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Unabhängig von der Frage, ob überhaupt eine zu hohe Rechnung des Schadengutachters vorliegt, ist es jedenfalls für Laien nicht erkennbar, dass 734 Euro überhöht seien sollen, wenn der Versicherer selbst 614,01 Euro für richtig hält. So entschied es das Amtsgericht (AG) Münster.

Streit um die Höhe der Gutachtenkosten

Es ging um einen Verkehrsunfall, bei dem die Alleinhaftung des Beklagten für das streitgegenständliche Unfallereignis als Kfz-Haftpflichtversicherung zwischen den Parteien nicht in Streit stand. Streitig war allein die Höhe des Schadenersatzanspruchs.

Der Geschädigte soll nicht „zwischen den Stühlen sitzen“

Da Zahlung des Restbetrags an den Schadengutachter Zug um Zug gegen Abtretung des Vorteilsausgleichsanspruch beantragt wurde, hat das AG das sog. Sachverständigenrisiko problemlos angewendet: Es dürfe dem Beklagten zuzumuten sein – falls an der Einschätzung festgehalten wird, dass die vom Sachverständigenbüro abgerechneten Positionen teilweise gar nicht oder zumindest nicht in dieser Höhe hätten abgerechnet werden dürfen – aus abgetretenem Recht insoweit auf Rückerstattung dieser Positionen gegen das Sachverständigenbüro vorzugehen, so das AG. Der Geschädigte soll nicht „zwischen den Stühlen sitzen“.

Genau das ist der Weg, den der BGH bereits in einer älteren Entscheidung vorgesehen hat.

Quelle: AG Münster, Urteil vom 6.5.2025, 96 C 429/25

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Auch wenn das beschädigte Fahrzeug noch fahrfähig und verkehrssicher ist, muss der Geschädigte nicht zum Schadengutachter fahren. Er darf, weil das üblich ist, das Fahrzeug in der Werkstatt begutachten lassen.

So sieht es das Amtsgericht Landshut. Hierfür spreche, dass Schadengutachter oft nicht die notwendige Ausrüstung hätten, insbesondere keine Hebebühne. Der Geschädigte sei auch nicht verpflichtet, zuvor den Markt zu erkunden, welcher Schadengutachter ausreichend ausgerüstet ist. Der Geschädigte verstößt somit nicht gegen seine Schadenminderungspflicht, nur weil Fahrtkosten des Gutachters angefallen sind. Aber: Er muss einen ortsnahen Sachverständigen auswählen.

Quelle: Amtsgericht Landshut, Urteil vom 10.10.2017, 4 C 1245/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

gutachtenMuss das beschädigte Fahrzeug für eine ordnungsgemäße Besichtigung durch den Schadengutachter auf eine Hebebühne und wird diese samt Bedienpersonal von der Werkstatt gestellt, darf die Werkstatt dafür „Handlingkosten“ berechnen.

 

Diese Entscheidung traf das Amtsgericht Leutkirch. Das Gericht geht davon aus, dass bei einer sorgfältigen Begutachtung, die seitens des Sachverständigen geschuldet ist, diese nicht innerhalb einer Viertelstunde erfolgen kann. Sie nimmt vielmehr längere Zeit in Anspruch. Zudem könne auch nicht ausschließlich die Zeit gerechnet werden, in der sich das Fahrzeug auf der Bühne befindet. Berücksichtigt werden müssten z.B. auch die Rangierzeiten. Es könne nicht erwartet werden, das die Werkstatt hierfür kostenlos Personal zur Verfügung stelle. Im Ergebnis muss der Versicherer des Schädigers daher die entstandenen Kosten erstatten (AG Leutkirch, Urteil vom 4.11.2014, 2 C 125/14).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Gutachten Tastatur FingerHolt der Geschädigte bei einem Haftpflichtschaden in Höhe von weniger als 700 EUR eine Kostenkalkulation, also kein aufwendiges Schadengutachten, ein, für die der Schadengutachter 70 EUR berechnet, verstößt er damit nicht gegen die Schadenminderungspflicht.

Der gegnerische Versicherer muss diese Kosten erstatten, entschied das Amtsgericht Böblingen. Der Versicherer hatte argumentiert, der Geschädigte hätte einen Kostenvoranschlag nur in einer Werkstatt einholen dürfen. Denn die hätte die Kosten dafür bei einer späteren Reparatur verrechnet. Dann wäre das für den Schädiger ohne Belastung geblieben. Dieser Logik ist das Gericht nicht gefolgt. Es sei ja schon gar nicht sicher, dass die Werkstatt die Kosten wirklich verrechne. Deshalb sei die These des Versicherers nicht mit dem geltenden Recht in Übereinstimmung zu bringen (Amtsgericht Böblingen, 2 C 2391/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Gibt es am Wohnort des Geschädigten, der auch der Besichtigungsort für den Schadengutachter hinsichtlich des beschädigten Fahrzeugs ist, nur einen Anbieter für Schadengutachten, darf der Geschädigte auch einen Sachverständigen aus der näheren Umgebung beauftragen.

Nach dieser Entscheidung des Landgerichts (LG) Stendal führen die dadurch erhöhten Fahrtkosten des Gutachters nicht zu einem Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht. Denn sonst würde das Recht auf die freie Wahl des Schadengutachters leerlaufen. Berechnet der Schadengutachter bei den Fahrtkosten neben den klassischen Fahrtkosten je Kilometer einen Betrag für die Fahrzeit in Höhe von 0,50 EUR je Kilometer, ist danach auch dieser Kostenanteil erstattungsfähig (LG Stendal, 22 S 122/12).