Eine Vollstreckung österreichischer Geldbußen wegen Nichtbenennung des Fahrers ist in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig.

Diese Entscheidung traf das Finanzgericht (FG) Hamburg in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren. Auslöser des Rechtsstreits war, dass das auf den Antragsteller zugelassene Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Parkzone in Wien/Österreich mehrfach abgestellt worden war. Da sich der Antragsteller gegenüber den österreichischen Behörden weigerte, Auskunft über die Person zu geben, an die er sein Fahrzeug überlassen hatte, erließ der Magistrat der Stadt Wien ein Straferkenntnis über eine Geldstrafe in Höhe von rund 350 EUR. Ein Straferkenntnis ist mit einem Bußgeldbescheid nach deutschem Recht vergleichbar. Der Antragsteller zahlte hierauf jedoch nicht. Deshalb ersuchte der Magistrat der Stadt Wien die Finanzbehörde Hamburg, im Wege der Amts- und Rechtshilfe das Straferkenntnis gegenüber dem Antragsteller zu vollstrecken.

Der Antragsteller fand vor dem FG Gehör. Das Gericht führte aus, dass die Vollstreckung des österreichischen Straferkenntnisses in der Bundesrepublik Deutschland gegen wesentliche Rechtsgrundsätze der verfassungsmäßigen Ordnung verstoße. Sie sei deshalb unzulässig. Denn mit dem Straferkenntnis aus Österreich solle der Antragsteller allein dafür sanktioniert werden, dass er als Halter des Fahrzeugs keine Auskunft über Namen und Anschrift der Personen gegeben habe, denen er das Kraftfahrzeug zu bestimmten Zeitpunkten überlassen habe. Die Vollstreckung eines solchen Straferkenntnisses verstoße nach Ansicht des Gerichts gegen das Verbot des Zwangs zur Selbstbezichtigung und gegen das Schweigerecht des Angeklagten.

Hinweis: Allerdings muss der Antragsteller noch ein wenig zittern. Denn das FG hat die Beschwerde an den Bundesfinanzhof zugelassen. Erst dessen Entscheidung wird endgültig Klarheit darüber geben, ob eine Vollstreckung zulässig ist (FG Hamburg,1 V 289/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wenn die Teilungserklärung nichts anderes bestimmt und die Wohnungseigentümer nichts anderes vereinbart haben, ist die Vermietung einer Eigentumswohnung an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste Teil der zulässigen Wohnnutzung.

Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) hin und wies daher die Klage einer Wohnungseigentümergemeinschaft gegen einen der Wohnungseigentümer ab (BGH, V ZR 72/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Entwendet ein Arbeitnehmer eines Entsorgungsbetriebs im Müll gefundene Gegenstände, rechtfertigt dies nicht automatisch eine Kündigung.

So entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg im Fall eines Arbeitnehmers, der bei einem Abfallentsorgungsunternehmen seit über acht Jahren als Hofarbeiter im Rahmen der Altpapierentsorgung beschäftigt war. Er hatte in einem Altpapiercontainer, dessen Inhalt zur Entsorgung anstand, einen Karton mit einem Kinderreisebett gefunden. Ohne den Arbeitgeber um Erlaubnis zu fragen, nahm er das Bett mit nach Hause. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos und warf ihm Diebstahl vor. Der Arbeitnehmer sei durch vorhergehende Abmahnungen darauf hingewiesen worden, dass auch die Mitnahme zu entsorgender Gegenstände grundsätzlich verboten und nur im Falle ausdrücklicher Gestattung erlaubt sei.

Die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers war erfolgreich. Sowohl das Arbeitsgericht in erster Instanz als auch das LAG hielten die Kündigung für unverhältnismäßig. Das LAG machte deutlich, dass zwar ein Pflichtverstoß des Arbeitnehmers vorliege, der grundsätzlich einen „Kündigungsgrund an sich“ darstelle. Doch auch wenn der Arbeitnehmer bereits entsprechend abgemahnt worden sei, habe im Rahmen einer abschließenden Interessenabwägung das Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers im Ergebnis Vorrang. Dies gelte vor allem angesichts des langjährigen, im Wesentlichen störungsfrei verlaufenen Arbeitsverhältnisses und des fehlenden wirtschaftlichen Werts der unmittelbar zur Entsorgung anstehenden und bereits im Müll befindlichen Sache (LAG Baden-Württemberg, 13 Sa 59/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus Brühl

Nimmt der Arbeitgeber die über 55-jährigen Arbeitnehmer aus dem Personenkreis aus, dem er im Rahmen einer Personalabbaumaßnahme den Abschluss von Aufhebungsverträgen gegen Abfindungen anbietet, liegt darin keine Diskriminierung wegen des Alters.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG). Geklagt hatte ein 1949 geborener Arbeitnehmer, der seit 1971 bei seinem Arbeitgeber tätig war. Im Betrieb waren betriebsbedingte Beendigungskündigungen tariflich ausgeschlossen. Der Arbeitgeber gab daher bekannt, dass Arbeitnehmer der Jahrgänge 1952 und jünger gegen Zahlung von Abfindungen freiwillig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden könnten. Die festgelegte Abfindungshöhe richtete sich nach Dauer der Betriebszugehörigkeit und Höhe des monatlichen Entgelts. Der Arbeitgeber behielt sich vor, den Wunsch von Arbeitnehmern, gegen Abfindung auszuscheiden, abzulehnen. Die Aufforderung des Klägers, auch ihm ein entsprechendes Angebot zu unterbreiten, wies er zurück. Der Kläger zog daraufhin vor Gericht, um ein Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu erhalten, das eine Abfindung i.H.v. ca. 170.000 EUR umfassen sollte.

Seine Klage blieb jedoch in allen Instanzen ohne Erfolg. Nach Ansicht der Richter fehle es bereits an einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters. Den älteren Arbeitnehmern bleibe ihr Arbeitsplatz erhalten. Sie würden deshalb nicht weniger günstig als die jüngeren Arbeitnehmer behandelt, die ihren Arbeitsplatz – wenn auch unter Zahlung einer Abfindung – verlieren. Das neu geschaffene Diskriminierungsverbot wegen des Alters verfolge wesentlich den Zweck, älteren Arbeitnehmern den Verbleib im Arbeitsleben zu ermöglichen. Arbeitgeber seien im Rahmen eines geplanten Personalabbaus nicht gezwungen, auf Verlangen älterer Arbeitnehmer mit diesen einen Aufhebungsvertrag gegen Zahlung einer Abfindung zu schließen. Der Kläger habe auch nicht hinreichend dargelegt, dass der Arbeitgeber mit Arbeitnehmern der Jahrgänge 1951 und älter Aufhebungsverträge unter Zahlung von Abfindungen geschlossen habe und damit von seiner selbst gesetzten Regel abgewichen sei. Der Arbeitgeber sei deshalb auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nicht verpflichtet, mit dem Kläger den begehrten Aufhebungsvertrag zu schließen (BAG, 6 AZR 911/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus Brühl

Die Entlassungsentschädigung (Abfindung) für einen in Vollzeit angestellten Arbeitnehmer, der im Rahmen seiner Elternzeit auf Teilzeitbasis weiterbeschäftigt und währenddessen fristlos entlassen wird, berechnet sich auf der Grundlage seines Vollzeitgehalts. Eine Verkürzung der Entschädigung ist rechtswidrig.

Diese Grundsatzentscheidung traf der Europäische Gerichtshof (EuGH), vor dem eine unbefristet in Vollzeit beschäftigte Arbeitnehmerin geklagt hatte. Nach der Geburt ihres Kindes hatte sie mit dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses während der Elternzeit auf Teilzeitbasis zu halbierten Bezügen vereinbart. Noch vor Ablauf der Elternzeit wurde ihr mit sofortiger Wirkung gekündigt. Sie erhielt zwar eine Entlassungsentschädigung in Höhe von zehn Monatsgehältern. Diese berechnete der Arbeitgeber aber auf der Grundlage ihres für die Zeit der Teilzeitbeschäftigung reduzierten Gehalts.

Hierin sahen die Luxemburger Richter einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht. Nach der europäischen „Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub“ müssten Ansprüche, die eine Arbeitnehmerin zu Beginn eines „Elternurlaubs“ bereits erworben hatte oder dabei war zu erwerben, bis zum Ende der nachwuchsbedingten Beschäftigungsreduzierung uneingeschränkt bestehen bleiben. So werde gewährleistet, dass sich die Arbeitnehmerin im Anschluss an die Elternzeit hinsichtlich ihrer Rechte in derselben Situation wie vorher befände.

Nationale Regelungen, die zu einer Herabsetzung der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Leistungsansprüche führen, seien geeignet, Arbeitnehmer davon abzuhalten, „Elternurlaub“ zu nehmen. Gleichzeitig hielten sie Arbeitgeber dazu an, bevorzugt solche Beschäftigte zu entlassen, die sich in Elternzeit befinden. Daher war die Entlassungsentschädigung vorliegend auf Basis des Gehalts für eine Vollzeitstelle zu berechnen (EuGH, C-116/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus Brühl

Der Anspruch des Mieters auf Einsicht in die Belege einer Nebenkostenabrechnung umfasst auch das Anfertigen von Ablichtungen mit technischen Hilfsmitteln, soweit dabei die Gefahr einer möglichen Beschädigung der Belege nicht besteht. Erlaubt ist insbesondere das Abfotografieren oder Einscannen von Belegen.

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht (AG) München in einem Streit zwischen Mieterin und Vermieter einer Wohnung. Auslöser des Streits war eine Nebenkostenabrechnung, mit der die Mieterin nicht einverstanden war. Sie verlangte Einsicht in die Belege. Bei einem Treffen im Büro des Vermieters wollte der Bekannte der Mieterin die Belege abfotografieren. Dem widersprach allerdings der Vermieter. Daraufhin erhob die Mieterin Klage. Das Abfotografieren sei notwendig, um die Belege überprüfen zu können. Dem Vermieter entstünde dadurch auch kein Nachteil. Der Vermieter war der Ansicht, die Mieterin müsse jeweils genau darlegen, warum sie eine Ablichtung von einem Beleg benötige.

Der zuständige Richter gab der Mieterin recht: Ihr könne im Sinne einer effektiven Ausübung des Rechts auf Belegeinsicht nicht verwehrt werden, handschriftliche Notizen und Abschriften anzufertigen. Andernfalls würde die Belegeinsicht auf das reine Betrachten der Belege und damit auf eine reine Förmlichkeit reduziert werden. Die Kontrolle durch den Mieter würde auf das beschränkt werden, was bei erster Betrachtung sofort erkennbar sei, eine eingehende Überprüfung wäre nicht möglich. Das Anfertigen von Ablichtungen der Belege mit technischen Hilfsmitteln, insbesondere durch Abfotografieren, Einscannen oder Kopieren könne nicht anders behandelt werden als das Anfertigen handschriftlicher Notizen oder Abschriften. Insofern nutze die Mieterin lediglich die fortschreitenden technischen Möglichkeiten. Es wäre umgekehrt treuwidrig, die Mieterin auf das mühsame und zeitaufwendige Anfertigen handschriftlicher Aufzeichnungen zu verweisen (AG München, 412 C 34593/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer einen Mietinteressenten schwarzafrikanischer Herkunft wegen seiner Hautfarbe als Mieter einer Wohnung zurückweist, muss diesem Schadenersatz leisten.

Das musste sich ein Immobilienverwalter vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln sagen lassen. Auf dessen Annonce hatte sich ein Paar schwarzafrikanischer Herkunft gemeldet, das sich für die angebotene Wohnung interessierte. Den Besichtigungstermin sollte die Hausmeisterin des Objekts durchführen. Diese wies das Paar allerdings mit den Worten ab, die Wohnung werde nicht an „Neger… äh Schwarzafrikaner oder Türken“ vermietet. Daraufhin verlangte das Paar mit Unterstützung des Gleichstellungsbüros der Stadt Aachen Schadenersatz und Schmerzensgeld.

Das OLG hielt den Anspruch für begründet und verurteilte den Immobilienverwalter zur Zahlung von 5.056 EUR Geldentschädigung und Schadenersatz. Durch die Verweigerung der Wohnungsbesichtigung und die Äußerung, die Wohnung werde nicht an „Neger… äh Schwarzafrikaner oder Türken vermietet“, habe die Hausmeisterin die Menschenwürde und damit das allgemeine Persönlichkeitsrecht der afrikanischen Mietinteressenten verletzt. Die Bezeichnung als „Neger“ sei nach heutigem Verständnis eindeutig diskriminierend und ehrverletzend. Ein Angriff auf die Menschenwürde des Paares sei es aber auch, dass ihnen eine Wohnungsbesichtigung und evtl. Anmietung allein wegen ihrer Hautfarbe verweigert worden sei. Die Güter- und Interessenabwägung im Einzelfall habe hier ergeben, dass die Verletzung der Persönlichkeitsrechte auch rechtswidrig sei. Der Hausmeisterin sei es eindeutig darauf angekommen, keine farbigen Mieter im Objekt zuzulassen und die Wohnungssuchenden hier allein wegen ihrer Hautfarbe zu diskriminieren. Die darin liegende Ausgrenzung und Stigmatisierung sei als schwerwiegend anzusehen (OLG Köln, 24 U 51/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine Tragwerksplanung kann auch konkludent – also durch ein schlüssiges Verhalten – abgenommen werden.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) kann ein solches konkludentes Verhalten darin liegen, dass der Besteller nach Fertigstellung der Leistung, Bezahlung der Rechnung des Tragwerkplaners und mehrere Monate nach Einzug in das nahezu fertiggestellte Bauwerk keine Mängel der Tragwerksplanung rügt.

Hinweis: Eine solche konkludente Abnahme birgt eine besondere Gefahr für den Besteller. Auch hier erleidet er nämlich einen Rechtsverlust, wenn er sich die Rechte wegen der ihm bekannten Mängel nicht vorbehält (BGH, VII ZR 64/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein kurzer unangemeldeter Telefonanruf beim Bewerber ist nicht geeignet, eine ausreichende Grundlage für die Beurteilung seiner Deutschkenntnisse zu liefern. Lässt sich der Arbeitgeber bei seiner Auswahlentscheidung alleine hiervon leiten, liegt darin ein zum Schadenersatz verpflichtender Verstoß gegen das Verbot der mittelbaren Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft.

Diese Entscheidung traf das Arbeitsgericht (ArbG) Hamburg im Fall eines Unternehmens der Postbranche, das Postzusteller suchte. Die Stellenausschreibung sah vor, dass die deutsche Sprache in Wort und Schrift beherrscht wird. Hierauf bewarb sich der an der Elfenbeinküste geborene Kläger, dessen Muttersprache Französisch ist. Bei Bewerbungen dieser Art nahm der Arbeitgeber üblicherweise den Erstkontakt über das Telefon auf. Auch der Kläger wurde aufgrund seiner Bewerbung von einer Mitarbeiterin des Arbeitgebers angerufen. Sie fragte ihn, ob er Fahrrad fahren könne. Da die Mitarbeiterin bei dem Telefongespräch zu der Einschätzung gelangte, dass der Kläger sich nicht ansprechend klar und deutlich in deutscher Sprache auszudrücken vermochte, wurde die Bewerbung des Klägers abgelehnt. Dieser fühlte sich durch diese Vorgehensweise diskriminiert und verlangte Schadenersatz.

Das ArbG gab ihm recht. In der Vorgehensweise des Arbeitgebers liege nach Ansicht des Gerichts eine mittelbare Benachteiligung von Bewerbern, deren Muttersprache nicht deutsch sei. Denn für Angehörige anderer Ethnien sei es typischerweise schwerer als für muttersprachlich deutsche Bewerber, bei dem telefonischen Erstkontakt ein ansprechend klares und deutliches Ausdrucksvermögen in deutscher Sprache zu zeigen. Das vom Arbeitgeber angewandte Auswahlverfahren sei nicht durch ein legitimes Ziel sachlich gerechtfertigt. Das Verfahren sei weder geeignet noch erforderlich, um zu ermitteln, ob ein Bewerber die für die Tätigkeit eines Postzustellers notwendigen Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift mitbringe. Zum einen sei ein kurzer telefonischer Kontakt keine hinreichende Grundlage, um die sprachlichen Fähigkeiten des Bewerbers festzustellen. Zum anderen sei das herangezogene Auswahlkriterium – nämlich das ansprechend klare und deutliche Ausdrucksvermögen in deutscher Sprache (am Telefon) – für die zu besetzende Stelle eines Postzustellers nicht angemessen. Erforderlich sei für einen Postzusteller lediglich eine für die Kundenkommunikation und die Kommunikation mit dem Arbeitgeber und den Kollegen hinreichende Sprachkenntnis in Wort und Schrift (ArbG Hamburg, 25 Ca 282/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Weigerung, Mitgliedsbeiträge für ein Fitnessstudio in bar entgegenzunehmen, obwohl im Vertrag Barzahlung nicht ausgeschlossen wurde, berechtigt den Kunden des Fitnessstudios zur fristlosen Kündigung.

Das musste sich ein Fitnessstudiobetreiber vor dem Amtsgericht (AG) München sagen lassen. Er hatte mit einer Kundin einen Mitgliedsvertrag über 24 Monate geschlossen. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses hatte die Kundin keine Bankverbindung, was dem Betreiber des Fitnessstudios auch bekannt war. Weder im Vertrag noch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen befanden sich Regelungen, die eine Barzahlung ausschließen. Die ersten beiden Monatsbeiträge bezahlte die Kundin auch in bar. Kurz danach sandte der Betreiber des Fitnessstudios ihr ein Schreiben, in dem er sie aufforderte, eine Bankverbindung bekannt zu geben oder drei Monatsbeiträge im Voraus zu bezahlen. Kurz darauf sprach eine Mitarbeiterin des Fitnessstudios die Kundin noch einmal an und forderte mit einem gewissen Nachdruck erneut eine Bankverbindung oder die Vorauszahlung der Beiträge für drei Monate. Die Kundin verließ daraufhin das Studio. Sie sah damit den Vertrag als beendet an. Der Betreiber verlangte gleichwohl noch alle Beiträge bis zum Ende der Laufzeit von ihr.

Vor dem Amtsgericht München war er mit seiner Klage jedoch nicht erfolgreich. Die zuständige Richterin machte deutlich, dass die Kundin den Vertrag habe fristlos kündigen können, da ihr die monatliche Barzahlung der Beiträge verweigert worden war. Dies stelle eine wesentliche Änderung des Vertrags dar. Die Kundin habe bei Vertragsschluss und in späteren Gesprächen unstreitig offengelegt, dass sie sich zwar um eine Bankverbindung bemühe, derzeit aber kein Konto habe. Damit sei erkennbar ein wesentlicher Bestandteil des Vertrags die Möglichkeit der Barzahlung der Beiträge gewesen. Im Vertrag oder in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei auch keine Verpflichtung zur bargeldlosen Zahlung vereinbart worden, schon überhaupt nicht finde sich die Verpflichtung, drei Monatsbeiträge im Voraus zu bezahlen. Diese Vertragsbedingungen seien auch nicht geändert worden. Zwar habe die Mitarbeiterin des Fitnessstudios die Kundin angesprochen und eine Bankverbindung oder eine dreimonatige Vorauszahlung gewünscht. Die Kundin habe sich darauf aber nicht eingelassen. Die Vorauszahlungsforderung berechtige die Kundin zur fristlosen Kündigung. Der Studiobetreiber habe an seinem Vertrag nicht mehr festhalten wollen, deshalb könne sich auch die Kundin davon lösen. Durch das Verlassen des Studios und die unstreitig nicht mehr erfolgte Inanspruchnahme der Studioleistungen habe sie das Kündigungsrecht stillschweigend ausgeübt. Eine Schriftform für die fristlose Kündigung sei nicht vereinbart gewesen (AG München, 271 C 1391/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl