Schlagwortarchiv für: Haftung

Wer beim Einparken einen Fußgänger nicht sieht und ihn anfährt, haftet nicht in jedem Fall.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Kammergericht (KG). Beklagt war ein Autofahrer, der rückwärts in eine Parklücke einparken wollte. Dabei fuhr er mit der linken Fahrzeugseite einen auf der Fahrbahn befindlichen Fußgänger an. Dieser hatte zuvor ein Absperrgitter überstiegen, um an unzulässiger Stelle die Fahrbahn zu überqueren. Er hatte auch das einparkende Fahrzeug bemerkt. In einem solchen Fall trete nach der Entscheidung des KG die Haftung des Autofahrers aus Betriebsgefahr gegenüber dem groben Eigenverschulden des Fußgängers zurück. Zwar müsse ein Kraftfahrer vor Beginn des Rückwärtsfahrens den rückwärtigen Verkehrsraum überprüfen. Dagegen bestehe keine Pflicht, vor dem Einschwenken in die Parklücke den Verkehrsraum links neben dem Fahrzeug nochmals zu überprüfen, wenn dort nach normalen Umständen mit Fußgängern nicht gerechnet werden muss. Ein grob verkehrswidrig auftretender Fußgänger handele insofern auf eigene Gefahr (KG, 12 U 178/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Betreiber eines Supermarkts muss dafür sorgen, dass auch Kunden mit geringerer Körpergröße (hier: 1,56 m) die in den Verkaufsregalen angebotenen Waren erreichen und entnehmen können, ohne sich der Gefahr einer Körperverletzung auszusetzen.

Das musste sich ein Supermarktbetreiber vor dem Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg sagen lassen. Die Richter schrieben ihm ins Stammbuch, dass er besondere Schutzvorkehrungen treffen müsse, wenn er Dosenware auf einem Regal von 1,70 m Höhe in drei, mit Kartonböden getrennten Schichten stapele. Er müsse damit rechnen, dass einzelne Dosen in der obersten Lage instabil würden, ohne dass dies von Kunden kleinerer Größe bemerkt werden könne. Stürze eine Dose herab und verletze einen Kunden, müsse der Supermarktbetreiber für den entstandenen Schaden haften (OLG Brandenburg, 11 U 29/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Reinigungsunternehmen verletzt seine Verkehrssicherungspflicht, wenn es einen Flur mit Kautschukfußboden nass wischt und keine Hinweisschilder in Bezug auf die erhöhte Rutschgefahr aufstellt.

Diese Entscheidung traf das Landgericht (LG) Düsseldorf in einem entsprechenden Fall. Nach dem Urteil könne eine Gefahrenlage auch nicht verneint werden, wenn die Feuchtigkeit des Fußbodens ohne Weiteres für einen durchschnittlich aufmerksamen Nutzer erkennbar gewesen sei. So sei es insbesondere in Bürogebäuden auch zu den üblichen Nassreinigungszeiten den Beschäftigten und Besuchern nicht zuzumuten, dem Zustand des Fußbodens ständig erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken (LG Düsseldorf, 2b O 159/07).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Privatpersonen können auf Unterlassung, nicht dagegen auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden, wenn ihr nicht ausreichend gesicherter WLAN-Anschluss von unberechtigten Dritten für Urheberrechtsverletzungen im Internet genutzt wird.

Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urheberrechtsstreit. Die Klägerin ist Inhaberin der Rechte an dem Musiktitel „Sommer unseres Lebens“. Mit Hilfe der Staatsanwaltschaft wurde ermittelt, dass dieser Titel vom Internetanschluss des Beklagten aus auf einer Tauschbörse zum Herunterladen im Internet angeboten worden war. Der Beklagte war in der fraglichen Zeit jedoch im Urlaub. Die Klägerin begehrt vom Beklagten Unterlassung, Schadenersatz und Erstattung von Abmahnkosten. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen.

Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben, soweit das Berufungsgericht die Klage mit dem Unterlassungsantrag und mit dem Antrag auf Zahlung der Abmahnkosten abgewiesen hatte. Der BGH hat angenommen, dass eine Haftung des Beklagten als Täter oder Teilnehmer einer Urheberrechtsverletzung nicht in Betracht komme. Auch privaten Anschlussinhabern obliege aber eine Pflicht zu prüfen, ob ihr WLAN-Anschluss durch angemessene Sicherungsmaßnahmen vor der Gefahr geschützt ist, von unberechtigten Dritten zur Begehung von Urheberrechtsverletzungen missbraucht zu werden. Dem privaten Betreiber eines WLAN-Netzes könne jedoch nicht zugemutet werden, seine Netzwerksicherheit fortlaufend dem neuesten Stand der Technik anzupassen und dafür entsprechende finanzielle Mittel aufzuwenden. Seine Prüfpflicht beziehe sich daher auf die Einhaltung der im Zeitpunkt der Installation des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen. Diese Pflicht habe der Beklagte nach Auffassung des BGH verletzt. Er habe es bei den werkseitigen Standardsicherheitseinstellungen des WLAN-Routers belassen und das Passwort nicht durch ein persönliches, ausreichend langes und sicheres Passwort ersetzt. Ein solcher Passwortschutz sei auch für private WLAN-Nutzer bereits im Jahre 2006 üblich und zumutbar gewesen. Dieser im vitalen Eigeninteresse aller berechtigten Nutzer liegende Schutz sei mit keinen Mehrkosten verbunden gewesen. Der Beklagte hafte deshalb nach den Rechtsgrundsätzen der sog. Störerhaftung auf Unterlassung und auf Erstattung der Abmahnkosten (nach geltendem, im Streitfall aber noch nicht anwendbaren Recht fallen insofern maximal 100 EUR an). Diese Haftung bestehe schon nach der ersten über seinen WLAN-Anschluss begangenen Urheberrechtsverletzung. Hingegen sei der Beklagte nicht zum Schadenersatz verpflichtet. Eine Haftung als Täter einer Urheberrechtsverletzung habe der BGH verneint, weil nicht der Beklagte den fraglichen Musiktitel im Internet zugänglich gemacht hat. Eine Haftung als Gehilfe bei der fremden Urheberrechtsverletzung hätte Vorsatz vorausgesetzt, an dem es im Streitfall fehle (BGH, I ZR 121/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl