Fotolia_60944105_XSAlter und Gebrechlichkeit, aber auch ein Verkehrsunfall oder eine schwere Erkrankung können dazu führen, dass man plötzlich auf die Hilfe anderer angewiesen ist. Wer regelt dann den Alltag, wer die Bankangelegenheiten? Wer entscheidet, ob und wie man im Krankheitsfall behandelt wird? Die Notarkammern raten dazu, für solche Fälle mit Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung vorzusorgen.

„Viele Bürger glauben zu Unrecht, sie müssten für den Ernstfall nichts regeln. Sie meinen, ihr Ehegatte oder ihre Kinder könnten im Ernstfall alles Notwendige in ihrem Sinne in die Wege leiten. Tatsächlich existiert aber keine gesetzliche Vollmacht für die Vertretung Volljähriger – weder für nahe Familienangehörige noch für den Ehegatten. Nur für Minderjährige sieht das Gesetz grundsätzlich eine Vertretung durch die Eltern vor“, erklärt Dr. Steffen Breßler, Geschäftsführer der Notarkammer Koblenz.

Wenn keine Vorsorge getroffen wurde und jemand aufgrund einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung seine Angelegenheiten nicht mehr selbst wahrnehmen kann, wird durch das Betreuungsgericht ein Betreuer bestellt. Den meisten behagt jedoch der Gedanke, dass womöglich ein Fremder ihre Angelegenheiten regeln könnte und dafür auch noch bezahlt werden muss, ganz und gar nicht. „Selbst wenn ein Familienangehöriger zum Betreuer bestellt wird, ist eine Dauerbetreuung wegen des Erfordernisses gerichtlicher Genehmigungen für bestimmte Rechtsgeschäfte sowie der Rechnungslegungspflichten sehr belastend“, weiß Dr. Breßler.

Das Gesetz sieht jedoch vor, dass eine Betreuung nicht erforderlich ist, soweit die Angelegenheiten durch einen Bevollmächtigten ebenso gut besorgt werden können. Eine Betreuungssituation kann daher effektiv mit einer sogenannten Vorsorgevollmacht vermieden werden. Eine solche berechtigt regelmäßig eine Vertrauensperson, für den Vollmachtgeber in vermögensrechtlichen und persönlichen Angelegenheiten tätig zu werden.

Wichtig ist, dass eine Vorsorgevollmacht mindestens schriftlich verfasst sein muss, wenn der Bevollmächtigte auch in gesundheitlichen Angelegenheiten entscheiden können soll. Viele Rechtsgeschäfte des Alltags erfordern jedoch eine über die Schriftform hinausgehende notarielle Vollmacht, insbesondere Grundstücksgeschäfte, gesellschaftsrechtliche Vorgänge und der Abschluss von Darlehensverträgen. Den meisten Banken genügt auch bei den sonstigen Bankgeschäften eine privatschriftliche Vollmacht nicht. Daher ist letztlich nur eine notarielle Vorsorgevollmacht wirklich umfassend und kann die Anordnung einer Betreuung weitestgehend aus-schließen. Denn wie das LG Detmold kürzlich entschieden hat, muss eine Bank eine umfassende notarielle Vorsorgevollmacht anerkennen und darf nicht etwa eine gesonderte Bankvollmacht fordern (10 S 110/14).

Eine solch weitreichende Vollmacht sollte jedoch trotz der großen Vorteile nicht unüberlegt erteilt werden. „Eine Vollmacht ist stets Vertrauenssache“, mahnt Dr. Steffen Breßler. Der Vollmachtgeber sollte sich genau überlegen, wen er als Bevollmächtigten einsetzt. Wenn niemand vorhanden ist, dem ausreichendes Vertrauen entgegengebracht wird, kann statt einer Vollmacht eine Betreuungsverfügung errichtet werden, mit der dem Gericht eine bestimmte Person als Betreuer vorgeschlagen oder auch ausgeschlossen wird. Außerdem können Anweisungen zu Art und Weise einer etwaigen Betreuung getroffen werden.

Von der Vorsorgevollmacht und der Betreuungsverfügung ist die Patientenverfügung zu unterscheiden. Eine Patientenverfügung ist eine persönliche Handlungsanweisung an Ärzte, welche Behandlung gewünscht wird oder unterlassen werden soll, insbesondere im Falle einer schweren und lebensbedrohlichen Erkrankung oder Verletzung. Eine bloße Patientenverfügung führt jedoch nicht dazu, dass eine Vertrauensperson berechtigt ist, Entscheidungen in Gesundheitsfragen oder gar in Vermögensangelegenheiten zu treffen. Hierzu bedarf es einer Vorsorgevollmacht. Dies wird oftmals verkannt.

„Die notarielle Beratung stellt sicher, dass der Wille des Beteiligten rechtlich sicher umgesetzt wird und die verschiedenen Erklärungen optimal aufeinander abgestimmt werden“, so Dr. Steffen Breßler. Die Kosten einer beurkundeten Vorsorgevollmacht sind dabei moderat. Sie richten sich in erster Linie nach dem Vermögen des Vollmachtgebers. Bei einem Vermögen von 100.000 EUR kostet eine umfängliche General- und Vorsorgevollmacht maximal 165 EUR zuzüglich Umsatzsteuer und Auslagen, die Beratung des Notars inklusive.

Quelle: Hamburgische Notarkammer

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Real Estate investmentWünscht der Bauherr eine Umplanung, muss er sich die zeitlichen Folgen selber zurechnen lassen. Sind verbindliche Ausführungsfristen im Sinne der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B vereinbart worden, gilt der Wunsch nach Umplanung als eine offenkundige Behinderung.

Folge der offenkundigen Behinderung ist nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Köln, dass sich die vereinbarten Ausführungsfristen verlängern. Gerät der Auftragnehmer durch den Umplanungswunsch des Auftraggebers in einen terminlichen Rückstand, kann der Auftraggeber von ihm nicht verlangen, Abhilfe zu schaffen. Das gilt auch, wenn die Vertragsfristen offenbar gefährdet sind. Der Auftragnehmer ist dann nicht dazu verpflichtet, die Folgen einer eingetretenen Behinderung durch Beschleunigungsmaßnahmen aufzufangen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass der Auftraggeber den Vertrag nicht fristlos kündigen kann, wenn der Auftragnehmer kein zusätzliches Personal zur Verfügung stellt und der ursprünglich vereinbarte Fertigstellungstermin deshalb nicht gehalten werden kann.

Die Entscheidung ist mittlerweile rechtskräftig, nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen hat (Quelle: OLG Köln, Urteil vom 30.7.2013, 24 U 179/11; BGH, Beschluss vom 25.6.2015, VII ZR 228/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

PuzzleEin Wohnungseigentümer ist nicht verpflichtet an einer Wohnungseigentümerversammlung teilzunehmen oder in dieser bis zum Ende zu bleiben. Eine solche Pflicht ist dem Gesetz über das Wohnungseigentum (WEG) nicht zu entnehmen. Auch gibt es keine entsprechende Treuepflicht des Wohnungseigentümers.

Hierauf wies das Amtsgericht Neumarkt hin. Es sei daher nicht treuwidrig, wenn der Wohnungseigentümer die Eigentümerversammlung vorzeitig verlasse und damit die Versammlung beschlussunfähig mache. Er könne sich gleichwohl später auf die fehlende ­Beschlussfähigkeit berufen, wenn er sich in einer Anfechtungsklage gegen Beschlüsse wendet, die nach seinem Weggang getroffen wurden (Quelle: Amtsgericht Neumarkt, Urteil vom 20.8.2015, 4 C 5/14 WEG).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

paragraphRentner, die zum Stichtag der Einführung der neuen abschlagsfreien Rente mit 63 Jahren für besonders langjährig Versicherte am 1. Juli 2014 bereits eine Altersrente mit Abschlägen bezogen, können nicht in die neue abschlagsfreie Rente wechseln.

Dies hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz entschieden. Der Kläger bezog ab dem 1.1.13 eine Altersrente nach Altersteilzeitarbeit mit Abschlägen aufgrund des Rentenbeginns vor Erreichen der Regelaltersgrenze. Im Juli 2014 beantragte er einen Wechsel in die neu eingeführte abschlagsfreie Rente mit 63 Jahren für besonders langjährig Versicherte, weil er die Voraussetzungen erfülle. Dies lehnte der Rentenversicherungsträger ab, weil ein solcher Wechsel gesetzlich ausgeschlossen sei.

Die dagegen gerichtete Klage vor dem Sozialgericht Speyer blieb erfolglos. Auch die Berufung wurde zurückgewiesen. Ein Wechsel der Rentenart sei durch § 34 Abs. 4 SGB VI ausdrücklich ausgeschlossen. Es liege insoweit weder eine Regelungslücke für die neue Rentenart vor, noch bestehe eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Bestandsrentnern. Der Gesetzgeber habe zu Recht eine Stichtagsregelung treffen dürfen, die nur neue Renten nach dem Stichtag betreffe (Quelle: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.8.15, L 6 R 114/15).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Platten / IdeeWechselt der Versicherungsnehmer von einem Tarif zu einem anderen, kann ein privater Krankenversicherer unter bestimmten Umständen das Recht haben, einen individuellen Risikozuschlag zu erheben.

Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) hin. Bestehe ein Anspruch des Versicherungsnehmers auf einen Tarifwechsel, könne der Versicherer, soweit die Leistungen in dem Tarif, in den der Versicherungsnehmer wechseln will, höher oder umfassender sind als in dem bisherigen Tarif, für die Mehrleistung einen Leistungsausschluss oder einen angemessenen Risikozuschlag und auch eine Wartezeit verlangen. In dem betreffenden Fall bestätigte der BGH daher den vom Versicherer erhobenen individuellen Risikozuschlag. Dort hatte der Versicherungsnehmer zunächst einen Tarif mit Pauschalprämie gewählt. Hier war das durch Vorerkrankungen des Versicherten bedingte Risiko zuschlagsfrei einkalkuliert. Später wollte er in einen Tarif mit Grundprämie für ein Basisrisiko und Risikozuschlägen wechseln (Quelle: BGH, Urteil vom 15.7.2015, IV ZR 70/15).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

stapel_paragraph_01Wird ein neues Wohnmobil nach dem Kauf nicht abgenommen, schuldet die erbende Ehefrau des zwischenzeitlich verstorbenen Käufers Schadenersatz.

Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm und verurteilte die beklagte Erbin, ca. 6.000 EUR Schadenersatz an die klagende Wohnmobilhändlerin zu zahlen. Der Ehemann der Frau hatte bei der Händlerin auf dem Caravan Salon in Düsseldorf im September 2013 ein neues Wohnmobil des französischen Herstellers Trigano vom Typ Best of Chausson zum Kaufpreis von ca. 40.000 EUR bestellt. Vereinbart wurde zudem, dass das alte Wohnmobil für 12.000 EUR in Zahlung genommen werden sollte. Auf der Fahrt mit seinem alten Wohnmobil zur Händlerin, bei der der Ehemann das neue Wohnmobil in Empfang nehmen wollte, kam es zu einem Unfall. Dabei erlitt das alte Wohnmobil einen Totalschaden. Der Ehemann zog sich Verletzungen zu, an denen er wenige Tage später verstarb. Die Ehefrau bat daraufhin die Händlerin, den Kaufvertrag rückgängig zu machen. Sie habe keine Verwendung für das neue Wohnmobil. Auch könne sie den Kauf nicht finanzieren. Die Händlerin ist in der Folgezeit vom Kaufvertrag zurückgetreten. Nun fordert sie von der Ehefrau Schadenersatz in Höhe von 6.000 EUR. Dazu verweist sie auf ihre Verkaufsbedingungen. Darin ist eine Schadenersatzpauschale von 15 Prozent des Kaufpreises enthalten.

Die Schadenersatzklage war erfolgreich. Nach dem Urteil des OLG steht der Händlerin die in ihren Verkaufsbedingungen geregelte Schadenersatzpauschale i.H.v. 15 Prozent des Kaufpreises zu. Die Ehefrau sei als Erbin des verstorbenen Käufers dem Grunde nach zum Schadenersatz verpflichtet. Ihr Ehemann habe einen verbindlichen Kaufvertrag über das neue Wohnmobil abgeschlossen. Dieser habe den Ehemann und – nach seinem Tod – die Ehefrau als Erbin zur Abnahme des gekauften Fahrzeugs verpflichtet. Nachdem die Ehefrau das Fahrzeug auch nach einer von der Händlerin gesetzten Frist nicht abgeholt und die Händlerin deswegen vom Kaufvertrag zurückgetreten sei, stehe der Händlerin Schadenersatz zu.

Die Höhe des Schadenersatzes belaufe sich entsprechend der Regelung in den Verkaufsbedingungen der Händlerin auf 15 Prozent des Kaufpreises, ca. 6.000 EUR. Mit dieser Pauschale könne die Händlerin ihren Schaden begründen. Die in den Verkaufsbedingungen vorgesehene Pauschalierung sei nach Ansicht der Richter wirksam. Sie halte dem Käufer die Möglichkeit offen, eine geringere Schadenshöhe oder den Nichteintritt eines Schadens nachzuweisen. Die Ehefrau habe nicht nachgewiesen, dass nur ein geringerer Schaden eingetreten sei. Nach dem Vortrag der Händlerin belaufe sich ihr konkreter Schaden zudem auf einen Betrag in der Größenordnung von über 12.000 EUR.

Demgegenüber habe die Händlerin keinen Anspruch auf etwaige Ersatzleistungen, die die Ehefrau für das verunfallte Wohnmobil erhalten hat. Es habe ein einheitlicher Kaufvertrag vorgelegen. Dieser habe es dem Käufer gestattet, einen Kaufpreisteil i.H.v. 12.000 EUR durch die Übereignung seines bisher genutzten Gebrauchtwagens zu ersetzen. Wenn der Verkäufer nach seinem Rücktritt von diesem Kaufvertrag einen wirtschaftlichen Nachteil aus der unterbliebenen Hereinnahme des Gebrauchtfahrzeugs geltend machen wolle, müsse er den entstandenen Schaden insgesamt konkret abrechnen. Das habe die Händlerin mit der von ihr geltend gemachten Schadenersatzpauschale gerade nicht getan (Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 27.8.2015, 28 U 159/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Paragraph Letter 2Wird eine Geldbuße von mehr als 250 EUR verhängt, muss das Gericht die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters feststellen.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. hin. Die Richter machten deutlich, dass dies für eine gerechte Strafe erforderlich sei. Es hänge nämlich von der Leistungs­fähigkeit des Täters ab, wie empfindlich und damit nachhaltig ihn die Geldbuße trifft (Quelle: OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 19.6.2015, 2 Ss OWi 474/15).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Deutsche Gesetze 1Ein Fahrgast macht sich auch dann wegen Beförderungserschleichung strafbar, wenn er an seiner Mütze einen Zettel mit der sicht- und lesbaren Aufschrift „Ich fahre schwarz“ angebracht hat.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Köln und verwarf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bonn als unbegründet. Der Angeklagte hatte am 11.11.2011 in Köln den ICE Richtung Frankfurt/Main bestiegen und sich einen Sitzplatz gesucht, ohne über eine Fahrkarte zu verfügen. Zuvor hatte er einen Zettel mit der Aufschrift „Ich fahre schwarz“ in seine umgeklappte Wollmütze gesteckt, ohne sich beim Einsteigen oder bei der Sitzplatzsuche einem Mitarbeiter der Deutschen Bahn zu präsentieren. Erst bei einer routinemäßigen Fahrscheinkontrolle wurde der Zugbegleiter auf den Angeklagten und den von ihm getragenen Zettel aufmerksam.

Der Senat geht wie das Landgericht davon aus, dass ungeachtet der an der Mütze angebrachten Mitteilung das Verhalten des Angeklagten den Straftatbestand der Beförderungserschleichung erfüllt, wenn er in den abfahrbereiten ICE einsteigt, sich anschließend einen Sitzplatz sucht und dem Zugbegleiter erst bei routinemäßiger Kontrolle auffällt. Denn mit diesem Verhalten gebe er sich den Anschein, er werde nach den Geschäftsbedingungen der Bahn rechtmäßig befördert. Der an der Mütze angebrachte Zettel mit der Aufschrift „Ich fahre schwarz“ erschüttere diesen Eindruck nicht. Hierzu wäre erforderlich, dass der Fahrgast offen und unmissverständlich zum Ausdruck bringt, den Fahrpreis nicht entrichten zu wollen. Dass andere Fahrgäste vor Fahrtantritt oder während der Fahrt die Aufschrift wahrnehmen, sei unerheblich. So sei es nach den Beförderungsbedingungen möglich gewesen, noch im Zug einen Fahrschein zu lösen. Damit erscheine das Verhalten des Angeklagten zunächst regelkonform. Auch interessiere sich ein Fahrgast regelmäßig nicht dafür, ob andere Fahrgäste über eine Fahrkarte verfügten. Schließlich sei es nicht Sache der anderen Fahrgäste, den Fahrpreisanspruch der Deutschen Bahn durchzusetzen oder den Fahrgast ohne Fahrschein an der Beförderung zu hindern (Quelle: OLG Köln, Beschluss vom 2.9.2015, III-1 RVs 118/15).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Urteil BundesgerichtshofAuch wenn ein Werkvertrag wegen Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz nichtig ist, hat der Besteller, der den Werklohn bereits gezahlt hat, gegen den Unternehmer keinen Rückzahlungsanspruch. Das gilt auch, wenn die Werkleistung mangelhaft ist.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Bauherrn, der einen Handwerker mit Dachausbauarbeiten beauftragt hatte. Vereinbart wurde ein Werklohn von 10.000 EUR ohne Umsatzsteuer. Der Handwerker führte die Arbeiten aus und stellte eine Rechnung ohne Steuerausweis. Der Bauherr zahlte den geforderten Betrag. Mit der Klage verlangt er jetzt Rückzahlung von 8.300 EUR wegen Mängeln der Werkleistung.

Das Oberlandesgericht hat der Klage insoweit stattgegeben. Der BGH hat die Entscheidung des Oberlandesgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Richter am BGH wiesen darauf hin, dass der Beklagte bewusst gegen die Vorschriften des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz) verstoßen habe. Er habe mit dem Bauherrn, der dies auch zu seinem Vorteil ausgenutzt hat, vereinbart, dass für den Werklohn keine Rechnung mit Steuerausweis gestellt und keine Umsatzsteuer gezahlt werden sollte.

Der BGH hat bereits entschieden, dass in solchen Fällen weder Mängelansprüche des Bestellers noch Zahlungsansprüche des Werkunternehmers bestehen (BGH, Urteile vom 1.8.2013, VII ZR 6-13 und vom 10.4.2014, VII ZR 241-13).

Dem Bauherrn steht auch kein Anspruch auf Ausgleich der Bereicherung des Handwerkers zu. Dessen Bereicherung besteht darin, dass der Bauherr für die mangelhafte Werkleistung zu viel bezahlt hat. Zwar kann ein Besteller, der aufgrund eines nichtigen Vertrags Leistungen erbracht hat, von dem Unternehmer grundsätzlich die Herausgabe dieser Leistungen verlangen. Dies gilt jedoch nach dem Gesetz nicht, wenn der Besteller mit seiner Leistung gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat. Das ist hier der Fall. Ziel des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes ist es, die Schwarzarbeit zu verhindern. Nach dem Gesetz verstößt nicht nur die vertragliche Vereinbarung der Parteien gegen ein gesetzliches Verbot. Auch die aufgrund dieser Vereinbarung erfolgende Leistung – also die Zahlung – verstößt gegen das Gesetz.

Diesem Gedanken stehen die Grundsätze von Treu und Glauben nicht entgegen. Die Durchsetzung der vom Gesetzgeber mit dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verfolgten Ziele, die Schwarzarbeit effektiv einzudämmen, erfordert eine strikte Anwendung dieser Vorschrift. Insoweit ist eine andere Sicht geboten, als sie vom Senat noch zum Bereicherungsanspruch nach einer Schwarzarbeiterleistung vertreten wurde, die nach der alten Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit zu beurteilen war (BGH, Urteil vom 31.5.1990, VII ZR 336/89) (Quelle: BGH, Urteil vom 11.6.2015, VII ZR 216/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Abstract cube from puzzle on white backgroundGehen die Gästezahlen eines in einem Einkaufszentrum betriebenen ­Restaurants zurück, weil eine gleichfalls im Einkaufszentrum gelegene Veranstaltungshalle wegen einer Nutzungsuntersagungsverfügung nicht betrieben werden darf, begründet dies keinen Mangel der Mietsache. Betreiben andere Mieter ihren Veranstaltungsbetrieb nicht, wirkt sich das nicht unmittelbar auf die Gebrauchstauglichkeit des Mietobjekts aus. Betroffen ist allenfalls der mit dem darin betriebenen Gewerbe erzielbaren Gewinn.

Diese Feststellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf. Die Richter machten deutlich, dass es auch keine zusicherungsfähige Eigenschaft der Mietsache ist, ob ein Restaurant durch Gäste einer Veranstaltungshalle frequentiert wird. Ob und in welchem Umfang potenzielle Gäste durch die Attraktivität eines Einkaufszentrums angezogen werden und damit letztlich zu einem wirtschaftlichen Erfolg des in den Mieträumen betriebenen Gewerbes beitragen, beurteilt sich nach Umständen, die außerhalb des Mietobjektes liegen und ihre Ursache nicht in seiner Beschaffenheit haben.

Ansprüche aus den Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage kommen nicht in Betracht, wenn sich Erwartungen oder Umstände geändert haben, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Vertragsparteien fallen sollen. Das Risiko, mit einem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können, gehört aber zum allgemeinen unternehmerischen Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko. Das liegt grundsätzlich beim Mieter.

Die Entscheidung ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof hat die Nichtzulassungsbeschwerde des Mieters zurückgewiesen (11.3.2015, XII ZR 73/14) (Quelle: OLG Düsseldorf, Urteil vom 5.6.2014, 24 U 159/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl