Das Dach eines Flachdachanbaus einer WEG-Anlage ist selbst dann Gemeinschaftseigentum, wenn alle darunterliegenden Räume zu einer Sondereigentumseinheit gehören. Für die Gültigkeit eines Grundlagenbeschlusses ist es daher nicht erforderlich, dass der Beschlussersetzungsantrag auch die inhaltliche Konkretisierung umfasst. Diese Konkretisierungen können den Eigentümern überlassen werden. So sieht es das Landgericht (LG) Karlsruhe.

Das Dach sollte instand gesetzt werden
Gestritten wurde um die Instandsetzung des Dachs über einer Gaststättenküche in einer WEG-Anlage, die im Sondereigentum eines Eigentümers steht und ein eigenes Flachdach hat. In der Teilungserklärung ist das Sondereigentum als „Einrichtungen und Anlagen“ definiert, soweit diese nicht dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen, sondern nur dem Sondereigentümer zu dienen bestimmt sind. Der Eigentümer begehrte durch Beschlussersetzung, dass die Instandsetzung des Dachs beschlossen wird. Die Wohnungseigentümergemeinschaft war der Ansicht, dass der Eigentümer die Instandsetzungskosten allein tragen müsse. Für die Beschlussersetzung fehle es an der sogenannten Ermessensreduzierung auf Null.

Beschluss war ungültig
Das Amtsgericht (AG) hatte der Klage zunächst stattgegeben. Die Berufung vor dem LG hatte ebenfalls keinen Erfolg. Der Negativbeschluss sei ungültig, so das LG in zweiter Instanz. Die Ablehnung einer positiven Beschlussfassung widerspreche ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn der Anspruch offenkundig und ohne jeden vernünftigen Zweifel gegeben sei. Das habe schon der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Ein Anspruch auf eine bestimmte Maßnahme, die die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums betreffe, bestehe nur, wenn sich das Ermessen der Gemeinschaft im Einzelfall auf Null reduziert habe, sich also jede andere Entscheidung als ermessensfehlerhaft darstellte. Die abgelehnte Sanierung sei dringend erforderlich und stelle eine notwendige Instandsetzungsmaßnahme dar.

Konstruktive Bestandteile des Gebäudes nicht sondereigentumsfähig
Bei dem Dach handele es sich auch nicht um Sondereigentum.

Das LG hat klargestellt, dass die konstruktiven Bestandteile des Gebäudes nicht sondereigentumsfähig sind, selbst wenn alle Räume des Gebäudes dem Sondereigentum eines Eigentümers unterliegen. Unerheblich ist eine mögliche widersprechende Regelung in der Teilungserklärung. Denn eine Regelung, die nicht sondereigentumsfähige Gebäudeteile zum Inhalt des Sondereigentums erklärt, ist nichtig.

Zulässig sei es, lediglich einen Grundlagenbeschluss zu treffen, also anzuordnen, dass eine Instandsetzung bestimmter Bauteile zu erfolgen habe, und den Wohnungseigentümern im Übrigen die weitere inhaltliche Konkretisierung (Auswahl des Fachunternehmens, Finanzierung der Maßnahme, etc.) zustehe. Es sei also nicht zu beanstanden, dass der Beschlussersetzungsantrag nur auf das „Ob“ der Instandsetzung, nicht jedoch bereits auf das „Wie“ ziele.

Quelle LG Karlsruhe, Urteil vom 8.3.2024, 11 S 53/22

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Im Streit um Schadenersatz aufgrund eines Vorfalls in einer Tiefgarage einer Wohnanlage wies das Amtsgericht (AG) München die Klage einer Frau auf Zahlung von rd. 9.000 Euro ab.

Die Frau ist Eigentümerin einer Wohnung der beklagten Eigentümergemeinschaft und besitzt dort auch einen Tiefgaragenstellplatz. Mit der Klage machte sie geltend, ihr Porsche Coupé 911 sei bei der ordnungsgemäßen Ausfahrt aus der Tiefgarage beschädigt worden. Die Frau behauptete, sie habe zunächst von innen das Tor mit ihrem Sensorschlüssel geöffnet. Als die zum Tor gehörende Ampel auf „Grün“ gewechselt sei, sei sie die Ausfahrtsrampe hinaufgefahren. Als sie sich im Bereich des Rolltors befand, sei dieses völlig unerwartet auf dem Dach ihres Fahrzeugs aufgeschlagen. Sie sei nach dem Aufprall mit ihrem Fahrzeug schockiert stehengeblieben und ausgestiegen. Das Rolltor habe das Dach des Porsches mittig getroffen und deutlich beschädigt.

Die Frau war der Ansicht, die Eigentümergemeinschaft habe ihre Verkehrssicherungspflichten nicht erfüllt. Sie sei beweispflichtig und müsse sich entlasten.

Die Eigentümergemeinschaft bestritt den streitgegenständlichen Vorfall einschließlich der daraus geltend gemachten Schäden mit Nichtwissen. Weiter trug sie vor, das Tor habe zum Zeitpunkt des behaupteten Unfallgeschehens den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprochen und fehlerfrei funktioniert.

Das AG wies die Klage ab. Es spreche kein sog. Beweis des ersten Anscheins für eine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten durch die Eigentümergemeinschaft, denn es liege keineswegs auf der Hand, dass das schädigende Ereignis nur auf einem Versagen von Haltevorrichtung und/oder Sicherheitssystemen des Ausfahrtstores beruhen kann. Rein hypothetisch könne der Vorfall durch ein Versagen der Halte- und/oder Sicherungssysteme des Tores ausgelöst worden sein. Ebenso könne es zu dem schädigenden Ereignis gekommen sein, weil die Frau die Auffahrtsrampe erst bei sich schließendem Tor befahren hat. Sie müsse beweisen, dass sie bei auf „Grün“ stehender Lichtzeichenanlage ihre Fahrt die Auffahrtsrampe hinauf angetreten hat und das Rolltor ohne Verzögerung passiert hat bzw. passieren wollte. Diesen Beweis habe sie nicht erbracht.

Das Gericht musste nicht abschließend die Frage klären, ob die Frau bei „Grün“ oder bei „Rot“ die Ausfahrt hinauffuhr. Eine Klageabweisung erfolgt bereits, wenn sie den Nachweis nicht erbringt, dass sie ordnungsgemäß bei „Grün“ gefahren ist. Dies sei hier der Fall gewesen. Falls die Klägerin die Rampe bei „Rot“ angefahren hat und das Tor passieren wollte, müsse die Eigentümergemeinschaft im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflichten keine Sicherungssysteme bereithalten.

Quelle: AG München, Urteil vom 28.4.2023, 1290 C 17690/22 WEG

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Stützt der Mieter eine Mietminderung auf Lärm- und Staubbeeinträchtigungen durch die Baustelle des Nachbarn, muss er darlegen und beweisen, dass die Mietwohnung konkreten Immissionen ausgesetzt ist, die die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung unmittelbar und wesentlich beeinträchtigen. Sofern das Bauvorhaben verschiedene Bauphasen mit unterschiedlichen Lärm- und Schmutzimmissionen durchläuft, muss der Mieter vortragen, welche Art von Beeinträchtigungen zu welchen Tageszeiten und über welche Zeitdauer in welcher Frequenz ungefähr aufgetreten sind. So hat es das Landgericht (LG) Berlin nun klargestellt.

Es ging um eine Mietminderung wegen Neubauarbeiten auf dem benachbarten Grundstück im Zeitraum April 2019 bis zum Spätsommer 2019. Der Mietvertrag enthielt keine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung darüber, welche Immissionen vertragsgemäß auf die Mietsache einwirken (dürfen). Die Mieter behaupteten konkrete Beeinträchtigungen durch die Baustelle des Nachbarn.

Im Prozess legten sie zwei Fotos und ein „Lärmprotokoll vom 24.9.19“ vor. Die Vermieterin beanstandete, dass sich der Vortrag der Mieter auf einen – im Zeitpunkt der Klageerhebung – mehrere Monate zurückliegenden Zeitraum beschränke. Sie sei sicher, dass nicht von Beginn der Bauarbeiten an ein gleichmäßiger „Lärmpegel“ bestanden habe, zumal die Gründungsarbeiten abgeschlossen seien und mit lärm- und staubintensiven Maßnahmen nicht mehr zu rechnen sei. Darauf reagierten die Mieter nicht. Sie beantragten die Feststellung einer Minderung der Bruttomiete um durchgehend 20 Prozent ab April 2019 bis Ende 2020.

Damit hatten sie keinen Erfolg. Die Mieter nahmen die Berufung nach Hinweis des LG zurück.

Quelle: LG Berlin, Urteil vom 9.2.2023, 65 S 111/22

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Nach dem Wohnungseigentumsgesetz (hier: § 20 Abs. 1 Abs. 2 S. 1 WEG) kann jeder Wohnungseigentümer angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die u. a. dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen (sog. privilegierte bauliche Veränderungen). Verlangt ein Wohnungseigentümer eine solche bauliche Veränderung, entscheidet die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer über das „Wie“ der Maßnahme nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Der einzelne Wohnungseigentümer hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte Durchführung der betreffenden baulichen Veränderung. So entschied es das Landgericht (LG) Stuttgart.

Eigentümer errichtete zunächst Ladesäule
Ein Wohnungseigentümer hatte ein Sondernutzungsrecht an einem Stellplatz im Freien. Seit Jahren versuchte er vergeblich zu erreichen, dass eine Ladesäule für Elektrofahrzeuge an seinem Stellplatz errichtet wird. Schließlich montierte er im Sommer 2019 ohne Gestattung neben seinem Außenstellplatz eine Ladesäule auf einem Betonfundament. Für die Errichtung als „öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur“ erhielt er eine Förderung aus Bundesmitteln. Die Eigentümergemeinschaft verklagte ihn erfolgreich auf Entfernen der Ladestation und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands. Im Rahmen der Vollstreckung wurde die Ladesäule demontiert.

Dann verlangte er bestimmte bauliche Veränderungen
Der Eigentümer verlangte daraufhin „bauliche Veränderungen, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen gemäß (von ihm) vorgelegten Ladeinfrastrukturkonzept“. Dieser Antrag wurde in der Eigentümerversammlung 2020 nicht beraten und zur Abstimmung gestellt, sondern beschlossen, ein Gesamtkonzept zum Betreiben von Ladepunkten für E-Mobilität erstellen zu lassen. Die Eigentümerversammlung 2021 lehnte das inzwischen vorliegende Gesamtkonzept ab und ebenso die von dem Eigentümer erneut beantragte Genehmigung baulicher Veränderungen gemäß dem von ihm vorgelegten Ladeinfrastrukturkonzept, das alternativ eine öffentliche oder nicht öffentliche Nutzung vorsah. Zugleich wurde anderen Wohnungseigentümern auf deren Antrag gestattet, eine Wallbox an insgesamt vier Stellplätzen anzubringen.

Darauf erhob der Eigentümer Beschlussersetzungsklage, gerichtet auf die Gestattung, auf dem Gemeinschaftseigentum neben seinem Stellplatz die zuvor entfernte Ladestation gemäß dem von ihm vorgelegten Ladeinfrastrukturkonzept errichten zu dürfen, hilfsweise, ihm die Anbringung einer Wallbox zu gestatten. Damit hatte der Eigentümer in beiden Instanzen keinen Erfolg.

Landgericht: kein Anspruch auf bestimmte Ausführung einer Maßnahme
Der Eigentümer könne die Gestattung der Errichtung einer Ladestation nach dem von ihm entwickelten Ladeinfrastrukturkonzept nicht verlangen. Die Beschlussersetzungsklage diene der gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs des Wohnungseigentümers auf ordnungsmäßige Verwaltung. Die Klage sei daher begründet, wenn der klagende Wohnungseigentümer einen Anspruch auf den seinem Rechtsschutzziel entsprechenden Beschluss habe, weil nur eine Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche.

Zwar könne jeder Wohnungseigentümer einen Beschluss über das „Ob“ solcher baulichen Veränderungen verlangen, so das LG; dies beinhalte aber keinen Anspruch auf eine bestimmte Art und Weise der Durchführung. Darüber entscheiden die Wohnungseigentümer im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung nach eigenem Ermessen. Der einzelne Wohnungseigentümer habe mithin keinen Anspruch auf eine bestimmte Durchführung der betreffenden baulichen Veränderung, solange das Ermessen der Gemeinschaft nicht aufgrund der Einzelfallumstände auf null reduziert sei.

Quelle: LG Stuttgart, Urteil vom 5.7.2023, 10 S 39/21

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Bei einem Gebäude aus den 1960iger Jahren sind – trotz erfolgter Sanierungsmaßnahmen (hier: im Jahr 2009) – hinsichtlich der Schadensempfindlichkeit und seiner Anfälligkeit für Schimmelbefall höhere Anforderungen an das Nutzerverhalten zu stellen als bei einem Neubau. Der Mieter ist hier zu einem Wohnverhalten verpflichtet, das diesem konkreten Gebäudezustand Rechnung trägt. Dazu zählen ein ausreichendes Lüften und Beheizen sämtlicher Räume und eine schadensverhütende Möblierung. So hat es das Landgericht (LG) Hanau entschieden.

Es ging um eine Genossenschaftswohnung in einem Gebäude aus den 1960iger Jahren, das 2009 saniert worden war. Die Mieter minderten die Miete wegen Schimmelbefall. Sie hielten bauliche Mängel, insbesondere Rohrleckagen, Undichtigkeiten der Außenwände und der Kellerdecke sowie ein fehlerhaftes Lüftungskonzept im Rahmen der erfolgten Sanierung (Verstoß gegen DIN 1946-6 wegen Fehlen einer nutzerunabhängigen Grundlüftung) für ursächlich.

Die Zahlungsklage der Vermieterin hatte schon vor dem Amtsgericht (AG) Erfolg. Dort hatte ein Sachverständiger verbindlich festgestellt, dass die Schimmelbildung ausschließlich auf einem fehlerhaften Nutzerverhalten der Mieter beruhte.

Das LG in zweiter Instanz: Angesichts des Alters des Gebäudes und der verhältnismäßig geringen Miete können die Mieter keinen Neubaustandard erwarten. Sie sind zu einem Wohnverhalten verpflichtet, das dem konkreten Gebäudezustand Rechnung trägt. Dazu zählen ein ausreichendes Lüften und Beheizen sämtlicher Räume und eine schadensverhütende Möblierung (z.B. Abrücken größerer Möbelstücke von der Außenwand oder Platzierung an anderer Stelle).

Selbst aus der etwaigen Nichteinhaltung der DIN 1946-6 kann nicht ohne Weiteres auf einen Mangel der Wohnung geschlossen werden. Da die Mieter die Schimmelbildung mit zumutbaren Maßnahmen hätten vermeiden können, bestand kein Mietminderungsrecht.

Quelle: LG Hanau, Urteil vom 13.7.2022, 2 S 2/21

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Wird ein größerer, zur Wohnung gehörender Kellerraum mitvermietet, zählt seine Fläche zur mietvertraglich vereinbarten „Wohn- und Nutzfläche“. Das hat das Landgericht (LG) Saarbrücken klargestellt.

Im Mietvertrag über eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit Keller war die „Wohn- und Nutzfläche“ mit „ca. 55 qm“ angegeben. Nach ihrem Einzug maßen die Mieter nach: Dabei stellten sie fest, dass die Wohnfläche lediglich 42,32 qm betrug. Sie verlangten von den Vermietern Rückzahlung der überzahlten Miete.

Die Vermieter lehnten das jedoch ab. Sie wiesen darauf hin, dass die Größe des Kellers als zur Wohnung gehörende „Nutzfläche“ hinzuzurechnen sei. Dies sei den Mietern auch bereits bei der Besichtigung so gezeigt und erklärt worden. Damit gaben sich die Mieter aber nicht zufrieden. Sie erhoben Zahlungsklage, die auch in erster Instanz Erfolg hatte. Das Amtsgericht (AG) hatte eine Zeugenbeweisaufnahme zur Frage durchgeführt, ob bereits vor schriftlichem Mietvertragsschluss die Kellerfläche als zur „Wohn- und Nutzfläche“ gehörig vereinbart worden war.

Doch in zweiter Instanz entschied das LG anders. Den Mietern stehe kein Anspruch auf Rückzahlung überbezahlter Miete zu. Eine relevante Abweichung der vereinbarten von der tatsächlichen Wohnungsgröße liege nicht vor. Die Parteien hätten im Mietvertrag bei der Beschreibung des Mietgegenstands den Kellerraum angegeben und die Quadratmeter-Angabe auf die „Wohn- und Nutzfläche“ bezogen. Die Angabe von „ca. 55 qm“ beziehe sich schon nach dem Vertragswortlaut nicht auf die bloße Wohnfläche, sondern sie umfasst auch die Nutzfläche. Einschließlich der Kellerräumlichkeiten ergebe sich eine tatsächliche Wohn- und Nutzfläche der Mietsache von (42,32 + 8,95 + 1,15 =) 52,42 qm, die keine relevante Abweichung von den mietvertraglich vereinbarten „ca. 55 qm“ beinhalte.

Quelle: LG Saarbrücken, Urteil vom 23.6.2022, 10 S 136/21

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Eigenbedarfskündigung: Schon vor ersten körperlichen Einschränkungen dürfen Vermieter die Wohnung altersgerecht umbauen

Der Eigentümer einer Immobilie muss sich nicht darauf verweisen lassen, die Wohnverhältnisse erst anpassen zu dürfen, wenn bereits körperliche Einschränkungen eingetreten sind. Gerade Umbau- und Umzugsarbeiten werden sich nach Eintritt körperlicher Einschränkungen besonders schwierig gestalten. So sieht es das Amtsgericht (AG) Wetzlar.

Ein Vermieter-Ehepaar (59 bzw. 60 Jahre alt) kündigte dem langjährigen Mieter wegen Eigenbedarf, um die ebenerdige Wohnung für ein altersgerechtes Wohnen umzugestalten und dann dort einzuziehen. Der Mieter meinte, es handle sich um eine unzulässige Vorratskündigung, da die Vermieter bei Ausspruch der Kündigung noch nicht körperlich beeinträchtigt waren.

Die Räumungsklage war erfolgreich. Der geltend gemachte Nutzungswunsch werde auf nachvollziehbare Gründe gestützt, so das AG. Es sei vernünftig, die künftigen Wohnverhältnisse im Hinblick auf das Alter rechtzeitig zu planen und frühzeitig umzusetzen. Es komme nicht darauf an, ob die Vermieter im Zeitpunkt der Kündigung bereits körperlich beeinträchtigt seien.

Quelle: AG Wetzlar, Urteil vom 13.1.2022, 35 C 118/21

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Wird der Verwaltervertrag vor dem Inkrafttreten der Neufassung des Wohnungseigentumgesetzes (WEG) am 1.12.20 ohne wichtigen Grund gekündigt, hat der Verwalter einen Vergütungsanspruch bis zum Vertragsende, jedoch nur für sechs Monate nach dem 1.12.20. So entschied es das Landgericht (LG) Köln.

Mit der Neufassung des WEG zum 1.12.20 kann der Verwalter jederzeit abberufen werden und der Vertrag endet spätestens sechs Monate nach dessen Abberufung. Aber: Er verliert die Vergütungsansprüche auch im Fall seiner Abberufung nicht, solange der Verwaltervertrag nicht gekündigt wurde. Grund: Nach der sog. Trennungstheorie ist zwischen der Organstellung und dem Verwaltervertrag zu unterscheiden.

Kündigt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer dem Verwalter unwirksam, muss er sich allerdings sog. ersparte Aufwendungen anrechnen lassen. Das sind etwa Fixkosten, insbesondere Personalkosten durch den Wegfall des Objekts. Ist dies nicht der Fall, wird von der Rechtsprechung eine pauschale Ersparnis der variablen Kosten von 20 Prozent angenommen.

Quelle: LG Köln, Urteil vom 9.6.2022, 29 S 151/21

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Tauscht der Vermieter eine funktionierende „althergebrachte“ Klingelanlage gegen eine smarte aus, die sich nur über Handy, Festnetztelefon oder Computer bedienen lässt, hat der Mieter einen Anspruch darauf, dass die Anlage so modifiziert wird, dass ein Klingelton auch ohne diese Hilfsmittel zu hören ist und sich die Tür ebenfalls ohne diese Hilfsmittel öffnen lässt. So sieht es das Amtsgericht (AG) Berlin-Charlottenburg.

Der Vermieter kündigte an, eine neue, „smarte“ Klingelanlage zu installieren, die nur mithilfe eines Smartphones, Festnetztelefons oder Computers bedient werden konnte. Der Mieter teilte ihm mit, dass er so kurzfristig dem Austausch der Anlage nicht zustimmen könne. Der Vermieter führte die geplanten Maßnahmen dennoch aus. Der Mieter klagte auf Instandsetzung der Anlage dahingehend, dass er die Klingelanlage auch ohne weitere zusätzliche technische Hilfsmittel nutzen kann. Das AG Charlottenburg gab ihm Recht.

Das AG: Der Vermieter sei verpflichtet, die Mietsache im vertraglich vereinbarten Zustand zu erhalten. Die Veränderung habe dazu geführt, dass dem Mieter keine funktionstüchtige Klingelanlage mehr zur Verfügung stehe. Die Pflicht zur Erhaltung des vertragsgemäßen Gebrauchs treffe allein den Vermieter. Dass der Mieter die Maßnahme nicht verhindert habe, sei unerheblich, da die Veränderung keine Modernisierung sei.

Quelle: AG Charlottenburg, Urteil vom 6.10.2022, 202 C 105/22

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Die Mietvertragsparteien können wirksam formularvertraglich vereinbaren, dass ein beiderseitiges Anpassungsrecht der Betriebskostenhöhe durch zugangsbedürftige Erklärung bei Kostenänderungen aufgrund von geänderten Bezugspreisen besteht. Insoweit kommt es aber darauf an, ob sich der Vermieter auch bei entsprechenden Kostensteigerungen eine Erhöhung der Vorauszahlung mietvertraglich zusätzlich vorbehalten hat. So sieht es das Amtsgericht (AG) Hamburg.

Der Vermieter einer Wohnung verlangte vom Mieter bei einer Betriebskostennachforderung von 11,52 Euro eine Erhöhung der monatlichen Vorauszahlungen um 45,40 Euro. Er begründete die Erhöhung mit nicht näher spezifizierten erwarteten Kostensteigerungen. Das wollte der Mieter nicht mitmachen. Auch dem AG Hamburg genügt das nicht. Die entsprechende Erklärung genüge nicht den Anforderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (hier: § 560 Abs. 4 BGB), da dieses ausdrücklich auf das Ergebnis einer Betriebskostenabrechnung abstelle.

Quelle: AG Hamburg, Urteil vom 27.6.22, 49 C 13/22

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht