Schlagwortarchiv für: Tarifrecht

Die Parteien eines Tarifvertrags können in diesem nicht wirksam vereinbaren, dass Ansprüche aus dem Tarifvertrag trotz beiderseitiger Tarifgebundenheit nur dann bestehen sollen, wenn die Arbeitsvertragsparteien die Einführung des Tarifwerks durch eine Bezugnahmeklausel auch individualvertraglich nachvollziehen. Eine solche Bestimmung liegt außerhalb der tariflichen Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien.

Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer Arbeitnehmerin, die Mitglied der IG Metall ist. Ihr Arbeitsvertrag enthält keine Bezugnahme auf Tarifverträge. Der Arbeitgeber war zunächst nicht tarifgebunden. Er schloss aber im Jahr 2015 mit der IG Metall einen Mantel- und einen Entgeltrahmentarifvertrag. Danach sollen „Ansprüche aus diesem Tarifvertrag [voraus]setzen …, dass die Einführung des Tarifwerks auch arbeitsvertraglich nachvollzogen wird“. Dazu sollte eine Bezugnahmeklausel mit dem Inhalt vereinbart werden, dass sich das Arbeitsverhältnis „nach dem jeweils für den Betrieb aufgrund der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers … geltenden Tarifwerk“ richtet. Der Arbeitgeberin wurde angeboten, einen neuen Arbeitsvertrag abzuschließen, der u.a. eine Bezugnahmeklausel entsprechend den tarifvertraglichen Regelungen vorsah. Dieses Angebot nahm die Arbeitnehmerin nicht an.

Mit der vorliegenden Klage verlangt sie Differenzentgelt auf der Grundlage der Bestimmungen des Mantel- und Entgeltrahmentarifvertrags. Das Arbeitsgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung des Arbeitgebers abgewiesen.

Die Revision der Arbeitnehmerin vor dem BAG hatte Erfolg. Ihr stehen schon aufgrund der beiderseitigen Tarifgebundenheit Ansprüche aus den Tarifverträgen zu. Diese können nicht von den vorgesehenen individualrechtlichen Umsetzungsmaßnahmen der Arbeitsvertragsparteien abhängig gemacht werden. Auch das durch Gesetz geschützte Günstigkeitsprinzip steht einer solchen Regelung entgegen. Die tarifvertraglichen Bestimmungen, die eine „arbeitsvertragliche Nachvollziehung“ verlangen, sind daher unwirksam.

Quelle: BAG, Urteil vom 13.5.2020, 4 AZR 489/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Sieht ein Tarifvertrag Zuschläge für Feiertagsarbeit vor, so wird dieser Zuschlag regelmäßig nur für die Arbeit an gesetzlichen Feiertagen ausgelöst.

Diese Entscheidung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines im Schichtdienst beschäftigten Arbeitnehmers in Sachsen-Anhalt. Auf dessen Arbeitsverhältnis fand der Tarifvertrag Versorgungsbetriebe (TV-V) Anwendung. Dieser sah vor, dass der Arbeitnehmer für Feiertagsarbeit einen Zuschlag je Stunde von 135 Prozent erhalten solle. Der tarifliche Sonntagszuschlag betrug 25 Prozent. Der Mann verlangte für seine Arbeit am Oster- und Pfingstsonntag einen Zeitzuschlag von 135 Prozent. Das BAG gab jedoch dem Arbeitgeber recht, der den Zuschlag verweigerte. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass kein tariflicher Anspruch bestehe. In Sachsen-Anhalt seien Ostersonntag und Pfingstsonntag nach dem Landesrecht gesetzlich nicht als Feiertage bestimmt. Anhaltspunkte für ein weitergehendes tarifliches Verständnis des „Feiertags“ nach dem TV-V bestünden nicht.

Hinweis: Der Anspruch auf den Zeitzuschlag hängt also davon ab, ob die betreffenden Tage nach jeweils anwendbarem Landesrecht als gesetzliche Feiertage bestimmt sind. Das kann von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sein (BAG, 10 AZR 347/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl