Die Ordnungsmaßnahme einer Gesamtschule im Rhein-Kreis-Neuss, einen Zehntklässler mit sofortiger Wirkung von der Schule zu entlassen, weil dieser mit weiteren Jugendlichen einen Obdachlosen angegriffen und auf den am Boden liegenden Mann eingetreten und -geschlagen hat, ist rechtmäßig. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf entschieden und den gegen die Schulentlassung gerichteten Eilantrag des Schülers abgelehnt.

Schweres Fehlverhalten

Das VG: Die Voraussetzungen der Entlassung von der Schule liegen vor, da der Schüler durch schweres Fehlverhalten die Rechte des Obdachlosen ernstlich verletzt und hierdurch zugleich die Erfüllung der Aufgaben der Schule ernstlich gefährdet hat. Es ist unstreitig, dass der Schüler mit massiver, nahezu hemmungsloser Aggression mindestens achtmal auf den am Boden liegenden Obdachlosen (teils mit Anlauf) eingetreten und (teils mit voller Wucht) mit der Faust gegen dessen Körper und Kopf geschlagen hat, obgleich von dem Mann zu diesem Zeitpunkt erkennbar keinerlei Gefahr ausging und dieser sich – im Gegenteil – die Hände schützend vor seinen Kopf hielt.

Schulfrieden massiv beeinträchtigt

Zugleich hat der Schüler durch dieses Verhalten seine Pflicht verletzt, an der Erfüllung der Aufgaben der Schule mitzuarbeiten. Der Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule hat keine festen räumlichen Grenzen. Vielmehr kommt es darauf an, ob das Fehlverhalten – wie hier – störend in den Schulbetrieb hineinwirkt. Dadurch, dass der Schüler während der Schulzeit in der Mittagspause zwischen zwei Unterrichtseinheiten in unmittelbarer Nähe des Schulgeländes den Obdachlosen gemeinsam mit weiteren Jugendlichen angegriffen hat, waren in den darauffolgenden Tagen der Schulfrieden und der Unterricht der Schule massiv beeinträchtigt. Vor diesem Hintergrund handelt es sich nicht um ein bloßes „außerschulisches Fehlverhalten“ des Schülers, sondern wurde der Konflikt in die Schule hineingetragen, da dieses ohne jeden Zweifel erheblich in das Unterrichtsgeschehen der nachfolgenden Tage hineingewirkt hat.

Keine vorherige Androhung erforderlich

Die Entlassung von der Schule ist angesichts des objektiven Schweregrades der Pflichtverletzung und der zeitnah bevorstehenden Zentralen Prüfungen zur Erlangung des Mittleren Schulabschlusses nach Ansicht des VG auch ohne vorherige Androhung der Entlassung von der Schule verhältnismäßig. Die Entlassung des Schülers von der Schule stellt angesichts der besonderen Schwere der Pflichtverletzung das einzig sichere Mittel dar, um weiteres Fehlverhalten des Schülers auszuschließen und den Schulfrieden der Schule wiederherzustellen.

Schüler war bereits vorher auffällig

Bei der Abwägung war insoweit zu berücksichtigen, dass der Schüler bereits im August 2023 einem Mitschüler einen Faustschlag in das Gesicht versetzt hatte, der Antragsteller seine Impulse in Ausnahme- oder Stresssituationen mithin nicht jederzeit unter Kontrolle hat, sondern zu gewalttätigen Reaktionen neigt, und dass zudem die seinerzeit ergriffene Ordnungsmaßnahme offenbar auch nicht die gewünschte nachhaltige positive Verhaltensänderung bei dem Schüler bewirkt hat. Zudem war zu berücksichtigen, dass der Schüler mit Blick auf die am 27.5.2025 beginnenden Zentralen Prüfungen am Ende der Klasse 10 nur noch kurze Zeit den Unterricht besucht.

Angesichts dessen erweisen sich andere, im Verhältnis zur Entlassung von der Schule mildere Ordnungsmaßnahmen – etwa die Überweisung in eine Parallelklasse oder die Androhung der Entlassung von der Schule – ersichtlich als zur Zweckerreichung nicht gleichermaßen geeignet. Denn sowohl die Androhung der Entlassung als auch die Überweisung in eine Parallelklasse können aus Sicht der Kammer bei lebensnaher Betrachtung im Hinblick auf die nur noch verbleibenden wenigen Unterrichtstage erkennbar keinen nennenswerten erzieherischen Einfluss auf den Schüler entfalten.

Quelle: VG Düsseldorf, Beschluss vom 4.4.2025, 18 L 1171/25

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Ein Jäger, der im betrunkenen Zustand seine Jagdwaffe im Pkw transportiert, besitzt nicht die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit zur (Wieder-)Erteilung eines Jagdscheins – unabhängig davon, ob die mitgeführte Waffe geladen war oder nicht. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Münster entschieden.

Jäger verursachte hohen Schaden

Der Jäger aus dem Kreis Coesfeld war im Jahr 2020 in Rheinland-Pfalz auf dem Rückweg von einer Jagdveranstaltung und transportierte seine Langwaffe im Fahrzeug. Dabei kam er von der Fahrbahn ab, fuhr zwei Verkehrsschilder um und in eine Hauswand. Es entstand ein Fremdschaden in Höhe von etwa 50.000 Euro. Ein Atemalkoholtest nach dem Unfall ergab einen Wert von 1,69 Promille, zwei Blutentnahmen Werte von 1,48 und 1,39 Promille. Nach dem Unfall nahm der Kläger seine in einem Futteral befindliche Langwaffe aus dem Fahrzeug und stellte sie in ein nahes Wartehäuschen, wo sie von der Polizei sichergestellt wurde.

Antrag auf erneutes Ausstellen eines Jagdscheins

Es kam zu einem Strafverfahren. Zudem wurde die Waffenbesitzkarte des Mannes widerrufen, sodass er seine Schusswaffen abgeben musste. In der Zwischenzeit lief die Gültigkeit seines Jagdscheins aus. Im Jahr 2022 beantragte der Kläger dann die erneute Ausstellung eines Jagdscheins, blieb damit bei der Behörde jedoch ohne Erfolg.

Die Klage hiergegen wies das Gericht nun ab, denn der Kläger sei waffenrechtlich unzuverlässig. Es rechtfertigten Tatsachen die Annahme, dass er mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehe oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werde. Bei der zu treffenden Prognose genüge es, wenn bei Würdigung aller Umstände eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen nicht ordnungsgemäßen Umgang mit Waffen bestehe. Im Bereich des Waffenrechts müsse kein Restrisiko hingenommen werden. Ob, wie zuletzt zwischen den Beteiligten streitig, die Waffe im Auto des Klägers bei der Trunkenheitsfahrt geladen war, und ob er sie nach dem Unfall genügend beaufsichtigt hat, könne offenbleiben. Genügende Anhaltspunkte für einen nicht ordnungsgemäßen Umgang des Klägers mit Waffen ergäben sich bereits daraus, dass er seine Jagdwaffe bei einer Autofahrt mitgeführt hat, obwohl er eine Atemalkoholkonzentration von 1,69 Promille bzw. eine Blutalkoholkonzentration von 1,48 Promille aufwies und sich damit in einem Zustand befand, in dem alkoholbedingte Ausfallerscheinungen auftreten können und vorliegend – in Form der zu dem Verkehrsunfall mit erheblichem Sachschaden führenden Unaufmerksamkeit – auch aufgetreten sind.

Als Waffenbesitzer unzuverlässig

Die Blutalkoholkonzentration übersteige den Grenzwert absoluter Fahruntüchtigkeit von Kraftfahrern (1,1 Promille). Mit einer Schusswaffe gehe nicht vorsichtig und sachgemäß um, wer diese in einem Zustand gebrauche, in dem alkoholbedingte Ausfallerscheinungen auftreten können – unabhängig davon, ob solche auch tatsächlich aufträten. Das gelte auch für das Mitführen einer erlaubnispflichtigen Schusswaffe bei einer Autofahrt in alkoholisiertem Zustand, das waffenrechtlich als „Führen der Schusswaffe“ einzuordnen sei.

Es bestehe zum einen die Gefahr, dass der Waffenbesitzer in einer Konfliktsituation mit anderen Verkehrsteilnehmern aufgrund alkoholbedingter Ausfallerscheinungen inadäquat reagieren und zur Konfliktlösung auf die von ihm mitgeführte Schusswaffe zurückgreifen könnte. Zum anderen bestehe beim Transport einer Schusswaffe im Straßenverkehr bei alkoholbedingten Ausfallerscheinungen des Waffenbesitzers die reale Möglichkeit des Abhandenkommens der Schusswaffe. Jedenfalls dann, wenn es – wie hier – zu einem Unfall kommt, bestehe das Risiko, dass der Betroffene nicht mehr in der Lage ist, den Zugriff Dritter auf die Waffe auszuschließen. Dass der Kläger zwischenzeitlich seinen Führerschein wiedererlangt habe, ändere an dem Ergebnis nichts.

Quelle: VG Münster, Urteil vom 1.4.2025, 1 K 2756/22

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Die Universität Duisburg-Essen hat einer Studentin zu Recht diejenigen „Prüfungsleistungen“ aberkannt, die in dem System der Universität als bestanden ausgewiesen waren, weil die Studentin für diese Eintragung einer ehemaligen Mitarbeiterin des Prüfungsamts der Universität Geld gezahlt hatte. Dies hat das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen entschieden.

Nicht zur Prüfung erschienen – Geldzahlungen an ehemalige Mitarbeiterin

Die Studentin war zu fünf Prüfungsterminen ihres Studiengangs Bachelor Wirtschaftswissenschaft, Katholische Religion und Bildungswissenschaften mit der Lehramtsoption Berufskolleg nicht erschienen. Dies war in den internen Notenlisten der Prüfer vermerkt. Eine ehemalige Mitarbeiterin des Prüfungsamts der Universität vermerkte gegen Geldzahlung in dem System der Universität, die Studentin habe die Prüfungen bestanden und trug dazu Noten ein. Im Masterstudiengang wiederholte sich dies bei vier Prüfungen. Der Prüfungsausschuss der Fakultät Wirtschaftswissenschaften beschloss, die Prüfungsleistungen jeweils als nicht bestanden (Note 5,0) zu bewerten, die von der Fakultät Bildungswissenschaften verliehenen Universitätsabschlüsse (Bachelor und Master) abzuerkennen, und forderte die Abschlusszeugnisse zurück.

Klagen gegen Aufhebung der Prüfungsleistungen

Die Klage gegen die Aufhebung der Prüfungsleistungen und ihre Bewertung als nicht bestanden hat das VG abgewiesen. Die Studentin hat die Prüfungsleistungen nicht bestanden, weil sie nicht an den Prüfungen teilgenommen hat. Die Aberkennung der Abschlüsse und die damit zusammenhängenden Anordnungen hob die Universität in der mündlichen Verhandlung auf, weil hierüber der unzuständige Prüfungsausschuss entschieden hatte. Zuständig ist der Prüfungsausschuss für Bildungswissenschaften, der die Abschlüsse verliehen hat.

Eine weitere Klage einer anderen Studentin im Studiengang Bachelor für das Lehramt Berufskolleg gegen die Bewertung von vier Prüfungsleistungen als nicht bestanden (Note 5,0) durch den Prüfungsausschuss hat das VG ebenfalls abgewiesen. Die Studentin hatte eine Prüfung nicht bestanden und war zu drei weiteren nicht erschienen. Gegen Geldzahlung an eine ehemalige Mitarbeiterin des Prüfungsamts wurden diese Prüfungen als bestanden in das System der Universität eingetragen.

Quelle: VG Gelsenkirchen, Urteile vom 28.4.2025, 4 K 1226/22 und 4 K 1227/22, PM vom 29.4.2025

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Online geschlossene Verträge beschäftigen die Rechtsprechung immer wieder. So wie in einem aktuellen Fall des Amtsgerichts (AG) München, das bereits den Vertragsschluss als nicht zustande gekommen betrachtete.

Reisebuchung über Website

Eine Frau besuchte im November 2021 die Website der Beklagten, um nach Reisen im Dezember 2021 zu suchen. Unter den Suchergebnissen befand sich eine Reise nach Dubai für zwei Personen. Die Klägerin gab die Personendaten ein, um den endgültigen Reisepreis zu erfahren.

„Jetzt-kaufen“-Button

Anschließend wurde die Frau auf eine Website weitergeleitet, die Hinweise zur Unterrichtung von Reisenden bei einer Pauschalreise enthielt. Darunter befand sich ein farblich abgesetzter Kasten mit dem Text „Mit Klick auf „Jetzt kaufen“ akzeptieren Sie die AGB […]. Zudem bestätigen Sie die Richtigkeit der angegebenen Buchungsdaten und dass Sie die Pass-, Visa- Einreise- und Impfbestimmungen, sowie das Formblatt zur Unterrichtung des Reisenden bei einer Pauschalreise erhalten haben.“ Hierunter befand sich der Button „Jetzt kaufen“ mit dem Symbol eines Einkaufswagens daneben. Die Frau klickte auf die Schaltfläche „Jetzt kaufen“ und verließ anschließend die Website.

Am selben Abend erhielt die Frau eine Buchungsbestätigung und Zahlungsaufforderung der Beklagten für eine Reise nach Dubai zu einem Preis von 2.834 Euro. Da die Frau die Zahlung verweigerte, stornierte die Beklagte die Reise und stellte eine Storno-Gebühr in Höhe von 2.692,30 Euro in Rechnung. Diese bezahlte die Frau unter Vorbehalt.

War ein Vertrag geschlossen worden?

Die Frau meint, es sei kein Vertrag zwischen ihr und der Beklagten zustande gekommen, da die Gestaltung der Website nicht den gesetzlichen Anforderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (hier: § 312j Abs. 3 BGB) entspreche. Sie verklagte das Reiseunternehmen daher vor dem AG auf Rückzahlung der 2.692,30 Euro.

Amtsgericht gab der Frau Recht

Das AG gab der Frau Recht und verurteilte die Beklagte dazu, den Betrag nebst Zinsen zu zahlen. Zwischen den Parteien, so das AG, wurde schon kein wirksamer Vertrag im Sinne des § 651a Abs. 1 BGB geschlossen. Für den Abschluss eines Vertrags bedarf es zweier übereinstimmender Willenserklärungen – Angebot und Annahme.

Es lag nach Ansicht des AG kein Angebot der Beklagten in dem Zurverfügungstellen der Internetseite mit dem Button „Jetzt kaufen“ vor. Unstreitig hat die Frau zwar auf diesen Button geklickt. Die Gestaltung der Website der Beklagten vor Bestellabschluss genügte aber nicht den Anforderungen des § 312j Abs. 3 BGB. Denn zwar weist der Text des Buttons „Jetzt kaufen“ auf die Entgeltlichkeit des zu schließenden Vertrags hin. Allerdings kann das Symbol eines Einkaufswagens neben dem Schriftzug dahingehend verstanden werden, dass der Kunde durch das Klicken auf den Button erst seinen Warenkorb befüllt und sich nicht schon am Ende des Buchungsprozesses befindet.

Text war irreführend

Außerdem, so das AG, ist der Text „Mit Klick auf „Jetzt kaufen“ akzeptieren Sie die AGB. Zudem bestätigen Sie die Richtigkeit der angegebenen Buchungsdaten und dass Sie die Pass-, Visa- Einreise- und Impfbestimmungen, sowie das Formblatt zur Unterrichtung des Reisenden bei einer Pauschalreise erhalten haben“ irreführend. Denn durch Auslegung ergibt sich, dass der Kunde durch das Klicken auf den „Jetzt kaufen“ – Button lediglich AGB und Datenschutzbestimmungen akzeptiert, sowie die Richtigkeit der eingegebenen Daten [und] den Erhalt des Formblatts bestätigt. Von der Abgabe einer abschließenden Willenserklärung nach § 145 BGB wegen einer Reise ist dem Text nichts zu entnehmen. Vielmehr legt der Text nahe, dass bei Fortsetzung des Buchungsprozesses noch weitere Erklärungen abzugeben sind. Außerdem fehlt eine Übersicht über die zu buchenden Reise sowie eine Preisangabe.

Ein bindendes Angebot der Beklagten sah das Gericht jedoch in der übersandten Buchungsbestätigung. Dieses wurde aber von der Frau nicht angenommen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: AG München, Urteil vom 26.1.2023, 191 C 1446/22

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Haften das Schwimmbad und die Hersteller einer Wasserrutsche für gesundheitliche Schäden, wenn die Rutsche entgegen der Nutzungshinweise falsch verwendet wird? Dazu hat das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg eine klare Meinung.

Querschnittslähmung nach Nutzen der Wasserrutsche

Was als schöner Badeausflug mit der ganzen Familie geplant war, endete für einen 37-jährigen Mann tragisch: Er rutschte in Bauchlage, mit dem Kopf und den ausgestreckten Armen voran, eine Wasserrutsche hinunter. Im Wasser glitt er weiter und prallte mit dem Kopf gegen die Beckenwand. Im Krankenhaus wurde anschließend eine Querschnittslähmung diagnostiziert. Vor dem Treppenaufgang und im Startbereich der Rutsche waren jeweils ein Hinweisschild mit den zulässigen Rutschpositionen sowie an den Rutschen selbst Piktogramme angebracht, mit denen die Rutschhaltung „Kopf voran in Bauchlage“ untersagt wurde.

„Mit dem Kopf voran“: Rutschhaltung war untersagt

Der Mann verklagte unter anderem die Herstellerin der Wasserrutsche, die Betreiberin des Schwimmbads und die Inspektoren der Wasserrutsche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 335.000 Euro, weil die Wasserrutsche nicht hinreichend sicher gewesen sei. Das Landgericht (LG) Oldenburg wies die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, bei einer Wasserrutsche müsse nicht gewährleistet sein, dass eine Gefährdung auch bei unzulässiger Rutschhaltung des Benutzers ausgeschlossen sei. Gegen dieses Urteil legte der Kläger Berufung ein.

Oberlandesgericht: Mitverschulden zu berücksichtigen

Das OLG hat das erstinstanzliche Urteil des LG nun zum Teil geändert. Dem Kläger stehe dem Grunde nach ein Schadenersatzanspruch gegenüber der Betreiberin des Schwimmbads und der Herstellerin der Wasserrutsche zu. Er müsse sich jedoch ein Mitverschulden in Höhe von 50 % gegenüber der Herstellerin der Wasserrutsche und ein Mitverschulden in Höhe von 40 % gegenüber der Schwimmbadbetreiberin anrechnen lassen, weil er die Hinweisschilder und die Piktogramme zur korrekten Rutschhaltung missachtet habe.

Wasserrutsche hatte zu geringen Abstand zwischen Beckenrand und Rutschende

Die Wasserrutsche hätte so konzipiert sein müssen, dass nicht nur bei bestimmungsgemäßem Gebrauch, sondern auch bei vorhersehbarem Fehlgebrauch, wie es in Schwimmbädern regelmäßig vorkomme, keine schwersten irreversiblen Verletzungen drohten. Auch wenn sich der Kläger den Hinweisschildern verschlossen habe, dürfe er als Benutzer einer Wasserrutsche in einem Spaßbad davon ausgehen, dass das Rutschende so konzipiert ist, dass ein Aufprall an der gegenüberliegenden Beckenwand auch bei Nutzung der Rutsche in Bauchlage ausgeschlossen ist. Ein Hinweisschild und Piktogramme zu verbotenen Rutschpraktiken seien keine ausreichende Maßnahme zur Gefahrenabwehr, wenn schwerste Verletzungen drohten. Der Gefahr des Kopfanstoßes hätte bereits bei Planung der Wasserrutsche durch einen größeren Abstand zwischen Beckenrand und Rutschende entgegengewirkt werden müssen.

Quelle: OLG Oldenburg, Urteil vom 26.3.2025, 14 U 49/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Nach den Vorgaben des Finanzkonten-Informationsaustauschgesetzes (FKAustG) werden Informationen über Finanzkonten in Steuersachen zwischen dem Bundeszentralamt für Steuern und der zuständigen Behörde des jeweils anderen Staates automatisch ausgetauscht. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun die Staatenaustauschliste 2025 bekannt gegeben. Enthalten sind die Staaten, mit denen der automatische Datenaustausch zum 30.9.2025 erfolgt. Weitere Informationen zum Informationsaustausch erhalten Sie u. a. auf der Website des Bundeszentralamts für Steuern (abrufbar unter www.iww.de/s2991).

Quelle: BMF-Schreiben vom 3.6.2025, IV D 3 – S 1315/00304/070/025

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Wer seine SMS-Tan grob fahrlässig an Dritte weitergibt, hat keinen Anspruch auf Rückzahlung abgebuchter Kreditkartenbeträge. So entschied es das Amtsgericht (AG) München.

Das war geschehen

Der Ehemann der Klägerin wollte am Samstag, den 6.1.2024 für seine Ehefrau und sich eine Reise im Internet buchen. Hierzu gab er auf der Website „Check24“ die Daten der Kreditkarte seiner Ehefrau ein. Kurz darauf erschien eine Mitteilung, dass ein Betrag in Höhe von 318,99 Euro vorgemerkt sei, ehe weitere Mitteilungen über vergleichbare Vormerkungen erschienen. Die Klägerin veranlasste noch am selben Abend telefonisch die Sperrung der Kreditkarte. Am Montag, den 8.1.2024 sind sechs unberechtigte Abbuchungen zu je 318,99 Euro für Giftcards vom Konto der Klägerin erfolgt, insgesamt 1.953,29 Euro.

Zur Autorisierung der Transaktionen fand das Mastercard 3D-Secure-Verfahren Anwendung. Zur Aktivierung dieses Verfahrens auf einem weiteren Gerät übersandte die beklagte Bank am 6.1.2024 eine SMS-TAN an die von der Klägerin bei der Beklagten hinterlegte Mobilfunknummer. Die an die Klägerin versandte SMS-TAN wurde dann auf dem weiteren mobilen Endgerät, auf dem auch die Banking-App freigeschaltet wurde, am 6.1.2024 eingegeben und damit das Secure-Verfahren aktiviert.

Die Klägerin behauptete, dass sie diese Abbuchungen nicht autorisiert habe. Bei der Buchung sei sie nicht nach PIN oder Passwort gefragt worden, sie habe auch nirgendwo eine SMS-Tan eingegeben. Es sei nicht erkannt worden, dass es sich möglicherweise um eine „Fake“-Website handelte.

Die beklagte Bank ging davon aus, dass die Frau die SMS-Tan an einen Dritten weitergegeben haben muss, da eine Freigabe der Buchungen anders technisch nicht möglich gewesen sei und verweigerte die Zahlung. Die Klägerin verklagte die Bank daher vor dem AG auf Rückzahlung der 1.953,29 Euro.

So sah das Amtsgericht den Sachverhalt

Das AG wies die Klage ab. Das Gericht ging zwar davon aus, dass die Abbuchungen nicht von der Klägerin autorisiert waren, sondern von Dritten getätigt wurden. Aufgrund der Beweisaufnahme war das Gericht jedoch davon überzeugt, dass die Klägerin die SMS-Tan grob fahrlässig an Dritte weitergegeben haben muss, weshalb ein Schadenersatzanspruch der Bank gegen die Klägerin in gleicher Höhe bestehe, mit dem die Bank aufgerechnet habe.

Das AG: Der Vortrag der Bank, dass diese in ihren Systemen feststellen konnte, dass das Mastercard 3D-Secure Verfahren per Banking App für die Kreditkarte der Klägerin am 6.1.2024 um 13:30 Uhr aktiviert wurde, und zur Aktivierung dieses Verfahrens auf dem neuen Gerät eine SMS-TAN an die im Vertrag hinterlegte Mobilfunknummer der Klägerin versandt wurde, wurde durch Inaugenscheinnahme des Mobiltelefons der Klägerin bestätigt. Dort befindet sich eine SMS vom 6.1.2024 13:29 Uhr mit dem Inhalt: „… ist Ihre TAN für die Aktivierung von Mastercard Identity Check vom 6.1.2024 13:44 Uhr.“ Der Eingang der SMS um 3:29 Uhr war im eingesehenen Nachrichtenverlauf um 13:29 Uhr dokumentiert und wird auch durch das vorgelegte IT-Protokoll belegt. Der Vortrag der Klägerin, keine SMS-TAN erhalten zu haben und dass ihr Mobiltelefon nicht in die Freigabe involviert war, erwies sich damit als widerlegt.

SMS-Tan war unzweifelhaft eingegeben worden

Die Bank hat unbestritten vorgetragen, dass aufgrund der manuellen Eingabe einer an die Mobilfunknummer der Klägerin versandten SMS-Tan ein Fremdzugriff technisch ausgeschlossen ist. Es wurde ein neues Gerät im Online-Banking der Klägerin als Freigabeinstrument im Rahmen des 2-Faktor-Authentifizierungsverfahrens hinterlegt. Hierzu war – technisch zwingend – die Eingabe der SMS-Tan erforderlich. Das Gericht ist daher davon überzeugt, dass die Klägerin durch Preisgabe der SMS-Tan Dritten eine Registrierung eines Geräts ermöglicht hat, wobei die Preisgabe persönlicher Sicherheitsmerkmale an Dritte gemäß den vertraglichen Bestimmungen untersagt war.

Verhalten der Klägerin war grob fahrlässig

Das Verhalten der Klägerin bewertet das Gericht als grob fahrlässig. Es ist eine Sache, wenn man seine Kreditkartendaten offenbart. Diese werden bei jeder Verwendung offenbart und können auch von der Karte abgelesen werden.

Die Weitergabe eines im Rahmen einer Zwei-Faktor-Autorisierung erhaltenden Zugangscodes kann nicht damit gleichgesetzt werden. Mit dieser Weitergabe hilft der Nutzer, die Sicherheitsarchitektur grundlegend auszuhebeln. Es muss jedem verständigen Nutzer solcher Kreditkarten klar sein, welches Risiko er mit der Weitergabe derartiger Daten schafft. Die Klägerin mag dies nicht bewusst getan haben und es mag auch nicht erinnerlich sein. Indessen lässt sich der Vorgang plausibel nicht anders erklären.

Quelle: AG München, Urteil vom 8.1.2025, 271 C 16677/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Die Betreiberin des öffentlichen S-Bahn-Netzes in Berlin ist nach der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) nicht dazu verpflichtet, Fahrgästen eine Kopie der Videoaufnahmen über ihre Fahrt in der S-Bahn herauszugeben. So sieht es das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg.

Fahrgast verlangte Videoaufnahmen von sich heraus

Ein Fahrgast beantragte bei der Klägerin, der S-Bahn Berlin GmbH, die Herausgabe einer Kopie der Videoaufnahmen seiner Fahrt mit der S-Bahn unter Berufung auf das in der DS-GVO vorgesehene Auskunftsrecht (Art. 15 Abs. 3 DS-GVO). Die Klägerin verweigerte dies mit Hinweis auf ihr Datenschutzkonzept, das sie mit der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit abgestimmt hatte. Dieses sieht vor, dass die Videoaufnahmen seitens der Klägerin nicht selbst eingesehen werden können und nur bei Auskunftsanfragen der Strafverfolgungsbehörden an diese herausgegeben werden. Im Übrigen erfolgt eine Löschung durch fortlaufende Überschreibung nach 48 Stunden.

Oberverwaltungsgericht lehnt Anspruch ab

Nach Auffassung des OVG handelt es sich bei den Videoaufnahmen um die Verarbeitung personenbezogener Daten. Dennoch durfte die Klägerin die Herausgabe angesichts ihres Datenschutzkonzeptes verweigern. Dieses verfolgt gerade das Ziel, den Wertungen der DS-GVO und den Persönlichkeitsrechten der Fahrgäste in größtmöglichem Umfang Rechnung zu tragen. Demgegenüber musste das Interesse des Beigeladenen am Erhalt gerade der Videoaufzeichnung zurücktreten, nachdem er bereits auf sein Gesuch hin von der Klägerin (gem. Art. 15 Abs. 1 DS-GVO) über die Art und Weise sowie Dauer der Datenspeicherung informiert worden war.

Quelle: OVG Berlin, Urteil vom 13.3.2025, OVG 12 B 14/23

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden: Ein zur Nichtigkeit der entsprechenden Vereinbarung führender Verstoß gegen den im Bürgerlichen Gesetzbuch (hier: § 656d BGB) geregelten Grundsatz der hälftigen Teilung des Maklerlohns liegt vor, wenn ein Makler allein für den Verkäufer einer Immobilie tätig geworden ist und der Käufer zur Zahlung des vollen Honorars an den Makler verpflichtet wird.

Das war geschehen

Die Kläger erwarben ein mit einer Doppelhaushälfte bebautes Grundstück. Mit der Vermittlung des Verkaufs hatte die Verkäuferin das beklagte Maklerunternehmen beauftragt. Für die Vermittlung der Immobilie entstand zugunsten der Beklagten gegenüber der Verkäuferin ein Maklerlohnanspruch in Höhe von 25.000 Euro. Der im Exposé zunächst vorgesehene Kaufpreis wurde um einen Betrag in dieser Höhe reduziert. Zugleich verpflichteten sich die Kläger gegenüber der Beklagten zur Zahlung eines Honorars in gleicher Höhe, das sie nach notarieller Beurkundung des Kaufvertrags bezahlten. Eine Maklerlohnzahlung durch die Verkäuferin erfolgte nicht. Die Kläger verlangten die Rückzahlung des geleisteten Betrags.

So sieht es der Bundesgerichtshof

Der BGH: § 656d BGB ist nicht nur auf Vereinbarungen der Parteien des Kaufvertrags über eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus untereinander anwendbar, sondern erfasst jegliche Art einer vertraglichen Vereinbarung, durch die unmittelbar oder mittelbar ein Anspruch des Maklers auf Zahlung oder Erstattung von Maklerlohn gegenüber der Partei des Kaufvertrags begründet wird, die nicht Partei des Maklervertrags ist. Umfasst sind daher auch alle auf eine Verpflichtung zur Zahlung oder Erstattung des Maklerlohns gerichteten Vereinbarungen des Maklers mit der Partei des Kaufvertrags, die nicht Partei des Maklervertrags ist.

Der Anwendbarkeit des § 656d BGB steht es deshalb auch nicht entgegen, dass die Verkäuferin der Immobilie von der Pflicht, den vereinbarten Maklerlohn zu entrichten, gegenüber der Beklagten nicht entbunden war. Da die Käufer im Innenverhältnis zur Verkäuferin verpflichtet waren, den Maklerlohn in voller Höhe zu bezahlen, blieb die Verkäuferin als die Partei, die den Maklervertrag abgeschlossen hat, nicht zur Zahlung des Maklerlohns mindestens in gleicher Höhe verpflichtet.

Gesamtnichtigkeit der Vereinbarung

Der Verstoß gegen § 656d BGB führt zur Gesamtnichtigkeit einer entsprechenden Vereinbarung. Die Kläger können von der Beklagten die Rückzahlung des Maklerlohns in voller Höhe verlangen.

Quelle: BGH, Urteil vom 6.3.2025, I ZR 138/24, PM 45/25

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Legt beim Gebrauchtwagenkauf der Verkäufer den Fahrzeugbrief vor, kann sich der Käufer normalerweise darauf verlassen, dass er es auch tatsächlich mit dem Eigentümer und nicht mit einem Betrüger zu tun hat. Dieses Vertrauen kann aber erschüttert sein, wenn die Umstände des Verkaufs trotzdem Verdacht erregen müssen. Dann muss der Käufer im Betrugsfall das Fahrzeug dem wahren Eigentümer zurückgeben und bleibt auf dem gezahlten Kaufpreis als Schaden sitzen. Das hat das Landgericht (LG) Frankenthal (Pfalz) entschieden. Es hat die Klage eines Autokäufers abgewiesen, der auf einen Betrüger hereingefallen war.

Autokäufer war auf Betrüger hereingefallen

Der Käufer hatte den PKW von einem Betrüger für mehr als 35.000 Euro erworben. Kurze Zeit nach dem Kauf beschlagnahmte die Polizei das Fahrzeug und gab es dem ursprünglichen Eigentümer zurück. Dieser verkaufte es anschließend für knapp 49.000 Euro weiter.

Den Kaufpreis reklamierte der betrogene Käufer für sich. Er sei trotz des Betrugs Eigentümer des Fahrzeugs geworden. Er sei im Internet auf das Fahrzeug gestoßen und habe sich im Saarland zur Besichtigung verabredet. Auf dem Weg dorthin habe er die Mitteilung erhalten, dass das Kind des Verkäufers einen Treppensturz erlitten habe und in einem Krankenhaus in Frankreich liege. Dorthin sei er nun umgeleitet worden, wo der Kauf auf dem Parkplatz durch Barzahlung auch abgewickelt worden sei. Der Betrüger habe einen vermeintlich echten Fahrzeugbrief und einen belgischen Aufenthaltstitel vorgelegt. Er habe deshalb daran glauben dürfen, dass das Fahrzeug diesem auch gehört habe.

Umstände des Kaufs waren dubios, Zweifel daher angebracht

Dieser Argumentation folgte das LG nicht. Der Käufer habe trotz Vorlage des scheinbar echten Fahrzeugbriefs grob fahrlässig gehandelt und das Fahrzeug daher nicht gutgläubig erworben. Denn die Umstände des Verkaufs hätten beim Käufer Zweifel erregen müssen, dass er den wahren Eigentümer vor sich hatte. So habe dieser einen belgischen Aufenthaltstitel vorgelegt, obwohl sein im Kaufvertrag genannter Wohnsitz Frankenthal gewesen sei und das Fahrzeug mit deutschem Kennzeichen zugelassen war.

Kurzfristige Verlegung der Übergabe ins Ausland

Auffällig sei ferner, dass der Verkäufer ursprünglich als Treffpunkt das vom angegebenen Wohnort abweichende Dillingen/Saar genannt habe. Typisch für unlautere Automobilgeschäfte sei auch das Bargeschäft und die kurzfristige telefonische Verlegung des Verkaufsorts an einen fremden und noch dazu im Ausland befindlichen Ort. Nach alledem könne der Käufer dem Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht entgehen und habe den Schaden selbst zu tragen, so der Richter.

Quelle: LG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 3.4.2025, 3 O 388/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl