Weder ein Fahrzeugalter von mehr als zehn Jahren noch eine Laufleistung eines Pkw von 366.000 km bei fünfzehn Jahren Fahrzeugalter rechtfertigen es, dass das beschädigte Fahrzeug im Hinblick auf die Mietwagenklasseneinstufung um eine Gruppe herabgesetzt wird.|

So sieht es das Amtsgericht Zwickau in zwei Urteilen. Das Gericht begründet das damit, dass dem Geschädigten nicht zum Nachteil gereichen darf, kein ähnlich altes oder ähnlich viel gefahrenes Fahrzeug anmieten zu können.

Quelle: Amtsgericht Zwickau, Urteil vom 13.1.2016, 22 C 1255/15; AG Zwickau, Urteil vom 23.1.2018, 4 C 1035-17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer sich nach dem Genuss von Alkohol zu schnell wieder ans Steuer setzt, riskiert seinen Führerschein.

Auf diese eigentlich bekannte Tatsache musste erneut das Amtsgericht München hinweisen. Betroffen war ein 22-jähriger Mann. Er war abends gegen 20.30 Uhr von der Polizei kontrolliert worden. Der Mann war mit seinem Pkw mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit unterwegs. Dabei konnte er sich nicht auf dem mittleren Fahrstreifen halten. Bei der Kontrolle musste er sich immer mit der Hand an seinem Fahrzeug abstützen. Die Untersuchung der um 21.15 Uhr entnommenen Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,96 Promille.

Der Mann war zuvor bereits zweimal wegen Geschwindigkeitsüberschreitung aufgefallen. Er räumte in der Hauptverhandlung ein, dass er mittags ein bis zwei Bier und dann auf dem Oktoberfest eine Maß Bier getrunken habe. Da er nach 14 Uhr keinen Alkohol mehr konsumiert hätte, habe er sich fahrtauglich gefühlt.

Die als Zeugen vernommenen Polizeibeamten schilderten die genannten Auffälligkeiten im Fahrverhalten und bei der anschließenden Kontrolle. Die Rechtsmedizinerin führte aus, dass bei angegebenem Trinkende um 14.00 Uhr eine Rückrechnung der Alkoholisierung auf 1,03 Promille zur Tatzeit möglich sei. Die angegebene Trinkmenge könnte zutreffend sein. Dass der Angeklagte die Fahrspur nicht habe halten können, sei Zeichen einer alkoholbedingten Einschränkung der Aufmerksamkeit. Ferner sei unter Alkoholeinfluss das Risikoverhalten um ein Neunfaches erhöht. Dies zeige sich in Form von Geschwindigkeitsüberschreitungen. Zudem habe er wohl wegen der Standunsicherheit Kontakt zu seinem Fahrzeug gesucht.

Der zuständige Strafrichter schloss sich den Ausführungen der Rechtsmedizinerin an. Er verurteilte den Mann wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe in Höhe von zwei Monatsgehältern. Außerdem entzog er ihm die Fahrerlaubnis und bestimmte die Sperrfrist für die Neuerteilung auf sechs Monate. Die gemessene BAK liege zwar „…geringfügig unter dem Grenzwert zur absoluten Fahruntauglichkeit von 1,1 Promille. Dass der Angeklagte alkoholbedingt nicht in der Lage war, dass Fahrzeug sicher im Verkehr zu steuern (relative Fahruntüchtigkeit) ergibt sich aus der Gesamtschau der Umstände. Auch wenn der Angeklagte, wie dem verlesenen Fahreignungsregister zu entnehmen ist, es mit der Einhaltung der Höchstgeschwindigkeit nicht genau nimmt, so beruht dies vorliegend zumindest auch auf einer alkoholbedingten Enthemmung. Diese Umstände, kombiniert mit den von den Polizeibeamten geschilderten motorischen Ausfallerscheinungen, den Aufmerksamkeitsdefiziten und der optischen Fehlorientierung, belegen zur Überzeugung des Gerichts, dass die erforderliche verkehrsspezifische Gesamtleistungsfähigkeit des Angeklagten nicht mehr gegeben war.“

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 10.1.2018, 912 Cs 436 Js 193403/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Stoßen zwei Radfahrer zusammen, sind gegenseitige Schadenersatzansprüche unbegründet, wenn sich nicht aufklären lässt, wer von beiden den Unfall verursacht hat.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. in einem entsprechenden Fall. Zwar habe der eine Radfahrer im Bußgeldverfahren angegeben, er sei wohl „sehr weit links gefahren“. Das reichte den Richtern jedoch nicht aus, um die Schuldfrage zutreffend beantworten zu können. Die Angabe sei viel zu unspezifiziert. Selbst wenn der Radfahrer „sehr weit links gefahren“ wäre, müsse er nicht unbedingt in die Gegenfahrspur geraten sein. Sie wiesen daher die Schadenersatzklage des anderen Radfahrers ab.

Quelle: OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 6.12.2017, 13 U 230/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Grundsätzlich darf sich der Geschädigte auf das Schadengutachten verlassen und den Auftrag zur Reparatur gemäß den gutachterlichen Feststellungen erteilen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob er die Rechnung bereits bezahlt hat.

So sieht es das Amtsgericht Hattingen. Das Urteil begründet das damit, dass das Vertrauen des Geschädigten in das Schadengutachten geschützt sei. Anders als bei den sonstigen Schadenpositionen, so z. B. bei den Gutachtenkosten, wird der Reparaturauftrag vom Geschädigten nicht „freihändig“, sondern gestützt auf das Gutachten, erteilt. Und das macht den Unterschied aus. Wörtlich heißt das beim Amtsgericht: „Der Unterschied ist, dass in diesem Fall bereits ein Sachverständigengutachten zur Schadenschätzung eingeholt wurde, während bei der Beauftragung eines Sachverständigen noch keine Anhaltspunkte für die möglichen Kosten vorliegen.“

Quelle: Amtsgericht Hattingen, Urteil vom 14.11.2017, 6 C 11/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wird bei einem Haftpflichtschaden ein Reifen beschädigt und werden auf der Achse beide Reifen erneuert, um Unterschiede beim Abrollumfang zu vermeiden, so kommt ein „Neu für alt-Abzug“ zwar in Betracht. Er ist aber im Einzelfall nicht vorzunehmen, wenn dem Geschädigten daraus kein wirtschaftlicher Vorteil erwächst.

So entschied es das Amtsgericht Stuttgart. Die Reifen hatten noch ca. 5 mm Profil. Damit bekommt der Geschädigte nun 2,5 bis 3 mm Profil hinzu. Damit ist er zwar auf den ersten Blick wirtschaftlich bessergestellt, denn er muss die Reifen nun später ersetzen. Weil jedoch beim Allradfahrzeug alle vier Räder etwa den gleichen Abrollumfang haben sollen, muss er sie erneuern, wenn er irgendwann die anderen beiden Reifen ersetzt. Also kann er das unfallbedingt hinzugekommene Profil nicht aufbrauchen.

Quelle: Amtsgericht Stuttgart, Urteil vom 21.11.2017, 43 C 2284/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Hat ein Betroffener von ihm zustehenden Verteidigungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht (z. B. Einspruch gegen den Bußgeldbescheid), darf ihm dies nicht zum Nachteil angerechnet werden bei der Frage, ob im Einzelfall ein Absehen vom Fahrverbot oder eine sonstige Fahrverbotsprivilegierung in Betracht kommt.

Auf diesen eigentlich selbstverständlichen Verfahrensgrundsatz musste das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg hinweisen. Die Vorinstanz hatte dem Beschuldigten aus mehreren Gründen versagt, von einem Regelfahrverbot abzusehen. Zu Unrecht, fanden die Richter am OLG. Sie machten in ihrer Entscheidung ebenfalls deutlich: Eine Fahrverbotsprivilegierung durfte hier auch nicht mit der Begründung versagt werden, der Betroffene habe den Härtefall selber hervorgerufen. Es kann ihm nicht angelastet werden, dass er mit Blick auf den Antritt eines neuen Arbeitsverhältnisses den Bußgeldbescheid nicht hingenommen hat. Er musste das Fahrverbot nicht noch vor Antritt der neuen Tätigkeit verbüßen. Zwar drohte durch das Fahrverbot eine konkrete Kündigung des neuen Arbeitsverhältnisses, wenn das Fahrverbot nach dessen Antritt verbüßt werden müsste. Auch wenn dies drohte, durfte sich der Betroffene gleichwohl gegen den Bescheid zur Wehr setzen. Andernfalls würde auch hier ein zulässiges Verteidigungsverhalten zum Nachteil des Betroffenen verwertet werden.

Quelle: OLG Bamberg, Beschluss vom 9.11.2017, 3 Ss OWi 1556/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Geschädigte muss keine Marktforschung hinsichtlich der vom Abschleppunternehmer berechneten Preise betreiben. Das sei ihm in der Unfallsituation nicht zuzumuten, entschied das Amtsgericht Stuttgart.

Das Urteil spricht auch noch zwei Selbstverständlichkeiten aus:

 

  • Die Polizei fungiert bei der Benachrichtigung des Abschleppunternehmers als Bote des Geschädigten. Sie hat in der Regel keine Auftraggeberfunktion.

 

  • Rechnet der Abschleppunternehmer überhöht ab, kann der Versicherer den überhöhten Betrag vom Abschleppunternehmer zurückfordern. Grundlage kann eine Abtretung der Rückforderungsansprüche vom Geschädigten an den Versicherer sein. Der Geschädigte jedenfalls ist zu schützen.

Quelle: Amtsgericht Stuttgart, Urteil vom 21.11.2017, 43 C 723/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Geschädigte muss nicht hinnehmen, dass sein Unfallwagen bedingt durch die Reparatur verschmutzt wird. Wenn die reparaturausführende Werkstatt die Reinigungsarbeiten berechnet, sind ihm daher entsprechende Schadenkosten entstanden. Der Haftpflichtversicherer muss sie erstatten.

So urteilte das Amtsgericht Landau in der Pfalz. Nach Ansicht des Gerichts ist es dabei auch unerheblich, ob manche andere Werkstätten für die Reinigung des Fahrzeugs im Hinblick auf unfall- oder reparaturbedingte Verschmutzungen nichts berechnen.

Quelle: Amtsgericht Landau in der Pfalz, Urteil vom 10.9.2017, 6 C 724/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Verkehrsschild 253 (Durchgangsverkehr für Lkw über 3,5 Tonnen gesperrt) wird nicht immer beachtet. Dann droht ein Bußgeld von 75 EUR. Wenn neben dem Verbotsschild ein Schild „Anlieger frei“ vorhanden ist, versuchen sich manche darauf zu berufen, einen Anlieger aufgesucht zu haben. Diese Strategie geht aber nicht immer auf.

Das zeigt ein Fall, über den der Bußgeldsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg zu entscheiden hatte. Er spielt in Wildeshausen. Dort hat sich eine Bürgerinitiative dafür stark gemacht, die Kaiserstraße für Laster über 3,5 Tonnen zu sperren. Viele Fahrer zahlen klaglos das Bußgeld von 75 EUR. Im vorliegenden Fall wollte der Fahrer das Bußgeld aber nicht akzeptieren und zog vor das Amtsgericht. Das Amtsgericht glaubte dem Mann nicht, dass er bei einem Anlieger Baustoffe ausliefern musste und deswegen die Straße berechtigt hätte benutzen können. Dafür lägen keine Anhaltspunkte vor. Dagegen wehrte sich der Betroffene nun vor dem OLG. Er war der Meinung, er müsse nicht verraten, wen er beliefert habe, sodass sein Vorbringen überprüfbar geworden wäre. Eine solche Verpflichtung verstoße gegen seine Privatsphäre und die seines Kunden, so der Fahrer des Lkw.

Das OLG konnte dieser Argumentation nicht folgen und bestätigte die amtsgerichtliche Verurteilung. Wenn die Behauptungen des Fahrers nicht überprüfbar seien, müsse davon ausgegangen werden, dass er den gesperrten Bereich unberechtigt befahren habe. Der Betroffene könne sich auch nicht auf seine „Privatsphäre“ oder die seines Kunden berufen. Denn es sei nicht ersichtlich, dass diese durch nähere Angaben verletzt werde. Angeblich sei der Mann ja mit seinem großen Fahrzeug vorgefahren. Dabei habe er die Baustoffe offen ausladen müssen. Das hätte in der Öffentlichkeit auch nicht unbemerkt bleiben können.

Es stehe dem Mann frei, entweder überprüfbare Angaben zu machen oder das Bußgeld zu akzeptieren, so der Senat. Die Geldbuße von 75 EUR ist damit rechtskräftig.

Quelle: OLG Oldenburg, Beschluss vom 9.8.2017, 2 Ss (OWi) 213/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine Kleinteilepauschale in Höhe von zwei Prozent der sonstigen Ersatzteilkosten geht schadenrechtlich in Ordnung.

So entschied es das Amtsgericht Lindau. Es argumentierte, dass eine detaillierte Abrechnung von Kleinersatzteilen wirtschaftlich kaum möglich sei. Allerdings: Doppelt abrechnen, geht nicht. Wird bis zur letzten Unterlegscheibe alles mit Einzelpreisen abgerechnet, kann nicht das Ganze noch einmal pauschaliert aufgeschlagen werden.

Quelle: Amtsgericht Lindau, Urteil vom 4.10.2017, 2 C 33/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl