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Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat entschieden: Bürgergeldempfänger gelten nicht als hilfebedürftig, wenn sie ein (zu) großes Einfamilienhaus gebaut haben und dessen Wert zur Sicherung des Lebensunterhalts nutzen können.

Familie hatte während Bürgergeldbezug größeres Haus gebaut

Dem Verfahren lag ein Eilantrag einer Familie aus dem Emsland zugrunde. Diese hatte ihr selbstbewohntes Hausgrundstück für 514.000 Euro verkauft, nachdem sie während des Bürgergeldbezugs ein neues Haus gebaut hatte. Aufgrund des erzielten Verkaufserlöses hob der Grundsicherungsträger die Leistungsbewilligung auf.

Demgegenüber vertrat die Familie die Auffassung, das neue Haus sei geschütztes Vermögen und dürfe nicht zur Deckung des Lebensunterhalts herangezogen werden. Zudem berief sie sich auf die gesetzliche Karenzzeit von 12 Monaten, während der auch großzügige Wohnverhältnisse voll finanziert werden müssten.

Landessozialgericht: Familie nicht bedürftig

Das LSG bestätigte die Auffassung der Behörde. Die Familie sei nicht bedürftig, da das neue Hausgrundstück mit 254 m² Wohnfläche und sieben Bewohnern kein geschütztes Vermögen darstelle. Eine Verwertung des Vermögens zur Sicherung des Lebensunterhalts sei durch Beleihung möglich. Bei einem Verkehrswert von 590.000 Euro und einer Grundschuld von 150.000 Euro stehe ein unbelasteter Wert von 440.000 Euro zur Verfügung.

Die Berufung auf die gesetzliche Karenzzeit lehnte das Gericht ebenfalls ab. Die Regelung diene dem Zweck, dass Leistungsempfänger nicht sofort ihr angespartes Vermögen, etwa für die Altersvorsorge, aufbrauchen müssen, wenn sie nur vorübergehend auf Bürgergeld angewiesen sind. Die Karenzzeit solle dabei helfen, plötzliche Härten abzufedern.

Im vorliegenden Fall handele es sich jedoch nicht um eine unerwartete Notlage, sondern um langjährige Leistungsbezieher, die ihre Wohnsituation und ihr Immobilienvermögen optimieren wollten. So habe die Familie als Verkaufsgrund des alten Hauses angegeben, die Entfernung zur Innenstadt sei ihnen zu weit gewesen.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 7.1.2025, L 11 AS 372/24 B ER, PM vom 20.1.2025

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass für die Übernahme der Kosten eines separaten Stromzählers für die Warmwasserbereitung keine Rechtsgrundlage zulasten des Grundsicherungsträgers besteht.

Das war geschehen
Ausgangspunkt war das Eilverfahren eines 63-jährigen Mannes. Beim Jobcenter legte er ein Angebot eines Elektrikers über den Einbau eines Drehstromzählers i.H.v. rd. 700 Euro vor. Er begehrte die Kostenübernahme, da die gesetzliche Warmwasserpauschale in seinem Fall nicht ausreiche. Nach der neuen Rechtslage ab 2021 könnten höhere Warmwasserkosten nur noch vom Jobcenter übernommen werden, wenn der Verbrauch durch einen Zähler nachgewiesen sei.

Keine Rechtsgrundlage für Kostenübernahme
Das Jobcenter lehnte den Antrag ab und führte zur Begründung aus, dass es an einer Rechtsgrundlage für einen solchen Kostenübernahmeanspruch fehle. Es handele sich weder um Kosten zur Sicherung des Lebensunterhalts noch um einen unabweisbaren Mehrbedarf. Demgegenüber hielt der Mann die Kosten für unabweisbar, da nun ein Nachweis über die Mehrkosten erforderlich sei und die pandemiebedingten Hygieneregeln einen erhöhten Bedarf erzeugten.

Händewaschen mit kaltem Wasser reicht aus
Das LSG hat die Rechtsauffassung des Jobcenters bestätigt. Aus materiellem Recht lasse sich kein Anspruch auf Zuschussleistungen für die Installation einer gesonderten Messeinrichtung herleiten. Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass die Warmwasserpauschalen grundsätzlich auskömmlich seien. Voraussetzung für einen höheren Bedarf sei eine Messeinrichtung, wobei diese nach der gesetzlichen Konzeption jedoch nicht selbst ein Bedarf sei. Eine Regelung über Messeinrichtungen habe der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang nicht getroffen, was jedoch zu erwarten gewesen wäre, wenn eine Kostenübernahme durch die Leistungsträger gewollt gewesen wäre. Außerdem ließen sich auch pandemiebedingt keine höheren Kosten herleiten, da nach den Hinweisen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung kaltes Wasser zum Händewaschen ausreichend sei.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 27.9.2022, L 11 AS 415/22 B ER

Migeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl, PM vom 24.10.2022

Bei einem aggressiv gewalttätigen Verhalten im Jobcenter kann ein Hausverbot verhängt werden.

Diese Klarstellung traf das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) im Fall eines 56-jährigen Mannes, der im Jobcenter eine Heizkostenbeihilfe beantragen wollte. Im Laufe des Gesprächs kam es zu einem Disput. Dabei geriet der Mann in Wut, warf das Telefon des Sachbearbeiters in dessen Richtung und verrückte den Schreibtisch. Das Jobcenter verhängte daraufhin ein 14-monatiges Hausverbot. Der Mann habe mit seinem ungebührlichen, handgreiflichen Verhalten den Hausfrieden gestört. Zudem seien weitere Störungen zu befürchten. Zukünftige Anträge könnten schriftlich oder telefonisch gestellt werden. Demgegenüber bestand der Mann darauf, seine Anliegen ungehindert vortragen zu können. Er meinte, sein Verhalten sei nicht als nachhaltige Störung zu bewerten. Das Jobcenter wolle an ihm ein Exempel statuieren, da er sich schon mehrfach beschwert habe.

Das LSG hat das Hausverbot im Eilverfahren vorläufig bestätigt. Das Verhalten des Mannes störe den Dienstbetrieb nachhaltig. Es handele sich nicht mehr nur um eine deutliche Grenzüberschreitung. Vielmehr liege eine strafbare Handlung vor, die schon nach ihrem Wesensgehalt ein aggressives und bedrohliches Verhalten beinhalte. Damit werde mehr als deutlich die Grenze zu einem „schwierigen Besucher“ überschritten. Schon drei Jahre zuvor sei der Mann durch Drohungen im Jobcenter in Erscheinung getreten. Selbst wenn sein damaliges Verhalten zwar bedrohlich, aber noch nicht strafbar gewesen sein mag, reiche dies für ein Hausverbot dennoch aus. Denn prognostisch sei schon aufgrund des letzten Vorfalls mit weiteren Störungen zu rechnen. Dem Mann könne auch zugemutet werden, mit dem Jobcenter postalisch, telefonisch oder per E-Mail zu verkehren ohne die Diensträume zu betreten.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16.6.2019, L 11 AS 190/19 B ER

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Erhält ein Mieter Sozialleistungen, um Miet- und Nebenkosten zahlen zu können, hat der Vermieter nicht ohne Weiteres einen Anspruch gegen das Jobcenter auf Direktzahlung der rückständigen oder ausstehenden Mieten. Ohne einen vorherigen Antrag und eine entsprechende Zustimmung des Jobcenters kann der Vermieter keine Zahlung an sich verlangen.

Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden. Die Richter machten deutlich, dass eine Direktauszahlung der Miete an den Vermieter ausdrücklich von der leistungsberechtigten Person beantragt werden muss. Der Leistungsträger hat dann in Abstimmung mit dem Hartz-IV-Bezieher eine Entscheidung zu treffen.

Das gilt auch, wenn der Mietvertrag eine Klausel enthält, wonach die Sozialleistungen für Miet- und Nebenkosten an den Vermieter abgetreten werden. Ohne Antrag und Zustimmung zur Abtretung hat der Vermieter keinen Anspruch auf eine Direktzahlung.

Quelle: BSG, Urteil vom 9.8.2018, B 14 AS 38/17 R

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Für große und teure Wohnungen von Hartz-IV-Empfängern muss das Jobcenter nicht die volle Miete tragen. Dieser Grundsatz gilt aber nicht unbegrenzt. Wer zwischenzeitlich gearbeitet hat und danach erneut Grundsicherungsleistungen erhält, kann ggf. eine zweite Übergangsfrist beanspruchen.

Das folgt aus einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen. Zugrunde lag das Eilverfahren eines 51-jährigen Hannoveraners, der seit dem Auszug von Frau und Kind in einer großen Wohnung allein lebte. Nachdem er auch noch seine Arbeit im online-Marketing verloren hatte und die Leistungen des Arbeitsamts erschöpft waren, bezog er Grundsicherungsleistungen („Hartz-IV“). Das Jobcenter forderte ihn auf, die viel zu hohen Wohnkosten binnen einer Frist von sechs Monaten zu senken. Das gelang zeitweilig, indem der Mann an eine Studentin untervermietete. Später fand er auch eine neue Arbeitsstelle und konnte sich die Wohnung wieder leisten. Nach fünf Monaten der Probezeit kündigte der Arbeitgeber und der Mann war erneut hilfebedürftig. Das Jobcenter wollte jetzt nur noch die Kosten einer angemessenen Wohnung übernehmen. Hierauf habe es bekanntlich schon einmal hingewiesen. Demgegenüber sah sich der Mann als „Neufall“, der eine neue Aufforderung und eine neue Frist erfordere. Außerdem verwies er auf den angespannten Wohnungsmarkt in Hannover.

Das LSG hat dem Mann vorläufig eine weitere Frist von drei Monaten zur Kostensenkung eingeräumt. Zwar sei er durch die vorherige Kostensenkungsaufforderung auf die zu hohen Kosten hingewiesen worden. Die sechsmonatige Übergangsfrist sei bereits abgelaufen. Die Aufforderung behalte auch für die Zukunft ihre Warn- und Hinweisfunktion. Sie müsse daher nicht wiederholt werden. Dem Leistungsempfänger seien die zu hohen Kosten bei unveränderter Wohnsituation bestens bekannt. Allerdings müsse er die Kosten nach den Umständen des Einzelfalls auch tatsächlich senken können. Da der Mann für einige Monate gearbeitet hatte, musste er sich in dieser Zeit nicht um eine günstigere Wohnung bemühen. Nach der kurzfristigen Kündigung sei ein weiterer zeitlicher Vorlauf nötig um die Kosten z.B. durch Umzug oder Untervermietung zu senken. Hierfür sei eine weitere Frist von drei Monaten erforderlich, aber auch ausreichend.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 27.7.2018, L 11 AS 561/18 B ER

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl