Fotolia_60944105_XSDie gesetzlichen Voraussetzungen für die Anfechtung einer Schenkung wegen Undanks des Beschenkten sind durchaus erheblich. Sie müssen vom Schenker vollständig bewiesen werden, sonst ist seine Anfechtung unwirksam.

Diese Klarstellung traf das Landgericht (LG) Coburg im Fall eines Vaters, der von seinem Sohn die Rückübertragung von geschenkten Grundstücken verlangt. Der Vater hatte insgesamt 14 Grundstücke jeweils zur Hälfte auf seine beiden Kinder übertragen. Dabei hatte er sich jedoch kein Wohnrecht zusichern lassen oder eine Vereinbarung über Wart- und Pflegeleistungen mit seinen Kindern getroffen, obwohl er vom Notar darauf hingewiesen worden war. Auf einem dieser Grundstücke, auf dem auch der Vater lebt, hatte er schon vor der Übertragung auf seine Kinder verschiedene Teiche und eine Fischzuchtanlage verpachtet. Der neue Pächter der Teiche unterhält nunmehr auf diesem Grundstück einen Fischverkauf mit Publikumsverkehr.

Zwischen Vater und Sohn hatte es in der Vergangenheit zunächst über mehrere Jahrzehnte keinen Kontakt gegeben, bevor sich das Verhältnis wieder verbesserte. In jüngerer Vergangenheit kam es jedoch auch zu Beschimpfungen seiner Kinder durch den Vater. Er hatte behauptet, vor der Grundstücksübertragung sei ihm von den Kindern ein lebenslanges Wohnrecht und eine Verköstigung zugesichert worden. Zudem sei ihm versprochen worden, er könne die Teiche nutzen. Auch habe auf dem Grundstück gerade kein Fischverkauf, keine Räucherung und kein Publikumsverkehr stattfinden sollen. Der beklagte Sohn habe sich nicht an diese Abrede gehalten. Zudem habe er ihn beleidigt und körperlich angegriffen. Daher hat der Vater die Schenkungen wegen groben Undanks widerrufen. Der beklagte Sohn bestritt Zusicherungen an den Vater vor Abschluss des Notarvertrags ebenso wie die weiteren erhobenen Vorwürfe. Ein auf Anzeige des Vaters gegen ihn eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen der behaupteten Handgreiflichkeiten war eingestellt worden.

Das Gericht hat die Klage auf Kosten des Vaters abgewiesen. Es konnte die Voraussetzungen für einen wirksamen Schenkungswiderruf wegen groben Undanks nicht sehen. Hierfür muss zunächst objektiv eine Verfehlung von gewisser Schwere vorliegen. Diese muss weiterhin subjektiv auf eine Gesinnung des Beschenkten schließen lassen, welche die erwartete Dankbarkeit vermissen lässt.

 

Die hier vom Vater ins Feld geführten Umstände erfüllten zum Teil bereits diese Voraussetzungen nicht oder konnten von ihm nicht bewiesen werden. Die behaupteten mündlichen Zusagen seiner Kinder hat der Vater nicht nachweisen können. Gleiches gilt für den weiter ins Feld geführten körperlichen Übergriff. Die behauptete Beleidigung war nach der Auffassung des Gerichts nicht gravierend genug, um die Rückübertragung der verschenken Grundstücke verlangen zu können. Das gelte insbesondere, da es auch von Seiten des Vaters in der Vergangenheit zu Beschimpfungen gegenüber seinem Sohn gekommen war.

Hinweis: Die Entscheidung führt deutlich vor Augen, dass auch bei Verträgen unter Familienmitgliedern auf die vollständige schriftliche Niederlegung evtl. mündlicher Zusagen Wert gelegt werden sollte. Auf eine vorherige Beratung sollte nicht verzichtet werden (LG Coburg, Urteil vom 30.9.2014, 11 O 204/14).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

HausIst in einem Teilungsvertrag einer Wohnungseigentümergemeinschaft ein Geschäftsraum als ‚Laden‘ ausgewiesen, darf er nicht als Gaststätte genutzt werden.

Hierauf machte das Amtsgericht München im Fall einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) mit 46 Einheiten aufmerksam. Einer der Eigentümer hatte sein Eigentum im Erdgeschoss an einen Pizzabäcker/Dönerladen vermietet. Diese Einheit ist in der Teilungserklärung als ‚Laden im Erdgeschoss‘ (bestehend aus Ladenraum, Büroraum, Vorratsraum, WC und Flur) beschrieben. Die übrigen 45 Einheiten sind als ‚Wohnungen‘ beschrieben. Die Geschäftsräume befinden sich im Erdgeschoss zur Straße hin. Die Hausverwalterin rügte gegenüber dem Eigentümer die Vermietung an einen Pizzabäcker/Dönerladen. Die Geschäftsräume sind als ‚L-´s Essecke‘ mit Außenschanknutzung vermietet. Auf einer Eigentümerversammlung wurde mehrheitlich beschlossen, gegen die Eigentümer wegen zweckbestimmungswidriger Nutzung des Ladens gerichtlich vorzugehen. Die Miteigentümer sind der Meinung, dass die Nutzung des Ladens als Pizzabäcker/Dönerladen mit Ausschank störender ist als die Nutzung als einfacher Laden.

Der zuständige Richter am Amtsgericht München gab nun der Eigentümergemeinschaft recht. Der Eigentümer wurde unter Androhung von Ordnungsgeld verurteilt, die Nutzung des Ladens als Gaststätte zu unterlassen. Der Laden werde – so das Gericht – konkret nicht als solcher genutzt. Denn unter ‚Laden‘ sei grundsätzlich nur ein Geschäftsraum zu verstehen, bei dem der Charakter einer Verkaufsstätte im Vordergrund stehe, wo sich also Personal aufhält, während der Öffnungszeiten Kunden ein- und ausgehen und gelegentlich Waren angeliefert werden.

Eine andere Nutzung der Räume sei nur zulässig und durch die übrigen Eigentümer hinzunehmen, wenn eine solche Nutzung abstrakt nicht stärker beeinträchtigt als eine Ladennutzung. Auf die Frage, wie viele Personen nun tatsächlich über den Tag verteilt die Räumlichkeiten nutzen, also auf die Frage der Auslastung der Essecke, und ob es konkrete Geruchs- oder Lärmbeeinträchtigungen gibt, komme es nicht an. Ebenso sei unerheblich, ob eine gaststättenrechtliche Konzession notwendig sei oder nicht. Denn die Einhaltung behördlicher Vorschriften besage noch nicht, dass im Verhältnis der Eigentümer untereinander die konkrete Nutzung der Geschäftsräume zulässig sei. Der Charakter des Hauses sei überwiegend als Wohnhaus zu bewerten. Jede andere Nutzung des Ladens dürfe mit diesem Charakter nicht in Konflikt stehen.

Mit der Zweckbestimmung ‚Laden‘ sei der Betrieb eines Bistros, einer Pizza-Imbissstube oder eines Restaurants grundsätzlich nicht zu vereinbaren. Denn es gehe nicht nur um den Verkauf von Lebensmitteln im Laden und den Verzehr dort und vor dem Laden. Vor allem die Essensgerüche überschreiten das, was die übrigen Mitglieder der WEG bei einer Nutzung als Laden hinnehmen müssten. Die konkrete gastronomische Nutzung führe zu einer längeren Verweildauer der Besucher in und vor dem Laden. Zudem entstünden vermehrte Geräusch- und Geruchsbelästigungen auch durch vor der Tür stehende Raucher. Das Gericht stellt fest, dass die typischerweise mit einem Schnellimbiss verbundenen Störungen im Ergebnis größer sind als bei einer Ladennutzung. Davon sei schon aufgrund der verlängerten Öffnungszeiten in den Abend- und Nachtstunden bei einem Imbiss gegenüber einem Laden auszugehen. Die mit einer Nutzung als Laden typischerweise verbundenen Beeinträchtigungen müssten nur während der üblichen Ladungsöffnungszeiten hingenommen werden. Im Ergebnis ist eine Nutzung als Gaststätte daher nicht von der Zweckbestimmung ‚Laden‘ gedeckt (Amtsgericht München, Urteil vom 26.6.2014, 483 C 2983/14 WEG, rkr).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Figuren / DistanzArbeitslosengeld kann nur beanspruchen, wer den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht. Diese Verfügbarkeit wird bei Studierenden regelmäßig verneint, weil sie – so die gesetzliche Vermutung – nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben können. Beginnt das Studium für den Studierenden erst mit Beginn der Lehrveranstaltungen, so kann diese Vermutung widerlegt werden.

Dies entschied der 9. Senat des Hessischen Landessozialgerichts (LSG) im Fall einer ehemals als Sachbearbeiterin tätigen Frau. Diese hatte Arbeitslosengeld bezogen, nachdem ihr Arbeitsvertrag aufgehoben wurde. Nachdem sie der Bundesagentur für Arbeit (BA) mitgeteilt hatte, dass sie ein Studium der Betriebswirtschaft aufnehmen werde, hob die BA die Bewilligung des Arbeitslosengelds ab Semesterbeginn (1. September 2010) auf. Als eingeschriebene Studentin könne sie nur eine versicherungsfreie Beschäftigung ausüben und stehe dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Die 29-jährige Frau war hingegen der Auffassung, dass dies für die Zeit zwischen Semesterbeginn und Vorlesungsbeginn (4. Oktober 2010) nicht gelte.

Die Richter beider Instanzen gaben der Studentin recht. Allein durch die Immatrikulation (Einschreibung an einer Hochschule) sei keine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eingetreten, aufgrund derer die Bewilligung des Arbeitslosengelds aufzuheben gewesen sei. Denn die Studentin habe nachgewiesen, dass sie in der Zeit zwischen Semesterbeginn und Vorlesungsbeginn keinen Studienanforderungen ausgesetzt gewesen sei und ihr Studium im 1. Fachsemester tatsächlich erst am 4. Oktober 2010 begonnen habe. Somit habe – so die Richter – die Studentin bis zum 3. Oktober 2010 der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden. Die gesetzliche Vermutung sei insoweit widerlegt (LSG Hessen, Urteil vom 30.3.2015, L 9 AL 148/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Kündigung_IMG_0945.JPGEin vom Auftraggeber zu vertretener schwerwiegender Vertragsverstoß berechtigt den Architekten zur Kündigung des Architektenvertrags aus wichtigem Grund.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. im Streit eines Bauherren mit seinem Architekten hin. Die Richter machten zudem deutlich, dass eine Kündigung auch möglich sei, wenn ein solcher schwerwiegender Vertragsverstoß nicht vorliege. Voraussetzung sei dann, dass einzelne, nicht so schwerwiegende Verstöße vorliegen, die in der Summe aber eine solch erhebliche Erschütterung des Vertrauensverhältnisses mit sich bringen, dass dem Architekten ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zugemutet werden könne. Dies sei zum Beispiel der Fall, wenn der Bauherr gebotene Mitwirkungshandlungen verweigere. Im vorliegenden Fall hatte er erforderliche Entscheidungen nicht getroffen.

Allerdings müsse der Architekt beachten, dass auch bei einer Kündigung des Architektenvertrags das Honorar erst mit Erteilung einer prüfbaren Schlussrechnung fällig werde (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 27.11.2013, 23 U 203/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

TachoEine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit kann grundsätzlich gerechtfertigt sein, wenn der Fahrer das Ziel verfolgt, einer fremden Person Erste Hilfe zu leisten.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Celle. Die Richter wiesen allerdings auch darauf hin, dass die Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit überhaupt ein geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr gewesen sein müsse. So könne sich der Betroffene für die Geschwindigkeitsüberschreitung nicht auf einen Notstand berufen, wenn er lediglich einen medizinischen Notfall behauptet. Er müsse vielmehr auch vortragen, dass er vergeblich einen anderen Ausweg aus der Notsituation gesucht habe, zum Beispiel die Benachrichtigung eines Arztes oder der Feuerwehr (OLG Celle, Beschluss vom 1.10.2014, 321 SsBs 60/14).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

FeuerlöscherWer in einem erkennbar frisch geputzten Treppenhaus ausrutscht, weil er sich nicht am Geländer festhält, ist selbst schuld und bekommt weder Schmerzensgeld noch Schadenersatz.

Diese deutliche Aussage traf das Amtsgericht München im Fall eines 51-jährigen Mieters. Dieser stürzte im Treppenhaus. Dabei erlitt er eine dislozierte Humerusfraktur rechts und musste noch am gleichen Tag operiert werden. Er leidet seitdem an Schmerzen und hat massive Bewegungseinschränkungen. Er hat eine 11 Zentimeter lange Narbe. Wegen der Folgen des Unfalls leidet er unter Depressionen. Mittlerweile erhält er Rente wegen voller Erwerbsminderung. Er ist zu 50 Prozent aufgrund des Unfalls schwerbehindert.

Ursache des Sturzes war ein rutschiger Boden des Treppenhauses, das zuvor gereinigt worden war. Warnschilder seien nicht aufgestellt gewesen. Der Kläger hält ein Schmerzensgeld von mindestens 80.000 EUR für angemessen. Er verlangt außerdem Schadenersatz in Höhe von monatlich 947 EUR bis zum 1.1.2031. Das ist die Differenz zwischen dem Einkommen, was er bei Erwerbsfähigkeit erzielen könnte und der tatsächlichen Rentenzahlung.

Die Haftpflichtversicherung der Vermieterin erkannte die Haftung dem Grunde nach an, bezahlte einen Schmerzensgeldvorschuss in Höhe von 3.500 EUR und erstattete Kosten in Höhe von 140 EUR für ärztliche Atteste. Weitere Zahlungen sind nicht erfolgt.

Die zuständige Richterin wies die Klage ab. Das Gericht geht von einem 100-prozentigen Mitverschulden des Mieters an dem Unfall aus. Er habe beim Benutzen des Treppenhauses die Sorgfalt außer Acht gelassen, die nach Lage der Sache erforderlich erschien, um sich selbst vor Schaden zu bewahren. Er habe sich offenbar nicht ausreichend am Treppengeländer festgehalten, obwohl die Gefahr des Ausrutschens offensichtlich bestand. Nach Auffassung des Gerichts wiegt die Mitschuld des Mieters hierbei so stark, dass eine Ersatzpflicht der Vermieterin vollständig entfällt. Nach Aussage aller Zeugen sei das Treppenhaus zum Zeitpunkt des Sturzes sehr nass gewesen. Dies sei auch deutlich erkennbar gewesen. Es seien großflächige, sehr nasse Stellen zu sehen gewesen. Der Hausflur sei gut beleuchtet gewesen. Nach Zeugenaussagen sei es nicht das erste und nicht das letzte Mal gewesen, dass das Treppenhaus so nass war. Nach Zeugenaussagen habe das damals benutzte Reinigungsmittel sehr stark gerochen. Daher sei jeder Bewohner schon durch den Geruch ausreichend gewarnt gewesen. Aufgrund der Zeugenaussagen geht das Gericht davon aus, dass der Mieter sowohl aufgrund des Geruchs im Treppenhaus, als auch aufgrund der offenbar eindeutigen Wahrnehmbarkeit der Nässe auf dem Boden hätte erkennen müssen, dass Rutschgefahr bestand. Er hätte sich am vorhandenen Handlauf festhalten müssen.

Das Gericht stellt weiter fest, dass das Mitverschulden auch nicht durch die Zahlung der Haftpflichtversicherung ausgeschlossen ist. Diese Zahlung könne auf die Anrechnung des Eigenverschuldens des Klägers keinen Einfluss haben (Amtsgericht München, Urteil vom 12.9.2013, 454 C 13676/11, rkr.,).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Mietvertrag für neue WohnungEin Erbverzicht kann auch für die Kinder des Verzichtenden Folgen haben. Wer auf einen ihm testamentarisch zugewandten Erbteil verzichtet, schließt auch seine Kinder vom Erbteil aus, wenn die Verzichtsvereinbarung nichts anderes bestimmt. Verzichtet ein Miterbe auf seine verbindlich gewordene Erbeinsetzung in einem gemeinschaftlichen Testament mit Pflichtteilsstrafklausel, kann der überlebende Ehegatte über den Erbteil des Verzichtenden nicht anderweitig, z. B. zugunsten eines Kindes des Verzichtenden verfügen.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Falle eines Mannes entschieden. Dessen Eltern hatten 1980 ein gemeinschaftliches Testament mit Pflichtteilsstrafklausel errichtet. Darin hatten sie den Überlebenden zum befreiten Vorerben und zwei ihrer Kinder, den betroffenen Sohn und seine Schwester, zu gleichen Teilen als Nacherben eingesetzt. Nach dem Tode des Vaters im Jahre 1993 schlossen die überlebende Mutter mit dem Sohn und der Schwester im Jahre 2001 einen notariellen Vertrag. Darin übertrug die Schwester ihr Nacherbenrecht auf den Sohn. Sie erklärte, auch auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht zu verzichten. Hintergrund waren Zuwendungen von 180.000 DM, die sie bereits von der Mutter erhalten hatte. Die Schwester verstarb im Jahre 2002. Sie hinterließ u.a. ihre Tochter (das Enkelkind). In einem handschriftlichen Testament aus dem Jahre 2013 bestimmte die Mutter dieses Enkelkind und einen anderen Verwandten zu Erben. Als die Mutter 2013 verstarb, stritten sich die Beteiligten um die Erbfolge. Der Sohn war der Ansicht, Alleinerbe zu sein. Demgebenüber meinten das Enkelkind und der andere Verwandte, dass sie die Erblasserin als Miterben beerbt hätten.

Das OLG entschied, dass der Sohn Alleinerbe seiner Mutter geworden ist. Er sei zusammen mit seiner 2002 verstorbenen Schwester durch das 1980 errichtete gemeinschaftliche Testament der Eltern zu Erben nach dem Tode des letzten Elternteils eingesetzt worden. Durch den notariellen Vertrag aus dem Jahre 2001 habe die Schwester auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht und auch auf das ihr durch das gemeinschaftliche Testament zugewandte Erbrecht verzichtet. Sie sei deswegen als Erbin weggefallen.

Ihre Kinder seien nicht als Ersatzerben berufen. Der Zuwendungsverzicht der Schwester erstrecke sich auch auf ihre Abkömmlinge. Die nach dem Gesetz mögliche andere Bestimmung sei im Verzichtsvertrag nicht getroffen worden. Damit sei der Erbteil der Schwester beim Tode der Erblasserin dem Sohn angewachsen. Insoweit enthalte auch das gemeinschaftliche Testament keine anderweitige Bestimmung.

Die Erblasserin durfte nach dem Tode ihres Ehemanns weder ihre Enkelin noch den anderen Verwandten als Erben einsetzen. Dem stehe das gemeinschaftliche Testament aus dem Jahre 1980 entgegen. Dieses sei hinsichtlich der Alleinerbenstellung des Sohnes bindend. Seine Bindungswirkung erfasse auch den Erbteil des Sohnes, der ihm nach dem Wegfall seiner Schwester zugewachsen ist. Das ergebe die Auslegung des Testaments. Der vorliegende Fall sei mit dem Fall vergleichbar, bei dem ein Pflichtteilsberechtigter aufgrund einer Pflichtteilsstrafklausel als Schlusserbe ausscheide, weil er zu Lebzeiten des überlebenden Ehegatten seinen Pflichtteil verlange. Auch in diesem Fall wachse sein Erbteil den übrigen testamentarisch bedachten Erben zu. Zwar sei die Schwester nicht aufgrund eines Pflichtteilsverlangens weggefallen. Sie habe aber – vergleichbar mit einem solchen Verlangen – ihren Erbverzicht erklärt, weil sie zu Lebzeiten Zuwendungen erhalten habe (OLG Hamm, Beschluss vom 28.1.2015, 15 W 503/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

schlüssel personEine Arbeitsunfähigkeit ist nur dann verschuldet i.S. des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG), wenn ein Arbeitnehmer in erheblichem Maße gegen das von einem verständigen Menschen in seinem eigenen Interesse zu erwartende Verhalten verstößt. Nur dann verliert er seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Bei einem alkoholabhängigen Arbeitnehmer fehlt es suchtbedingt auch im Fall eines Rückfalls nach einer Therapie regelmäßig an einem solchen Verschulden.

Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines alkoholabhängigen Arbeitnehmers. Dieser wurde am 23. November 2011 mit einer Alkoholvergiftung (4,9 Promille) in ein Krankenhaus eingeliefert. In der Folge war er für über zehn Monate arbeitsunfähig erkrankt. Zuvor hatte er zwei stationäre Entzugstherapien durchgeführt. Es kam jedoch immer wieder zu Rückfällen. Seine gesetzliche Krankenkasse zahlte an ihn für die Zeit vom 29. November bis zum 30. Dezember 2011 Krankengeld i.H.v. 1.303,36 EUR. In dieser Höhe macht die Krankenkasse nun Ansprüche auf Entgeltfortzahlung aus übergegangenem Recht gegenüber dem Arbeitgeber geltend. Sie meint, ein Entgeltfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitbeger habe bestanden. Es liege nämlich kein Verschulden des Arbeitnehmers für seinen Alkoholkonsum am 23. November 2011 vor. Der Arbeitgeber ist der Ansicht, ein Verschulden sei bei einem Rückfall nach mehrfachem stationärem Entzug und diesbezüglich erfolgter Aufklärung zu bejahen.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Die Revision des Arbeitgebers hatte vor dem Zehnten Senat des BAG keinen Erfolg. Bei einer Alkoholabhängigkeit handele es sich nach Ansicht der Richter um eine Krankheit. Werde ein Arbeitnehmer infolge seiner Alkoholabhängigkeit arbeitsunfähig krank, könne nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Erkenntnisse nicht von einem Verschulden im Sinne des Entgeltfortzahlungsrechts ausgegangen werden. Die Entstehung der Alkoholsucht habe vielmehr viele Gründe. Dabei würden sich die unterschiedlichen Ursachen wechselseitig bedingen. Dies gelte im Grundsatz auch bei einem Rückfall nach einer durchgeführten Therapie. Im Hinblick auf eine Abstinenzrate von 40 bis 50 Prozent je nach Studie und Art der Behandlung könne nach einer durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme jedoch ein Verschulden des Arbeitnehmers an einem Rückfall nicht generell ausgeschlossen werden. Der Arbeitgeber könne deshalb in diesem Fall das fehlende Verschulden bestreiten. Das Arbeitsgericht müsse dann ein medizinisches Sachverständigengutachten zu der Frage einholen, ob der Arbeitnehmer den Rückfall schuldhaft im Sinne des EFZG herbeigeführt hat. Lasse sich dies nicht eindeutig feststellen, weil ein Ursachenbündel hierfür vorliegt, gehe dies zulasten des Arbeitgebers.

Das im konkreten Fall eingeholte sozialmedizinische Gutachten hat ein Verschulden des Arbeitnehmers unter Hinweis auf die langjährige und chronische Alkoholabhängigkeit und den daraus folgenden „Suchtdruck“ ausgeschlossen. Mangels Verschulden war der Arbeitgeber daher zur Entgeltfortzahlung verpflichtet. Entsprechend konnte die Krankenkasse vom ihm den ausgelegten Betrag fordern (BAG, Urteil vom 18.3.2015, 10 AZR 99/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

paragraphZur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens gemäß § 558a Abs. 2 BGB kann der Vermieter grundsätzlich auf einen Mietspiegel Bezug nehmen, wenn sich die Überprüfbarkeit der Einordnung für den Mieter aus der Kombination des Mietspiegels und des Textes des Mieterhöhungsverlangens ergibt.

 

Hierauf wies das Landgericht (LG) Stuttgart hin. Dabei müsse der Vermieter umso weniger begründen, je konkreter und differenzierter die Kriterien im Mietspiegel seien. Verwende der Mietspiegel hingegen unbestimmte, wertende Kriterien, und wisse der Mieter nicht, welche von diesen der Vermieter als gegeben oder nicht gegeben ansieht (z.B. gemäß Stuttgarter Mietspiegel:

 

• geringe Verkehrsbelastung,

• sehr gute Einkaufsgelegenheit,

• Belastung durch Gewerbe und

• komfortable Sanitärausstattung)

 

müsse der Vermieter die Einordnung unter Benennung aller relevanten Kriterien begründen (LG Stuttgart, Urteil vom 10.12.2014, 13 S 114/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Real Estate investmentEine beklagte Stadt aus dem Sauerland schuldet dem klagenden Bauunternehmer keinen Schadenersatz nach dem Scheitern einer Bebauungsplanung, zu der die Parteien bereits einen Städtebaulichen Vertrag und Erschließungsvertrag abgeschlossen hatten.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil abgeändert. Die Parteien hatten 2011 einen Städtebaulichen Vertrag und Erschließungsvertrag geschlossen. Der Kläger übernahm die Planung und Herstellung von Erschließungsanlagen im Geltungsbereich des zur Aufstellung vorgesehenen Bebauungsplans für ein von ihm zu erwerbendes Grundstück im Stadtgebiet der Beklagten. Die Beklagte ihrerseits war am Erwerb eines im Stadtgebiet gelegenen Grundstücks des Klägers interessiert. Die Aufstellung des Bebauungsplans und die Veräußerung des klägerischen Grundstücks unterblieben in der Folgezeit, sodass der von den Parteien abgeschlossene Vertrag nicht mehr durchgeführt wurde.

Der Kläger hat gemeint, die Stadt habe gegen die Amtspflicht zu konsequentem Verhalten und gegen das Koppelungsverbot verstoßen. Sie habe die Einleitung der Bauleitplanung nachträglich vom Nachweis der Erwerbsmöglichkeit der Baugrundstücke durch ihn sowie von dem Verkauf seines Grundstücks an sie abhängig gemacht. Er fordert daher von der Stadt 50.000 EUR Schadenersatz.

Seine Schadenersatzklage blieb jedoch erfolglos. Dass OLG konnte nicht feststellen, dass die Pflichtverletzungen den Kläger geschädigt hatten. Zwar sprächen Anhaltspunkte dafür, dass die Stadt ihre Pflicht zum rechtmäßigen Verwaltungshandeln verletzt habe. Ihr Bürgermeister habe die Fortsetzung der Bauleitplanung davon abhängig gemacht, dass die Stadt das klägerische Grundstück erwerben könne. Es verstoße gegen das Koppelungsverbot, wenn eine Stadt das Vorantreiben der Bauleitplanung von der Veräußerung eines anderweitigen Grundstücks abhängig mache. Die infrage stehende Pflichtverletzung konnte das OLG aber letztlich dahinstehen lassen. Sie habe jedenfalls nicht zu dem vom Kläger geltend gemachten Schaden geführt. Er spreche keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger bei pflichtgemäßem Handeln des Bürgermeisters keinen Schaden erlitten hätte. In diesem Fall sei zwar davon auszugehen, dass die Verwaltung der Stadt die Aufstellung des Bebauungsplans mit einer Ratsvorlage weiter vorangetrieben hätte. Angesichts des umfassenden Entschließungsermessens des Rates bei der Bauleitplanung erscheine es allerdings offen, ob der Rat am Ende tatsächlich einen rechtsgültigen Bebauungsplan verabschiedet hätte. Darüber hinaus sei nicht gesichert, ob es bei der gebotenen Anhörung der Anwohner im Baugebiet keine relevanten Einwendungen gegen die Planung gegeben hätte. Im Übrigen sei auch nicht sichergestellt gewesen, dass der Kläger die infrage stehenden Baugrundstücke hätte erwerben können. Die vom Kläger erhoffte Bauleitplanung habe daher auch aus anderen, von infrage stehendem Verhalten des Bürgermeisters unabhängigen Gründen scheitern können.

Des Weiteren hafte die Stadt auch nicht deswegen, weil sie berechtigtes Vertrauen des Klägers im Vorfeld der Vertragsunterzeichnung enttäuscht bzw. insofern ihre Amtspflicht zu konsequentem Verhalten verletzt habe. Dass die Stadt vom Kläger den Nachweis seiner Erwerbsmöglichkeit der Baugrundstücke verlangt habe, sei spätestens zu Beginn des Jahres 2012 gerechtfertigt gewesen, als die Erwerbsverhandlungen des Klägers mit dem Grundstückseigentümer ins Stocken geraten seien (OLG Hamm, Urteil vom 4.2.2015, 11 U 35/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl