Wer beim Einparken einen Fußgänger nicht sieht und ihn anfährt, haftet nicht in jedem Fall.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Kammergericht (KG). Beklagt war ein Autofahrer, der rückwärts in eine Parklücke einparken wollte. Dabei fuhr er mit der linken Fahrzeugseite einen auf der Fahrbahn befindlichen Fußgänger an. Dieser hatte zuvor ein Absperrgitter überstiegen, um an unzulässiger Stelle die Fahrbahn zu überqueren. Er hatte auch das einparkende Fahrzeug bemerkt. In einem solchen Fall trete nach der Entscheidung des KG die Haftung des Autofahrers aus Betriebsgefahr gegenüber dem groben Eigenverschulden des Fußgängers zurück. Zwar müsse ein Kraftfahrer vor Beginn des Rückwärtsfahrens den rückwärtigen Verkehrsraum überprüfen. Dagegen bestehe keine Pflicht, vor dem Einschwenken in die Parklücke den Verkehrsraum links neben dem Fahrzeug nochmals zu überprüfen, wenn dort nach normalen Umständen mit Fußgängern nicht gerechnet werden muss. Ein grob verkehrswidrig auftretender Fußgänger handele insofern auf eigene Gefahr (KG, 12 U 178/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Für Fahrzeugführer, die unberechtigt einen Sonderstreifen (für Linienbusse) benutzen, gelten die Lichtzeichen für den allgemeinen Fahrverkehr auf den übrigen Fahrstreifen.

So entschied das Kammergericht (KG) im Fall eines Autofahrers, der wegen einer Panne auf der Busspur fuhr und sich dabei an den Lichtzeichen für die Linienbusse orientierte. Die Richter machten deutlich, dass diese Lichtzeichen nur für die Fahrzeuge gelte, für die der Sonderstreifen freigegeben sei. Der Autofahrer hätte die Lichtzeichen des normalen Verkehrs beachten müssen. Es liege daher ein Rotlichtverstoß vor. Allerdings sei eine Gefährdung des Querverkehrs ausgeschlossen, wenn das Lichtzeichen für den unberechtigt benutzten Sonderstreifen die Fahrt freigebe. Daher könne eine Unterschreitung der Regelgeldbuße und das Absehen vom Regelfahrverbot gerechtfertigt sein (KG, 3 Ws (B) 138/10, 2 Ss 41/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Macht der Betroffene geltend, aufgrund eines Wahrnehmungsfehlers eine innerörtliche Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h übersehen zu haben, kann er sich nur ausnahmsweise auf ein Augenblicksversagen berufen, wenn er zugleich die innerhalb geschlossener Ortschaften gültige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h deutlich (hier: um 30 Prozent) überschritten hat.

Diesen Hinweis gab das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg einem Autofahrer mit auf den Weg, der sich gegen ein Fahrverbot wegen Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit zur Wehr setzen wollte. Dazu hatte er angegeben, die Tempo-30-Zone aufgrund eines Augenblickversagens nicht als solche erkannt zu haben. Weil er aber auch erheblich schneller als die sonst innerorts zulässigen 50 km/h (sog. hypothetische Höchstgeschwindigkeit) war, konnten ihm die Richter nicht mehr helfen. In einem solchen Fall könne er sich grundsätzlich nicht auf ein Augenblicksversagen berufen. Besondere Gründe für eine Ausnahme hätten nicht vorgelegen (OLG Bamberg, 3 Ss Owi 814/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Anordnung der Beseitigung eines ohne einen gültigen und gut sichtbar ausgelegten Parkschein versehenen Fahrzeugs nach bereits 10 Minuten ist auch dann unverhältnismäßig, wenn die Höchstparkdauer an der fraglichen Stelle nur eine Stunde beträgt und es sich bei der Straße, auf der geparkt wird, um eine stark befahrene Straße mit vielen Parkplatzsuchenden handelt.

Hierauf wies das Verwaltungsgericht (VG) Hamburg hin. Folge der Unverhältnismäßigkeit sei, dass der Kraftfahrzeugführer nicht für ggf. entstandene Abschleppkosten hafte. Das VG begründete das Urteil damit, dass eine Missachtung der von dem Parkscheinautomaten ausgehenden Anordnung, nur mit gültigem Parkschein zu parken, zwar dessen verkehrsregelnde Funktion beeinträchtige, durch Anordnung zeitlich begrenzten Parkens knappen Parkraum möglichst vielen Kraftfahrern zur Verfügung zu stellen. Gleichwohl müsse aber nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in diesen Fällen vor der Anordnung der Abschleppmaßnahme eine angemessene Wartezeit verstrichen sein. Dabei komme es nach Auffassung des VG nicht darauf an, ob von vornherein kein Parkschein gut sichtbar ausgelegt werde, oder ob die gelöste Parkzeit überschritten werde. Für die Bemessung der Wartefrist sei vielmehr eine Orientierung an der in dem jeweiligen Bereich geltenden abstrakten Höchstparkdauer angemessen. Das war im Streitfall eine Stunde (VG Hamburg, 13 K 1186/07).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine Haftpflichtversicherung muss nicht für einen durch ihren Versicherungsnehmer mitverursachten Schaden eintreten, wenn der Verursachungsbeitrag des Unfallgegners derart hoch ist, dass der ursprüngliche Unfallbeitrag dahinter zurücktritt.

Davon ist nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg auszugehen, wenn der Anspruchsteller auf ein bereits bestehendes Hindernis (hier: Anhänger, der sich auf der Autobahn von dem Zugfahrzeug gelöst und die Fahrbahn versperrt hat) in einer ordnungsgemäß abgesicherten Unfallstelle aufgefahren ist und hinzu kommt, dass er in diese Unfallstelle nicht mit der der Verkehrssituation angepassten Geschwindigkeit hereingefahren ist, weil er das Sichtfahrgebot missachtet hat. Bestehe eine unübersichtliche Verkehrssituation, weil z.B. etliche Fahrzeuge den Warnblinker betätigen, müsse die Geschwindigkeit diesen Umständen angepasst werden (OLG Brandenburg, 12 U 13/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Reklame darf in Nordrhein-Westfalen nicht mehr wild an Autos gesteckt werden.

Vielmehr dürften Werbezettel wie Flyer oder Visitenkarten nur mit Zustimmung des jeweiligen Ordnungsamts hinter die Scheibenwischer geklemmt werden, entschied das Düsseldorfer Oberlandesgericht (OLG). Auslöser der Entscheidung war ein Gebrauchtwarenhändler aus Moers. Er hatte mit Visitenkarten geworben, die im Stadtgebiet an Autos geheftet wurden. Das Ordnungsamt der Stadt hatte deswegen ein Bußgeld in Höhe von 200 EUR gegen ihn verhängt. Der Händler klagte und berief sich auf den „Gemeingebrauch“ von öffentlichen Straßen und Parkflächen. Doch er scheiterte: Die Reklame gehe über den „Gemeingebrauch“ hinaus und bedürfe der Genehmigung, befanden die Richter. Die Werbung verunreinige die Straßen und erhöhe den Reinigungsaufwand für die Stadt. Wie die Kommunen mit der Sondergenehmigung umgehen, bleibe ihnen überlassen (OLG Düsseldorf, IV-4 RBs 25/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Bundesregierung nimmt die zum 1.1.2011 geplante Erhöhung der Lkw-Mautsätze der Mautkategorie C (Abgasnorm Euro 3) zurück. Damit bleiben die Mautsätze um 2 Cent pro Kilometer niedriger als in dem Entwurf der Bundesregierung seinerzeit geplant, heißt es in der Zweiten Verordnung zur Änderung der Mauthöheverordnung. Auch die als teilweise Kompensation vorgenommene Erhöhung der Mautsätze in anderen Mautkategorien bleibt unverändert, schreibt die Regierung weiter. Die geplante Mauterhöhung sollte im kommenden Jahr 83 Millionen Euro einbringen.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Anfertigen von Bildaufnahmen bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung ist nicht verfassungswidrig.

So entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Fall eines Autofahrers, der wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße verurteilt worden war. Die Verurteilung stützte sich vor allem auf die im Rahmen des Messverfahrens gefertigten Lichtbilder, auf denen der Autofahrer zu erkennen war. Seine hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen.

Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Autofahrer in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nicht verletzt sei. Es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Gerichte die Vorschrift des § 100h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO als Rechtsgrundlage für die Anfertigung von Bildaufnahmen zum Beweis von Verkehrsverstößen herangezogen hätten. Die Norm erlaube die Anfertigung von Bildaufnahmen ohne Wissen des Betroffenen, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise weniger Erfolg versprechend oder erschwert wäre. Auch die Auslegung und Anwendung dieser Norm durch die Fachgerichte zeige keine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts. Eine Bildaufnahme, bei der Fahrer und Kennzeichen seines Fahrzeugs identifizierbar sind, sei zwar ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und betreffe das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Der Zweck derartiger Maßnahmen der Verkehrsüberwachung, nämlich die Aufrechterhaltung der Sicherheit des Straßenverkehrs, rechtfertige jedoch eine Beschränkung der grundrechtlichen Freiheiten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es sich nicht um verdeckte Datenerhebungen handelt. Es würden nur Vorgänge auf öffentlichen Straßen aufgezeichnet, die für jedermann wahrnehmbar seien. Die Maßnahme ziele zudem nicht auf Unbeteiligte. Sie betreffe ausschließlich die Fahrzeugführer, die selbst Anlass zur Anfertigung von Bildaufnahmen gegeben hätten, da bei ihnen der Verdacht eines bußgeldbewehrten Verkehrsverstoßes bestehe. Schließlich entfalte die Maßnahme über die Ahndung der Verkehrsordnungswidrigkeit hinaus grundsätzlich keine belastenden Wirkungen für den Betroffenen. Denn es bestünden hinreichende grundrechtssichernde Verfahrensvorschriften über die Benachrichtigung sowie zur Kennzeichnung und Löschung von Daten. Vor diesem Hintergrund und angesichts des bezweckten Schutzes der Allgemeinheit vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben im Straßenverkehr bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der in Rede stehenden verkehrsrechtlichen Maßnahme (BVerfG, 2 BvR 759/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die bloße Behauptung, ein Zeuge (hier der eine Geschwindigkeitsmessung durchführende Polizeibeamte) sei dem Gericht als besonders zuverlässig bekannt, lässt – zumindest in dieser pauschalen Form – keinen Rückschluss auf die Zuverlässigkeit der Angaben oder der Vorgehensweise des Zeugen im betreffenden Fall zu.

Diese deutliche Aussage traf das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart im Fall eines Autofahrers (B.), der wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung vom Amtsgericht verurteilt wurde. In den Urteilsgründen hieß es: „Der Zeuge X, der dem Gericht aus anderen Verfahren als äußerst erfahrener und gewissenhafter Messbeamter der Verkehrspolizei bekannt ist, bezeugte glaubhaft, dass B. in einer Entfernung von 366,1 m mit 140 km/h gemessen wurde. Der Zielerfassungsbereich sei dabei frei gewesen, B. habe sich alleine auf der Straße befunden.“

Diese pauschale Begründung reichte dem OLG für eine Verurteilung nicht aus. Die Begründung des Amtsrichters, dass ihm der Zeuge als „äußerst erfahren und gewissenhaft“ bekannt gewesen sei, begegne ernst zu nehmenden Bedenken. Die bloße Behauptung, ein Zeuge sei als besonders zuverlässig bekannt, sei in dieser pauschalen Form nicht zulässig. Um die Zuverlässigkeit tatsächlich beurteilen zu können, hätte sich der Amtsrichter vielmehr zuvor mehrfach, z.B. in unangekündigten Stichproben, tatsächlich von seiner Vorgehensweise und seinem Verhalten bei Messungen in Kenntnis setzen müssen. Diese „Überprüfungen“ hätten dann im Urteil zumindest kurz dargelegt werden müssen, um den daraus gezogenen Schluss für das Rechtsbeschwerdegericht nachvollziehbar bzw. überprüfbar werden zu lassen. Vermutlich beruhe die Formulierung aber allein darauf, dass der Amtsrichter den betreffenden Zeugen (den Messbeamten) in mehreren Hauptverhandlungen gehört und seinen Angaben jeweils Glauben geschenkt habe. Dies könne richtig oder auch unrichtig gewesen sein. Ein weitergehender Schluss auf eine personale Eigenschaft des betreffenden Zeugen, seine allgemeine Zuverlässigkeit, könne daraus nicht gezogen werden (OLG Stuttgart, Urteil vom 12.4.2010, 4 Ss 62/10, Abruf-Nr. 102718).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Kommt es auf einem Supermarktparkplatz zwischen zwei rückwärts ausparkenden Fahrzeugen zu einem Zusammenstoß, darf der entstandene Schaden nicht hälftig geteilt werden, wenn eines der Fahrzeuge im Moment der Kollision bereits zum Stillstand gekommen war.

Hierauf wies das Landgericht (LG) Saarbrücken hin. Das gelte zumindest, wenn den Fahrer des stehenden Wagens auch kein sonstiges Verschulden an dem Zustandekommen des Unfalls treffen würde. Auf einem Supermarktparkplatz würden – anders als im fließenden Verkehr – die Beweismaßstäbe für den ruhenden Verkehr gelten. Das folge daraus, dass hier grundsätzlich mit rückwärts rangierenden Fahrzeugen gerechnet werden müsse. Ein Autofahrer müsse deshalb stets bremsbereit sein. Nur weil das bereits stehende Fahrzeug vorher rückwärts gefahren sei, ergebe sich daraus kein Anscheinsbeweis für ein hälftiges Verschulden beider Rückwärtsfahrer, wenn zumindest einer bereits vollständig abgebremst habe (LG Saarbrücken, 13 S 61/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl