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Beauftragt ein Bauträger einen Architekten, eine Wohnflächenberechnung auf der Grundlage einer als fehlerhaft erkannten Vermessung zu erstellen und verlangt vom Architekten nur die Überprüfung einzelner Maße, übernimmt der Bauträger das mit der begrenzten Überprüfung verbundene Risiko selbst. Er kann den Architekten bei Verwirklichung dieses Risikos nicht haftbar machen. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart klargestellt.

Das war geschehen

Die Klägerin als Bauträgerin machte gegen den beklagten Architekten im Wege einer Schadenersatzklage i. H. v. 100.000 Euro wegen mangelhafter Architektenleistungen bei der Planung einer Wohnungseigentumsanlage geltend. Die Klägerin ist der Auffassung, die die Pläne des Vermessungsingenieurs überarbeitende Wohnflächenberechnung des Beklagten für bestimmte Bestandsgebäude habe eine zu geringe Wohnfläche ausgewiesen. Der Beklagte habe zugesichert, dass die Abweichungen der Wohnflächen von den Bestandsplänen des Vermessers unter einem Prozent lägen, tatsächlich gebe es Abweichungen bis zu 8%. Zahlreiche Wohnungen seien daher mit zu geringer Flächenangabe verkauft worden und deshalb sei ein Mindererlös entstanden.

Der Beklagte bestreitet eine fehlerhafte Flächenermittlung, die sich ohnehin nur auf die örtliche Überprüfung der Maße aus den Bestandsplänen des Vermessers hinsichtlich der für die Werkplanung entscheidenden Stellen bezogen habe. Ein Auftrag zu einer kompletten Neuvermessung des Bestands sei gerade nicht erteilt worden.

Zudem meint die Klägerin, der Beklagte habe bei der Grundlagenermittlung übersehen, dass die Geschossdecken in einem Bestandsgebäude Betonhohlkörperdecken waren, die einen unerwartet hohen Sanierungsaufwand erforderten, und es versäumt, vor Baubeginn die Fundamente an der Seite zu einem anderen Grundstück zu überprüfen. Infolge dieser Planungsfehler hätten sich die Baukosten für das Bestandsgebäude deutlich erhöht. Die Umbaukosten beliefen sich somit auf mindestens 950.000 Euro. Ein vollständiger Abriss und Neubau hätte dagegen (nur) 752.499 Euro gekostet und wäre im Vergleich zu den tatsächlich entstandenen Kosten günstiger gewesen. Bei erzielbaren Verkaufserlösen abzüglich der Kosten für Abriss/Neubau hätte sich bei einem Neubau ein hoher sechsstelliger Überschuss ergeben. Der tatsächliche Überschuss durch den Umbau habe lediglich 107.000 Euro betragen.

Der Beklagte trägt hierzu vor, ihm sei vom Geschäftsführer der Klägerin mitgeteilt worden, dass es sich bei sämtlichen Bestandsdecken um Stahlbetonrippendecken handele. Eine Pflicht zur Überprüfung dieser Tatsache habe es nicht gegeben. Zudem habe sich die Klägerin in Kenntnis der Mehrkosten für eine Sanierung und gegen einen Abriss entschieden. Hinsichtlich des Fundaments sei die Klägerin bereits vor Beauftragung des Beklagten in Kenntnis gesetzt worden, dass dessen Tragfähigkeit ein Risiko darstelle. Sie habe dennoch entschieden, das Fundament erst im Zuge der Aushubarbeiten zu untersuchen, um Kosten einzusparen.

So sah es das Oberlandesgericht

Das OLG stellte klar: Wie bei einem Bauvertrag kann auch zwischen einem Architekten und seinem Auftraggeber eine von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abweichende Ausführung vereinbart werden, wenn der Auftragnehmer den Auftraggeber auf die Bedeutung der allgemein anerkannten Regeln der Technik und die mit der Nichteinhaltung verbundenen Konsequenzen und Risiken hinweist, es sei denn, diese sind dem Auftraggeber bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen.

Beauftragt eine Bauträgerin einen Architekten, eine Wohnflächenberechnung auf der Grundlage einer als fehlerhaft erkannten Vermessung zu erstellen und verlangt sie vom Architekten, einzelne Maße zu überprüfen, übernimmt die Bauträgerin sehenden Auges das mit der begrenzten Überprüfung der Maße verbundene Risiko und kann den Architekten bei Verwirklichung dieses Risikos nicht haftbar machen. Weist der Architekt seinen Auftraggeber darauf hin, dass die zu planende Wohnung ohne Sonnenschutz nicht funktioniert, muss der Auftraggeber erkennen, dass bei Umsetzung der Planung eine im Hinblick auf den Wärmeschutz nicht ausreichend funktionstüchtige Wohnung errichtet wird, und es bedarf keines weiteren Hinweises, dass dann (auch) die allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht eingehalten sind.

Macht der Auftraggeber eines Architekten geltend, dass er im Fall einer mangelfreien Beratung von der Sanierung eines Gebäudes abgesehen und einen profitableren Neubau errichtet hätte, schafft der Auftraggeber für eine Schadensschätzung bzw. Begutachtung nur dann eine ausreichende Grundlage, wenn er nachvollziehbar darlegt, welches Gebäude mit welchen Eigenschaften er statt der Sanierung errichtet hätte.

Macht ein Auftraggeber geltend, bei einem mangelfreien Architektenwerk hätte er die zu errichtenden Wohnungen teurer verkaufen können, ist ein Schaden nur schlüssig dargelegt, wenn die Kalkulationsgrundlagen für den erzielten und den geltend gemachten Kaufpreis offengelegt werden und nachvollziehbar vorgetragen wird, dass ein höherer Kaufpreis am Markt hätte durchgesetzt werden können.

Quelle: OLG Stuttgart, Urteil vom 17.12.2024, 10 U 38/24, Abruf-Nr. 246635 unter www.iww.de

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Wird ein größerer, zur Wohnung gehörender Kellerraum mitvermietet, zählt seine Fläche zur mietvertraglich vereinbarten „Wohn- und Nutzfläche“. Das hat das Landgericht (LG) Saarbrücken klargestellt.

Im Mietvertrag über eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit Keller war die „Wohn- und Nutzfläche“ mit „ca. 55 qm“ angegeben. Nach ihrem Einzug maßen die Mieter nach: Dabei stellten sie fest, dass die Wohnfläche lediglich 42,32 qm betrug. Sie verlangten von den Vermietern Rückzahlung der überzahlten Miete.

Die Vermieter lehnten das jedoch ab. Sie wiesen darauf hin, dass die Größe des Kellers als zur Wohnung gehörende „Nutzfläche“ hinzuzurechnen sei. Dies sei den Mietern auch bereits bei der Besichtigung so gezeigt und erklärt worden. Damit gaben sich die Mieter aber nicht zufrieden. Sie erhoben Zahlungsklage, die auch in erster Instanz Erfolg hatte. Das Amtsgericht (AG) hatte eine Zeugenbeweisaufnahme zur Frage durchgeführt, ob bereits vor schriftlichem Mietvertragsschluss die Kellerfläche als zur „Wohn- und Nutzfläche“ gehörig vereinbart worden war.

Doch in zweiter Instanz entschied das LG anders. Den Mietern stehe kein Anspruch auf Rückzahlung überbezahlter Miete zu. Eine relevante Abweichung der vereinbarten von der tatsächlichen Wohnungsgröße liege nicht vor. Die Parteien hätten im Mietvertrag bei der Beschreibung des Mietgegenstands den Kellerraum angegeben und die Quadratmeter-Angabe auf die „Wohn- und Nutzfläche“ bezogen. Die Angabe von „ca. 55 qm“ beziehe sich schon nach dem Vertragswortlaut nicht auf die bloße Wohnfläche, sondern sie umfasst auch die Nutzfläche. Einschließlich der Kellerräumlichkeiten ergebe sich eine tatsächliche Wohn- und Nutzfläche der Mietsache von (42,32 + 8,95 + 1,15 =) 52,42 qm, die keine relevante Abweichung von den mietvertraglich vereinbarten „ca. 55 qm“ beinhalte.

Quelle: LG Saarbrücken, Urteil vom 23.6.2022, 10 S 136/21

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Der Bundesgerichtshof (BGH) setzt seine Rechtsprechung zur Wohnflächenberechnung weiter fort. Zur Ermittlung der Wohnfläche einer Maisonettewohnung haben die Richter nun entschieden, dass die Fläche des zu Wohnzwecken mitvermieteten Galeriegeschosses unabhängig davon zu berücksichtigen sei, ob die Räume des Galeriegeschosses nach bauordnungsrechtlichen Vorschriften deswegen nicht zur Wohnfläche zu rechnen sind, weil sie zu weniger als der Hälfte der Grundfläche eine lichte Höhe von mehr als 2,20 m aufweisen und deshalb nicht als Aufenthaltsräume gelten. Die öffentlich-rechtlichen Nutzungsbeschränkungen müssten bei der Berechnung außer Acht bleiben, da das Galeriegeschoss ausdrücklich als Wohnraum mitvermietet worden sei (BGH, VIII ZR 39/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl