Viele Großeltern wollen für ihre Enkel in Form von Ratenzahlungen auf Sparpläne o. Ä. vorsorgen. Manchmal verarmen sie aber und müssen Sozialleistungen beanspruchen. Dann fragt es sich, ob diese Ratenzahlungen Schenkungen sind, die ein Sozialhilfeträger per Regress zurückfordern kann. Diese Frage hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle jetzt bejaht.

Eine Großmutter hatte für ihre Enkel ab deren Geburt jeweils ein Sparkonto eröffnet. Darauf hatte sie monatliche Beträge eingezahlt. Als sie in eine Pflegeeinrichtung zog, musste sie Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen. Das Sozialamt verlangte daraufhin von den Enkeln die gezahlten Sparraten der letzten zehn Jahre zurück.

Das OLG Celle verurteilte die Enkel entsprechend. Seine Begründung: Die Großmutter zahlte freigebig und im beiderseitigen Bewusstsein, dass dies unentgeltlich geschah. Daher stellten die Zahlungen Schenkungen dar. Daran ändert auch nichts, dass sich die Großmutter durch ihre Großzügigkeit ggf. erhofft hat, ihre Enkel würden ihr eine gewisse Anerkennung zukommen lassen. Folge: Die Schenkungen konnten Gegenstand einer Rückforderung im Wege des Sozialhilferegresses sein. Dem konnte nur entgegenstehen, dass es sich um eine Pflicht- oder Anstandsschenkung handelte. Beides lehnte das OLG hier aber ab.

Quelle: OLG Celle, Urteil vom 13.2.2020, 6 U 76/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt entschieden: Ein Beschluss über eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums muss mit einfacher Mehrheit gefasst werden. Dabei sind auch die nicht beeinträchtigten Eigentümer stimmberechtigt. Daneben muss ggf. die Zustimmung der Eigentümer vorliegen, die über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden.

Interessant sind auch die Ausführungen des BGH zu den Verwalterpflichten und zur Verwalterhaftung. Danach gilt: Der Versammlungsleiter handelt nicht pflichtwidrig, wenn er einen mit einfacher Mehrheit gefassten Beschluss über die bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums als zustande gekommen verkündet, obwohl nicht alle Eigentümer zugestimmt haben, die über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden.

Der Verwalter muss in Vorbereitung einer Beschlussfassung über die bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums prüfen, ob einzelne Wohnungseigentümer (und ggf. welche) ihre Zustimmung erteilen müssen, und er muss die Eigentümerversammlung vor der Beschlussfassung über das Ergebnis seiner Prüfung informieren und ggf. auf ein bestehendes Anfechtungsrisiko hinweisen. Klärt der Verwalter die Eigentümerversammlung vor einer solchen Beschlussfassung nicht in gebotener Weise über ein bestehendes Zustimmungserfordernis auf, handelt er pflichtwidrig. Einen Rechtsirrtum muss er aber nur dann vertreten, wenn seine Einschätzung offenkundig falsch ist.

Ist der Verwalter der Auffassung, dass die erforderliche Zustimmung einzelner Eigentümer fehlt, und hat er deshalb Bedenken gegen die Verkündung eines auf eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums gerichteten Beschlusses, für den sich eine einfache Mehrheit ausgesprochen hat, kann er, statt das Zustandekommen des Beschlusses zu verkünden, eine Weisung der Wohnungseigentümer im Wege eines Geschäftsordnungsbeschlusses einholen.

Quelle: BGH, Urteil vom 29.5.2020, V ZR 141/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Für Arbeitsverhältnisse, die ausschließlich in einem privaten Haushalt durchzuführen sind, gelten keine verlängerten Kündigungsfristen. So entschied es aktuell das Bundesarbeitsgericht (BAG)
Der Wortlaut des einschlägigen Gesetzes (§ 622 Abs. 2 BGB) besagt, dass verlängerte Kündigungsfristen gelten, wenn das Arbeitsverhältnis „in dem Betrieb oder Unternehmen“ für eine bestimmte Zeit bestanden hat. Damit sind Arbeitsverhältnisse ausgenommen, die – wie im Streitfall vorliegend eine Haushaltshilfe – ausschließlich in einem privaten Haushalt durchzuführen sind.

Quelle: BAG, Urteil vom 11.6.20, 2 AZR 660/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Architekten oder Ingenieure müssen im Streitfall beweisen, dass sie mit den Leistungen beauftragt worden sind, die sie abrechnen wollen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat daher einem Planungsbüro für seine Leistungen bei der Planung einer Biogasanlage das „Nachkarten“ verwehrt.

Der Planer hatte die vollen Prozentsätze der vertragsgegenständlichen Leistungsphasen geltend gemacht. Der Auftraggeber hatte das moniert. Er habe dem Planer nur Teilleistungen aus den betreffenden Leistungsphasen übertragen. Der Planer konnte das letztlich nicht widerlegen. Denn auch der bauausführende Generalunternehmer hatte wesentliche Planungsleistungen erbracht. Seine Honorarklage scheiterte daher.

Einer solchen nachteiligen Situation können Planer entgehen, wenn sie schriftlich (möglichst schon im Planungsvertrag) festhalten, welche Leistungen sie konkret erbringen müssen. Manchmal ist das nicht vollständig möglich. Dann müssen Planer die Dokumentation unverzüglich im Rahmen des Schriftverkehrs nachholen (kaufmännische Bestätigungsschreiben).

Quelle: BGH, Urteil vom 14.5.2020, VII ZR 205/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht

Das Landgericht (LG) Hechingen hat bestätigt: Fährt der Beschuldigte mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,01 Promille und deutlich überhöhter Geschwindigkeit, kann ihm die Fahrerlaubnis vorläufig zu entziehen sein.

Dem LG hat aber die deutlich überhöhte Geschwindigkeit nicht gereicht, um eine relative Fahruntüchtigkeit anzunehmen. Denn die Angabe beruhte lediglich auf Schätzungen der Polizeibeamten. Es hat auch berücksichtigt, dass der Beschuldigte spät nachts eine zu dieser Zeit wenig befahrene Strecke befuhr und sich auf dem Heimweg befand. Dies verleitet zwar regelmäßig auch nüchterne Straßenverkehrsteilnehmer zu der fälschlichen Annahme, sich über die geltenden Geschwindigkeitsbegrenzungen hinwegsetzen zu dürfen.
Es lagen aber weitere Auffälligkeiten vor, die nach Auffassung des LG die (vorläufige) Entziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigen:

• Der Beschuldigte hatte innerorts mehrere Kreuzungen überquert, ohne seine Geschwindigkeit zu verlangsamen, obwohl er einem potenziell von rechts kommenden Verkehrsteilnehmer Vorfahrt hätte gewähren müssen.
• Bei der Verkehrskontrolle hatte er seinen Führerschein mit dem Personalausweis verwechselt.
• Er hatte mit einer „leicht verwaschenen Aussprache“ gesprochen und zudem beim Stehen leicht geschwankt.

Quelle: LG Hechingen, Beschluss vom 22.6.2020, 3 Qs 45/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Verkehrsrecht

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe sieht derzeit keine gesicherten naturwissenschaftlichen Erkenntnisse dafür, dass Fahrer von „Pedelecs“ mit einer Begrenzung der motorunterstützten Geschwindigkeit auf 25 km/h bereits unterhalb der für Fahrradfahrer geltenden Grenze von 1,6 Promille Blutalkoholkonzentration absolut fahruntüchtig sind. Die vom Bundesgerichtshof festgelegte Grenze, wonach der Führer eines Kfz bereits von einem Blutalkoholgehalt von 1,1 Promille an unwiderleglich fahruntüchtig und wegen Trunkenheit im Verkehr zu bestrafen ist, ist daher auf solche „Pedelecs“ nicht anzuwenden.

Im Fall des OLG war der Fahrer eines „Pedelecs“ mit einer auf seinen Fahrweg einbiegenden Fahrradfahrerin kollidiert, die seine Vorfahrt missachtet hatte. Dabei hatte er 1,59 Promille im Blut.

Die Beweise reichten nicht für die einzelfallbezogene Feststellung aus, dass der Angeklagte deshalb alkoholbedingt nicht mehr zum Führen des Fahrzeugs in der Lage war. Eine Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr unter dem Gesichtspunkt der relativen Fahruntüchtigkeit (Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,3 Promille bei Hinzutreten alkoholtypischer Ausfallerscheinungen) kommt deshalb nicht in Betracht. Eine Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG (Führen eines Kraftfahrzeugs mit mindestens 0,25 Milligramm je Liter Alkohol in der Atemluft oder mindestens 0,5 Promille Alkohol im Blut) liegt ebenfalls nicht vor, weil handelsübliche „Pedelecs“ mit einer Begrenzung der motorunterstützten Geschwindigkeit auf 25 km/h keine Kraftfahrzeuge im Sinne des Straßenverkehrsrechts sind (§ 1 Abs. 3 StVG).

Beachten Sie Das Amtsgericht Staufen und das LG Freiburg haben den Angeklagten freigesprochen. Gegen das freisprechende Urteil des LG hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt, die jetzt dem OLG Karlsruhe zur Entscheidung vorliegt. Dieses hat aber noch nicht endgültig entschieden, da die Beteiligten noch Gelegenheit zur Stellungnahme haben. Das OLG hat den die Sach- und Rechtslage daher nur vorläufig beurteilt.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14.7.2020, 2 Rv 35 Ss 175/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Verkehrsrecht

Die Kundin eines Baumarkts, die im Gartenbereich des Markts über einen am Boden liegenden Gartenschlauch stürzt, kann kein Schmerzensgeld vom Baumarktbetreiber verlangen.

So hat es jetzt das Amtsgericht (AG) München gesehen. Und so argumentiert das AG: Verfängt sich ein Kunde im Gartenschlauch, weil eine Angestellte daran zieht, während der Kunde diesen übersteigen will, fällt dies unter das allgemeine Lebensrisiko. Es kann vom Gartencenter im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht nicht erwartet werden, dass es den Schlauch während der Bewässerung von Blumen sichert. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle: AG München, Urteil vom 9.10.2019, 122 C 9106/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig hat jetzt entschieden: Die Flugreise eines getrenntlebenden Elternteils mit den gemeinsamen Kindern in Zeiten der Corona-Pandemie ist keine Angelegenheit des täglichen Lebens mehr. Folge: Sie bedarf der Zustimmung des anderen mitsorgeberechtigten Elternteils.

Die Mutter hatte in den Sommerferien eine Flugreise nach Mallorca mit den beiden gemeinsamen Kindern gebucht. Der Vater war damit nicht einverstanden.

Zwar kann über Auslandsreisen, auch mit dem Flugzeug, grundsätzlich der jeweils betreuende Elternteil allein entscheiden, wenn die Reise nicht mit Nachteilen bzw. Gefahren für das Kind verbunden ist. Daher boten bislang Flugreisen in das europäische Ausland wenig Anlass für Streitigkeiten.

Anders ist dies aber, so nun das OLG, in den Zeiten der Corona-Pandemie: Auch wenn keine Reisewarnung für das Urlaubsziel bestehe, führe die Ausbreitung von COVID-19 weiterhin zu Einschränkungen im internationalen Luft- und Reiseverkehr und Beeinträchtigungen des öffentlichen Lebens. Hinzu komme, dass nach wie vor die Lockerungen der Beschränkungen nur auf Probe erfolgt seien und keine Planungsverlässlichkeit bezüglich eines gebuchten Rückflugs gewährleistet sei. Wenn es erneut zu staatlich notwendigen Reaktionen auf Ausbrüche des Virus komme, bestehe die Gefahr längerer Quarantänen oder eines Festsitzens im Ausland. Das könne zu einer erheblichen Belastung für das seelische Wohlbefinden eines Kindes führen. Überdies gebe es weiterhin Unsicherheiten über die Infektionswege des Coronavirus, weshalb auch nicht geklärt sei, welche konkrete, gegebenenfalls erhöhte Ansteckungsgefahr im Zusammenhang mit Flugreisen beständen. Eine Flugreise ins Ausland müsse daher durch beide sorgeberechtigten Elternteile gemeinsam entschieden werden.

Können sich die Eltern nicht einigen, kann das Familiengericht auf Antrag einem Elternteil die Entscheidungsbefugnis darüber übertragen. Dabei muss sich das Familiengericht an dem Kindeswohl im konkreten Einzelfall orientieren und die Entscheidungsbefugnis auf den Elternteil übertragen, dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes besser gerecht wird.

Quelle: OLG Braunschweig, Pressemitteilung vom 3.8.2020, Urteil vom 30.7.2020, 2 UF 88/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der gesetzliche Mindestlohn (derzeit 9,35 EUR brutto je Zeitstunde) soll nach der Empfehlung der Mindestlohnkommission ab 2021 stufenweise erhöht werden, um den Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu verbessern.
In die Mindestlohnfindung fließen Daten von tariflichen Stundenverdiensten ohne Sonderzahlungen aus dem Tarifindex des Statistischen Bundesamts ein. Die Kommission hat darauf Wert gelegt, Lohnkostensteigerungen für die betroffenen Betriebe vor dem Hintergrund der gegenwärtigen wirtschaftlichen Krise tragfähig zu gestalten.

Der gesetzliche Mindestlohn soll demnach wie folgt steigen:

• zum 1.1.2021 auf 9,50 EUR
• zum 1.7.2021 auf 9,60 EUR
• zum 1.1.2022 auf 9,82 EUR
• zum 1.7.2022 auf 10,45 EUR

Beachten Sie Die Bundesregierung muss die Erhöhung noch per Rechtsverordnung umsetzen.

Quelle: Mindestlohnkommission, Dritter Beschluss vom 30.6.2020

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Auch wenn der Mieter schwer erkrankt ist, rechtfertigt dies keine fristlose Kündigung des Gewerbemietraumvertrags. Das hat jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Rostock klargestellt.

Die Mietvertragsparteien können außerordentlich fristlos kündigen, wenn ein „wichtiger“ Grund vorliegt. Dieser ist nach dem Gesetz gegeben, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Die Störung des Vertragsverhältnisses, die den wichtigen Grund darstellen soll, muss regelmäßig aus dem Bereich des Kündigungsempfängers (hier also des Vermieters) herrühren. Daher wird der Mieter nicht dadurch von seiner Pflicht zur Mietzahlung frei, dass er durch einen in seiner Person liegenden Grund – wozu sein Gesundheitszustand zählt – an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird.

Quelle OLG Rostock, Urteil vom 9.7.2020, 3 U 79/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht