Wer auf Betrüger hereinfällt und im Online-Verfahren eine Echtzeit-Überweisung freigibt, kann nicht darauf hoffen, dass die Bank ihm den Schaden ersetzt. Dies gilt selbst dann, wenn er Minuten später den Schwindel bemerkt und über den Kundenservice sein Konto sperren lässt. Denn der einmal angestoßene Zahlungsvorgang kann nicht mehr gestoppt werden, auch wenn das Geld erst Tage später vom Konto abgebucht wird. Das hat das Landgericht (LG) Frankenthal entschieden. Das LG hat die Klage zweier Eheleute gegen ihre Hausbank abgewiesen. Diese waren einer bekannten Betrugsmasche („Hallo, ich habe eine neue Handynummer“) aufgesessen.

Ehepaar fiel auf bekannte Betrugsmasche herein

Das Ehepaar erhielt im Herbsturlaub letzten Jahres eine SMS von einer unbekannten Rufnummer. Der Absender gab sich als deren Tochter aus und bat darum, über den Nachrichtendienst WhatsApp Kontakt aufzunehmen. Bei dem darauffolgenden Chat glaubten die beiden fest daran, mit ihrer Tochter in Kontakt zu sein. Auf Frage teilten sie die Zugangsdaten für das von ihnen genutzte Online-Banking mit und gaben schließlich zwei Echtzeitüberweisungen von insgesamt ca. 6.000 Euro über die auf ihrem Handy installierte Photo-Tan-App frei. Bereits wenige Minuten später kamen ihnen doch Bedenken, sie erreichten ihre Tochter und die Täuschung flog auf. Weniger als 20 Minuten nach der Freigabe der Zahlungen informierten sie telefonisch den Kundenservice ihrer Bank und ließen das Konto sperren. Trotzdem wurden die Beträge zwei Tage später vom Girokonto abgebucht. Es sei nicht mehr möglich gewesen, die Vorgänge zu stoppen, so die Bank. Eine Rückerstattung lehnte sie ab.

Landgericht: Zahlungsvorgang an sich völlig korrekt

Das LG gab der Bank Recht und lehnte die Rückzahlung ab. Die Eheleute hätten ihre Freigabe nicht mehr widerrufen können. Ein Widerruf sei nämlich bei Echtzeit-Überweisungen nur bis zum Zugang der Freigabe bei der Bank möglich. Über das Internet erfolgt der Zugang in Sekundenbruchteilen. Danach könnten sich Bankkunden nur von der Freigabe lösen, wenn die Bank die Täuschung hätte bemerken müssen. Dafür sei im konkreten Fall nichts ersichtlich, der Zahlungsvorgang sei vielmehr völlig korrekt abgelaufen und die Bank sei mittels der im Online-Banking vorgesehenen Login- und Freigabedaten korrekt autorisiert worden. Dass die Abbuchung erst zwei Tage später erfolgt sei, ändere am Ergebnis nichts. Es sei zu unterscheiden zwischen dem Geldausgang, der schon wenige Sekunden nach der Online-Freigabe erfolgt sei, und dem Zeitpunkt der Belastung des Kontos. Im Übrigen habe sich das Paar durch die leichtfertige Weitergabe der Zugangsdaten grob fahrlässig verhalten.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: LG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 24.10.2024, 7 O 154/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Teilt der Rundfunkkunde eine Änderung der Anschrift nicht mit und ergreift auch keine Maßnahmen, um den Zugang von Post unter einer veralteten Adresse zu verhindern, muss er offene Rundfunkbeiträge zahlen. So entschied es das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz.

Das war geschehen

Die Klägerin wird durch den beklagten Südwestrundfunk für ihre Privatwohnung zu Rundfunkbeiträgen herangezogen. Sie bewohnt ein Haus, das ursprünglich über zwei getrennte Wohneinheiten mit Ausgängen zu verschiedenen Straßen (A.-Straße und C.-Weg) verfügte. Bis zum Jahr 2020 war die Klägerin unter der Anschrift A.-Straße gemeldet. Bereits einige Jahre zuvor verschloss sie jedoch den auf diese Straße führenden Hauseingang und entfernte den zugehörigen Briefkasten. Eine Ummeldung (zum C.-Weg) veranlasste sie zunächst nicht. Die Klägerin entrichtete keine Rundfunkbeiträge.

Schließlich setzte der Beklagte mit mehreren Festsetzungsbescheiden die offenen Rundfunkbeiträge gegen die Klägerin fest. Die Bescheide waren an die Anschrift der Klägerin in der A.-Straße adressiert. Erstmals ab Mitte des Jahres 2020 nahm die Klägerin die Zahlung von Rundfunkbeiträgen auf und zeigte dem Beklagten die Anschrift „C.-Weg“ an.

Mit ihrer nach erfolglosem Widerspruchsverfahren gegen die Festsetzungsbescheide gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, die Bescheide seien ihr nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Eine Mahnung habe sie nur durch Zufall erreicht. Seit Jahren empfange sie ihre Post nur noch im C.-Weg. Die geforderten Beiträge seien deshalb verjährt.

So sah es das Verwaltungsgericht

Hiermit hatte sie keinen Erfolg. Die Klägerin sei zur Zahlung der geforderten Rundfunkbeiträge verpflichtet, so das VG. Dabei könne offenbleiben, ob der Klägerin die Bescheide wirksam bekannt gegeben worden seien. Denn sie habe dem Beklagten die Änderung der Anschrift nicht mitgeteilt und noch dazu aktive Maßnahmen ergriffen, um den Zugang von Post unter der A.-Straße zu verhindern. Sie könne sich daher jedenfalls nicht auf die Verjährung der Beiträge berufen. Außerdem seien die Zahlungen, die die Klägerin ab dem Jahr 2020 geleistet habe, nach der insoweit maßgeblichen Satzung des Beklagten jeweils mit der ältesten Rundfunkbeitragsschuld verrechnet worden.

Quelle: VG Koblenz, Urteil vom 12.11.2024, 5 K 594/24.KO

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

In einem aktuellen Streitfall hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen für seine Fahrten zwischen der Wohnung und der Fernuniversität in Hagen nach Reisekostengrundsätzen als Werbungskosten geltend machen kann.

Hintergrund: Beruflich veranlasste Aufwendungen, die im Rahmen einer Zweitausbildung (Berufsausbildung oder Studium) anfallen, sind grundsätzlich als (vorab entstandene) Werbungskosten abziehbar. Hierzu zählen auch die Fahrtkosten zur Ausbildungsstätte. Diese sind jedoch bei vollzeitigen Bildungsmaßnahmen bzw. bei Vollzeitstudien auf den Ansatz der Entfernungspauschale begrenzt.

Ein Vollzeitstudium liegt vor, wenn das Studium darauf ausgelegt ist, dass sich die Studierenden diesem (vergleichbar einem vollbeschäftigten Arbeitnehmer) zeitlich vollumfänglich widmen müssen. Davon ist auszugehen, wenn das Studium nach den Ausbildungsbestimmungen oder der allgemeinen Erfahrung insgesamt etwa 40 Wochenstunden (Unterricht, Praktika sowie Vor- und Nachbereitung zusammengenommen) erfordert.

Im Streitfall war der Steuerpflichtige nur als Teilzeitstudierender eingeschrieben und studierte nach seinem Hörerstatus in einem Umfang von etwa 20 Stunden wöchentlich. Dass er im Streitjahr keiner Erwerbstätigkeit nachging, war im Hinblick auf den Begriff des Vollzeitstudiums unerheblich.

Somit waren die Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen (Ansatz einer Pauschale i. H. von 0,30 Euro je gefahrenem Kilometer oder Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen) abzugsfähig.

Quelle: BFH, Urteil vom 24.10.2024, VI R 7/22

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Aktuell sind betrügerische E-Mails im Umlauf, die vorgeben, vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu stammen. Die Empfänger werden darüber informiert, dass ihnen angeblich ein Bescheid zugesandt wurde und aufgefordert, eine offene Steuerschuld zu begleichen. Hierfür soll ein Link geöffnet werden, um weitere Informationen zu erhalten.

Sollten Steuerpflichtige eine solche E-Mail erhalten haben, empfiehlt das BZSt in einer Mitteilung vom 26.2.2025, den Link nicht zu öffnen und die verdächtige E-Mail unverzüglich zu löschen. Weitere Informationen – u.a. die maßgeblichen Textbausteine – sind unter www.iww.de/s12547 aufgeführt.

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Wird ein erkranktes Tier von Dritten zum Tierarzt gebracht, haftet der Tierhalter für die Kosten der Notbehandlung. So sieht es das Amtsgericht (AG) München.

Halterin nicht über Eingriff informiert

Die Beklagte ist Tierhalterin eines Katers mit den Namen Rocky. Rocky war im Mai 2022 für einige Tage abwesend und kam nicht nach Hause. Am 16.5.2022 fand eine unbekannte Person den Kater in einem bewusstlosen Zustand auf und alarmierte eine Münchener Tierrettung, die den Kater als Notfall in eine Münchener Tierklinik einlieferte. Dort wurde Rocky als Notfall tierärztlich behandelt. Da der Kater in ein Haustierzentralregister eingetragen war, konnte die Halterin des Katers verständigt werden. Diese holte Rocky am nächsten Tag ab. Durch die Behandlung waren Kosten in Höhe von 565,31 Euro entstanden, deren Übernahme die Beklagte jedoch ablehnte, da sie nicht zuvor informiert worden sei und sie Rocky zu seinem üblichen Tierarzt hätte bringen wollen.

Klage auf Zahlung der Rechnung

Die Tierklinik trat ihre Forderung an ein Abrechnungsbüro ab, das die Beklagte vor dem AG auf Zahlung der Rechnung verklagte. Das AG gab der Klage statt und verurteilte die Halterin zur Zahlung. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Forderung wirksam an die Klägerin abgetreten war, dass die Behandlung, wie behauptet, stattfand und die Kosten auch angemessen waren.

„Fremdes Geschäft“ besorgt

Zur Kostentragungspflicht der Beklagten führte es aus, dass die Tierklinik durch die Behandlung des Katers der Beklagten ein sogenanntes „fremdes Geschäft“ besorgt hat. Es handele sich bei der tierärztlichen Versorgung um ein fremdes Geschäft, da das Tier zwar auch aus eigener tierärztlicher Verpflichtung behandelt wurde, die Übernahme der Behandlung ihrer äußeren Erscheinung nach aber auch der Beklagten als Tierhalterin zugutekam. Denn die Behandlung ihres kranken Tieres ist bereits der äußeren Erscheinung nach dem Rechts- und Interessenkreis der Beklagten zuzuordnen.

Auch der Vortrag der Beklagten, sie hätte rechtzeitig über die Einlieferung des Katers informiert werden müssen, verfängt laut AG nicht. Soweit hiermit auf eine sog. „Nebenpflichtverletzung“ abgestellt werden soll, stehe dem entgegen, dass die Behandlungen des Katers nach den Zeugenaussagen, in Übereinstimmung mit der Behandlungsdokumentation, als Notfallmaßnahmen erfolgt seien.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: AG München, Urteil vom 30.8.2024, 161 C 16714/22

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Die Therapiewahl ist grundsätzlich Aufgabe des behandelnden Tierarztes. Ein vom Hundebesitzer wahrgenommenes Hinken des linken Hinterlaufs bedeutet nicht, dass die Operation am rechten Hinterlauf behandlungsfehlerhaft erfolgte. Ein Laie kann nicht sicher auf die Ursache eines etwaigen Hinkens schließen; häufig ist gerade die kollaterale Seite betroffen. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat die auf Rückzahlung von Behandlungskosten gerichtete Berufung des klagenden Tierbesitzers zurückgewiesen.

Es ging um die Erstattung von Behandlungskosten

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Erstattung von Behandlungskosten für seinen Hund in Anspruch. Er wollte seinen Rhodesian Ridgeback wegen Lähmungserscheinungen an einem hinteren Bein behandeln lassen. Nach Gangbeobachtungen und Röntgenaufnahmen (des rechten Hinterlaufs) vereinbarte der Kläger einen OP-Termin. Der Hund wurde dann am rechten Kniegelenk operiert.

Der Kläger verlangt nun die beglichenen Arztkosten in Höhe von rund 7.500 Euro zurück und behauptet, der Hund sei am falschen Bein operiert worden. Beauftragt worden sei die Behandlung des linken hinteren Beins. Der rechte Hinterlauf sei dagegen kerngesund gewesen.

Schon das Landgericht hatte die Klage abgewiesen

Das Landgericht (LG) hatte die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Das LG sei nach Ausschöpfung der maßgeblichen Erkenntnisquellen zutreffend zu dem Schluss gelangt, dass kein Behandlungsfehler vorliege, bestätigte das OLG. Insbesondere habe der Sachverständige schlüssig hergeleitet, „dass durchaus – mit überwiegender Wahrscheinlichkeit – die korrekte Gliedmaße operiert worden sei“. Er habe die anhand der Befunderhebung gesicherte Pathologie im rechten Kniegelenk nachvollziehbar als Indikation für die Operation bestätigt. Zu Recht habe er auch darauf hingewiesen, dass die „Entscheidung über das Ausmaß der Operation – und hierbei das Bein, welches operiert werden soll – letztlich der Tierarzt zu treffen hat“.

Therapiewahl ist Sache des Tierarztes

Die Therapiewahl sei grundsätzlich Domäne des behandelnden Arztes, „der jedenfalls durch den Behandlungsauftrag hier auch nicht ohne Weiteres im Vertragssinne etwa auf die Behandlung einer bestimmten Gliedmaße festgelegt, sondern vielmehr zur standardmäßigen Behandlung angehalten ist“, führte das OLG weiter aus.

Soweit der Kläger behaupte, dass vor der Operation beim Gangbild ein Hinken am linken Bein zu sehen gewesen sei, habe der Sachverständige nachvollziehbar erläutert, „dass eine solche Beobachtung – zumal für den Laien – keinen Rückschluss auf eine Verortung als Ursache auch in dieser Gliedmaße erlaubt; vielmehr sei häufig die kollaterale Seite betroffen“. Auch der Nachbefund habe ergeben, dass das linke Bein befundlos gewesen sei.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Hinweisbeschluss vom 19.8.2024 i.V.m. dem Beschluss vom 23.9.2024, 29 U 33/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat über die Rückzahlung von Bankentgelten entschieden, die aufgrund einer unwirksamen Zustimmungsfiktionsklausel vereinbart werden sollten. Sein Urteil ist verbraucherfreundlich.

Das war geschehen

Der Kläger begehrt Rückzahlung von geleisteten Kontoführungsentgelten und Gebühren für eine Girokarte. Nach einer in den AGB der beklagten Sparkasse enthaltenen unwirksamen Regelung gilt die Zustimmung des Kunden zu angebotenen Änderungen von Vertragsbedingungen oder Entgelten für Bankleistungen als erteilt, wenn der Kunde der Beklagten seine Ablehnung nicht innerhalb einer bestimmten Frist anzeigt (Zustimmungsfiktionsklausel).

Die beklagte Sparkasse informierte den Kläger im Oktober 2017 darüber, dass für dessen zwei Girokonten ab dem 1.1.2018 Kontoführungsentgelte und Gebühren für eine Girokarte zu zahlen seien. Daraufhin kündigte der Kläger eines der Girokonten. Die Beklagte erhob ab dem 1.1.2018 eine Grundgebühr für die Führung des anderen Girokontos in Höhe von monatlich 3,50 Euro und eine Gebühr für eine SparkassenCard in Höhe von jährlich 6 Euro. Der Kläger stimmte diesen Änderungen der Bedingungen nicht aktiv zu. Die Beklagte buchte die Entgelte in der Folgezeit vom Konto des Klägers ab. Im Juli 2021 widersprach dieser der Erhebung der Entgelte. Mit seiner Klage begehrt er die Rückzahlung der in den Jahren 2018 bis 2021 erhobenen Entgelte in Höhe von insgesamt 192 Euro sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger jeden weiteren künftigen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die Einziehung nicht vereinbarter Bankentgelte nach dem Jahr 2021 entstehe.

Das Amtsgericht (AG) und das Landgericht (LG) haben die Klage abgewiesen.

So entschied der Bundesgerichtshof

Der BGH hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 192 Euro zu zahlen. Der Kläger erhält die Kontoführungsentgelte und das Entgelt für die Girokarte zurück.

Der Kläger hat einen Rückzahlungsanspruch, weil die Beklagte die Entgelte ohne Rechtsgrund vereinnahmt hat. Er hat der von der Beklagten beabsichtigten Änderung der Entgeltbedingungen nicht bloß durch die fortgesetzte Nutzung des Girokontos zugestimmt. Die fortlaufende Nutzung eines Girokontos hat keinen objektiven Erklärungswert dahin, dass der Wille des Kontoinhabers neben dem Willen, einen konkreten Kontovorgang auszulösen, auch die Zustimmung zu geänderten Kontobedingungen der Sparkasse oder Bank umfasst. Der Zugang zu einem Girokonto ist in der Regel eine unabdingbare Voraussetzung für die Teilnahme am unbaren Zahlungsverkehr und von essenzieller Bedeutung für die uneingeschränkte Teilhabe am wirtschaftlichen und sozialen Leben. Die Nutzung des Girokontos allein ist deshalb kein Ausdruck des Einverständnisses mit der Änderung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch die Sparkasse oder Bank, sondern entspricht lediglich den Erfordernissen und Gewohnheiten des modernen Geschäfts- und Wirtschaftsverkehrs im Alltag.

Die von der Beklagten erhobenen Entgelte sind auch nicht durch eine Fiktion der Zustimmung des Klägers zu den geänderten Kontobedingungen entstanden. Eine Klausel in den Geschäftsbedingungen von Banken und Sparkassen, die eine solche Fiktion vorsieht, ist im Verkehr mit Verbrauchern unwirksam.

Auch der Umstand, dass der Kläger die von der Beklagten erhobenen Entgelte über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren widerspruchslos gezahlt hat, führt nicht dazu, dass die Sparkasse die Entgelte behalten darf, so der BGH.

Quelle: BGH, Urteil vom 19.11.2024, XI ZR 139/23

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Wer als Schüler über Monate den Datenbestand seiner Schule ausspioniert und verändert, darf in eine andere Schule überwiesen werden. Diese Schulordnungsmaßnahme hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin in einem Eilverfahren gebilligt.

Schüler drang widerrechtlich in Schul-IT ein

Der Antragsteller besuchte bislang das 3. Kurshalbjahr der gymnasialen Oberstufe eines Berliner Gymnasiums. Zusammen mit zwei Mitschülern hatte er im letzten Schuljahr zunächst einen schulischen Rechner so präpariert, dass das nächste eingegebene Passwort protokolliert wurde. So erlangte das Trio das Administratorpasswort, um im Anschluss einen sog. „Keylogger“ zu installieren, der das Protokollieren aller eingegebenen Passwörter ermöglichte. Hierdurch konnten sie interne Informationen im geschützten Lehrerkanal mitlesen und organisatorische Daten der Schulleitung abrufen. Daraufhin beschloss die Schulaufsicht nach Anhörung der Schulkonferenz, den Antragsteller in eine andere Schule desselben Bildungsgangs zu überweisen.

Schwerste Ordnungsmaßnahme verhängt

Der hiergegen gerichtete Eilantrag hatte keinen Erfolg. Das VG hat die Entscheidung als für einen schulpflichtigen Schüler schwerste Ordnungsmaßnahme des Berliner Schulgesetzes gebilligt. Nach diesem Gesetz könnten Ordnungsmaßnahmen unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit getroffen werden, wenn ein Schüler die ordnungsgemäße Unterrichts- und Erziehungsarbeit beeinträchtigte oder andere am Schulleben Beteiligte gefährde, soweit Erziehungsmaßnahmen nicht zu einer Konfliktlösung geführt haben oder keine Aussicht auf Erfolg versprächen.

Diesen Vorgaben entspreche die getroffene Ordnungsmaßnahme, die sich im Rahmen des der Schule zustehenden pädagogischen Beurteilungsspielraums halte. Nach diesem Maßstab sei die Entscheidung nicht zu beanstanden. Das Vorgehen des Antragstellers stelle sich als schweres Fehlverhalten dar. Ein über Monate dauerndes Ausspionieren des Datenbestands der Schule beeinträchtige die ordnungsgemäße Unterrichts- und Erziehungsarbeit. Der Antragsteller sei mit krimineller Energie vorgegangen, weshalb das schulische Vertrauen in die Integrität des Antragstellers nachhaltig und irreparabel zerstört worden sei. Angesichts der Schwere des Fehlverhaltens des Antragstellers mit einer mehrere Monate währenden Verletzung der Datenschutzbelange und der Privatsphäre von Lehrkräften und der Schülerschaft habe die Schule den Schulwechsel nicht – wie das Gesetz dies im Regelfall vorschreibe – zuvor schriftlich androhen müssen.

Die Maßnahme, so das VG, sei auch unter Würdigung des Umstands verhältnismäßig, dass der Antragsteller sich in seinem letzten Schuljahr vor dem Abitur befinde und die ersten Abiturprüfungen bereits in wenigen Monaten anstehen, weil er sich gegenüber den Vorwürfen völlig uneinsichtig gezeigt habe.

Quelle: VG Berlin, Beschluss vom 13.11.2024, VG 3 L 610.24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken hat eine Klausel für unzulässig erachtet, nach der sich der Preis für die Lieferung und Montage einer Einbauküche (nur) dann um über 20 % reduziert, wenn der Kunde den reduzierten Küchengesamtpreis bis zum Tag der Lieferung und Rechnungsstellung zahlt.

„Skonto“ bei vollständiger Zahlung bis zum Tag der Lieferung und Rechnungsstellung
Ein Ehepaar bestellte bei einem Küchenstudio eine Einbauküche nebst Elektrogeräten für sein Wohnhaus. In der Auftragsbestätigung wies das Küchenstudio einen Gesamtpreis in der Größenordnung von 70.000 Euro sowie einen „Skontobetrag“ von über 15.000 Euro aus für den Fall der vollständigen Zahlung bis zum Tag der Lieferung und Rechnungsstellung.

Bei Lieferung und Montage der Küche erhielten die Kunden eine Rechnung, die auf ihren Hinweis unter anderem bei der Höhe der Mehrwertsteuer korrigiert wurde. Etwa eine Woche nach Erhalt der korrigierten Rechnung überwiesen sie den um das „Skonto“ reduzierten Rechnungsbetrag bis auf einen Restbetrag in Höhe von knapp 3.000 Euro unter Verweis auf eine noch nicht erledigte Aufgabe. Wenige Tage später wiesen sie auch diesen Betrag an, nachdem das Küchenstudio ihnen mitgeteilt hatte, der Skontoabzug setze eine vollständige Zahlung voraus. In der Folge kam es zu Mängelrügen der Kunden und Nachbesserungsarbeiten des Küchenstudios. Etwa drei Monate nach der ersten Rechnung stellte das Studio den Kunden einen weiteren Betrag über etwa 1.000 Euro in Rechnung für Arbeiten, die bei Montage der Küche erledigt worden waren.

Landgericht: Klausel des Küchenstudios unwirksam
Diesen Betrag sowie den von den Kunden in Abzug gebrachten „Skontobetrag“ klagte das Küchenstudio ein. Das Landgericht (LG) wies die Klage des Küchenstudios mit der Begründung ab, die verwendete Klausel sei unwirksam und ein mündlicher Zusatzauftrag nicht erwiesen.

Oberlandesgericht bestätigte Landgericht
Das OLG bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung. Die Zahlungsbedingung „fällig bis zum Tage der Lieferung und Rechnungsstellung“ sei aus mehreren voneinander unabhängigen Gründen unzulässig. So bestehe für den Kunden keine Möglichkeit, die Zahlung aufgrund von Mängeln (teilweise) zurückzuhalten, möchte er sich nicht der Forderung des höheren Preises aussetzen. Bei Zahlung am selben Tag sei auch keine angemessene Zeit zur Prüfung, ob die Leistung vertragsgerecht erbracht und die Rechnung ordnungsgemäß gestellt worden sei, gegeben. Ferner sei dem Kunden eine Bar- oder Sofortzahlung über mehrere Zehntausend Euro nicht zumutbar. Schließlich sei der „Skontobetrag“ aufgrund seines Umfangs und im Verhältnis zum Gesamtküchenpreis als unzulässige Vertragsstrafe zu werten. Denn branchenüblich sei ein Skonto von lediglich 1 % bis 3 %.

Kunde schuldet nur Sonderpreis
In Anbetracht der Unwirksamkeit der Klausel schulde der Kunde lediglich den als „Sonderpreis“ vereinbarten Betrag („Gesamtpreis“ abzüglich „Skontobetrag“). Auf einen entsprechenden Hinweis des Senats nahm das Küchenstudio seine Berufung zurück.

Quelle: OLG Zweibrücken, Hinweisbeschluss vom 25.6.2024, 5 U 38/23

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden hat eine Klage abgewiesen, mit der der Kläger die Ausstellung eines Personalausweises ohne Speicherung der Fingerabdrücke auf dessen elektronischem Speichermedium (sog. „Chip“) begehrte.

Pflicht aufgrund europäischer Verordnung
Die Pflicht zur Speicherung von Fingerabdrücken bei Ausweisen beruht auf der europäischen Verordnung (hier: (EU) 2019/1157 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.6.2019) zur Erhöhung der Sicherheit der Personalausweise von Unionsbürgern und der Aufenthaltsdokumente, die Unionsbürgern und deren Familienangehörigen ausgestellt werden, die ihr Recht auf Freizügigkeit ausüben. Der Kläger trug vor, dass hierdurch seine Grundrechte auf Schutz des Privatlebens nach der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Art. 7 GRCh) und auf Schutz personenbezogener Daten (Art. 8 GRCh) verletzt würden.

So sah es der Europäische Gerichtshof
Das VG hatte das Verfahren zunächst ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in einem Vorabentscheidungsverfahren die Frage vorgelegt, ob die Pflicht zur Aufnahme von Fingerabdrücken in Personalausweisen mit höherrangigem Unionsrecht vereinbar ist. Der EuGH hatte entschieden, dass die Verordnung wegen der Durchführung eines ungeeigneten Gesetzgebungsverfahrens ungültig sei. Die Wirkungen der Verordnung würden jedoch aufrechterhalten bleiben, bis innerhalb einer angemessenen Frist, die zwei Jahre ab dem 1.1.2025 nicht überschreiten dürfe, eine neue, im korrekten Gesetzgebungsverfahrens erlassene Verordnung in Kraft trete, die sie ersetzt. In materieller Hinsicht verstoße die Einschränkung der in Art. 7 und Art. 8 GRCh garantierten Rechte nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, sodass die Verordnung nicht aus diesem Grund ungültig sei.

So entschied das Verwaltungsgericht
Die Ablehnung der Ausstellung eines Personalausweises ohne die Aufnahme von Fingerabdrücken sei rechtmäßig, so das VG, und verletze den Kläger deshalb auch nicht in seinen Rechten. Das VG sei an das Urteil des EuGH gebunden, insbesondere bezüglich der Ausführungen zur materiellen Rechtmäßigkeit. Auch im Hinblick auf die im konkreten Verfahren vorliegende Frage der Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Ausstellung eines Personalausweises ohne die Aufnahme von Fingerabdrücken durch die Landeshauptstadt Wiesbaden sei keine andere Beurteilung geboten. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei auch im konkreten Fall gewahrt. In der Ablehnung der Ausstellung eines Personalausweises ohne die Aufnahme von Fingerabdrücken durch die Beklagte liege kein Verstoß gegen Grundrechte.

Auch habe das VG für die Entscheidung über den vorliegenden Fall nicht den Fristablauf der Fortgeltung der o. g. Verordnung oder den Erlass einer neuen Verordnung abwarten müssen. Angesichts der Entscheidung des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren sei die Sache entscheidungsreif. Der EuGH habe ausdrücklich entschieden, dass die Wirkungen der Verordnung aufrechterhalten blieben, weshalb im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kein Anspruch des Klägers auf Ausstellung eines Personalausweises ohne Speicherung von Fingerabdrücken bestehe. Die Frage, ob sich ein solcher Anspruch möglicherweise in der Zukunft infolge einer Änderung der Rechtslage ergeben könnte, sei im vorliegenden Verfahren nicht von Relevanz.

Quelle: VG Wiesbaden, Urteil vom 18.12.2024, 6 K 1563/21.WI

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl