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Ein Radfahrer, der eine in Form eines Rondells ausgestaltete Straßenkreuzung überquert, bei der die Vorfahrtsregel „rechts vor links“ gilt, verletzt die Vorfahrt eines von rechts in das Rondell einfahrenden Kraftfahrzeugs, wenn nicht sichergestellt ist, dass er das Rondell vor dem Kraftfahrzeug räumen kann. Wird er vom Fahrer des Kraftfahrzeugs übersehen, kann diesen ein Mitverschulden an dem Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge treffen.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall einer 78-jährigen Radfahrerin entschieden. Diese wollte eine Kreuzung überqueren, die in Form eines Rondells angelegt ist. Es gilt die Vorfahrtsregel „rechts vor links“. Als sie in das Rondell einfuhr, näherte sich aus der aus ihrer Sicht rechts gelegenen Straße die Beklagte mit ihrem Pkw VW Golf. Im Rondell prallte die Radfahrerin auf die vordere linke Ecke des Pkw. Dabei zog sie sich einen schwerwiegenden Bruch des Schienbeinkopfes zu, der aufgrund eines komplikationsreichen Heilungsverlaufs mehrfach operativ versorgt werden musste. Sie verlangt nun von der Autofahrerin Ersatz ihres materiellen Schadens, insbesondere einen Haushaltsführungsschaden, von noch ca. 4.000 EUR und ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 EUR.

Das Landgericht hat der Schadenersatzklage überwiegend stattgegeben und der Klägerin ein 20 prozentiges Mitverschulden zugerechnet. Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG den Mitverschuldensanteil der Klägerin mit 60 Prozent bemessen. Es hat daher der Klage dem Grunde nach mit einer 40-prozentigen Haftungsquote der Beklagten stattgegeben.

In dem Verkehrsunfall habe sich, so der Senat, die durch ein Verschulden erhöhte Betriebsgefahr des Fahrzeugs der Beklagten, aber auch ein erhebliches Mitverschulden der Klägerin ausgewirkt.

 

  • Der Klägerin sei eine Vorfahrtsverletzung anzulasten. Als sie in den Kreuzungsbereich eingefahren sei, habe sie das Fahrzeug der Beklagten als bevorrechtigtes Fahrzeug erkennen können und auch erkannt. Den Vorrang dieses Fahrzeugs habe sie beachten und es vor dem Überqueren der Kreuzung passieren lassen müssen. Vor dem Fahrzeug der Beklagten habe die Klägerin nur dann in die Kreuzung einfahren dürfen, wenn sichergestellt gewesen sei, dass sie die Kreuzung auch vor der vorfahrtsberechtigten Beklagten habe räumen können. Das Unfallereignis zeige, dass dies im vorliegenden Fall nicht gewährleistet gewesen sei. Dass der Beklagten ebenfalls ein Verkehrsverstoß anzulasten sei, entlaste die Klägerin nicht. Ein vorschriftswidriges Verhalten des Vorfahrtsberechtigten lasse sein Vorfahrtsrecht grundsätzlich nicht entfallen.

 

  • Auch die Beklagte treffe ein gravierendes Verschulden an der Entstehung des Unfalls. Beim Einfahren in das Rondell habe sie das bereits in das Rondell eingefahrene Fahrrad der Klägerin offensichtlich übersehen. Damit habe sie ihre allgemeine Rücksichtnahmepflicht verletzt. Hätte sie auf die Klägerin geachtet, wäre der Unfall für sie dadurch zu vermeiden gewesen, dass sie nicht in das Rondell eingefahren wäre. Sie sei zwar bevorrechtigt gewesen. Dies gebe ihr aber nicht das Recht, ihr erkennbar durch die Klägerin verletztes Vorfahrtsrecht ohne Rücksicht auf die Klägerin durchzusetzen.

Die Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge an der Entstehung des Unfalls rechtfertigten eine Haftungsquote von 60 Prozent zulasten der Klägerin und von 40 Prozent zulasten der Beklagten.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 17.1.2017, 9 U 22/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Nutzer muss beim Befahren eines Parkplatzes stets mit ein- und ausparkenden bzw. -fahrenden Fahrzeugen rechnen und hat eine besondere Rücksichtnahmepflicht. Dies kann dazu führen, dass auch der Vorfahrtsberechtigte mit 50 Prozent haftet.

Das folgt aus einer Entscheidung des Amtsgerichts München. In dem Verfahren ging es um einem Verkehrsunfall in einem Parkhaus. Beide Fahrzeugführer wollten das Parkhaus verlassen. Der beklagte Fahrer fuhr mit seinem Pkw Passat geradeaus. Er befand sich auf der Straße, die einmal durch das ganze Parkhaus führt. Links und rechts zweigen Querstraßen ab, in denen sich die einzelnen Parkplätze befinden. Die Klägerin kam mit ihrem Pkw Skoda aus Sicht des Beklagten von rechts aus einer dieser Querstraßen. Die Durchgangsstraße ist fünf Meter breit, die Querstraßen sind 6 Meter breit. Im Kreuzungsbereich kam es zum Unfall der beiden Fahrzeuge. Die Klägerin macht einen Schaden von insgesamt 5.138,75 EUR an ihrem Pkw geltend. Sie behauptet, der Passat sei mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit gefahren und habe die Vorfahrt missachtet. Die Versicherung des Beklagten hat vor dem Prozess bereits die Hälfte des Schadens beglichen. Mit der Klage verlangt nun die Klägerin den Restbetrag.

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München wies die Klage ab. Nach dem Urteil haften die beiden Unfallbeteiligten jeweils mit 50 Prozent. Da die Versicherung des Beklagten vorgerichtlich bereits 50 Prozent des Schadens der Klägerin beglichen hat, schulden der Beklagte und seine Versicherung nach dem Urteil der Klägerin keinen weiteren Schadenersatz.

Inwieweit die Vorfahrtsregel der Straßenverkehrsordnung (StVO) auf einem Parkplatz Anwendung findet, hängt davon ab, ob die Fahrspuren lediglich dem ruhenden Verkehr d. h. dem Suchverkehr dienen, oder ob sie darüber hinaus Straßencharakter besitzen. Entscheidend für diese Beurteilung sind die sich den Kraftfahrern bietenden baulichen Verhältnisse, insbesondere die Breite der Fahrspuren sowie ihre Abgrenzung von den Parkboxen, so das Urteil. Im vorliegenden Fall sei wegen der breit ausgebauten Straßen ein gewisser Straßencharakter anzunehmen. Daher gelte an den Schnittpunkten der Straßen die rechts vor links Regel.

Daneben gelte aber eine besondere und spezifische Rücksichtnahmepflicht aller Verkehrsteilnehmer. Das bedeutet, dass jeder Verkehrsteilnehmer auf einem solchen Parkplatz, auch ein von rechts Kommender, mit erhöhter Vorsicht fahren muss. Ein Nutzer muss also beim Befahren des Parkplatzes stets mit ein- und ausparkenden bzw. -fahrenden Fahrzeugen rechnen, so das Urteil. Das Gericht hat ein Sachverständigengutachten eingeholt und sich den Feststellungen des Sachverständigen angeschlossen. Danach hätte der Unfall vermieden werden können, wenn beide Beteiligte vorliegend ihre sich aus dem Parkplatzverhältnis ergebende besondere Rücksichtnahmepflicht erfüllt hätten. Die Gegebenheiten auf dem Parkplatz lassen es vorliegend nicht zu, dass die Führerin des klägerischen Fahrzeugs sich blind auf ihr Vorfahrtsrecht nach der rechts vor links Regel verlässt. Dies insbesondere, als die Straße, auf der sich der Beklagte befand, geradeaus durch das Parkhaus durchführt und von allen Verkehrsteilnehmern genutzt werden muss, um zur Ausfahrt zu gelangen. Auf dieser Straße ist ständig mit Begegnungsverkehr zu rechnen, so das Gericht weiter. Das Gericht kommt zu einer Haftungsverteilung von 50 Prozent für beide Parteien.

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 23.6.2016, 333 C 16463/13

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Supermarkt hat alle zumutbaren und erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Gefahren von Kunden abzuwenden, die sich in dem öffentlichen Verkaufsraum bewegen. Absolute Sicherheit ist aber nicht geschuldet.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Amtsgericht München. Geklagt hatte eine Frau, die ihre Einkäufe in einem Supermarkt erledigen wollte. Im Bereich der Obst- und Gemüsetheke waren Rotweinflaschen als Aktion gesondert beworben und vor einer Säule aufgeschichtet. Als sie den Bereich passieren wollte, rutschte sie aus und fiel zu Boden.

Die Frau behauptet, wegen einer Putzwasserlache auf dem Boden ausgerutscht zu sein. Die Unfallstelle sei kurz zuvor gereinigt worden, da dort eine Rotweinflasche zerbrochen worden war. Durch den Sturz habe sie eine Rippenbogenprellung, eine Sprunggelenksdistorsion und ganz erhebliche Schmerzen erlitten. Sie ist der Meinung, dass der Supermarktbetreiber seine Verkehrssicherungspflicht verletzt habe und jedenfalls ein Warnschild hätte aufstellen müssen. Sie verlangt mindestens 2.500 EUR Schmerzensgeld.

Der beklagte Supermarkt weigert sich zu zahlen. Die Stelle, an der die Rotweinflasche zerbrochen war, sei sofort von den Glasscherben und dem Rotwein gereinigt worden.

Die Frau erhob Klage vor dem Amtsgericht München. Der zuständige Richter wies die Klage jedoch ab und gab dem Supermarkt recht.

Der Supermarkt habe keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Ein Supermarkt müsse alle zumutbaren und erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um Gefahren von Kunden und so auch der Klägerin abzuwenden, die sich in ihren öffentlichen Verkaufsräumen bewegen. Absolute Sicherheit ist indessen nicht geschuldet, so die Urteilsgründe. Eine Verkehrssicherungspflicht sei bei Anwendung dieser Maßstäbe nicht verletzt worden. Das Gericht schenkte dem vernommenen Zeugen Glauben, der mit dem Putzdienst betraut war. Dieser hatte ausgesagt, dass er die Unfallstelle umgehend von den vorhandenen Scherben gereinigt hatte. Sodann habe er sich in das Lager begeben, um eine Putzmaschine zu holen, mit deren Hilfe er den restlichen Rotwein beseitigen wollte. Es ist für das Gericht nicht ersichtlich, welche Maßnahmen noch veranlasst gewesen wären, um Schaden von der Klägerin abzuwenden. Der Supermarkt sei auch nicht verpflichtet gewesen, Warnschilder aufzustellen. Dies würde die Pflichten überspannen und die Verkehrssicherungspflichtigen über das wirtschaftlich zumutbare Maß hinaus belasten. Bei der Bestimmung des Maßes der für den Verkehrssicherungspflichtigen zumutbaren Vorkehrungen ist insofern insbesondere auf die Wahrscheinlichkeit und die Schwere eines möglichen Schadeneinritts Acht zu nehmen. Daraus folgt, dass bestimmte Vorkehrungen zur Sicherheit der sich auf den Verkaufsflächen der Beklagten bewegenden Personen im genannten Sinne über die bereits ergriffenen Maßnahmen hinaus dann geschuldet sein können, wenn dies aufgrund der Umstände, insbesondere der naheliegenden Wahrscheinlichkeit eines Schadeneintritts, angezeigt ist. Derlei Umstände hat die Klägerin hier jedoch nicht vorgetragen, so das Urteil.

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 9.2.2016, 158 C 21362/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Verwalter kann haften, wenn er schuldhaft gegen seine Pflichten aus dem Verwaltervertrag verstoßen hat, indem er es unterlassen hat, den sich aus einer beschlossenen Jahresabrechnung ergebenden Nachzahlbetrag gegen einen Wohnungseigentümer einzuziehen.

Der Verwalter ist nach dem Wohnungseigentümergesetz verpflichtet, die zu zahlenden Wohngelder einzuziehen. Dazu bleibt er auch verpflichtet, wenn eine Anfechtungsklage erhoben wird. Dies ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Eine weitere Pflichtverletzung des Verwalters kann darin liegen, dass eine Nachzahlungsforderung gegen einen Miteigentümer während seiner Amtstätigkeit verjährt ist. Die Wohngeldansprüche unterliegen der dreijährigen Verjährungsfrist gem. § 195 BGB.

Quelle:  Amtsgericht Köln, Urteil vom 8.3.2016, 215 C 146/15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Macht eine Kundin in einem Supermarkt einen Rückwärtsschritt und bringt hierbei eine andere Kundin zu Fall, die an ihr vorbei gehen will, können beide hälftig für den entstandenen Schaden haften.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall einer 63-jährigen Frau entschieden, die sich bei einem Sturz im Supermarkt den Ellenbogen gebrochen hatte. Hierzu war es gekommen, als eine andere Kundin beim Abbiegen von einem Haupt- in einen Seitengang einen Schritt rückwärts machte, ohne sich zuvor umzusehen. Nach ihren Angaben wollte sie eine ihr entgegenkommende Verkäuferin mit einer sog. Ameise nebst einer Palette vorbeilassen. Durch den Rückwärtschritt kam es zum Zusammenstoß mit der Frau, die aus einem Seitengang kommend die Beklagte an der Seite ihres Rückens passieren wollte. Dir Frau verlagt nun weiteren Schadenersatz, unter anderem ein Schmerzensgeld von 9.700 EUR.

Mit ihrer Klage war sie vor dem OLG nur teilweise erfolgreich. Die Richter entschieden, dass die Beklagte nur zu 50 Prozent für den Schaden hafte. Zwar habe die Beklagte die Frau schuldhaft verletzt. Wegen der in einem Supermarkt bestehenden Kollisionsgefahr mit anderen Kunden oder von diesen benutzten Einkaufswagen bewege sich ein verständiger Kunde im eigenen Interesse nicht rückwärts von einem Regal in den Gang zurück, ohne sich zuvor umzuschauen. Jedenfalls müsse ein Besucher, der sich rückwärts in die Verkaufsgänge zurückbewege, mit Hindernissen verschiedenster Art rechnen, weil diese dem Treiben im Supermarkt immanent seien. Auf diese habe sich der Kunde einzurichten. Das habe die Beklagte versäumt, weil sie – ohne zuvor zurückzusehen – zurückgegangen sei.

Die Geschädigte treffe aber ein hälftiges Mitverschulden an dem Unfall. Sie habe ebenso wie die Beklagte zu der Kollision beigetragen. So habe sie ihrerseits nicht auf die Bewegungen der sich in ihrer Nähe bewegenden Beklagten geachtet, als sie diese passiert habe. Hierdurch habe sie ebenso wie die Beklagte gegen die beschriebenen Sorgfaltspflichten eines Kunden beim Besuch eines Supermarkts verstoßen.

Das OLG berücksichtigte dieses Mitverschulden sowie die im Prozess bewiesenen Verletzungsfolgen. Es sprach der Frau letztendlich ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500 EUR sowie einen Haushaltsführungsschaden von 500 EUR zu.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 6.6.2016, 6 U 203/15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Verletzt ein Arbeitnehmer einen Kollegen während der Arbeit, kann der Verletzte kein Schmerzensgeld verlangen. Von diesem Grundsatz gibt es aber auch eine Ausnahme.

Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein hin. Danach haftet ein Arbeitnehmer seinem Arbeitskollegen auf Schmerzensgeld, wenn der Personenschaden nicht bei einer betrieblichen Tätigkeit eingetreten ist, sondern nur anlässlich einer solchen Tätigkeit. So kommt ein Haftungsausschluss beispielweise bei einer „Neckerei“ unter Arbeitskollegen nicht in Betracht. Das LAG hat eine solche Neckerei angenommen, wenn der Schädiger mit einem Gabelstapler auf einen Arbeitskollegen zurollt, um ihm „in die Brust zu zwicken“. Dabei war er ihm über den Fuß gefahren. Das bewege sich nach Ansicht der Richter nicht mehr im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit. Es sei unerheblich, dass der Schädiger den Gabelstapler anschließend in der Lagerhalle abstellen wollte.

Quelle: LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26.4.2016, 1 Sa 247/15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Stoßen ein vorausfahrendes und ein nachfahrendes Fahrzeug beim Rechtsüberholen des Nachfahrers auf der Gabelung einer Autobahnabfahrt zusammen, kommt eine hälftige Haftung beider Beteiligten für den Unfallschaden in Betracht. Voraussetzung ist, dass der Vorausfahrer seiner Rückschaupflicht nicht genügt und der Nachfahrer verkehrswidrig rechts zu überholen versucht hat.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall einer Autofahrerin entschieden. Sie befuhr mit ihrem Peugeot die Abfahrt einer Bundesautobahn. Diese gabelt sich im weiteren Straßenverlauf ohne vorfahrtsregelnde Verkehrszeichen. Im Bereich der Gabelung kam es zur streifenden Kollision zwischen ihrem vorausfahrenden Fahrzeug und einem Taxi. Der Unfall ereignete sich, weil das Taxi rechts an dem Peugeot vorbeifahren wollte, um den rechten Schenkel der Gabelung zu befahren. In dem Moment steuerte die Frau ebenfalls diesen Schenkel der Gabelung an. Dabei streiften sich die Fahrzeuge. Es entstand ein Schaden von ca. 4.300 EUR. Den verlangte die Frau von der Haftpflichtversicherung der Taxifahrerin ersetzt.

Mit ihrer Klage war sie nur zur Hälfte erfolgreich. Der Unfall sei, so das OLG, von beiden Fahrzeugführerinnen mitverschuldet worden. Dies rechtfertige eine 50-prozentige Haftungsquote. Gabele sich eine Straße ohne vorfahrtsregelnde Verkehrszeichen in zwei Schenkel, so beurteilen sich die straßenverkehrsrechtlichen Pflichten danach, ob ein Straßenschenkel nach vernünftiger Verkehrsauffassung als Fortsetzung der bisherigen Fahrtrichtung anzusehen sei. In diesem Fall sei das Befahren dieses Schenkels keine Änderung der Fahrtrichtung. Nur der Kraftfahrer, der dann den anderen Schenkel befahre, ändere seine Fahrtrichtung und habe sich entsprechend zu verhalten.

Sei allerdings – wie im vorliegenden Fall – keiner der Schenkel deutlich als Fortsetzung der bisherigen Straße zu erkennen, ändere jeder Fahrzeugführer beim Einfahren in einen der beiden Schenkel seine Fahrtrichtung. Dementsprechend habe er dies als Abbiegen anzukündigen. Er müsse den Fahrtrichtungsanzeiger benutzen, sich einordnen und auf den nachfolgenden Verkehr achten.

Gegen diese Pflichten hätten beide Fahrerinnen verstoßen. Die Klägerin habe den Pflichten nicht genügt, weil sie beim Abbiegen in den rechten Fahrbahnschenkel nicht ausreichend auf den rückwärtigen Verkehr und damit auf das Taxi geachtet habe. Zudem habe sie sich zunächst auch eher mittig auf der Fahrbahn orientiert. Von diesem Verhalten sei nach der durchgeführten Beweisaufnahme auszugehen. Die Taxifahrerin habe demgegenüber vor dem Zusammenstoß verkehrswidrig versucht, rechts zu überholen. Rechts dürfe nur derjenige Verkehrsteilnehmer überholt werden, der seine Absicht, nach links abzubiegen, angekündigt und sich entsprechend eingeordnet habe. Die Taxifahrerin habe nicht davon ausgehen dürfen, dass der Peugot den linken Schenkel ansteuert. Am Peugeot sei nämlich ebenfalls kein Blinker gesetzt gewesen.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 3.6.2016, 7 U 14/16, Abruf-Nr. 189122 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Haftung onlineEin Landwirt, der beim Bewässern seiner Ackerflächen auch eine daneben liegende Pferdeweide beregnet, verletzt eine Verkehrssicherungspflicht, wenn aufgrund des Wasserstrahls ein Pferd in Panik gerät und auf seiner Flucht einen tödlichen Unfall erleidet.

Dies hat das Oberlandesgericht Celle entschieden. Die Klägerin hatte 40.000 EUR Schadenersatz für ihre Stute begehrt. Das Tier hatte sich beim Sprung über einen Weidezaun so schwer verletzt, dass es eingeschläfert werden musste. Es war in Panik vor einem Wasserstrahl geflüchtet, der wie eine Treibhilfe gewirkt und die Flucht des Tieres ausgelöst hatte.

Das OLG hat entschieden, dass der Landwirt für Schäden der Klägerin hafte. Er habe vor Einschalten der Bewässerungsanlage nicht sichergestellt, dass der Wasserstrahl nicht auf die angrenzende Weide reicht. Mangelnde Kenntnisse über das übliche Fluchtverhalten eines Pferdes entlasteten ihn nicht. Er müsse sicherstellen, dass die Anlage nur das eigene Grundstück beregnet, anderenfalls handele er fahrlässig.

Quelle: OLG Celle, Urteil vom 14.3.2016, 20 U 30/13

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Datenschutz, Paragraph, binr, BDSG, Recht, Internet, ITHält ein Sportverein die entsprechenden DIN-Normen ein, hat er damit seine Verkehrssicherungspflicht nicht zwingend erfüllt.

Das hat das OLG Nürnberg entschieden und einen Eishockeyverein zur Haftung fur eine Augenverletzung verurteilt, die sich eine Zuschauerin zuzog, als ihr ein Puck ins Gesicht flog. Der Verein hatte die Schadenersatzpflicht vergeblich mit dem Hinweis abzuweisen versucht, das Stadion entspreche den Vorgaben der DIN 18036.

Die DIN-Normen, so das OLG, können herangezogen werden, um die Verkehrssicherungspflichten zu konkretisieren. Sie bestimmen aber nicht die Grenze dessen, was im Einzelfall verlangt werden kann. Besteht trotz eingehaltener DIN-Normen die naheliegende Möglichkeit, dass bei einer Sportveranstaltung Zuschauer erheblich verletzt werden können, muss der Verein – soweit ihm zumutbar – weitergehende Sicherheitsmaßnahmen ergreifen und erkennbare Gefahrenquellen beseitigen.

Quelle: OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 6.7.2015, 4 U 804/15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Para Puzzle RedWhiteDer frühere Mieter eines Steinway-Hauses in Düsseldorf muss einen Steinway-Flügel B 211, Baujahr 1908, an den Kläger, einen Musikpädagogen, herausgeben. Kann er dies binnen vier Wochen nicht, muss er 3.000 EUR Schadenersatz zahlen.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Landgericht (LG) Düsseldorf. Geklagt hatte ein Musikpädagoge. Er hatte im August 2008 dem beklagten Einzelhandelskaufmann, der die Räume des Steinway-Hauses in Düsseldorf gemietet hatte, seinen Steinway-Flügel B 211 aus dem Jahre 1908 zur Reparatur übergeben. Da beide sich über den Umfang und die Kosten der Reparatur nicht einigen konnten, verblieb der B 211-Flügel bis auf Weiteres in der Werkstatt des Beklagten. Als der Musikpädagoge sich im Jahr 2010 entschlossen hatte, die Reparatur nicht durchführen zu lassen, und den Flügel zurückforderte, war der Flügel verschwunden.

Das Gericht hat in seinem Urteil ausgeführt, dass der frühere Mieter des Steinway-Hauses das Verschwinden des Flügels zu vertreten habe. Er hätte den neuen Inhaber der Geschäftsräume ausdrücklich auf das Kundeneigentum an dem Flügel hinweisen müssen, als dieser Ende 2008 das Geschäftsinventar mit Werkstatt von ihm übernahm. Zu dem Zeitpunkt soll der Flügel noch in der Werkstatt zur Reparatur eingelagert gewesen sein. Zusätzlich hätte der Beklagte den klagenden Musikpädagogen im Jahre 2008 auf die Übernahme der Räume durch den neuen Inhaber hinweisen müssen. Dann hätte sich der Kläger rechtzeitig um den Verbleib seines Flügels kümmern können.

Kann der Beklagte den Steinway-Flügel nun nicht binnen vier Wochen herausgeben, hat er dem klagenden Musikpädagogen den Wiederbeschaffungswert eines gleichwertigen Flügels in Höhe von 3.000 EUR zu zahlen, so die Richter in ihrem Urteil. Den Wert hat das Gericht aufgrund eines Gutachtens eines Sachverständigen festgesetzt. Danach ist der Marktwert eines Flügels im Wesentlichen am äußeren Erscheinungsbild des Instruments – hier Risse im Resonanzboden – und nicht an dessen subjektiv empfundenen Klang zu bestimmen. Der Kläger hatte für das Erbstück zunächst weit mehr, nämlich 25.000 EUR Schadenersatz verlangt.

Quelle: LG Düsseldorf, Urteil vom 7.1.2016, 1 O 68/14.