auto_paragraphenzeichen_01Kauft der Geschädigte nach einem Unfallschaden einen Neuwagen und setzt sich dessen Preis aus dem Kaufpreis zuzüglich Überführungskosten zusammen, ist im Haftpflichtfall auch die auf die Überführung entfallende Mehrwertsteuer zu erstatten.

So entschied es das Landgericht (LG) Duisburg im Fall eines Unfallgeschädigten, der sein Fahrzeug unrepariert verkaufte. Er rechnete also im ersten Arbeitsgang die Reparaturkosten oder den Wiederbeschaffungswert (WBW) fiktiv ab. Dann kaufte er ein Neufahrzeug. Anschließend verlangte er die aufgewendete Mehrwertsteuer bis zur Höhe der in den Reparaturkosten oder dem WBW enthaltenen Mehrwertsteuer nach.

Die Besonderheit in dem Fall war, dass der Geschädigte einen von vorneherein sehr preiswerten Ersatz gekauft hat, der als Tageszulassung abermals billiger war. Die Mehrwertsteuer aus dem puren Kaufpreis überstieg daher nicht die aus dem WBW. Die Überführungskosten sind im wirtschaftlichen Ergebnis aber ein Teil des Geldes, das für die Ersatzbeschaffung aufgewendet werden musste. Die darin enthaltene Mehrwertsteuer ist also ebenfalls zu erstatten (LG Duisburg, 12 S 153/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Green paragraphDer Versicherungsschutz einer Reiserücktrittsversicherung endet nicht beim Online Check-In, da damit die Reise noch nicht angetreten ist.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Amtsgericht München. Ein Mann hatte eine Flugreise gebucht und gleichzeitig eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen. Am Vormittag des Reisetags nutzte er das Angebot der Fluggesellschaft zum sogenannten Online Check-In. Kurz nachdem er eingecheckt hatte, erkrankte er so schwer, dass er nicht mehr flugfähig war und stornierte den Flug bei der Fluggesellschaft. Nach den Versicherungsbedingungen der Reiserücktrittsversicherung beginnt der Versicherungsschutz mit der Buchung der Reise und er endet mit dem Antritt der Reise. Der Versicherer weigert sich zu zahlen. Er meint, dass mit dem Einchecken die Flugreise angetreten wurde und damit der Versicherungsschutz geendet hat.

Der Richter am Amtsgericht gab jedoch dem Versicherungsnehmer recht: Das klassische Check-In-Verfahren am Flugschalter im Abfertigungsgebäude eines Flughafens diene der Kontrolle von Unterlagen, wie zum Beispiel Pass oder Visum, jedoch vorrangig der Gepäckaufgabe und der Übergabe der Bordkarte. Das Online Check-In-Verfahren diene dagegen maßgeblich den wirtschaftlichen Interessen der Fluggesellschaften. Mit dem Online Check-In erkläre der Reisende der Fluggesellschaft gegenüber nur, dass er beabsichtigt, die vertraglich vereinbarte Beförderung durch die Fluggesellschaft abzurufen. Dieser Zeitpunkt sei aber noch nicht der faktische Reiseantritt. Das Gericht ist der Meinung, dass für den Reiseantritt der Reisende zumindest auch faktisch Leistungen der Fluggesellschaft in Anspruch nehmen müsse, die unmittelbar mit der Beförderung verbunden sind. So nehme ein Reisender mit der Aufgabe von Gepäck am Flughafenschalter eine solche Leistung in Anspruch, da dieses Gepäck zum Zweck der Beförderung in den Frachtraum transportiert wird. Weiterhin könne man von einem Reiseantritt ausgehen, wenn der Reisende unter Vorlage seiner Bordkarte den Flugsteig passiert, um das Flugzeug betreten zu können. Das alles sei beim Online-Check-In noch nicht der Fall (Amtsgericht München, 171 C 18960/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Fotolia_56445380_XS.jpgBehauptet ein Elternteil in einem Sorgerechtsverfahren, die richterliche Anhörung seiner Kinder durch ein verstecktes Tonaufnahmegerät heimlich aufgezeichnet zu haben, muss die Kindesanhörung deswegen nicht unverwertbar sein.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Ehepaars entschieden, das mit dem Jugendamt über die Entziehung der elterlichen Sorge für ihre vier Kinder stritt. In dem Verfahren sind die Eltern, familienpsychologische Sachverständige und – in Abwesenheit der Verfahrensbeteiligten allein durch den Senat – die Kinder angehört worden. Wenige Tage nach der Anhörung hat der die Beschwerde aufrechterhaltende Kindesvater vor Erlass der im Senatstermin in Aussicht gestellten Entscheidung des Senats behauptet, die Aussagen der Kinder durch zuvor heimlich in die Kleidung der Kinder eingesteckte Tonaufnahmegeräte aufgezeichnet zu haben, um so ein Beweismittel für sich zu erlangen.

Das OLG bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung des Familiengerichts. Es sei notwendig, beiden Eltern die elterliche Sorge für ihre Kinder zu entziehen. Dabei sei die Anhörung der Kinder trotz der vom Vater behaupteten heimlichen Aufnahme verwertbar. Den Kindern könne so die Belastung einer erneuten Aussage erspart werden. Die Anhörung entspreche den gesetzlichen Verfahrensvorschriften und verletze keine Rechte der Kindeseltern. Es sei schon nicht glaubhaft, dass der Kindesvater heimlich Tonaufnahmegeräte in der Kleidung der Kinder versteckt und so ihre Aussagen bei der Anhörung aufgezeichnet habe. In der Kleidung der Kinder seien derartige Geräte nach dem Gerichtstermin nicht aufgefallen. Zudem habe der Vater auch dem gerichtlichen Vermerk nicht widersprochen, der den Inhalt der Kindesanhörung zusammenfasse. Selbst wenn er vor der Anhörung Aufnahmegeräte in der Kleidung der Kinder untergebracht haben sollte, hätten diese keine Auswirkungen auf den Ablauf der Anhörung und die Authentizität der Angaben der Kinder gehabt. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass den Kindern die Existenz von Aufnahmegeräten bewusst gewesen sei, oder dass ihre Bereitschaft zur Aussage und auch ihre inhaltlichen Angaben von einer etwaigen Tonaufnahme beeinflusst worden seien. Ihre Verhaltensweisen und ihre Äußerungen stünden im Einklang mit früheren Angaben und Verhaltensweisen, die sie bei der Anhörung durch andere Fachleute gemacht und gezeigt hätten. Vielmehr verdeutliche das in Frage stehende Verhalten des Vaters, dass er die Kinder für eigene Bedürfnisse benutze und sich über ihre Bedürfnisse und Befindlichkeiten hinwegsetze (OLG Hamm, 3 UF 184/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

ParagraphMacht die Wohnungseigentümergemeinschaft Beitrags- oder Schadenersatzansprüche gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer gerichtlich geltend, sind die ihr entstehenden Prozesskosten von allen Wohnungseigentümern zu tragen.

So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Richter machten deutlich, dass eine Freistellung des obsiegenden Wohnungseigentümers nicht in Betracht komme. Habe er also den Prozess gegen die Eigentümergemeinschaft gewonnen, müsse er gleichwohl seinen Anteil als Mitglied der Eigentümergemeinschaft tragen (BGH, V ZR 168/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Arbeitsvertrag in deutscher SpracheWird in einem steuerlich anzuerkennenden Ehegatten-Arbeitsverhältnis ein überhöhter Arbeitslohn gezahlt, darf das Finanzamt den Betriebsausgabenabzug nicht einfach komplett verneinen. Es muss den angemessenen Teil des Lohns als Betriebsausgabe anerkennen.

Das hat das Finanzgericht (FG) Niedersachsen klargestellt. Im Urteilsfall hielt das FG einen Stundenlohn von 10 EUR für eine Tätigkeit als Bürogehilfin für angemessen. Der Ehemann hatte das Doppelte gezahlt (FG Niedersachsen, 9 K 135/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Accident with two carsWer in einem Parkhaus rückwärts einparkt, darf sich nicht allein auf seine Rückfahrkamera verlassen. Er muss sich die Örtlichkeiten vielmehr vorher selbst ansehen und nach Hindernissen schauen.

So entschied es das Amtsgericht Hannover im Fall eines Jaguarbesitzers. Dieser hatte die Eigentümergesellschaft eines Parkhauses auf Schadenersatz verklagt. Er hatte geltend gemacht, dass seine Ehefrau mit seinem Jaguar rückwärts in einen Parkplatz habe einparken wollen. Sie habe hierbei die gesamte Zeit auf das Bild der Rückfahrkamera geachtet. Darin sei kein Hindernis angezeigt geworden. Hierbei sei sie gegen eine Metallstange gefahren, die in den Parkraum geragt habe. Die Höhe der Rückfahrsensoren habe das Hindernis nicht erfassen können. Am Kofferraum des Jaguars sei ein Schaden von 2027,51 EUR entstanden. Dieser Betrag werde als Schadenersatz geltend gemacht.

Das Gericht hat festgestellt, dass durch das Parkhaus keine Verkehrssicherungspflichten verletzt wurden. Die geltend gemachte Gefahrenquelle, ein mit Metallstreben befestigter Lüftungsschacht, wurde durch die Beklagte mit einem rot-weißen Klebeband hervorgehoben. Diese Kennzeichnung genüge, um auf die Gefahr hinzuweisen (Amtsgericht Hannover, 438 C 1632/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Paragraph Typewriter 3Tritt ein Gesellschafter in eine Publikumsgesellschaft ein, muss er auch ohne entsprechende gesellschaftsvertragliche Regelungen oder Prospektangaben damit rechnen, dass die zur Finanzierung des Objekts benötigten Kredite ganz oder teilweise aufgenommen worden sind. Das gilt in demselben Maße, wenn ein Erbe in eine Publikumsgesellschaft eintritt.

Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Rechtsstreit hin. Folge dieser Entscheidung ist, dass auch Erben eines Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts für Altschulden der Gesellschaft haften (BGB, II ZR 121/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

TachoDie Verurteilung zu einer Geldbuße wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung ist rechtswidrig, wenn das Gericht ein Augenblicksversagen ohne ausreichende Feststellungen verneint hat.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg. Die Richter erläuterten in ihrer Entscheidung, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein sogenanntes Augenblicksversagen einem Fahrverbot grundsätzlich entgegenstehe. Davon sei bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung auszugehen, wenn der Betroffene aufgrund einer momentanen Unaufmerksamkeit das die zulässige Höchstgeschwindigkeit begrenzende Verkehrszeichen übersehen habe. Davon sei hier auch das Amtsgericht als Vorinstanz grundsätzlich ausgegangen. Es habe aber dennoch ein Augenblicksversagen abgelehnt, weil sich dem Betroffenen eine Geschwindigkeitsbegrenzung aufgrund der starken Fahrbahnschäden habe aufdrängen müssen. Das hat dem OLG so nicht gereicht. Für einen solchen Schluss müsse vielmehr klar sein, wie erheblich die Fahrbahnschäden sind. Dazu müssten Feststellungen getroffen werden. Soweit die Fahrbahnschäden nicht bereits bei Annäherung für den Betroffenen sichtbar gewesen seien, müsse die Wegstrecke auf dem schlechten Untergrund auch eine gewisse Länge haben. Für ein nur kurzes Streckenstück könne sich sonst eine Geschwindigkeitsbegrenzung ohnehin nicht aufdrängen (OLG Oldenburg, 2 SsBs 280/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Assistant stood with bossWer eine Reise in die Türkei unternimmt, muss damit rechnen, dass Muezzinrufe von Moscheen zu hören sind.

Diese eigentlich selbstverständliche Feststellung musste das Amtsgericht Hannover im Fall eines Reiseunternehmens treffen, dass wegen eines angeblichen Reisemangels von einem Urlauber verklagt worden war. Dieser hatte eine 14-tägige Flugpauschalreise nach Doganbey in der Türkei für sich und seine Partnerin für 2258 EUR gebucht. Er bemängelte, dass sich in der Nähe des Hotels eine Moschee befunden und der Muezzin beginnend ab 6.00 Uhr morgens, verstärkt durch Lautsprecher, mehrmals täglich für ca. 5 Minuten zum Gebet gerufen habe. Darin sah er einen Reisemangel und verlangte 1.161 EUR Schadenersatz von dem Reiseunternehmen.

Das Amtsgericht sah das jedoch anders. Es stellte fest, dass Muezzinrufe in der Türkei landestypisch seien, vergleichbar mit Kirchenglockengeläut in einem christlichen Land. Ein Reisemangel sei darin nicht zu sehen. Außerdem sei der Reisebeschreibung zu entnehmen gewesen, dass sich das Hotel im Ortszentrum von Doganbey befindet. Daher hätte der Urlauber mit landestypischen Geräuschen rechnen müssen (Amtsgericht Hannover, 559 C 44/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

RechtsbücherDa Unterhalt grundsätzlich nur als Geldleistung geschuldet wird, kann die Pflichtteilsentziehung nicht auf eine Versagung persönlicher Pflege im Krankheitsfall gestützt werden.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Frankurt a.M. in einem Streit einer Alleinerbin mit der Tochter des Erblassers, die ihren Pflichtteilsanspruch forderte. Die Richter machten deutlich, dass für eine böswillige Verletzung der Unterhaltspflicht nicht die bloße Leistungsverweigerung ausreichend sei. Diese müsse vielmehr auch noch auf einer verwerflichen Gesinnung beruhen. Davon könne vorliegend nicht ausgegangen werden. Die Tochter sei zum Zeitpunkt des Eintritts der Pflegebedürftigkeit erst 16 Jahre alt gewesen. Eine finanzielle Unterstützung sei ihr daher gar nicht zumutbar gewesen. Entsprechend liege kein wirksamer Pflichtteilsentzug vor (OLG Frankfurt a.M., 15 U 61/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl