Abtretungsklauseln in Verträgen über die Erstellung eines Schadensgutachten sind mit Vorsicht zu genießen. Nicht immer ist die Klausel wirksam, mit der der Sachverständige sein Honorar sichern will. Das zeigt aktuell eine Entscheidung des BGH.

Danach ist eine Abtretungsklausel im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB überraschend, wenn der Geschädigte von seinen Schadenersatzansprüchen aus einem Verkehrsunfall gegen den Fahrer, den Halter und den Haftpflichtversicherer die Ansprüche auf Ersatz der Positionen Sachverständigenkosten, Wertminderung, Nutzungsausfall, Nebenkosten und Reparaturkosten in dieser Reihenfolge und in Höhe des Honoraranspruchs an den Sachverständigen abtritt. Das gilt auch, wenn der Anspruch auf Ersatz einer nachfolgenden Position nur abgetreten wird, wenn der Anspruch auf Ersatz der zuvor genannten Position nicht ausreicht, um den gesamten Honoraranspruch des Sachverständigen zu decken.

Quelle: BGH, Urteil vom 21.6.2016, VI ZR 475/15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Stoßen ein vorausfahrendes und ein nachfahrendes Fahrzeug beim Rechtsüberholen des Nachfahrers auf der Gabelung einer Autobahnabfahrt zusammen, kommt eine hälftige Haftung beider Beteiligten für den Unfallschaden in Betracht. Voraussetzung ist, dass der Vorausfahrer seiner Rückschaupflicht nicht genügt und der Nachfahrer verkehrswidrig rechts zu überholen versucht hat.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall einer Autofahrerin entschieden. Sie befuhr mit ihrem Peugeot die Abfahrt einer Bundesautobahn. Diese gabelt sich im weiteren Straßenverlauf ohne vorfahrtsregelnde Verkehrszeichen. Im Bereich der Gabelung kam es zur streifenden Kollision zwischen ihrem vorausfahrenden Fahrzeug und einem Taxi. Der Unfall ereignete sich, weil das Taxi rechts an dem Peugeot vorbeifahren wollte, um den rechten Schenkel der Gabelung zu befahren. In dem Moment steuerte die Frau ebenfalls diesen Schenkel der Gabelung an. Dabei streiften sich die Fahrzeuge. Es entstand ein Schaden von ca. 4.300 EUR. Den verlangte die Frau von der Haftpflichtversicherung der Taxifahrerin ersetzt.

Mit ihrer Klage war sie nur zur Hälfte erfolgreich. Der Unfall sei, so das OLG, von beiden Fahrzeugführerinnen mitverschuldet worden. Dies rechtfertige eine 50-prozentige Haftungsquote. Gabele sich eine Straße ohne vorfahrtsregelnde Verkehrszeichen in zwei Schenkel, so beurteilen sich die straßenverkehrsrechtlichen Pflichten danach, ob ein Straßenschenkel nach vernünftiger Verkehrsauffassung als Fortsetzung der bisherigen Fahrtrichtung anzusehen sei. In diesem Fall sei das Befahren dieses Schenkels keine Änderung der Fahrtrichtung. Nur der Kraftfahrer, der dann den anderen Schenkel befahre, ändere seine Fahrtrichtung und habe sich entsprechend zu verhalten.

Sei allerdings – wie im vorliegenden Fall – keiner der Schenkel deutlich als Fortsetzung der bisherigen Straße zu erkennen, ändere jeder Fahrzeugführer beim Einfahren in einen der beiden Schenkel seine Fahrtrichtung. Dementsprechend habe er dies als Abbiegen anzukündigen. Er müsse den Fahrtrichtungsanzeiger benutzen, sich einordnen und auf den nachfolgenden Verkehr achten.

Gegen diese Pflichten hätten beide Fahrerinnen verstoßen. Die Klägerin habe den Pflichten nicht genügt, weil sie beim Abbiegen in den rechten Fahrbahnschenkel nicht ausreichend auf den rückwärtigen Verkehr und damit auf das Taxi geachtet habe. Zudem habe sie sich zunächst auch eher mittig auf der Fahrbahn orientiert. Von diesem Verhalten sei nach der durchgeführten Beweisaufnahme auszugehen. Die Taxifahrerin habe demgegenüber vor dem Zusammenstoß verkehrswidrig versucht, rechts zu überholen. Rechts dürfe nur derjenige Verkehrsteilnehmer überholt werden, der seine Absicht, nach links abzubiegen, angekündigt und sich entsprechend eingeordnet habe. Die Taxifahrerin habe nicht davon ausgehen dürfen, dass der Peugot den linken Schenkel ansteuert. Am Peugeot sei nämlich ebenfalls kein Blinker gesetzt gewesen.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 3.6.2016, 7 U 14/16, Abruf-Nr. 189122 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Werden mobile Halteverbotsschilder aufgestellt, genügt regelmäßig eine Vorlaufzeit von 48 Stunden zwischen dem Aufstellen und dem Abschleppen eines ursprünglich rechtmäßig abgestellten Fahrzeugs, um den Fahrzeugverantwortlichen mit den Kosten der Abschleppmaßnahme belasten zu können.

Dies hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW im Fall einer Autofahrerin entschieden, die ihr Fahrzeug am 19.8.2013 in einer Straße in Düsseldorf geparkt hatte und dann in den Urlaub geflogen war. Am nächsten Tag richtete ein Umzugsunternehmen dort mit mobilen Halteverbotsschildern eine Halteverbotszone ein. Halteverbotsbeginn war der 23.8.2013, 7:00 Uhr. Das Fahrzeug wurde am Nachmittag des 23.8.2013 abgeschleppt. Die Kosten hierfür wurden der Frau in Rechnung gestellt. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Berufung gegen dieses Urteil hatte vor dem OVG keinen Erfolg.

Die Richter verwiesen auf ihre bisherige Rechtsprechung. Danach sei unerheblich, dass die Halteverbotsschilder erst nach dem rechtmäßigen Abstellen eines Fahrzeugs angebracht worden seien. Dies stehe der Verhältnismäßigkeit der Kostenbelastung des Fahrzeugverantwortlichen im Regelfall nicht entgegen, wenn zwischen dem Aufstellen der Schilder und dem Abschleppen eine Frist von 48 Stunden verstrichen sei. Angesichts der vielfältigen Anforderungen, die insbesondere unter den heutigen großstädtischen Bedingungen in straßenverkehrsrechtlicher und sonstiger Hinsicht an den Straßenraum gestellt würden, würde die Effizienz der Gefahrenabwehr erheblich eingeschränkt, wenn die Vorlaufzeit auf mehr als 48 Stunden bemessen würde.

Zwar gingen andere Obergerichte inzwischen von einer Mindestvorlauffrist von drei vollen Tagen aus. Sie halten eine Belastung mit den Kosten der Abschleppmaßnahme also nur für verhältnismäßig, wenn das ursprünglich rechtmäßig abgestellte Fahrzeug erst am vierten Tag nach dem Aufstellen der Halteverbotsschilder entfernt werde. Das OVG könne aber nicht erkennen, dass es einem Dauerparker regelmäßig unzumutbar sei, die Verkehrsregeln am Abstellort seines Fahrzeugs mit einer Vorlaufzeit von 48 Stunden zu kontrollieren. So könne er die Nachteile vermeiden, die mit einem Entfernen des Fahrzeugs aus einer nachträglich eingerichteten Halteverbotszone verbunden seien.

Quelle: OVG NRW, Urteil vom 13.9.16, 5 A 470/14.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ist ein Einsatzfahrzeug mit Blaulicht und Martinshorn unterwegs, müssen Autofahrer „freie Bahn“ schaffen. Beide Zeichen signalisieren, dass der Einsatz dazu dient ein Menschenleben zu retten. Wer den Einsatz von Rettungsfahrzeugen behindert, dem drohen 20 EUR Verwarnungsgeld.

Hierauf weist der ADAC hin. Aufgrund von Sonderrechten dürfen Einsatzfahrzeuge beispielsweise das Tempolimit überschreiten und bei Rot über eine Ampel fahren, wenn dies zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben erforderlich ist. „Freie Bahn“ schaffen bedeutet je nach Verkehrslage und örtlichen Verhältnissen, äußerst rechts heranzufahren und dort entweder anzuhalten oder langsam weiterzufahren. Im Stadtverkehr kann ein Ausweichen nach links auf eine Abbiegespur sinnvoll sein.

Wer beim Platzmachen über eine rote Ampel in eine Kreuzung einfährt und dabei geblitzt wird, muss grundsätzlich nichts befürchten. Da häufig auch das Einsatzfahrzeug geblitzt wird, ist der Grund für das Einfahren dokumentiert; der Autofahrer muss kein Bußgeld wegen Rotlichtverstoßes befürchten.

Bei Unfällen auf mehrspurigen Fahrbahnen ist umgehend eine Rettungsgasse zu bilden, damit die Fahrzeuge mit Blaulicht und Martinshorn schnellstmöglich zum Unfallort gelangen. Auf Autobahnen und Straßen mit mehreren Fahrstreifen je Richtung weichen die Fahrzeuge auf der linken Spur nach links aus. Wer auf dem mittleren oder rechten Fahrstreifen unterwegs ist, orientiert sich nach rechts. Die Standspur ist nicht an allen Autobahnen durchgehend ausgebaut oder breit genug. Zudem könnten dort Pannenfahrzeuge stehen.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein privater Grundstücksbesitzer ist in der Regel berechtigt, Falschparker sofort abschleppen zu lassen, ohne die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme beachten zu müssen, solange die Maßnahme erforderlich ist, um die Besitzstörung zu beenden.

Hierauf wies das Amtsgericht München im Fall eines Autofahrers hin. Dieser hatte seinen PKW am Samstagabend um 22:30 Uhr auf einer Parkfläche für Bahnbedienstete abgestellt. Die Fläche ist als privater Parkplatz gekennzeichnet. Als er drei Stunden später zurückkehrte, war der PKW nicht mehr da. Er musste an den Abschleppdienst insgesamt 253 EUR bezahlen, bevor er sein Fahrzeug wieder in Empfang nehmen konnte. Er verlangt die Abschleppkosten zurück. Das Amtsgericht wies seine Klage jedoch ab.

Der Autofahrer habe das Eigentum und den Besitz des Grundstückseigentümers verletzt. Dabei handelte er auch schuldhaft. Er räumt selbst ein, dass entsprechende Hinweisschilder für eine private Nutzung der Parkfläche vorhanden waren. Dabei sei die Grundstückseigentümerin – anders als eine staatliche Stelle – bei ihrer Reaktion nicht an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden, solange ihre Maßnahmen dazu erforderlich sind, den Schaden (also die Besitzstörung durch den Falschparker) zu beseitigen. Sie müsse nicht mitten in der Nacht bei einem ihr völlig unbekannten KFZ-Halter anrufen, mit dem sie ersichtlich in keinerlei geschäftlichen Kontakt stand. Es ist insofern unbeachtlich, ob ein Zettel mit der Telefonnummer des Autofahrers hinter der Windschutzscheibe lag. Dem könne nämlich nicht entnommen werden, dass sich der Fahrer im Falle eines Anrufs sofort wieder einfinden werde. Sein Aufenthaltsort und der Zweck seines Aufenthalts werden darin nicht mitgeteilt. Die Grundstückseigentümerin durfte unter diesen Umständen das ihr zur Verfügung stehende effektivste Mittel wählen. Das war das Abschleppen des Pkw, mit dem die Eigentumsstörung sofort beendet war. Die reinen Abschleppkosten zuzüglich des Nachtzuschlags seien nicht zu beanstanden, da sie ortsüblich wären.

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 2.05.2016, 122 C 31597-15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Nun ist auch die Hamburger Justiz auf die Linie eingeschwenkt: Aus Sicht des Geschädigten ist zu Beginn einer Schadenregulierung immer mit Schwierigkeiten zur Bewertung der Schadenhöhe zu rechnen. Es ist also stets im schadenrechtlichen Sinne erforderlich, einen Rechtsanwalt für die Schadenregulierung einzuschalten.

Nach der Rechtsprechung des BGH kann die Anwaltskostenerstattung nur versagt werden, wenn ein einfach gelagerter Fall vorliegt. Das heißt:

  • Der Geschädigte ist intellektuell und sprachlich in der Lage, mit einem Versicherer zu kommunizieren.
  • Die Haftungslage ist von Anfang an unzweifelhaft eindeutig.
  • Mit Einwendungen zur Schadenhöhe ist von Anfang an nicht zu rechnen.

Dabei kommt es auf die Situation vor der Schadenregulierung an. Dass der Versicherer in seltenen Einzelfällen tatsächlich völlig problemlos reguliert hat, tut nichts zur Sache. So entscheidet derzeit ein Gericht nach dem anderen: Die Erfahrung lehrt, dass mit Kürzungen bei den einzelnen Positionen im Vorhinein („ex ante“) immer zu rechnen ist.

Quelle: LG Hamburg, Urteil vom 11.3.2016, 306 S 85-15;

Quelle: AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 27.4.2016.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Bußgeldrichter kann – ohne Weiteres zum Wissen und Wollen des Fahrzeugführers festzustellen – von einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung ausgehen, wenn der Fahrzeugführer die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 Prozent überschritten hat.

Das musste sich ein Autofahrer vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm sagen lassen. Er war bereits mehrfach verkehrsrechtlich, u.a. wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen in Erscheinung getreten. Bei einem Überholmanöver innerorts überschritt er die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Er wurde mit 78 km/h geblitzt.

Das Amtsgericht verurteilte ihn zu einem Bußgeld von 300 EUR. Diese Geldbuße liegt deutlich über dem im Bußgeldkatalog für derartige Geschwindigkeitsüberschreitungen vorgesehen Betrag von 100 EUR. Dabei ging das Amtsgericht von Vorsatz bei der Tat aus. Zudem berücksichtigte es zulasten des Betroffenen seine Voreintragungen.

Das OLG hat die Entscheidung bestätigt und die Rechtsbeschwerde des Betroffenen als unbegründet verworfen. Der Betroffene sei zu Recht wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt worden. Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung handele vorsätzlich, wer die Geschwindigkeitsbeschränkung kenne und bewusst dagegen verstoße. Ein starkes Indiz für vorsätzliches Handeln könne sein, wie stark die Geschwindigkeit überschritten worden sei. Dabei komme es auf das Verhältnis zwischen der gefahrenen und der vorgeschriebenen Geschwindigkeit an. Die Richter gingen von dem Erfahrungssatz aus, dass einem Fahrzeugführer die erhebliche Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit aufgrund der Fahrgeräusche und der vorüberziehenden Umgebung jedenfalls dann nicht verborgen bleibe, wenn er die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 Prozent überschreite. So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Der Betroffene habe die innerorts zulässige Geschwindigkeit aufgrund der Schilder vor Ort gekannt. Im Zeitpunkt der polizeilichen Kontrolle habe er sie – zudem bei einem Überholmanöver – um mehr als 50 Prozent überschritten. Allein dieser Umstand rechtfertige es, einen vorsätzlichen Verstoß anzunehmen, den der Tatrichter nicht mit weitergehenden Feststellungen begründen müsse.

Quelle: OLG Hamm, Beschluss vom 10.5.2016, 4 RBs 91/16.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Fotolia_14256125_XSSind im Verfahren die Fragen der Fahrereigenschaft des Betroffenen im Streit, bestehen in der Praxis häufig gute Chancen auf einen Freispruch oder zumindest, dass ein Urteil in der Rechtsbeschwerde aufgehoben wird. Folge ist ein Zeitgewinn.

Das zeigt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg. Das Amtsgericht hatte den Betroffenen wegen eines Lichtbilds verurteilt, das nach Auffassung des OLG von sehr schlechter Qualität war. Das Bild war sehr unscharf und kontrastarm. Die Konturen des aufgenommenen Gesichts waren flach und kaum erkennbar, die Körnung des Fotos war grob. Zudem war die linke Gesichtshälfte der aufgenommenen Person fast vollständig verdeckt. Das OLG sagt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs: Bestehen Zweifel an der Eignung eines qualitativ schlechten Bildes zur Identifikation des Betroffenen, muss der Tatrichter erörtern, warum ihm die Identifizierung gleichwohl möglich erscheint. Dabei sind umso höhere Anforderungen an die Begründung zu stellen, je schlechter die Qualität des Fotos ist. Das hatte der Amtsrichter hier nicht getan. Das OLG hat das Urteil daher aufgehoben.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschluss vom 2.2.2016, (2 B) 53 Ss-OWi 664/15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

TachoEin defekter Tachometer kann den Handlungsunwert eines Geschwindigkeitsverstoßes herabsetzen. Als Folge entfällt der Vorwurf eines groben Pflichtenverstoßes. Dann darf kein Fahrverbot verhängt werden.

Das ist das Fazit einer Entscheidung des Amtsgerichts Lüdinghausen. Der Betroffene hatte sich dahin eingelassen, dass er bis zur Tat den Defekt am Tachometer nicht bemerkt hatte. Das hatte er mit einer Bescheinigung über eine nach dem Verstoß durchgeführte Tachometerüberprüfung nachgewiesen. Das Amtsgericht ist deshalb von einem herabgesetzten Handlungsunrecht ausgegangen, was der Fahrverbotsanordnung entgegenstand. Für das Gericht bedeutsam war, dass der Betroffene nicht allein „Tacho kaputt/fehlerhaft“ behauptet hatte, sondern er die Fehlfunktion durch eine Tachoüberprüfung nachgewiesen hat.

Hinweis: Der Fahrlässigkeitsvorwurf hinsichtlich der Geschwindigkeitsüberschreitung entfällt aber nicht in vollem Umfang, wenn der Tachometer trotz des Defekts zur Zeit des Verstoßes eine überhöhte Geschwindigkeit anzeigt. Dann bleibt für den festgestellten Geschwindigkeitsverstoß die Regelgeldbuße maßgeblich.

Quelle: Amtsgericht Lüdinghausen, Urteil vom 7.3.2016, 19 OWi-89 Js 2669/15-258/15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Accident with two carsSchickt der Kaskoversicherer einen Gutachter, der den Restwert im Gutachten auf ein bis zu einem bestimmten Tag bindendes Angebot stützt, verstößt der Versicherungsnehmer (VN) nicht gegen seine Pflichten, wenn er das Fahrzeug innerhalb dieser Frist an den benannten Aufkäufer verkauft.

Das gilt nach Ansicht des Amtsgerichts Hannover auch, wenn im Gutachten notiert ist, der VN solle vor dem Verkauf mit dem Versicherer Rücksprache halten. In dem Fall hatte der Versicherer auf eine Mail des VN nicht reagiert. Darin hatte der VN schon vor Eingang des Gutachtens erfragt, wie mit dem verunfallten Fahrzeug verfahren werden soll. Stattdessen hat er zwei Tage nach Ablauf der Bindungsfrist für das Restwertangebot aus dem Gutachten ein höheres Angebot geschickt. Das sei nach Ansicht des Gerichts für den VN nicht bindend.

Quelle: Amtsgericht Hannover, Urteil vom 14.1.2016, 445 C 4792-15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl