ArbeitsrechtDie wiederholte Kündigung einer schwangeren Frau ohne Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde kann einen Anspruch auf Geldentschädigung wegen Diskriminierung auslösen.

Das hat das Arbeitsgericht Berlin entschieden und den beklagten Arbeitgeber zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 1.500 EUR verurteilt. Der Arbeitgeber hatte die bei ihm beschäftigte Klägerin bereits während der Probezeit gekündigt. Diese Kündigung hatte das Arbeitsgericht in einem vorangegangenen Kündigungsschutzverfahren für unwirksam erklärt. Die Klägerin hatte dem Arbeitgeber nämlich gleich nach der Kündigung mitgeteilt, dass sie schwanger sei. Dabei hatte sie auch den Mutterpass vorgelegt. Der Arbeitgeber hatte trotzdem keine Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde zur Kündigung eingeholt. Einige Monate später kündigte er erneut ohne Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde. Seine Einlassung, er sei davon ausgegangen, dass die Schwangerschaft schon beendet sei, ließ das Arbeitsgericht nicht gelten. Es erklärte auch die erneute Kündigung für unwirksam. Zudem muss der Arbeitgeber eine Geldentschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zahlen. Er habe aufgrund des ersten Kündigungsschutzverfahrens und der Kenntnis des Mutterpasses mit dem Fortbestand der Schwangerschaft rechnen müssen (Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 8.5.2015, 28 Ca 18485/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

haus fragezeichenNachbarrecht: Kein Beseitigungsanspruch bei Verschattung eines Grundstücks durch Bäume des Nachbarn

Das mussten sich die Eigentümer eines Einfamilienhauses vor dem Bundesgerichtshof (BGH) sagen lassen. Ihr 10 mal 10 m großer, nach Süden ausgerichteter Garten grenzt an eine öffentliche Grünanlage der beklagten Stadt. Dort stehen in einem Abstand von 9 bzw. 10,30 m von der Grenze zwei ca. 25 m hohe, gesunde Eschen. Die Kläger verlangen, dass diese Bäume beseitigt werden. Die Bäume würden den Garten vollständig verschatten. Er eigne sich daher weder zur Erholung noch zur Hege und Pflege der von ihnen angelegten anspruchsvollen Bonsai-Kulturen. Das Wachstum der Bäume sei für sie bei Erwerb des Hauses nicht vorhersehbar gewesen. Derartig hoch wachsende Laubbäume seien mit einer konzeptionell nach Süden ausgerichteten Bungalow-Siedlung unvereinbar. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen.

Der BGH hat dieses Urteil heute bestätigt. Ein Beseitigungsanspruch setze voraus, dass das Eigentum der Kläger beeinträchtigt werde. Daran fehle es. Eine Benutzung des Grundstücks in dessen räumlichen Grenzen – hier durch die auf dem Grundstück der Beklagten wachsenden Bäume – ist im Zweifel von dem Eigentumsrecht des Nachbarn gedeckt. Zwar können nach dem im Bürgerlichen Gesetzbuch enthaltenen Maßstab bestimmte Einwirkungen auf das benachbarte Grundstück durch den Nachbarn abgewehrt werden. Dazu zählt der Entzug von Luft und Licht als sogenannte „negative“ Einwirkung nicht. Das ist seit Langem in der Rechtsprechung entschieden.

Allerdings könne das Eigentum des angrenzenden Nachbarn durch den Schattenwurf von Pflanzen und Bäumen beeinträchtigt werden. Das sei dann der Fall, wenn die in den Landesnachbargesetzen enthaltenen Abstandsvorschriften nicht eingehalten werden. Diese Voraussetzung liege hier aber nicht vor. Nach dem maßgeblichen nordrhein-westfälischen Landesrecht für stark wachsende Bäume beträgt der vorgeschriebene Abstand 4 m. Dieser Abstand sei hier gewahrt.

Es besteht auch kein Beseitigungsanspruch aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis. Dieser komme mit Rücksicht auf die nachbarrechtlichen Sonderregelungen nur in Ausnahmefällen in Betracht. Er setze voraus, dass die Kläger wegen der Höhe der Bäume ungewöhnlich schweren und nicht mehr hinzunehmenden Nachteilen ausgesetzt werden. Das sei hier nicht der Fall. Die Gartenfläche werde nicht ganzjährig vollständig verschattet. Zudem sei bei der erforderlichen Abwägung auch zu berücksichtigen, dass der vorgeschriebene Abstand um mehr als das Doppelte überschritten werde. Umso mehr trete in den Vordergrund, dass öffentliche Grünanlagen besondere Aufgaben zu erfüllen hätten. Sie sollen die Luft verbessern, Naherholungsräume schaffen und als Rückzugsort für Tiere dienen. Das erfordere gerade auch große Bäume, die auf vielen privaten Grundstücken aus Platzgründen oft nicht angepflanzt werden könnten. Das Grundstück der Kläger liege am Rande einer öffentlichen Grünanlage. Der damit verbundene Schattenwurf ist daher Ausdruck der Situationsgebundenheit des Grundstücks (BGH, Urteil vom 10.7.2015, V ZR 229/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Accident with two carsWenn ein Unternehmer einen Unfall mit seinem Privatfahrzeug hat, hat er Anspruch auf die Bruttobeträge.

Das ist eine Selbstverständlichkeit, muss aber immer wieder von den Gerichten, wie jüngst vom Amtsgericht Schwarzenbek bestätigt werden.

Hinweis Zur Ehrenrettung der Versicherer sei eingeräumt, dass der Fehler oft schon bei der Schadenmeldung beginnt. Wer beim Vorsteuerabzug „ja“ ankreuzt, wird Mühe haben, das mit Hinweis darauf, dass das Privatfahrzeug betroffen ist, wieder zu korrigieren. Da ist also ausreichende Sorgfalt anzuraten, besser noch anwaltliche Hilfe (Amtsgericht Schwarzenbek, Urteil vom 4.5.2015, 2 C 403/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Autounfall 25Wenn der Sachverständige in seinem Schadengutachten die Beilackierung zur Vermeidung von Farbunterschieden als notwendig kalkuliert hat, gehören die Kosten dafür zum – auch fiktiv abgerechneten – Schadenersatz.

Das hat das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt klargestellt. Das Gericht folgte dabei den technischen Erläuterungen des Sachverständigen. Letztlich kommt es darauf aber jedenfalls bei einer tatsächlich durchgeführten Reparatur gar nicht an, weil der Geschädigte den Auftrag „reparieren, wie im Gutachten vorgesehen“ geben darf (AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Urteil vom 1.7.2015, 4 C 1052/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Assistant stood with bossEine Versicherungsmakler-GmbH muss sich das Verhalten ihres Geschäftsführers zurechnen lassen und haftet einem Kunden auf Schadenersatz, wenn der Geschäftsführer seine Sachwalterpflichten verletzt, und der Versicherer den Versicherungsvertrag deswegen anfechten kann.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz klargestellt. Der Versicherungsmakler hatte dem Kunden zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung geraten. Der Kunde hatte mehrfach Bedenken geäußert wegen seiner teils erheblichen Vorerkrankungen wie Herzkatheteruntersuchung, Koronarangiographie, LWS-Beschwerden und Rückenschmerzen. Im Beratungsgespräch brachte der Makler Formulare mit, in denen die wesentlichen Gesundheitsfragen bereits mit „nein“ angekreuzt waren. Diese Pflichtverletzung des Maklers bewirkte, dass der Versicherer den Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag anfechten konnte. Der Schaden des Kunden besteht in den aufgewendeten Prämien, die der Versicherer behalten darf. Den Kunden trifft kein Mitverschulden, weil er den Antrag noch unausgefüllt unterzeichnet hat. Denn er kann sich darauf verlassen, dass der Makler als sein Sachwalter den Vertragsschluss sorgfältig bearbeitet und erledigt. Die Versicherungsmakler-GmbH musste dem Kunden gegenüber daher für die gezahlten Prämien haften (OLG Koblenz, Beschluss vom 30.4.2015, 10 U 35/15).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

3D ParagraphPostet die getrennt lebende Ehefrau auf Facebook Fotos von sich und ihrem neuen Lebensgefährten, ist ihr Anspruch auf Trennungsunterhalt damit noch nicht ausgeschlossen.

So entschied es das Amtsgericht Lemgo. Das Gericht wertete auch die innige Vertrautheit der beiden auf den Bildern nicht als schwerwiegendes Fehlverhalten das geeignet sei, den zum Unterhalt verpflichteten Ehemann in der Öffentlichkeit lächerlich zu machen. Dies gelte insbesondere, wenn der Ehemann selbst ein außereheliches Verhältnis pflegt, das schon vor der Trennung bestanden habe (Amtsgericht Lemgo, Beschluss vom 8.6.2015, 8 F 43/15).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

ParagraphIst zuvor nichts anderes vereinbart worden, muss in der Mietwohnung eine Heizungsmöglichkeit vorhanden sein, die der Mieter allein und selbst steuern kann.

Diese Klarstellung traf das Amtgericht Dortmund im Fall einer Frau, die eine Wohnung angemietet hatte. Im Mietvertrag war u.a. geregelt, dass in der Zeit der Heizperiode vom 1. Oktober bis zum 30. April des Folgejahres die Sammelheizung so in Betrieb zu halten sei, dass die Mieträume eine angemessene Temperatur aufweisen. Nach dem Einzug stellte die Mieterin fest, dass die Heizkörper in ihrer Wohnung über die Therme der Nachbarwohnung versorgt wurden. Folge war, dass die Heizungen nur warm wurden, solange die Nachbarin ihre Therme auch eingeschaltet hatte.

Das hielt auch das Gericht für unzumutbar. Es verurteilte den Vermieter, der Mieterin eine selbst zu steuernde Heizung zur Verfügung zu stellen und deren grundsätzliche Gebrauchsfähigkeit zu garantieren. Insoweit handele es sich schlicht und ergreifend um das, was der Vermieter im Mietvertrag als selbstverständliche Standardleistung versprochen habe – nämlich eine funktionsfähige Heizung und entsprechende Messeinrichtungen. Notwendiger Inhalt eines Mietvertrags im nördlichen Mitteleuropa sei, dass jeder Mieter in der klar definierten Messperiode seine Räume nach eigener Entscheidung beheizen könne und insoweit nicht auf die Mitwirkung eines Wohnungsnachbarn angewiesen sei (Amtsgericht Dortmund, Urteil vom 25.6.2014, 413 C 10946/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

PuzzleDer Bundesrat hat einer Änderung der Betriebssicherheitsverordnung zugestimmt, die das „Paternoster-Verbot“ entschärft.

Der Beschluss geht nun zur Veröffentlichung an die Bundesregierung, er soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Nach der am 1.6.2015 in Kraft getretenen Betriebssicherheitsverordnung durften Paternoster nur noch von Beschäftigten benutzt werden, die vom Arbeitgeber eine Einweisung erhalten haben. Damit war die Benutzung der Aufzüge in öffentlichen Gebäuden für viele Bürgerinnen und Bürger verboten.

Diese Nutzungseinschränkung ist in der Öffentlichkeit auf erhebliche Kritik gestoßen. Um die Nutzung der Fahrstühle künftig auch anderen Personen wieder zu ermöglichen, sind die Betreiber nunmehr verpflichtet, durch zusätzliche Maßnahmen ein sicheres Benutzen zu gewährleisten. Zum Beispiel sollen die Nutzer über mögliche Gefahren und sicherheitsgerechtes Verhalten aufgeklärt werden.

Quelle Bundesrat, Plenum kompakt

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Gesetz, Gesetzbuch, Recht, Gericht, SchönfelderDas Bundeskabinett hat den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie beschlossen. Die Richtlinie hat zum Ziel, Mobilitätshindernisse für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abzubauen, die sich aus Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung ergeben können.

Die Richtlinie der EU wird 1:1 umgesetzt. Dabei wird bewusst darauf verzichtet, die neuen EU-Vorgaben nur bei grenzüberschreitenden Arbeitgeberwechseln anzuwenden. Um eine Inländerdiskriminierung zu vermeiden und aus Praktikabilitätsgesichtspunkten gelten die neuen Regelungen vielmehr für alle Beschäftigten. Der Gesetzentwurf hat folgende Schwerpunkte:

• Arbeitgeberfinanzierte Betriebsrentenanwartschaften bleiben künftig bereits dann erhalten (sind „unverfallbar“), wenn die Zusage drei Jahre bestanden hat. Bislang betrug die Frist fünf Jahre. Darüber hinaus wird das Lebensalter, zu dem man dabei frühestens den Arbeitgeber verlassen darf, ohne dass die Anwartschaft verfällt, vom 25. auf das 21. Lebensjahr abgesenkt. Insbesondere junge mobile Beschäftigte können damit künftig schneller und früher als bisher unverfallbare Betriebsrentenanwartschaften erwerben. Das kann zur besseren Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung beitragen.

• Betriebsrentenanwartschaften ausgeschiedener und beim Arbeitgeber verbliebener Beschäftigter müssen gleich behandelt werden. Beschäftigte müssen also nicht mehr befürchten, dass ein Arbeitgeberwechsel ihrer Betriebsrente schadet

• Die Abfindungs- und Auskunftsrechte werden zugunsten der Beschäftigten erweitert.

Die neuen Regelungen sollen am 1.1.18 in Kraft treten. Mit der frühzeitigen Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht erhalten die Betriebsrentensysteme die notwendige Rechts- und Planungssicherheit, ohne die der angestrebte weitere Auf- und Ausbau der betrieblichen Altersversorgung nicht möglich ist.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Steigende KostenWenn unfallbedingte Verschmutzungen zu beseitigen sind, muss der gegnerische Haftpflichtversicherer die Kosten dafür erstatten.

 

So entschied es das Landgericht (LG) Lüneburg. Das LG wörtlich: „Die Reinigungskosten in Höhe von 25 EUR sind zu erstatten. Diese wurden von der Firma W. in Rechnung gestellt. Es ist nachvollziehbar, dass die Reparatur zu nicht zu vermeidenden Verschmutzungen führt, die am Schluss auch zu beseitigen sind.“

 

Quelle LG Lüneburg, Urteil vom 7.4.2015, 9 S 104/14

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl