Schlagwortarchiv für: Autokauf

Entspricht bei einem Gebrauchtwagenkauf der Tachostand nicht der tatsächlichen Laufleistung, kommt es bei der Frage, welche Rechte dem Käufer zustehen, auf den genauen Sachverhalt an.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg. In dem betreffenden Fall hatte ein Mann einen gebrauchten Mercedes für 8.000 EUR gekauft. Nach kurzer Zeit wollte er den Wagen wegen eines angeblich falschen Tachostands zurückgeben. Der Verkäufer verweigerte die Rücknahme. Die Parteien zogen vor Gericht.

Der gerichtliche Sachverständige konnte feststellen, dass das Fahrzeug bereits Anfang 2010 eine Laufleistung von über 222.000 km aufgewiesen hatte. Verkauft wurde es im September 2015 dann mit einem Tachostand von 160.000 km. Das Landgericht Oldenburg verpflichtete den Verkäufer, den Wagen zurückzunehmen.

Diese Entscheidung hat das OLG nun bestätigt. Der Verkäufer könne sich nicht darauf berufen, dass er den Tachostand lediglich „laut Tacho“ angegeben und selbst keine eigene Kenntnis von der tatsächlichen Laufleistung gehabt habe, weil er den Wagen selbst gebraucht gekauft hatte. Zwar müsse im Rechtsverkehr zwischen einer Garantie und einer bloßen Beschaffenheitsangabe unterschieden werden. Bei einem Verkauf zwischen Privatleuten – wie hier – könne der Käufer auch nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass der Verkäufer den von ihm angegebenen Tachostand auf seine Richtigkeit überprüft habe.

Im vorliegenden Fall aber hatte der Verkäufer die Laufleistung im Kaufvertrag unter der Rubrik „Zusicherungen des Verkäufers“ eigenhändig eingetragen. Er habe damit ausdrücklich eine Garantie übernommen, an der er sich festhalten lassen müsse, so die Richter. Der Käufer darf daher das Auto zurückgeben und erhält den Kaufpreis erstattet.

Quelle: OLG Oldenburg, Urteil vom 18.5.2017, 1 U 65/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Autokäufer, bei dessen Fahrzeug zunächst ein Mangel vorhanden war, kann einen Anspruch auf Neulieferung eines mangelfreien Fahrzeugs haben, obwohl der Fehler möglicherweise behoben wurde, nachdem der Käufer die Neulieferung verlangt hatte.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg im Fall eines Autokäufers. Der bemängelte, dass bereits wenige Monate nach der Lieferung wiederholt die Kupplungsüberhitzungsanzeige eingeblendet wurde. Dies war verbunden mit der Aufforderung, anzuhalten und die Kupplung abkühlen zu lassen. Der Vorgang konnte bis zu 45 Minuten dauern. Mehrere Versuche des Verkäufers den Mangel zu beheben scheiterten. Daraufhin verlangte der Käufer die Lieferung eines Ersatzfahrzeugs. Nachdem der Verkäufer dies verweigert hatte, machte der Käufer einen Anspruch auf Lieferung eines gleichwertigen, mangelfreien Fahrzeugs Zug um Zug gegen Rückgabe des ursprünglich gelieferten Pkws geltend. Das Landgericht beauftragte einen Sachverständigen. Der sollte klären, ob das Fahrzeug mangelhaft sei. Der Sachverständige stellte bei Testfahrten fest, dass tatsächlich die Kupplungsüberhitzungsanzeige aufleuchtete. Er konnte 42 Minuten lang die Fahrt nicht fortsetzen, bis diese erlosch.

Nachdem der Sachverständige sein Gutachten erstellt hatte, spielte der Verkäufer im Rahmen eines Servicetermins ein Softwareupdate auf. Ein Einverständnis des Käufers hatte er dazu nicht eingeholt. Das hatte möglicherweise zur Folge, dass die Warnmeldung nicht mehr angezeigt wurde. Bei seiner wiederholten Untersuchung konnte der Sachverständige nicht mehr feststellen, dass die Überhitzungsanzeige aufleuchtete. Der Sachverständige konnte dabei nicht ermitteln, ob die Überhitzungsanzeige nunmehr lediglich abgeschaltet oder die Fehlfunktion beseitigt worden war. Das Landgericht wies daraufhin die Klage mit der Begründung ab, dass der Mangel nicht mehr vorhanden sei.

Das OLG entschied, dass der Käufer einen Anspruch auf Lieferung eines Neuwagens habe. Für die Frage, ob ihm ein solcher Anspruch zustehe oder nicht, sei auf den Moment abzustellen, in welchem er die Ersatzlieferung verlangt habe. Damals sei der Mangel vorhanden gewesen. Die spätere etwaige Beseitigung des Mangels sei nicht mit seinem Einverständnis erfolgt. Das Nachlieferungsverlangen sei auch nicht unverhältnismäßig, weil der Mangel erheblich gewesen sei. Nachdem der Sachverständige nicht habe klären können, ob durch das Softwareupdate die Überhitzungsanzeige komplett abgeschaltet worden sei, stehe zudem nicht fest, dass der Mangel tatsächlich ohne nachteilige Folgen für den Käufer beseitigt worden sei.

Quelle: OLG Nürnberg, Urteil vom 20.2.2017, 14 U 199/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Käufer eines gebrauchten Fahrzeugs muss einen altersüblichen Verschleißzustand des Fahrzeugs und hierdurch bedingte Instandsetzungskosten hinnehmen. Weist sein Fahrzeug allerdings technische Defekte auf, die bei vergleichbaren Gebrauchtfahrzeugen nicht üblich sind, kann ein Fahrzeugmangel vorliegen. Dann kann er vom Kaufvertrag zurücktreten.

Ausgehend hiervon hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm einer Rückabwicklungsklage über ein gebrauchtes Fahrzeug stattgegeben. Geklagt hatte ein Autokäufer. Er hatte im November 2013 einen gebrauchten Skoda Octavia RS Combi 2.0 TDI für 8.950 EUR gekauft. Das erstmals im Juni 2007 zugelassene Fahrzeug hatte einen Kilometerstand von ca. 181.000 km. Nach der Fahrzeugübergabe rügte der Kläger Mängel, unter anderem ein schlechtes Anspringen des Motors, Ruckeln beim Fahren, laute Motorgeräusche und eine sich plötzlich erhöhende Motordrehzahl. Es kam zu Instandsetzungsarbeiten, auch durch den Verkäufer. Der Kläger hielt die Arbeiten allerdings für unzureichend. Deswegen erklärte er im Mai 2014 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Dem trat der Verkäufer entgegen. Er verwies darauf, dass die beanstandete Symptomatik auf einem üblichen Verschleiß des Fahrzeugs beruhe und nicht als Mangel zu bewerten sei.

Im Verfahren vor dem Landgericht kam ein Kfz-Sachverständiger zu dem Ergebnis, dass die vom Kläger behauptete Mangelsymptomatik auf einen verstopften Rußpartikelfilter zurückzuführen sei. Dieses bewertete das Landgericht als übliche Verschleißerscheinung und wies die Klage ab.

Die Berufung des Klägers war erfolgreich. Nach weiterer Beweisaufnahme mit erneuter Anhörung des Sachverständigen hat das OLG der Klage stattgegeben. Es hat den Verkäufer verurteilt, den Kaufpreis gegen Rückgabe des Fahrzeugs zurückzuzahlen.

Der Kläger sei zum Vertragsrücktritt berechtigt, so der Senat. Das verkaufte Fahrzeug habe bei der Übergabe einen Sachmangel aufgewiesen. Es habe sich nicht in einem altersgemäßen Zustand vergleichbarer Gebrauchtfahrzeuge befunden. Es könne zwar sein, dass die im Laufe des Fahrbetriebs zunehmende Verstopfung des Rußpartikelfilters ein üblicher Verschleiß bei Dieselfahrzeugen sei. Im Streitfall habe der Skoda bei der Übergabe an den Kläger aber zwei technische Defekte aufgewiesen. Zum einen sei der Drucksensor des Partikelfilters nicht funktionsfähig gewesen. Darum sei nicht angezeigt worden, dass der Partikelfilter überfüllt war. Außerdem sei der Skoda von einem für diese Modellreihe typischen Bauteilfehler an den Pumpen-Düsen-Elementen betroffen gewesen. Dieser werkseitige Fehler habe zu einer Überfettung des Brennstoffgemischs und damit zu einer Verkokung geführt, die wiederum eine übermäßige Füllung des Partikelfilters mit Ruß zur Folge hatte.

Aufgrund dieser beiden technischen Defekte bleibe der vom Kläger erworbene Skoda negativ hinter der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Gebrauchtfahrzeuge zurück. Zugleich habe sich aufgrund der defekten Pumpe-Düse-Injektoren im Partikelfilter mehr Ruß als üblich abgelagert. Eine solche übermäßige Verschleißanfälligkeit sei ebenfalls als Sachmangel anzusehen, zumal der defekte Sensor die bedenkliche Rußablagerung nicht angezeigt habe.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 11.5.2017, 28 U 89/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ist das verkaufte Fahrzeug sowohl bei Gefahrübergang als auch im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung in dem Schengener Informationssystem (SIS) eingetragen, ist dies ein erheblicher Rechtsmangel. Der Käufer kann daher vom Kaufvertrag zurücktreten.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) in einem entsprechenden Fall. Die Richter wiesen darauf hin, dass der Verkäufer eines Kraftfahrzeugs redlicherweise gehalten sei, einen potenziellen Käufer über das Bestehen einer Eintragung des Fahrzeugs in dem Schengener Informationssystem aufzuklären.

Im SIS werden u.a. Fahrzeuge gespeichert, die aufgrund einer Diebstahlanzeige sichergestellt werden sollen.

Quelle: BGH, Urteil vom 26.4.2017, VIII ZR 233/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Gebrauchtwagenhändler muss ungefragt offenbaren, wenn es sich bei dem Gebrauchtwagen um einen ehemaligen Mietwagen handelt.

Deshalb entschied das Landgericht (LG) Hamburg einen Prozess zugunsten des Kunden. Der Händler hatte auf Zahlung des Kaufpreises geklagt, der Kunde verlangte mit einer Widerklage seine Anzahlung zurück.

Streitobjekt war ein Pkw Nissan, Laufleistung 15.000 km, Erstzulassung vor acht Monaten auf einen Autovermieter (vermutlich inländisch). Die Papiere mit Vorbesitzereintrag haben bei den Verkaufsverhandlungen nicht vorgelegen. Im Bestellschein findet sich kein Hinweis. Zunächst hatte der Händler behauptet, den Käufer mündlich ausdrücklich auf die Mietwageneigenschaft hingewiesen zu haben. Später hat er durch seinen Anwalt vortragen lassen, darüber sei nicht gesprochen worden, und es habe auch keine Offenbarungspflicht bestanden. Demgegenüber behauptete der Käufer, er habe bei den Verhandlungen ausdrücklich erklärt, an einem Ex-Mietwagen kein Interesse zu haben. Diese Behauptung bestätigte ein Zeuge des Käufers.

Das genügte dem Gericht für die Annahme einer arglistigen Täuschung. Doch Täuschung hin oder her: Auch ohne Täuschung sah das Gericht den Händler in der Haftung. Alternative Begründung: Sachmangelhaftung oder fahrlässige Verletzung einer Nebenpflicht. Die Mietwageneigenschaft sei eine unübliche und erwartungswidrige Beschaffenheit. Auf sie müsse ein Händler auch ungefragt, also aus eigener Initiative, ausdrücklich hinweisen

Quelle: LG Hamburg, Urteil vom 28.10.2016, 326 O 31/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine per E-Mail übersandte Bestätigung eines Überweisungsauftrags kann gefälscht sein. Allein ein Überweisungsauftrag lässt regelmäßig nicht erkennen, dass das vermeintlich angewiesene Geld auch tatsächlich auf dem Empfängerkonto ankommen wird.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Geklagt hatte ein Mann, der seinen Pkw Mercedes Benz E 200 CDI für 26.800 EUR an einen Herrn M verkauft hatte. In den Fahrzeugpapieren war die Ehefrau des Klägers als Halterin vermerkt. Ein persönlicher Kontakt zwischen den Kaufvertragsparteien fand nicht statt. Auf eine Verkaufsanzeige des Klägers im Internet hatte sich – dies ergaben die späteren Ermittlungen – ein Dritter unter dem Namen des Herrn M beim Kläger gemeldet. In dem schriftlichen Kaufvertrag wurde Herr M als Käufer genannt. Der Kaufpreis sollte auf das Konto des Klägers überwiesen werden. Noch am Tage der Vertragsunterzeichnung erhielt der Kläger eine gefälschte Bankbescheinigung. Darin wurde bestätigt, dass Herr M den Kaufpreis auf das Konto des Klägers überwiesen habe. Im Vertrauen hierauf händigte der Kläger dem beauftragten Transportunternehmen das Fahrzeug nebst Schlüsseln und Papieren aus. Den Kaufpreis erhielt der Kläger nicht.

Bereits zuvor, wenige Tage nach der Abgabe des Fahrzeugs durch den Kläger, kaufte der Beklagte aus Gelsenkirchen das Fahrzeug auf einem Gebrauchtwagenmarkt in Essen. Den Kaufpreis von 15.500 EUR zahlte er bar an den Verkäufer. Der hatte einen serbischen Reisepass vorgezeigt. Mit dem Fahrzeug übernahm der Beklagte die Fahrzeugpapiere und Schlüssel. Als der Beklagte den Pkw anmelden wollte, wurde das mittlerweile zur Fahndung ausgeschriebene Fahrzeug von der Polizei sichergestellt.

Die Parteien stritten daraufhin über das Eigentum an dem Fahrzeug. In erster Instanz hat das Landgericht Essen das fortbestehende Eigentum des Klägers bestätigt und einen gutgläubigen Erwerb des Beklagten verneint. Die Berufung des Beklagten gegen dieses Urteil ist erfolglos geblieben.

Das OLG hat die Parteien in der mündlichen Berufungsverhandlung angehört. Es hat dann darauf hingewiesen, dass die Berufung keinen Erfolg haben wird. Der Kläger habe, so der Senat, das Eigentum an dem Mercedes Benz nicht verloren:

 

  • Es liege keine wirksame Übereignung an den im Kaufvertrag genannten Herrn M vor. Dieser habe das Vertretergeschäft nicht bevollmächtigt und auch nicht nachträglich genehmigt. Zudem sei im Vertrag ein Eigentumsvorbehalt vereinbart gewesen.

 

  • Der Beklagte seinerseits habe das Eigentum an dem Fahrzeug bei seinem späteren Erwerbsgeschäft nicht gutgläubig erworben. Weil die Ehefrau des Klägers und nicht der Verkäufer als Fahrzeughalter in den Fahrzeugpapieren eingetragen gewesen sei, hätte der Beklagte nachforschen müssen. Dieser Nachforschungspflicht sei er nicht ausreichend nachgekommen. Er habe letztlich allein einer nicht überprüften Äußerung des Verkäufers geglaubt, nach welcher dieser das Fahrzeug von einer Frau erworben habe, die es unbedingt habe verkaufen wollen.

Nach dem rechtlichen Hinweis des OLG hat der Beklagte die Berufung in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Quelle: OLG Hamm, 5 U 69/16 OLG Hamm, beendet mit der Rücknahme der Berufung am 5.12.2016.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Zunehmend streiten Kunden und Autohäuser über Kaufverträge, die über das Internet angebahnt worden sind. Der Klassiker sind Ausstattungsmerkmale, die in der Internetanzeige stehen, im Kaufvertrag aber nicht mehr auftauchen. Tendenziell haben die Autohäuser hier schlechte Karten, wie eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf beweist.

Der Händler hatte einen gebrauchten BMW 520d bei mobile.de ins Netz gestellt. Aufgelistet waren jede Menge Extras, z. B. Sportfahrwerk, Sportpaket, Luftfederung Hinterachse etc. Im schriftlichen Kaufvertrag tauchten die genannten Ausstattungsmerkmale nicht mehr auf. Einige waren tatsächlich gar nicht vorhanden, was dem Käufer bei der Besichtigung mit Probefahrt nicht aufgefallen war. Als der Händler eine Nachbesserung ablehnte, trat der Käufer vom Vertrag zurück – mit Recht, wie das OLG Düsseldorf meint. Das Gericht sieht einen Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung. Vereinbart worden sei eine Beschaffenheit wie in der Anzeige beschrieben. Daran ändere nichts, dass im Kaufvertrag von den Extras nichts stand. Auch der Vorbehalt am Ende der Internetanzeige „Inseratfehler nicht ausgeschlossen, Irrtümer … vorbehalten“ half dem Händler nichts. Er hätte den Käufer ausdrücklich und unmissverständlich auf das Fehlen der  Extras hinweisen müssen.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.8.2016, I-3 U 20/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Fehlt einem BMW das in der – auf www.mobile.de veröffentlichten – Fahrzeugbeschreibung genannte Ausstattungsmerkmal „Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle“, kann der Fahrzeugkäufer vom Kaufvertrag zurücktreten.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Autokäufers entschieden. Dieser hatte einen BMW X1 sDrive 18d (EZ 09/2012) zum Kaufpreis von ca. 21.200 EUR gekauft. Er war über die Internetplattform www.mobile.de auf das Fahrzeug aufmerksam geworden. Das Autohaus hatte es dort – das ergab die im Prozess durchgeführte Beweisaufnahme – zum Verkauf unter Hinweis auf Ausstattungsmerkmal „Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle“ angeboten. Nach telefonischen Kontakten der Parteien unterzeichnete der Käufer ein vom Autohaus übersandtes Bestellformular. Darin war das vorgenannte Ausstattungsmerkmal nicht erwähnt. Tatsächlich verfügte das Fahrzeug auch über keine werkseitige Freisprecheinrichtung. Nachdem er das Auto erhalten hatte, beanstandete der Käufer, dass die Freisprecheinrichtung fehlte. Das Autohaus wies dies unter Hinweis auf die nicht zugesagte Freisprecheinrichtung zurück. Daraufhin hat der Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt und seine Rückabwicklung begehrt.

Seine Klage war in allen Instanzen erfolgreich. Das OLG hat das Autohaus zur Rückzahlung von ca. 20.750 EUR gegen Rückgabe des Fahrzeugs verurteilt. Angerechnet wurde eine Nutzungsentschädigung. Das verkaufte Fahrzeug sei mangelhaft, so die Richter, weil der BMW keine werkseitige Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle aufweise.

Der Käufer habe nachweisen können, dass das Ausstattungsmerkmal in der vom Autohaus bei www.mobile.de veröffentlichten Fahrzeugbeschreibung aufgeführt gewesen sei. Dies habe er als Beschaffenheitsvereinbarung verstehen dürfen. Er könne erwarten, dass es sich um das offiziell von BMW angebotene Ausstattungsmerkmal „Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle“ handele. Die Beschaffenheitsangabe sei nicht dadurch widerrufen worden, dass das Ausstattungsmerkmal im später unterzeichneten Bestellformular nicht mehr erwähnt worden sei. Mache ein Kfz-Verkäufer im Vorfeld eines Vertragsschlusses konkrete Angaben zur Beschaffenheit des Fahrzeugs, könne er sich von diesen nur dann distanzieren, wenn er gegenüber dem Kaufinteressenten vor dem Vertragsschluss eindeutig klarstelle, dass das Ausstattungsmerkmal doch nicht vorhanden sei. Dies habe das  Autohaus im vorliegenden Fall nicht getan.

Aufgrund des Fahrzeugmangels sei der Käufer wirksam vom Vertrag zurückgetreten. Er habe dem Autohaus keine weitere Gelegenheit zur Nachbesserung geben müssen. Eine solche habe das Autohaus zum einen ernsthaft und endgültig abgelehnt. Zum anderen sei es auch technisch nicht möglich gewesen, das Fahrzeug mit der werkseitig von BMW angebotenen Freisprecheinrichtung nachzurüsten. Auf den nachträglichen Einbau einer Freisprecheinrichtung eines anderen Herstellers habe sich der Käufer nicht einlassen müssen. Wenn dem Fahrzeug eine vereinbarte Beschaffenheit fehle, spreche das für eine erhebliche Pflichtverletzung, die zum Rücktritt berechtige.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 21.7.2016, 28 U 2/16.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

aquaplanage circuitDie aufgrund fehlender Orientierungslinien bestehende Funktionseinschränkung der Rückfahrkamera kann bei einem Mercedes Benz CLS 350 CDI einen erheblichen Sachmangel darstellen, der den Käufer zum Rücktritt vom Fahrzeugkauf berechtigt.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall einer Firma aus Hattingen entschieden. Diese hatte im März 2012 beim beklagten Autohaus einen Mercedes Benz, Typ CLS 350 CDI zum Preis von ca. 77.500 EUR gekauft. Bestellt war unter anderem folgende Sonderausstattung: Rückfahrkamera (400 EUR), aktiver Park-Assistent inklusive Parktronic (730 EUR) und Command APS (2.620 EUR). In einer vor dem Verkauf überlassenen Verkaufsbroschüre ist in Bezug auf die Rückfahrkamera ausgeführt, dass sie sich automatisch beim Einlegen des Rückwärtsganges einschalte, den Fahrer beim Längs- und Quereinparken unterstütze, und dass statische und dynamische Hilfslinien dem Fahrer Lenkwinkel und Abstand anzeigen würden. Nachdem das Fahrzeug ausgeliefert war, beanstandete der Geschäftsführer der Klägerin, dass die aktivierte Rückfahrkamera im Display des Commandsystems keine Orientierungslinien anzeige. Er erhielt die Auskunft, dass die Fahrzeugelektronik keine Anzeige von Hilfslinien ermögliche. Einen vom Autohaus angebotenen Servicegutschein i.H.v. 200 EUR lehnte die Klägerin ab und erklärte den Rücktritt vom Fahrzeugkauf.

Die Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrags war erfolgreich. Die Richter verurteilten das Autohaus, den Kaufpreis in Höhe von ca. 62.500 EUR zurückzuzahlen und den gekauften Mercedes Benz zurückzunehmen. Vom ursprünglichen Kaufpreis wurde lediglich eine Nutzungsentschädigung abgezogen.

Das Fahrzeug weise einen erheblichen Sachmangel auf, so der Senat, weil die Rückfahrkamera keine dynamischen und statischen Orientierungslinien anzeige. Diese seien geschuldet. Die Klägerin habe aufgrund des ihr überlassenen Verkaufsprospekts ein Bild der Rückfahrkamera einschließlich dieser Hilfslinien erwartet. Dass dieser Aspekt für sie bedeutsam gewesen sei, zeige die von ihr in diesem Zusammenhang gewählte kostenträchtige Zusatzausstattung. Hinzukomme, dass der Mercedes bauartbedingt beim Blick nach hinten unübersichtlich sei. Das Rückwärtsfahren wie das Einparken werde mit der gewählten Zusatzausstattung besonders erleichtert. Allein mit der ausgelieferten Rückfahrkamera seien der von der Klägerin gewählte Komfort und die Sicherheit beim Rückwärtsfahren und Einparken nicht gewährleistet. Der Mangel sei auch nicht unerheblich. Dies zeige, dass sich die Klägerin bewusst für die teure Zusatzausstattung entschieden habe. Dies lasse den Schluss zu, dass es ihr auch auf die angebotenen Funktionen dieser Zusatzausstattung ankomme. Zudem sei die durch die fehlenden Hilfslinien bestehende Funktionseinschränkung der Rückfahrkamera nicht als geringfügig anzusehen.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 9.6.2015, 28 U 60/14.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

auto_paragraphenzeichen_01Der Käufer eines Pkw kann vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn die Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) verändert wurde. Voraussetzung ist weiter, dass deshalb ein Diebstahlverdacht besteht und die Behörde das Fahrzeug beschlagnahmen kann, um es an einen früheren Eigentümer zurückzugeben.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Falle eines in Minsk (Weißrussland) lebenden Autokäufers entschieden. Dieser hatte im Mai 2011 einen gebrauchten Toyota Land Cruiser von dem beklagten Autohändler zum Kaufpreis von 27.000 EUR erworben. Als der Käufer mit dem Fahrzeug im Juli 2011 nach Polen einreiste, fiel auf, dass die sichtbare Kodierung der Fahrzeug­identifikationsnummer nicht gestanzt, sondern kopiert und aufgeklebt war. Die polnischen Behörden vermuteten einen Diebstahl. Sie beschlagnahmten den Pkw und beabsichtigen, ihn einem früheren Eigentümer auszuhändigen. Dem liegt das folgende, nachträglich bekannt gewordene Geschehen zugrunde: Der im Jahre 2004 erstzugelassene Toyota stand zunächst im Eigentum einer spanischen Autovermietung. Dort wurde er im Juli 2007 gestohlen. Er ist dann nach Polen verbracht worden und über eine polnische Firma im Oktober 2008 in den Besitz einer polnischen Familie gelangt. Später wurde er innerhalb der Familie vererbt. Im April 2011 wurde er schließlich von einem Familienmitglied an den beklagten Autohändler verkauft.

Der Käufer hat gemeint, der Kaufvertrag müsse rückabgewickelt werden. An dem gestohlenen Fahrzeug habe ihm der Autohändler kein Eigentum verschaffen können. Er verlangt daher von dem Autohändler den Kaufpreis von 27.000 EUR rückerstattet sowie Aufwendungsersatz. Der Autohändler hat demgegenüber gemeint, den Kaufvertrag ordnungsgemäß erfüllt zu haben. Er habe jedenfalls nach dem Erbfall in Polen Eigentum an dem Fahrzeug erworben und dieses dann beim Verkauf auf den Käufer übertragen.

Die Richter am OLG haben dem Käufer recht gegeben. Die von ihm behauptete Fahrzeughistorie und den vom Autohändler vorgetragenen Eigentumsübergang bräuchten nicht im Einzelnen aufgeklärt zu werden. Das Fahrzeug weise einen Rechtsmangel auf. Der berechtige den Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag. Der Rechtsmangel werde durch die polnische Beschlagnahme des Fahrzeugs begründet. Diese solle auch die Rückgabe des Fahrzeugs an die ursprünglich berechtigte spanische Autovermietungsfirma vorbereiten. Das könne zu einem endgültigen Besitzverlust des Käufers führen. Die Untersuchung der gefälschten FIN habe ergeben, dass die spanische Firma zunächst Fahrzeugeigentümerin gewesen sei. Bei dieser Sachlage sei nicht davon auszugehen, dass der Käufer das beschlagnahmte Fahrzeug habe auslösen können. Der Autohändler könne sich auch nicht darauf berufen, dass er das Fahrzeug beim Erbgang in der polnischen Familie gutgläubig erworben habe. Das folge daraus, dass der Käufer im Zeitpunkt seiner Rücktrittserklärung keine Informationen und Nachweise gehabt habe, um den polnischen Behörden einen derartigen Erwerb nachzuweisen. Die am Fahrzeug veränderte FIN begründe zudem einen Sachmangel des Fahrzeugs, der den Rücktritt des Käufers ebenfalls rechtfertige.

Nach dem Vertragsrücktritt muss der Autohändler nun dem Käufer den Kaufpreis und ca. 2.500 EUR Kosten erstatten, die der Käufer im Vertrauen auf den Erwerb aufgewandt hatte (Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 9.4.2015, 28 U 207/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl