Schlagwortarchiv für: Bebauungsplan

Ein Landkreis hatte einem Ehepaar untersagt, im Garten ihres Wohngrundstücks Minischweine zu halten. Das Ehepaar klagte dagegen vor dem Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt a. M. – erfolglos.

Anwohner beschwerten sich
Die Kläger sind Eigentümer eines Wohngrundstücks, das in einem durch Bebauungsplan festgesetzten allgemeinen Wohngebiet liegt. Sie halten im Garten ihres Grundstücks seit 2022 sogenannte Minischweine. Nach Anwohnerbeschwerden forderte der Beklagte die Kläger im November 2023 auf, die beiden Schweine von ihrem Grundstück zu entfernen, da das Halten von Schweinen in allgemeinen Wohngebieten unzulässig sei.

Klage der Eigentümer abgewiesen
Das VG hat die Klage abgewiesen. Das Halten von zwei Minischweinen im Garten ihres in einem allgemeinen Wohngebiet gelegenen Wohnanwesens sei bauplanungsrechtlich unzulässig. Der Bebauungsplan weise das Gebiet als allgemeines Wohngebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung (BauNVO) aus. Anlagen zur Tierhaltung gehörten nicht zu den in allgemeinen Wohngebieten zulässigen Anlagen. Allgemeine Wohngebiete dienten vorwiegend dem Wohnen.

Gebietsuntypische Störungen unzulässig
Die gebietstypische Schutzwürdigkeit und Störempfindlichkeit werde in allgemeinen Wohngebieten im Wesentlichen von der störempfindlichen Hauptnutzungsart bestimmt. Das Wohnen dürfe keinen gebietsunüblichen Störungen ausgesetzt werden.

Zwar seien nach der Baunutzungsverordnung (hier: § 14 BauNVO) in Wohngebieten untergeordnete Nebenanlagen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem allgemeinen Wohngebiet gelegenen Grundstücke oder des Wohngebiets selbst dienten und die seiner Eigenart nicht widersprächen. Zu diesen untergeordneten Nebenanlagen gehörten auch solche für die Kleintierhaltung. Allerdings ermögliche § 14 BauNVO als Annex zum Wohnen eine Kleintierhaltung nur, wenn sie in dem betreffenden Baugebiet üblich und ungefährlich sei und den Rahmen der für eine Wohnnutzung typischen Freizeitbetätigung nicht sprenge.

Ziegen, Schweine, Schafe: Haltung in Wohngebieten heutzutage unüblich
Kleintiere seien Nutztiere ebenso wie Hobbytiere, die zum Schutz, zur Unterhaltung oder zur Ernährung gehalten würden. In den durch Wohnnutzung geprägten Baugebieten dürften nur solche Kleintiere gehalten werden, die der für eine Wohnnutzung charakteristischen Freizeitbeschäftigung entsprächen. Als Kleintiere würden im Allgemeinen etwa Katzen und Hunde angesehen. Dagegen sei in den durch Wohnnutzung geprägten Baugebieten die Haltung von Ziegen, Schafen und Schweinen in der heutigen Zeit nicht mehr üblich und unzulässig. Eine unterschiedliche Behandlung zwischen sogenannten Hausschweinen, Hängebauchschweinen und Minischweinen sei dabei nicht angezeigt. Minischweine könnten bis zu einem Meter lang werden und bis zu 100 kg wiegen.

Geräusch- und Geruchsbelästigungen
Das Halten von Schweinen in einem allgemeinen Wohngebiet führe typischerweise zu Geräusch- und Geruchsbelästigungen, die in Wohngebieten unüblich seien. Von Schweinen, die sich ganzjährig rund um die Uhr hauptsächlich im Freien aufhielten, gingen ungefilterte Gerüche und Geräusche aus, die unmittelbar die Umgebung belasteten. Aufgrund ihrer Größe und Anzahl komme es bei Schweinen zudem zu erheblichen Ausscheidungen, die gebietsuntypische Gerüche verbreiteten.

Ursprünglich dörflicher Charakter der Gemeinde unerheblich
Hieran ändere auch nichts, dass die betreffende Gemeinde ursprünglich einen dörflichen Charakter gehabt habe oder gar mit dem Spruch „Größtes Dorf der Welt“ werbe. Gegenwärtig zeichne sich die unmittelbare Umgebung des streitgegenständlichen Grundstücks – auf die es im vorliegenden Fall allein ankomme – durch weit überwiegende Wohnnutzung aus.

Zwar könne im Einzelfall die Üblichkeit der Kleintierhaltung abweichend von der typisierenden Betrachtung bejaht werden, wenn eine konkrete Betrachtung ergebe, dass in der Nachbarschaft vergleichbare Nutzungen vorhanden seien und sich die Bewohner des Baugebiets damit abgefunden hätten. Letzteres sei hier jedoch nicht der Fall.

Quelle VG Neustadt a. M., Urteil vom 11.9.2024, 5 K 427/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Bei Bauvorhaben im Außenbereich muss in der Abwägung der Interessenlage auch der Geruchsschutz der dort tätigen Arbeitnehmer berücksichtigt werden.

Hierauf wies das Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen hin und erklärte deshalb den Bebauungsplan der Stadt Lingen Nr. 20 für unwirksam. Mit diesem hatte die Stadt außerhalb der geschlossenen Ortslage in einem von Landwirtschaft geprägten Gebiet die Rechtsgrundlage für die Errichtung eines Krematoriums mit Abschiedsraum gelegt. Der dagegen von zwei Landwirten gestellte Normenkontrollantrag hatte Erfolg.

Der Bebauungsplan verstößt nach Ansicht des OVG gegen das Abwägungsgebot. Es ist zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass Anwesende während der Trauerfeier landwirtschaftlichen Gerüchen ausgesetzt sind. Der Bebauungsplan krankt aber daran, dass die im Krematorium tätigen Arbeitnehmer unzumutbar hohen landwirtschaftlichen Gerüchen ausgesetzt sind. Die Stadt hätte schon im Bebauungsplan sicherstellen müssen, dass im Gebäudeinneren geringere Geruchshäufigkeiten zu verzeichnen sind. Sie hatte sich zu Unrecht darauf verlassen, das werde im Baugenehmigungsverfahren gelöst werden.

Quelle: OVG Niedersachsen, Urteil vom 16.11.17, 1 KN 54/16 und 1 KN 55/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Bebauungsplan leidet an einem formalen, zu seiner Unwirksamkeit führenden Mangel, wenn er vor seiner Bekanntmachung nicht ordnungsgemäß ausgefertigt worden ist. Mit der Ausfertigung wird die Satzung als Originalurkunde hergestellt und sichergestellt, dass der textliche und der zeichnerische Gegenstand der Satzung mit dem Willen des Rates im Zeitpunkt seiner Beschlussfassung übereinstimmen.

Diese Klarstellung traf das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen. Die Richter erläuterten dazu, dass es in Nordrhein-Westfalen für die Ausfertigung von Bebauungsplänen genügt, wenn eine Originalurkunde geschaffen wird, auf welcher der Bürgermeister als Vorsitzender des Rats zeitlich nach dem Ratsbeschluss und vor der Verkündung der Satzung schriftlich bestätigt, dass der Rat an einem näher bezeichneten Tag diesen Bebauungsplan als Satzung beschlossen hat. Die Vorgaben für die Ausfertigung eines aus mehreren Blättern bestehenden Bebauungsplans sind dagegen verletzt, wenn der Vorhaben- und Erschließungsplan weder einen Ausfertigungsvermerk aufweist, noch mit dem Bebauungsplan körperlich fest verbunden ist.

Quelle: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.10.2017, 7 D 94/15 NE

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Bebauungsplan, mit dem nördlich der Ortsrandbebauung eine Fläche für die Landwirtschaft festgesetzt wird, die nicht bebaut werden darf, ist unwirksam. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz.

Der Antragsteller betreibt ein Weingut. Auf einem von ihm gepachteten Grundstück, das nördlich des Ortsrands im bisherigen Außenbereich liegt, befindet sich eine genehmigte Betriebshalle mit Wohnung, die zum Weingut gehört. Seinen Antrag auf Erlass eines Bauvorbescheids zur Erweiterung der Halle lehnte die Kreisverwaltung unter Hinweis auf einen kurz zuvor als Satzung beschlossenen Bebauungsplan ab.

Der Antragsteller macht geltend, der Bebauungsplan sei eine reine Verhinderungsplanung. Dem rückwärtigen Ortsbild, das durch den Plan geschützt werden solle, komme kein hoher bauhistorischer Wert zu. Ihm werde hingegen die Möglichkeit genommen, seinen Winzerbetrieb räumlich zu erweitern. Hierauf sei er angewiesen.

Das OVG gab seinem Normenkontrollantrag statt und erklärte den Bebauungsplan für unwirksam. Die Festsetzung einer Fläche für die Landwirtschaft, die aber nicht bebaut werden dürfe, stelle sich zwar nicht als unzulässige Negativplanung dar. Denn die Gemeinde verfolge mit ihr das positive planerische Ziel der Ortsbildpflege. Dieses Ziel sei auch durchaus legitim.

Allerdings habe die Gemeinde die gegenläufigen privaten Belange der betroffenen Landwirte, insbesondere das Erweiterungsinteresse des Antragstellers, nicht mit dem ihrer Bedeutung zukommenden Gewicht abgewogen. So habe sie in der Begründung des Bebauungsplans einen Erweiterungsbedarf des Antragstellers verneint, obwohl dieser in seinen Einwendungen gegen den Planentwurf ausdrücklich darauf verwiesen habe, auf dem bereits bebauten Grundstück eine Betriebserweiterung vornehmen zu wollen.

Quelle: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.1.2016, 8 C 10885/15.OVG.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Real Estate investmentEine beklagte Stadt aus dem Sauerland schuldet dem klagenden Bauunternehmer keinen Schadenersatz nach dem Scheitern einer Bebauungsplanung, zu der die Parteien bereits einen Städtebaulichen Vertrag und Erschließungsvertrag abgeschlossen hatten.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil abgeändert. Die Parteien hatten 2011 einen Städtebaulichen Vertrag und Erschließungsvertrag geschlossen. Der Kläger übernahm die Planung und Herstellung von Erschließungsanlagen im Geltungsbereich des zur Aufstellung vorgesehenen Bebauungsplans für ein von ihm zu erwerbendes Grundstück im Stadtgebiet der Beklagten. Die Beklagte ihrerseits war am Erwerb eines im Stadtgebiet gelegenen Grundstücks des Klägers interessiert. Die Aufstellung des Bebauungsplans und die Veräußerung des klägerischen Grundstücks unterblieben in der Folgezeit, sodass der von den Parteien abgeschlossene Vertrag nicht mehr durchgeführt wurde.

Der Kläger hat gemeint, die Stadt habe gegen die Amtspflicht zu konsequentem Verhalten und gegen das Koppelungsverbot verstoßen. Sie habe die Einleitung der Bauleitplanung nachträglich vom Nachweis der Erwerbsmöglichkeit der Baugrundstücke durch ihn sowie von dem Verkauf seines Grundstücks an sie abhängig gemacht. Er fordert daher von der Stadt 50.000 EUR Schadenersatz.

Seine Schadenersatzklage blieb jedoch erfolglos. Dass OLG konnte nicht feststellen, dass die Pflichtverletzungen den Kläger geschädigt hatten. Zwar sprächen Anhaltspunkte dafür, dass die Stadt ihre Pflicht zum rechtmäßigen Verwaltungshandeln verletzt habe. Ihr Bürgermeister habe die Fortsetzung der Bauleitplanung davon abhängig gemacht, dass die Stadt das klägerische Grundstück erwerben könne. Es verstoße gegen das Koppelungsverbot, wenn eine Stadt das Vorantreiben der Bauleitplanung von der Veräußerung eines anderweitigen Grundstücks abhängig mache. Die infrage stehende Pflichtverletzung konnte das OLG aber letztlich dahinstehen lassen. Sie habe jedenfalls nicht zu dem vom Kläger geltend gemachten Schaden geführt. Er spreche keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger bei pflichtgemäßem Handeln des Bürgermeisters keinen Schaden erlitten hätte. In diesem Fall sei zwar davon auszugehen, dass die Verwaltung der Stadt die Aufstellung des Bebauungsplans mit einer Ratsvorlage weiter vorangetrieben hätte. Angesichts des umfassenden Entschließungsermessens des Rates bei der Bauleitplanung erscheine es allerdings offen, ob der Rat am Ende tatsächlich einen rechtsgültigen Bebauungsplan verabschiedet hätte. Darüber hinaus sei nicht gesichert, ob es bei der gebotenen Anhörung der Anwohner im Baugebiet keine relevanten Einwendungen gegen die Planung gegeben hätte. Im Übrigen sei auch nicht sichergestellt gewesen, dass der Kläger die infrage stehenden Baugrundstücke hätte erwerben können. Die vom Kläger erhoffte Bauleitplanung habe daher auch aus anderen, von infrage stehendem Verhalten des Bürgermeisters unabhängigen Gründen scheitern können.

Des Weiteren hafte die Stadt auch nicht deswegen, weil sie berechtigtes Vertrauen des Klägers im Vorfeld der Vertragsunterzeichnung enttäuscht bzw. insofern ihre Amtspflicht zu konsequentem Verhalten verletzt habe. Dass die Stadt vom Kläger den Nachweis seiner Erwerbsmöglichkeit der Baugrundstücke verlangt habe, sei spätestens zu Beginn des Jahres 2012 gerechtfertigt gewesen, als die Erwerbsverhandlungen des Klägers mit dem Grundstückseigentümer ins Stocken geraten seien (OLG Hamm, Urteil vom 4.2.2015, 11 U 35/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

 

 

Baurecht

Die aus der Bauordnung folgenden Vorschriften zum Abstand zwischen einzelnen Bauwerken werden eingehalten, wenn eine Garage an einer Grundstücksgrenze gebaut werden soll, gegenüber der nach planungsrechtlichen Vorschriften ohne Grenzabstand gebaut werden darf.

Ein solcher Fall liegt nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Köln vor, wenn die betreffenden Grundstücke im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans liegen, nach dem eine offene Bauweise festgelegt ist. Zwar müssten bei der offenen Bauweise die Gebäude mit einem seitlichen Grenzabstand errichtet werden. Diese Vorgabe sei für Garagen jedoch nicht anwendbar, da diese als untergeordnete Nebenanlagen vom gesetzlichen Gebäudebegriff nicht erfasst werden (VG Köln, 2 L 407/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl