Für einen Unterhaltsschuldner ist es gefährlich, von sich aus einseitig eine Jugendamtsurkunde erstellen zu lassen, mit der er sich zu Unterhaltszahlungen in einer bestimmten Höhe verpflichtet.

Dieser einseitigen Ausfertigung liege nämlich nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) keine Geschäftsgrundlage zugrunde, deren Wegfall oder Änderung dargelegt werden müsse. Eine einseitig erstellte Jugendamtsurkunde führe vielmehr regelmäßig zu einem Schuldanerkenntnis. Wolle der Unterhaltsschuldner seine Unterhaltspflicht später herabsetzen, müsse die Bindungswirkung dieses Schuldanerkenntnisses beachtet werden. Als Folge könne sich der Unterhaltspflichtige nicht in jedem Fall von seinem einseitigen Unterhaltsanerkenntnis lösen. Er müsse vielmehr nachweisen, dass eine nachträgliche Änderung der tatsächlichen Umstände, des Gesetzes oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung eingetreten sei, die sich auf die Höhe seiner Unterhaltspflicht auswirken würde (BGH, XII ZR 70/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Beschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft kann auch angefochten werden, wenn die zugrunde liegende Abrechnung nur einen geringen Fehler zulasten des anfechtenden Wohnungseigentümers enthält.

Mit dieser Entscheidung stärkte das Oberlandesgericht (OLG) München die Rechte der einzelnen Wohnungseigentümer. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die Möglichkeit der Beschlussanfechtung nicht nur dem persönlichen Interesse des Anfechtenden diene. Es komme vielmehr vor allem auf das Interesse der Gemeinschaft aller Wohnungseigentümer an einer ordnungsgemäßen Verwaltung an. Aus diesem Grunde sei nicht auf die Höhe des Abrechnungsfehlers abzustellen oder auf das Einzelinteresse eines Wohnungseigentümers. Es müsse zudem berücksichtigt werden, dass nicht mehr hinnehmbare Verzerrungen entstünden, wenn bestimmte „Minimalbeträge“ hingenommen werden müssten. In einem solchen Fall würde die Anfechtungsbefugnis des Wohnungseigentümers davon abhängig gemacht, in welcher Höhe er fehlerhaft mit Kosten belastet werde (OLG München, 32 Wx 1/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wird ein als Kälberstall genehmigtes Gebäude teilweise zur Schweinemast genutzt, kann dies von der zuständigen Behörde mit sofortiger Wirkung verboten werden.

Das musste sich ein Landwirt vor dem Verwaltungsgericht (VG) Münster sagen lassen. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass anderenfalls ein Anreiz bestehe, nicht zugelassene Nutzungen bis zum Eintritt der Bestandskraft einer behördlichen Ordnungsverfügung aufzunehmen und auch fortzuführen. Wegen der sonst aufschiebenden Wirkung der Klage und einer in der Regel langen Prozessdauer könnte die illegale Nutzung so möglicherweise über Jahre betrieben werden. Das würde nicht nur die Ordnungsfunktion des Bauaufsichtsrechts entwerten. Es würde auch den gesetzestreuen Bürger, der sich an die Genehmigungsvorschriften halte, gegenüber dem rechtswidrig Handelnden ungerechtfertigt benachteiligen (VG Münster, 2 K 221/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wird anstelle des Schwerbehindertenausweises nur eine Kopie hiervon sichtbar im Fahrzeug ausgelegt, darf das auf einem Behindertenparkplatz stehende Fahrzeug abgeschleppt werden.

Auf diese – für manchen Verkehrsteilnehmer überraschende – Rechtslage wies das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf hin. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass eine Kopie die straßenverkehrsrechtlichen Voraussetzungen an eine ordnungsgemäße Ausweisung nicht erfülle. Hier könne Missbrauch getrieben werden, indem ein ausgestellter Schwerbehindertenparkausweis zeitgleich mehrfach verwendet werde. Dies müsse verhindert werden. Daher müsse stets das Original des Ausweises ausgelegt werden (VG Düsseldorf, 14 K 504/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine Einigung vor Gericht kann den zerstrittenen Parteien oft viel Geld sparen.

Das zeigt ein Fall vor dem Amtsgericht (AG) München. Dort hatte die Inhaberin eines Lokals gegen eine ehemalige Stammkundin geklagt. Sie warf ihr vor, konsumierte Getränke bislang nicht bezahlt zu haben. Eben weil sie Stammkundin sei, habe sie nicht immer gleich zahlen müssen, sondern man habe ihre Getränkekosten auf Bierdeckeln notiert. Jetzt seien 136 EUR aufgelaufen, die wolle man erstattet bekommen. Die Kundin wollte allenfalls 96 EUR bezahlen. 136 EUR seien nie im Leben angefallen. Bierdeckel seien auch leicht zu verfälschen, schließlich befänden sich nur Striche und keine Beträge darauf. Deshalb seien sie auch kein geeignetes Beweismittel. Ein Strich bedeute ein Bier zum Preis von 2,20 EUR, konterte die Klägerin. Das wisse die Kundin auch und natürlich habe man nichts verfälscht.

Nachdem Bierdeckel tatsächlich nicht sehr aussagekräftig sind, vernahm die zuständige Richterin die Parteien sowie drei Zeugen. Nach der Beweisaufnahme einigten sich die Parteien darauf, dass die Kundin 112 EUR bezahlt. Die Verfahrenskosten betragen in einem solchen Fall etwa 255 EUR. Die Zeugen hatten auf ihre Auslagenentschädigung verzichtet, sonst wären deren Kosten noch hinzugekommen.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bei der Bestellung eines Beauftragten für den Datenschutz nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) muss ein Arbeitgeber sehr weitsichtig planen. Er kann die Bestellung nämlich nur unter sehr engen Voraussetzungen widerrufen.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in diesem Zusammenhang klargestellt, dass der Beauftragte für den Datenschutz unter einem besonderen Abberufungsschutz stehe. Dies solle seine Unabhängigkeit und die weisungsfreie Ausübung des Amts stärken. Daher sei eine Abberufung nur aus wichtigem Grund möglich, wenn eine Fortsetzung des Rechtsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar sei. Zwar sei der Arbeitgeber bei der erstmaligen Bestellung frei, ob er einen internen oder externen Datenschutzbeauftragten bestelle. Habe er einen Internen bestellt, könne er aber die Bestellung nicht allein mit der Begründung widerrufen, er wolle jetzt einen Externen mit dieser Aufgabe beauftragen. Allein in einer solchen Organisationsentscheidung liege kein wichtiger Grund (BAG, 10 AZR 562/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ist das Amt eines Testamentsvollstreckers beendet, kann er nicht beantragen, seinen Amtsnachfolger zu entlassen, weil dieser gegen ihn die Zwangsvollstreckung wegen zu Unrecht aus dem Nachlass entnommener Geldbeträge betreibt.

Das Oberlandesgericht (OLG) wies daher einen entsprechenden Antrag zurück. Die Richter machten deutlich, dass die erforderliche Antragsberechtigung fehle. Sei das Amt des Testamentsvollstreckers beendet, habe dieser kein rechtliches Interesse daran, von welcher Person und auf welche Weise die Testamentsvollstreckung geführt werde. Erwarte der Antragsteller, dass ein anderer, neu bestellter Testamentsvollstrecker von einer weiteren Zwangsvollstreckung absieht, sei dies lediglich ein rein tatsächliches Interesse. Dieses sei für das erforderliche Antragsrecht jedoch nicht ausreichend (OLG München, 31 Wx 73/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Missbrauch von Bonuspunkten durch einen Mitarbeiter kann nicht immer ohne Abmahnung zum Ausspruch einer außerordentlichen oder ordentlichen Kündigung berechtigen.

Mit dieser Begründung gab das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen der Kündigungsschutzklage eines Tankstellenmitarbeiters statt. Dieser hatte anfallende Bonuspunkte von Kunden (Payback-Karte) auf die Kundenkarte eines Kollegen gebucht. Daraufhin hatte ihm der Arbeitgeber fristlos gekündigt. Der Mitarbeiter erhob Kündigungsschutzklage. Er vertrat die Ansicht, er habe aus Unkenntnis allenfalls einen Fehler gemacht, sich aber nicht in Kenntnis über ein Verbot hinweggesetzt.

Nach Ansicht der Richter war das Verhalten nicht geeignet, die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Zwar liege ein schwerwiegendes Fehlverhalten vor. Zielsetzung von Kundenbindungssystemen sei es, ohne dass es hierbei auf deren nähere Ausgestaltung (Klebemärkchen, elektronische Punktesammlung auf einer Kundenkarte) ankomme, Kunden an das Unternehmen zu binden. Der Kunde solle mittels der durch das Bonussystem erreichbaren Vorteile weitere Umsätze im Unternehmen und nicht bei Konkurrenzunternehmen tätigen. Nur hierfür sei der Arbeitgeber bereit, dem Kunden Vorteile zukommen zu lassen, die für ihn mit finanziellen Belastungen einhergingen. Würden Mitarbeiter hingegen die von Kunden nicht in Anspruch genommenen Punkte für eigene Zwecke sammeln, werde die Absicht des Arbeitgebers unterlaufen. Dies habe der Mitarbeiter auch erkennen können und deshalb die Buchungen auf Karten seines Kollegen unterlassen müssen. Allerdings habe der Arbeitgeber hier nicht nachweisen können, dass er die Mitarbeiter auf die Konsequenzen eines missbräuchlichen Verhaltens im Umgang mit der Kundenkarte hingewiesen habe. Daher sei eine Abmahnung als mildestes Mittel notwendig gewesen, um dem Mitarbeiter die Gelegenheit zu geben, sein Verhalten entsprechend auszurichten. Eine uneinsichtige Fortsetzung des Fehlverhaltens könne nicht angenommen werden. Die Kündigung sei daher unwirksam (LAG Hessen, 2 Sa 422/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Bundesrat hat der Änderung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts zugestimmt, nachdem er zuvor die Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes festgestellt hatte.

In einer begleitenden Entschließung äußert er zudem die Erwartung, dass der Bund den Kommunen die durch das Gesetz entstehenden finanziellen Mehrbelastungen ausgleicht. Die neuen Regelungen sollen Kinder zukünftig besser vor Misshandlungen schützen und Vernachlässigungen unterbinden, indem sie die Praxis der Amtsvormundschaft verbessern. Diese war in der Vergangenheit des Öfteren in die Kritik geraten. Ziel des Gesetzes ist es daher, den persönlichen Kontakt des Vormunds zum Mündel und damit die Personensorge zu stärken. Zudem soll es dazu beitragen, den persönlichen Kontakt zwischen Betreuern und Betreuten besser zu dokumentieren und vom Gericht stärker beaufsichtigen zu lassen. Der Gesetzentwurf sieht im Wesentlichen folgende Punkte vor:

der Vormund soll in der Regel einmal im Monat persönlichen Kontakt mit dem Mündel aufnehmen, der Vormund hat die Pflicht, den Mündel persönlich zu fördern und seine Erziehung zu gewährleisten, die Aufsichtspflichten des Gerichts werden ausgeweitet, die Berichtspflichten gegenüber dem Gericht werden ausgeweitet, das Jugendamt soll den Mündel vor Übertragung der Aufgaben des Vormunds auf einen Mitarbeiter bei der Amtsvormundschaft anhören, ein Amtsvormund soll höchstens 50 Mündel betreuen – und nicht mehr wie bislang bis zu 120 Kinder und unzureichende persönliche Kontakte werden als Grund für die Entlassung des Betreuers im Betreuungsrecht ausdrücklich genannt.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Arbeitsrecht

Die Anweisung an einen Arbeitnehmer, mit asbesthaltigem Material ohne Schutzmaßnahmen zu arbeiten, kann die bewusste Inkaufnahme von Gesundheitsschäden des Arbeitnehmers beinhalten.

So entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Arbeitnehmers, der bei einer Stadt beschäftigt war. Hier war er zunächst als Betreuer für Asylbewerber in einem Asylbewerberheim tätig. Dabei wurde er für mehrere Monate auf Weisung seines zuständigen Abteilungsleiters und des Heimleiters zu Sanierungsarbeiten herangezogen. Nach einem Hinweis darauf, dass bei diesen asbesthaltiger Staub freigesetzt werde, verfügte das Gewerbeaufsichtsamt die Einstellung der Arbeiten. Der Arbeitnehmer ist der Auffassung, die beklagte Stadt habe es grob fahrlässig unterlassen, ihm nötige Mittel des Arbeitsschutzes bereitzustellen. Darin liege angesichts der Erhöhung des Risikos einer Krebserkrankung ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das BAG hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Die Richter verwiesen darauf, dass eine Haftung der beklagten Stadt für mögliche Schäden des Arbeitnehmers aufgrund der Arbeiten mit asbesthaltigen Bauteilen nur unter bestimmten Voraussetzungen bestehe. So müsse der für den Arbeitnehmer zuständige Vorgesetzte ihm die Tätigkeit zugewiesen haben, obwohl ihm bekannt war, dass der Arbeitnehmer damit einer besonderen Asbestbelastung ausgesetzt sei. Zudem müsse er eine Gesundheitsschädigung des Arbeitnehmers zumindest billigend in Kauf genommen haben. Ob diese Voraussetzungen für eine Haftung der beklagten Stadt vorliegen, muss nun das Landesarbeitsgericht aufklären (BAG, 8 AZR 769/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl