Schlagwortarchiv für: Unfall

Wer einen Fahrzeugschaden in den Kaufverhandlungen und im Kaufvertrag verharmlost, kann sich später nicht auf einen Gewährleistungsausschluss berufen.

Das zeigt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg. Der Verkäufer hatte im Kaufvertrag des Pkw einen „reparierten Frontschaden“ eingetragen. Später stellte sich heraus, dass ein teilweise immer noch vorhandener „schwerster Schaden mit Beeinträchtigung der Fahrzeugstruktur“ vorlag. Die Richter machten deutlich, dass dies ein Mangel des Pkw sei. Dieser berechtige den Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag. Dem stehe der vereinbarte Gewährleistungsausschluss nicht entgegen, weil dieser jegliche Gewährleistung ohne Ausnahme ausschließe. Das sei unwirksam (OLG Oldenburg, 6 U 14/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Arbeitnehmer, der im Rahmen seiner Rufbereitschaft bei der Fahrt von seinem Wohnort zur Arbeitsstätte mit seinem Privatwagen verunglückt, hat grundsätzlich Anspruch gegen seinen Arbeitgeber auf Ersatz des an seinem Pkw entstandenen Schadens.

So entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Oberarztes. Dieser wohnte einige Kilometer von seinem Arbeitsort entfernt in einer anderen Gemeinde. An einem Sonntag im Januar war er zum Rufbereitschaftsdienst eingeteilt und hielt sich in seiner Wohnung auf. Als er gegen 9.00 Uhr zur Dienstaufnahme ins Klinikum gerufen wurde, fuhr er mit seinem Privatfahrzeug von seinem Wohnort zum Krankenhaus. Bei Straßenglätte kam er dabei von der Straße ab und rutschte in den Straßengraben. Den dabei entstandenen Sachschaden an seinem Pkw verlangte er von seinem Arbeitgeber erstattet.

Das BAG sprach ihm den verlangten Betrag zu. Zwar müsse jeder Arbeitnehmer – soweit keine abweichenden Vereinbarungen vorliegen – seine Aufwendungen für Fahrten zwischen seiner Wohnung und seiner Arbeitsstätte grundsätzlich selbst tragen. Das umfasse auch Schäden an seinem Fahrzeug. Eine Ausnahme gelte jedoch, wenn der Arbeitnehmer während seiner Rufbereitschaft vom Arbeitgeber aufgefordert werde, seine Arbeit anzutreten und er die Benutzung seines Privatfahrzeugs für erforderlich halten durfte, um rechtzeitig am Arbeitsort zu erscheinen. Die Höhe des Ersatzanspruchs bemesse sich nach den Regeln des innerbetrieblichen Schadensausgleichs. Dabei komme es auf den Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers an. Über den müsse im vorliegenden Fall noch entschieden werden (BAG, 8 AZR 102/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Im Rahmen der Regulierung eines Kfz-Haftpflichtschadens besteht für den Geschädigten keine Obliegenheit, dem gegnerischen Versicherer das Originalgutachten mit Bildmaterial zu übersenden. Es reicht aus, die Unterlagen per E-Mail zu übersenden.

Diese für den Unfallgeschädigten positive Entscheidung traf das Landgericht (LG) Dresden. In dem vorliegenden Fall hatte der Versicherer zunächst nicht gezahlt, weil er kein Originalgutachten erhalten hatte. Nach Ansicht der Richter sei diese Verzögerung aber nicht gerechtfertigt gewesen. Mit der Übersendung per E-Mail habe der Geschädigte alles getan, was von ihm zu verlangen sei. Bei schlechter Qualität der Dokumente habe sich der Versicherer melden können und auch müssen, ggf. direkt bei dem Sachverständigen. Im Endergebnis könne der Geschädigte daher Verzugszinsen für die Verzögerung verlangen (LG Dresden, 3 O 2787/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wählt der Geschädigte den Weg der Ersatzbeschaffung, obwohl nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot nur ein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten besteht, kann ihm dennoch ein Anspruch auf Ersatz von Mehrwertsteuer zustehen.

So entschied das Landgericht (LG) Arnsberg im Fall eines Autofahrers, dessen Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall beschädigt wurde. Ein Totalschaden lag nicht vor. Gleichwohl ließ der Autofahrer den Pkw nicht reparieren, sondern erwarb einen Neuwagen. Vom gegnerischen Haftpflichtversicherer verlangte er den im Sachverständigengutachten ausgewiesenen Brutto-Reparaturbetrag. Der Versicherer zahlte jedoch nur den um ca. 1.000 EUR niedrigeren Nettobetrag. Er berief sich darauf, dass der Geschädigte nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot nur auf Reparaturkostenbasis abrechnen könne. Da eine Reparatur nicht erfolgt sei, sei auf diesem Weg auch keine Mehrwertsteuer angefallen.

Das sah das LG anders. Es sei zwar richtig, dass der Autofahrer hier nicht auf Totalschadensbasis abrechnen dürfe, sondern nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot auf eine Abrechnung der Reparaturkosten beschränkt sei. Das spräche aber nicht gegen einen Mehrwertsteuer-Ersatz. Zu einer Bereicherung führe das nicht, weil der Autofahrer nicht mehr als die Brutto-Reparaturkosten erhalte. Im Gegenteil würde ohne den Ersatz anteiliger Mehrwertsteuer eine Deckungslücke bestehen bleiben. Für den Ersatz der Mehrwertsteuer komme es nur darauf an, ob sie zur Herstellung des ursprünglichen Zustands angefallen sei. Unerheblich sei dagegen, welchen Weg der Geschädigte zur Wiederherstellung beschritten habe (LG Arnsberg, 5 S 114/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Einem Unfallgeschädigten ist der Verweis auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit des Kfz in einer freien Fachwerkstatt unzumutbar, wenn das geschädigte Fahrzeug noch keine drei Jahre alt ist.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Streit eines Unfallgeschädigten mit der gegnerischen Versicherung. Diese wollte die höheren Preise der Markenwerkstatt nicht ausgleichen. Die Richter machten deutlich, dass der Schädiger (bzw. sein Versicherer) den Geschädigten bei Sachschäden am Kfz nach einem Verkehrsunfall nur unter bestimmten Voraussetzungen auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen freien Fachwerkstatt verweisen könne. So müsse er zunächst darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass eine Reparatur in der freien Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspreche. Zeige der Geschädigte Umstände auf, nach denen ihm eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar sei, müsse der Schädiger diese sodann widerlegen. In bestimmten Fällen könne er die Unzumutbarkeit allerdings nicht widerlegen. Hierunter fielen z.B. die Fälle, in denen das beschädigte Fahrzeug im Unfallzeitpunkt nicht älter als drei Jahre war oder ein älteres Fahrzeug bisher stets in der markengebundenen Fachwerkstatt gewartet und repariert wurde (BGH, VI ZR 302/02).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine Haftpflichtversicherung muss nicht für einen durch ihren Versicherungsnehmer mitverursachten Schaden eintreten, wenn der Verursachungsbeitrag des Unfallgegners derart hoch ist, dass der ursprüngliche Unfallbeitrag dahinter zurücktritt.

Davon ist nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg auszugehen, wenn der Anspruchsteller auf ein bereits bestehendes Hindernis (hier: Anhänger, der sich auf der Autobahn von dem Zugfahrzeug gelöst und die Fahrbahn versperrt hat) in einer ordnungsgemäß abgesicherten Unfallstelle aufgefahren ist und hinzu kommt, dass er in diese Unfallstelle nicht mit der der Verkehrssituation angepassten Geschwindigkeit hereingefahren ist, weil er das Sichtfahrgebot missachtet hat. Bestehe eine unübersichtliche Verkehrssituation, weil z.B. etliche Fahrzeuge den Warnblinker betätigen, müsse die Geschwindigkeit diesen Umständen angepasst werden (OLG Brandenburg, 12 U 13/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Kommt es auf einem Supermarktparkplatz zwischen zwei rückwärts ausparkenden Fahrzeugen zu einem Zusammenstoß, darf der entstandene Schaden nicht hälftig geteilt werden, wenn eines der Fahrzeuge im Moment der Kollision bereits zum Stillstand gekommen war.

Hierauf wies das Landgericht (LG) Saarbrücken hin. Das gelte zumindest, wenn den Fahrer des stehenden Wagens auch kein sonstiges Verschulden an dem Zustandekommen des Unfalls treffen würde. Auf einem Supermarktparkplatz würden – anders als im fließenden Verkehr – die Beweismaßstäbe für den ruhenden Verkehr gelten. Das folge daraus, dass hier grundsätzlich mit rückwärts rangierenden Fahrzeugen gerechnet werden müsse. Ein Autofahrer müsse deshalb stets bremsbereit sein. Nur weil das bereits stehende Fahrzeug vorher rückwärts gefahren sei, ergebe sich daraus kein Anscheinsbeweis für ein hälftiges Verschulden beider Rückwärtsfahrer, wenn zumindest einer bereits vollständig abgebremst habe (LG Saarbrücken, 13 S 61/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl