bei derartigen Geschwindigkeiten den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit begründen. So hat es das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg entschieden.

Konzentrieren und Gerätebedienen ist gefährlich

Geklagt hatte eine Autovermieterin gegen den Fahrer eines vermieteten Pkw. Der Fahrer war auf der Autobahn verunfallt und hatte den Wagen beschädigt. Während er auf der linken Spur fuhr, bediente er das Infotainmentsystem des Fahrzeugs bei Tempo 200, um dort Informationen abzurufen. Dabei geriet das Fahrzeug nach links von der Fahrbahn ab und stieß gegen die Mittelleitplanke.

Mietvertrag sah Kürzung der Haftungsfreistellung vor

Das Gericht verwies auf die Vereinbarung im Mietvertrag. Danach könne die Haftungsfreistellung entsprechend der Schwere des Verschuldens gekürzt werden. Der Fahrer habe hier grob fahrlässig gehandelt. Die Autovermieterin könne daher die Hälfte des Schadens – ca. 12.000 Euro – bei ihm geltend machen.

Für das Gericht war es dabei unerheblich, dass der Pkw einen sog. Spurhalteassistenten hatte. Zumindest bei derart hohen Geschwindigkeiten reduziere dieser den Schuldvorwurf nicht.

Quelle | OLG Nürnberg, Urteil vom 2.5.2019, 13 U 1296/17

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat entschieden: Bürgergeldempfänger gelten nicht als hilfebedürftig, wenn sie ein (zu) großes Einfamilienhaus gebaut haben und dessen Wert zur Sicherung des Lebensunterhalts nutzen können.

Familie hatte während Bürgergeldbezug größeres Haus gebaut

Dem Verfahren lag ein Eilantrag einer Familie aus dem Emsland zugrunde. Diese hatte ihr selbstbewohntes Hausgrundstück für 514.000 Euro verkauft, nachdem sie während des Bürgergeldbezugs ein neues Haus gebaut hatte. Aufgrund des erzielten Verkaufserlöses hob der Grundsicherungsträger die Leistungsbewilligung auf.

Demgegenüber vertrat die Familie die Auffassung, das neue Haus sei geschütztes Vermögen und dürfe nicht zur Deckung des Lebensunterhalts herangezogen werden. Zudem berief sie sich auf die gesetzliche Karenzzeit von 12 Monaten, während der auch großzügige Wohnverhältnisse voll finanziert werden müssten.

Landessozialgericht: Familie nicht bedürftig

Das LSG bestätigte die Auffassung der Behörde. Die Familie sei nicht bedürftig, da das neue Hausgrundstück mit 254 m² Wohnfläche und sieben Bewohnern kein geschütztes Vermögen darstelle. Eine Verwertung des Vermögens zur Sicherung des Lebensunterhalts sei durch Beleihung möglich. Bei einem Verkehrswert von 590.000 Euro und einer Grundschuld von 150.000 Euro stehe ein unbelasteter Wert von 440.000 Euro zur Verfügung.

Die Berufung auf die gesetzliche Karenzzeit lehnte das Gericht ebenfalls ab. Die Regelung diene dem Zweck, dass Leistungsempfänger nicht sofort ihr angespartes Vermögen, etwa für die Altersvorsorge, aufbrauchen müssen, wenn sie nur vorübergehend auf Bürgergeld angewiesen sind. Die Karenzzeit solle dabei helfen, plötzliche Härten abzufedern.

Im vorliegenden Fall handele es sich jedoch nicht um eine unerwartete Notlage, sondern um langjährige Leistungsbezieher, die ihre Wohnsituation und ihr Immobilienvermögen optimieren wollten. So habe die Familie als Verkaufsgrund des alten Hauses angegeben, die Entfernung zur Innenstadt sei ihnen zu weit gewesen.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 7.1.2025, L 11 AS 372/24 B ER, PM vom 20.1.2025

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Die Kosten eines Vaterschaftsanerkennungsverfahrens können zwischen dem im Verfahren ermittelten biologischen Vater und der Mutter hälftig geteilt werden. Weder der Umstand, dass der Vater nicht bereits auf Basis eines Privatgutachtens zur Anerkennung der Vaterschaft bereit war, noch, dass er nach Angaben der Mutter der einzige Verkehr in der gesetzlichen Empfängniszeit war, rechtfertigen eine alleinige Kostenlast des Vaters. So entschied nun das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main.

Streit um Kosten

Die Beteiligten streiten über die Kosten eines Abstammungsverfahrens. Die Mutter des Kindes hatte angegeben, mit dem sog. Putativvater (also dem, der als möglicher Vater in Betracht kommt) in der gesetzlichen Empfängniszeit Geschlechtsverkehrs gehabt zu haben. Ein außergerichtlicher Vaterschaftstest hatte diesen als Vater festgestellt. Das Kind begehrte daraufhin, die Vaterschaft des Putativvaters gerichtlich festzustellen. Nach Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens stellte das Amtsgericht (AG) die biologische Vaterschaft des Putativvaters fest und legte die Verfahrenskosten hälftig der Mutter und dem nun festgestellten Vater auf.

So sah es das Oberlandesgericht

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Mutter gegen die Auferlegung der Hälfte der Kosten. Dies hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Das AG habe im Ergebnis zutreffend die Kosten nach billigem Ermessen zwischen der Kindesmutter und dem Kindesvater hälftig geteilt, bestätigte das OLG die angefochtene Entscheidung. Bei einem Vaterschaftsfeststellungsverfahren handele es sich nicht um ein echtes Streitverfahren. Neben dem Gesichtspunkt des Obsiegens und Unterliegens könnten deshalb weitere Umstände von Bedeutung sein. Eine Beteiligung des Kindes an den Kosten sei allerdings regelmäßig unbillig, da es selbst nicht zur Unsicherheit an der Vaterschaft beigetragen habe.

Hier sei es nicht angemessen, dem Vater die alleinigen Kosten aufzuerlegen. Er habe insbesondere nicht „grob schuldhaft“ das Verfahren veranlasst. Ihm sei es vielmehr nicht zumutbar gewesen, die Vaterschaft bereits außergerichtlich ohne gutachterliche Klärung der biologischen Abstammung durch Sachverständigengutachten anzuerkennen. Allein die Angabe der Mutter, sie habe in der Empfängniszeit nur mit dem Vater verkehrt, genüge zur Begründung eines groben Verschuldens nicht. Vielmehr habe der Vater berechtigte Zweifel an seiner Vaterschaft haben dürfen. Unwidersprochen habe er mit der Kindesmutter in der Empfängniszeit keine Beziehung geführt und auch nicht mit ihr zusammengelebt. Damit hätten ihm konkrete Einblicke in die Lebensverhältnisse der Kindesmutter während der gesetzlichen Empfängniszeit gefehlt. Für ihn habe damit auch keine Möglichkeit bestanden, abzuschätzen oder zu beurteilen, ob die Mutter des Kindes zu weiteren Männern eine intime Beziehung unterhalten habe.

Außergerichtlicher Vaterschaftstest schließt gerichtliche Überprüfung nicht aus

Auf den bereits außergerichtlich durchgeführten Vaterschaftstest habe er sich nicht verlassen müssen. Er könne vielmehr geltend machen, dass er angesichts der hohen rechtlichen Anforderungen an die Richtigkeit und Vollständigkeit eines Abstammungsgutachtens eine gerichtliche Überprüfung wünsche. Zu berücksichtigen sei schließlich, dass „beide Eltern das Verfahren über eine Entscheidung über die Abstammung dadurch gleichermaßen veranlasst haben, dass sie innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit miteinander geschlechtlich verkehrt haben. Damit erscheint es in der Regel auch gerechtfertigt, die Kosten eines solchen Verfahrens gleichmäßig auf beide Eltern zu verteilen“, unterstrich das OLG.

Quelle: OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 13.1.2025, 6 WF 155/24, PM 4/25

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts (VG) Sigmaringen hat die Klage einer Lehrerin auf Aufhebung der ihr gegenüber verhängten Disziplinarmaßnahme der Bezügekürzung aufgrund ihres reichsbürgertypischen Verhaltens abgewiesen.

Lehrerin forderte Gründungsurkunde der Bundesrepublik

Die Klägerin, eine verbeamtete Lehrerin, hatte in einem gegen sie geführten Bußgeldverfahren ein Schreiben an den Landrat des für das Bußgeldverfahren zuständigen Landratsamts versandt, in dem sie auf das BGB von 1896, und damit einer Norm vor Existenz der Bundesrepublik Deutschland, Bezug nahm und in dem sie dessen amtliche Legitimation ebenso einforderte wie die Gründungsurkunden der Bundesrepublik und des Bundeslandes. Im daraufhin eingeleiteten Disziplinarverfahren warf die Disziplinarbehörde der Klägerin vor, mit diesem Schreiben gegen ihre Verfassungstreuepflicht verstoßen zu haben und kürzte ihr die Dienstbezüge für die Dauer von drei Jahren um 1/10.

Klage gegen Kürzung der Dienstbezüge

Die hiergegen erhobene Klage blieb erfolglos. Denn – so das VG – wer der Ausübung staatlicher Gewalt einerseits entgegentritt, indem er für die Rechtsverhältnisse ihm gegenüber die Geltung von Rechtsnormen aus der Kaiserzeit beansprucht und zugleich das Verhältnis auf eine privatrechtliche Ebene zu heben versucht (Bezugnahme auf das BGB von 1896), und andererseits die Vorlage der Gründungsurkunden der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Baden-Württemberg verlangt, verneint damit die rechtliche Existenz der Bundesrepublik Deutschland sowie des Landes Baden-Württemberg. Es ist schlechterdings unmöglich, die rechtliche Existenz eines Staates zu leugnen und sich zugleich zu dessen Grundordnung zu bekennen und sich für diese einzusetzen, wie es das Beamtenrecht verlangt.

Aus Sicht des VG hat die Klägerin durch dieses Verhalten, das typisch für die Reichsbürgerszene ist, objektiv zum Ausdruck gebracht, dass sie davon ausgeht, dass die Bundesrepublik Deutschland rechtlich nicht existiert; sie tritt damit nicht für die freiheitlich demokratische Grundordnung ein. Ein solches Verhalten rechtfertigt aus Sicht der Disziplinarkammer jedenfalls eine Bezügekürzung für die Dauer von drei Jahren.

Quelle: VG Sigmaringen, Urteil vom 12.2.2025, DL 12 K 2486/24, PM des VG

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Aufwendungen für private Ermittlungen oder Beweiserhebungen, z. B. Sachverständigengutachten, sind in der Regel nicht notwendig und werden daher nicht erstattet. Das ist der Grundsatz, von dem die Rechtsprechung ausgeht. Doch kein Grundsatz ohne Ausnahme – wie eine Entscheidung des Amtsgerichts (AG) Senftenberg anschaulich zeigt.

Schwierige technische Fragestellungen

Ausnahmsweise werden nach dieser Entscheidung die Kosten z. B. für das Einholen eines privaten Sachverständigengutachtens unter anderem als notwendige Kosten anerkannt, wenn schwierige technische Fragestellungen zu beurteilen sind. Gleiches gilt, wenn aus Sicht des Betroffenen aus einer Anfangsbetrachtung ein privates Sachverständigengutachten erforderlich ist, da ansonsten eine erhebliche Verschlechterung der Prozesslage zu befürchten wäre.

Amtsgericht hält Kosten ausnahmsweise für erstattungsfähig

Diese Grundsätze hat das AG in seiner Entscheidung bestätigt. Es hat die Kosten für ein Sachverständigengutachten, mit dem die Messdaten einer Geschwindigkeitsmessung überprüft worden sind, daher als erstattungsfähig angesehen.

Quelle: AG Senftenberg, Urteil vom 28.2.2024, 50 OWi 1617 Js 22408/22

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Mit der Frage, ob ein 13-jähriges Kind für einen Glasschaden an einem Schaufenster verantwortlich ist, hat sich das Landgericht (LG) Frankenthal befasst.

Glasbruch nach Nutzung eines Spielgeräts

Das Kind hatte in der Fußgängerzone von Frankenthal ein fest montiertes Spielgerät in Gestalt einer Drehscheibe genutzt und war beim Absteigen gegen ein daneben befindliches Schaufenster getaumelt. Für den dadurch entstandenen Glasbruch muss das Kind nicht haften, entschied das LG und hat die Klage der Ladenbesitzer abgewiesen.

Der Junge gab an, dass er auf dem Schulweg an dem Spielgerät vorbeigekommen sei. Er habe sich auf das Karussell gestellt, das ein Freund gedreht habe, zunächst langsam, dann immer schneller. Nachdem der Freund die Drehung gestoppt habe, sei er rückwärts gegen die keine drei Meter entfernte Fensterscheibe getaumelt, die daraufhin zerbrochen sei.

Schaden schuldhaft verursacht?

Die Ladenbesitzer warfen dem Jungen vor, den Schaden schuldhaft verursacht zu haben. Er sei bereits zu alt gewesen für das Karussell, zudem habe er sich damit zu schnell gedreht. Die Sturzgefahr und der mögliche Glasbruch seien für ihn erkennbar gewesen.

Landgericht: kein Verschulden des Kindes!

Das LG ging zwar davon aus, dass sich der 13-Jährige der grundsätzlichen Stolpergefahr durchaus bewusst und auch hinreichend einsichtsfähig war. Beides ist erforderlich, damit Minderjährige in diesem Alter überhaupt selbstständig haften. Gleichwohl konnte das LG das für einen Schadenersatzanspruch erforderliche Verschulden des Kindes nicht feststellen. Denn der Junge habe die Drehscheibe bestimmungsgemäß genutzt. Es sei gerade Sinn und Zweck des Karussells, trotz der Drehbewegung die Balance zu halten und der Gefahr des Herunterfallens zu trotzen. Das Kind sei weder zu alt noch zu groß für das Spielgerät gewesen.

Das Gericht hat nicht verkannt, dass die Ladenbesitzer nun auf ihrem Glasschaden sitzen bleiben. Dies resultiert gemäß LG jedoch daraus, dass unsere Rechtsordnung – von einigen hier nicht vorliegenden Sonderfällen abgesehen – dem Prinzip der Verschuldenshaftung folgt.

Quelle: LG Frankenthal, Urteil vom 29.11.2024, 9 O 27/24, PM vom 19.12.2024

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Wer einen überschuldeten Nachlass erbt, kann innerhalb einer Frist von sechs Wochen das Erbe ausschlagen. Sonst gilt die Erbschaft als angenommen und er haftet für die dem Nachlass zuzuordnenden Schulden. War dem Erben nicht bekannt, dass der Nachlass überschuldet ist, kann noch die Anfechtung wegen Irrtums helfen. Mit den Voraussetzungen dafür hat sich jetzt das Landgericht (LG) Frankenthal befasst. Es hat entschieden, dass der als Erbe eingesetzte Sohn eines Verstorbenen nicht für die Beerdigungskosten aufkommen muss, weil er die Annahme der Erbschaft wirksam angefochten hat.

Witwe verlangte Bestattungskosten von Sohn des Verstorbenen

Der Verstorbene hatte seinen Sohn aus erster Ehe testamentarisch zu seinem Erben bestimmt. Die beiden pflegten zuletzt keinen Kontakt mehr zueinander. Nach dem Tod übernahm zunächst die Witwe die Bestattungskosten von rund 7.500 Euro und wollte diese vom Sohn erstattet haben, da dieser die Erbschaft nicht ausgeschlagen hatte. Daraufhin erklärte der Sohn die Anfechtung der Erbschaftsannahme. Er habe nicht gewusst, dass die Bestattungskosten zu den Nachlassverbindlichkeiten gehörten und der Nachlass damit überschuldet sei.

Irrtum über die Beerdigungskosten

Dieser Argumentation hat sich das LG angeschlossen. Der Sohn habe die Annahme der Erbschaft wirksam angefochten und müsse daher nicht für die Beerdigungskosten aufkommen. Die Anfechtung wegen unerkannter Überschuldung eines Nachlasses sei ein in der Rechtsprechung anerkannter Anfechtungsgrund. Sie setze voraus, dass der Anfechtende eine wesentliche Forderung gegen den Nachlass irrtümlich übersieht. Hier seien die Bestattungskosten eine wesentliche Forderung, da der Nachlass überschuldet sei, wenn man sie berücksichtige. Es sei auch glaubhaft, dass sich der Sohn über die Beerdigungskosten geirrt habe. Denn die Witwe habe ihm noch zu Lebzeiten des Vaters mitgeteilt, für die Beerdigung könne der Erlös aus dem Verkauf eines Pkw verwendet werden. Daher durfte der Sohn davon ausgehen, als Erbe seines Vaters nicht für die Bestattung aufkommen zu müssen, so die Kammer. Wenn kein Erbe in Anspruch genommen werden kann, muss die Witwe als Ehefrau nach den Vorschriften des Landesrechts selbst für die Beerdigungskosten aufkommen, so das LG.

Quelle: Landgericht Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 27.2.2025, 8 O 189/24, PM vom 31.3.2025

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl