Ein in Deutschland lebender polnischer Staatsangehöriger kann mit seiner deutschen Ehefrau formell wirksam ein Ehegattentestament errichten.

Diese Klarstellung hat das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig getroffen. Zwar verbiete das polnische Zivilgesetzbuch ein gemeinschaftliches Testament. Hier greifen jedoch die deutschen bzw. polnischen Kollisionsregeln. Danach kann ein solches Ehegattentestament errichtet werden. Es muss lediglich zwingend als Form eingehalten werden, dass der andere Ehegatte das gemeinschaftliche Testament eigenhändig mitunterzeichnet. Er selbst muss das gemeinschaftliche Testament im Übrigen nicht handschriftlich selbst niedergeschrieben haben.

Auch ist nicht erforderlich, dass der mitunterzeichnende Ehegatte seinen Beitritt erklärt, indem er formuliert, dass der vorstehende, von dem anderen Ehegatten niedergeschriebene Wille auch sein Wille sei. Daher ist es auch möglich, wenn eine solche Erklärung von dem anderen Ehegatten vorformuliert wird und er lediglich seine Unterschrift darunter setzt.

Quelle: OLG Schleswig, Beschluss vom 25.4.2016, 3 Wx 122/15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Geschlecht eines Intersexuellen kann im Geburtenregister nicht mit „inter“ oder „divers“ eingetragen werden.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall einer antragstellenden Person, die  ihr Geschlecht im Geburtseintrag auf „inter“ oder „divers“ ändern lassen wollte. Sie hatte eine Chromosomenanalyse vorgelegt, wonach sie über einen numerisch auffälligen Chromosomensatz mit einem X-Chromosom und einem fehlenden zweiten Gonosom verfügt. Sie sei weder Frau noch Mann. Der Antrag wurde in allen Instanzen zurückgewiesen.

Eine Änderung der Eintragung im Geburtenregister in „inter“ bzw. „divers“ ist nach geltendem Recht nicht möglich. Die Eintragungen dort haben lediglich eine dienende Funktion. Sie enthalten Angaben, die insbesondere nach den Regeln des Familienrechts grundlegende Bedeutung für die persönliche Rechtsstellung besitzen. Das Familienrecht geht von einem binären Geschlechtersystem aus (Mann oder Frau). Der Gesetzgeber hat zwar mit der Neuregelung des § 22 Abs. 3 PStG für intersexuelle Menschen, die sich den bekannten Geschlechtern nicht zuordnen lassen, die Möglichkeit geschaffen, von einer Eintragung des Geschlechts im Geburtenregister abzusehen. Er hat damit jedoch kein weiteres Geschlecht geschaffen.

Der BGH hat auch keine Veranlassung gesehen, die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Die Frage, ob die früher bestehende Notwendigkeit, entweder als männlich oder als weiblich im Geburtenregister eingetragen zu werden, Intersexuelle in ihren Grundrechten verletzt, stellt sich nicht mehr. Denn die Betroffene kann seit der Änderung des Personenstandsrechts zum 1.11.2013 erreichen, dass die Angabe des Geschlechts („Mädchen“) nachträglich aus dem Geburtenregister gelöscht wird. Das wird von ihr aber ersichtlich nicht gewünscht.

Quelle: BGH, Beschluss vom 22.6.2016, XII ZB 52/15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Auch bei fortgeschrittenem Alter eines autistischen Kindes muss die Kindesmutter keine Vollzeittätigkeit aufnehmen, wenn ein deutlich erhöhter Förderungsbedarf des Kindes besteht. Sie kann in diesem Fall Betreuungsunterhalt beanspruchen.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Die Richter verwiesen darauf, dass ein geschiedener Ehegatte vom anderen Ehegatten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen kann. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall bestand ein deutlich erhöhter Förderungs- und Betreuungsbedarf des Kindes, auch wenn es schon 16 Jahre alt war. Der Kindesmutter war daher eine Vollzeittätigkeit nicht zuzumuten. Sie kann daher weiterhin Betreuungsunterhalt beanspruchen.

Quelle: OLG Hamm, Beschluss vom 2.6.2016, 6 WF 19/16.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine Patientenverfügung ist nur wirksam, wenn sie konkrete Angaben des Betroffenen enthält. Nicht ausreichend sind allgemeine Anweisungen, wie die Aufforderung, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen oder zuzulassen, wenn ein Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten ist.

Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall einer Frau hin, die Ende 2011 einen Hirnschlag erlitten hatte. Noch im Krankenhaus wurde ihr eine Magensonde gelegt, über die sie seitdem ernährt wird und Medikamente verabreicht bekommt. Seitdem lebte sie in einem Pflegeheim. Seit 2013 konnte sie nicht mehr sprechen. 2003 und 2011 hatte sie zwei wortlautidentische Schriftstücke mit der Überschrift „Patientenverfügung“ unterschrieben. Darin hatte sie bestimmt, dass „lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben“ sollten, wenn aufgrund von Krankheit oder Unfall ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleibe. An die „Patientenverfügung“ angehängt war die einer ihrer drei Töchter erteilte Vorsorgevollmacht. Diese sollte an ihrer Stelle mit der behandelnden Ärztin alle erforderlichen Entscheidungen absprechen, ihren Willen im Sinne dieser Patientenverfügung einbringen und in ihrem Namen Einwendungen vortragen, die die Ärztin berücksichtigen solle.

Außerdem hatte die Betroffene 2003 in einer notariellen Vollmacht dieser Tochter Generalvollmacht erteilt. Diese berechtigte zur Vertretung auch in Fragen der medizinischen Versorgung und Behandlung. Die Bevollmächtigte könne „in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, in eine Heilbehandlung oder in die Durchführung eines ärztlichen Eingriffs einwilligen, die Einwilligung hierzu verweigern oder zurücknehmen.“ Die Vollmacht enthielt zudem die Befugnis, über den Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen zu entscheiden. Weiter hieß es, dass die Betroffene im Falle einer zum Tode führenden Erkrankung keinen Wert auf solche Maßnahmen lege, wenn feststehe, dass eine Besserung des Zustands nicht erwartet werden könne.

Die Bevollmächtigte und die Hausärztin sind übereinstimmend der Auffassung, dass der Abbruch der künstlichen Ernährung gegenwärtig nicht dem Willen der Betroffenen entspricht. Demgegenüber vertreten die beiden anderen Töchter der Betroffenen die gegenteilige Meinung. Deshalb haben sie beim Betreuungsgericht angeregt, einen sog. Kontrollbetreuer zu bestellen. Dieser solle die ihrer Schwester erteilten Vollmachten widerrufen. Während das Amtsgericht dies abgelehnt hat, hat das Landgericht eine der beiden auf Abbruch der künstlichen Ernährung drängenden Töchter zur Betreuerin der Betroffenen bestellt. Die Betreuung wurde auf den Aufgabenkreis „Widerruf der von der Betroffenen erteilten Vollmachten, allerdings nur für den Bereich der Gesundheitsfürsorge“ beschränkt. Die Rechtsbeschwerde der bevollmächtigten Tochter war erfolgreich. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

Der BGH stellt klar: Ein Bevollmächtigter kann nach § 1904 BGB die Einwilligung, Nichteinwilligung und den Widerruf der Einwilligung des einwilligungsunfähigen Betroffenen rechtswirksam ersetzen, wenn ihm die Vollmacht schriftlich erteilt ist und der Vollmachttext hinreichend klar umschreibt, dass sich die Entscheidungskompetenz des Bevollmächtigten auf die im Gesetz genannten ärztlichen Maßnahmen sowie darauf bezieht, diese zu unterlassen oder am Betroffenen vornehmen zu lassen. Hierzu muss aus der Vollmacht auch deutlich werden, dass die jeweilige Entscheidung mit der begründeten Gefahr des Todes oder eines schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schadens verbunden sein kann.

Ob die beiden von der Betroffenen erteilten privatschriftlichen Vollmachten diesen inhaltlichen Erfordernissen gerecht werden, unterliegt Bedenken. Nach ihrem Wortlaut enthalten sie lediglich die Ermächtigung zur Mitsprache in den in der Patientenverfügung genannten Fallgestaltungen, nicht aber zur Bestimmung der Vorgehensweise. Jedenfalls die notarielle Vollmacht genügt aber den gesetzlichen Anforderungen.

Eine schriftliche Patientenverfügung entfaltet nur unmittelbare Bindungswirkung, wenn ihr konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen entnommen werden können. Von vornherein nicht ausreichend sind allgemeine Anweisungen, wie die Aufforderung, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen oder zuzulassen, wenn ein Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten ist. Allerdings dürfen die inhaltlichen Anforderungen an eine Patientenverfügung aber auch nicht überspannt werden. Vorausgesetzt werden kann nur, dass der Betroffene umschreibend festlegt, was er in einer bestimmten Lebens- und Behandlungssituation will und was nicht. Die Äußerung, „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ zu wünschen, enthält jedenfalls für sich genommen keine hinreichend konkrete Behandlungsentscheidung. Die insoweit erforderliche Konkretisierung kann aber gegebenenfalls erfolgen, indem bestimmte ärztliche Maßnahmen benannt werden oder auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen Bezug genommen wird.

Danach kommen sowohl die beiden privatschriftlichen Schriftstücke als auch die in der notariellen Vollmacht enthaltenen Äußerungen nicht als bindende, auf den Abbruch der künstlichen Ernährung gerichtete Patientenverfügungen in Betracht. Sie beziehen sich nicht auf konkrete Behandlungsmaßnahmen, sondern benennen ganz allgemein „lebensverlängernde Maßnahmen“. Auch im Zusammenspiel mit den weiteren enthaltenen Angaben ergibt sich nicht die für eine Patientenverfügung zu verlangende bestimmte Behandlungsentscheidung.

Auf der Grundlage der vom Landgericht getroffenen Feststellungen ergibt sich auch kein auf den Abbruch der künstlichen Ernährung gerichteter Behandlungswunsch oder mutmaßlicher Wille der Betroffenen. Daher kann derzeit nicht angenommen werden, dass die Bevollmächtigte sich offenkundig über den Willen ihrer Mutter hinwegsetzt. Das wäre für die Anordnung einer Kontrollbetreuung in diesem Zusammenhang erforderlich. Das Landgericht muss nun prüfen, ob mündliche Äußerungen der Betroffenen vorliegen, die einen Behandlungswunsch darstellen oder die Annahme eines auf Abbruch der künstlichen Ernährung gerichteten mutmaßlichen Willens der Betroffenen rechtfertigen.

Quelle: BGH, Beschluss vom 6.7.2016, XII ZB 61-16.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Unter Paaren ist die Auffassung weit verbreitet, die Vereinbarung der Gütertrennung in einem Ehevertrag sei notwendig, um nicht für die Schulden des anderen aufkommen zu müssen. Dem liegt der Irrtum zugrunde, dass es durch die Eheschließung zu einer Vermögensvermischung und einer automatischen Haftung für die Schulden des Ehegatten kommt.

„Wir wollen Gütertrennung vereinbaren, damit wir unser Vermögen getrennt halten können und nicht für die Schulden des anderen haften müssen.“ Mit dieser Begründung suchen viele heiratswillige oder bereits verheiratete Paare einen Notar auf. Hier zeigt sich, dass die Vorstellungen der Beteiligten oftmals sehr stark von der tatsächlichen Rechtslage abweichen. Denn auch im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft bleiben die jeweiligen Vermögen strikt getrennt und jeder behält bei einer Scheidung grundsätzlich das Vermögen, das er in die Ehe eingebracht hat. Auch haftet kein Ehegatte aufgrund dieses Güterstands für die Schulden des anderen. Für die Schulden des anderen wird nur gehaftet, wenn ein Ehegatte für den anderen eine Bürgschaft übernimmt oder einen Darlehensvertrag mit unterschreibt. Diese Haftung ist unabhängig vom Güterstand. Sie folgt ausschließlich aus der zusätzlichen Unterschrift.

Der Begriff „Zugewinngemeinschaft“ ist allerdings leicht missverständlich. Der Unterschied besteht darin, dass es bei der Gütertrennung im Falle der Beendigung der Ehe zu keinerlei gegenseitigen Ausgleichszahlungen kommt. Auch die Zugewinngemeinschaft ist während der Ehezeit eine Gütertrennung. Allerdings muss derjenige Ehegatte, der während der Ehe mehr erwirtschaftet hat als der andere, einen Zugewinnausgleich zahlen.

Dahinter steht der Gedanke, dass zwischen den Ehegatten auch bei unterschiedlichen Aufgaben eine gleichberechtigte Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft besteht. Insbesondere soll derjenige, der sich um Haushalt und Familie kümmert, während der andere Ehegatte durchgehend erwerbstätig ist, bei einer Scheidung nicht leer ausgehen. Berücksichtigt werden hierbei allerdings nur Wertentwicklungen (Zugewinn) während der Ehe, indem das jeweilige Vermögen zum Ende der Ehe mit dem Vermögen, das jeder mit in die Ehe gebracht hat, verglichen wird.

Auch aus anderen Gründen ist die Gütertrennung oftmals nicht zu empfehlen, da sie in den meisten Fällen zum Nachteil des Ehegatten die Erbquote bzw. den Pflichtteil von Kindern und sonstigen Verwandten erhöht und zudem noch erbschaftssteuerliche Nachteile mit sich bringt.

Wenn allerdings die gesetzlichen Rechtsfolgen der Zugewinngemeinschaft nicht den gemeinsamen Vorstellungen der Partner entsprechen und dennoch die Nachteile der Gütertrennung vermieden werden sollen, kann eine individuelle Lösung möglich sein „In den meisten Fällen kann das Ziel durch eine Modifizierung des Zugewinnausgleichs erreicht werden“, erklärt Dr. Andreas Schumacher, Geschäftsführer der Notarkammer Koblenz. „So kann beispielsweise festgelegt werden, dass im Falle des Todes eines Ehegatten die steuerlich und pflichtteilsrechtlich günstigere Zugewinngemeinschaft gelten soll, im Falle einer Scheidung jedoch kein Zugewinnausgleich durchzuführen ist oder Grundstücke oder Unternehmen bei der Berechnung unberücksichtigt bleiben.“

Wichtig ist dabei, dass Vereinbarungen über den Güterstand nur in notariell zu beurkundenden Eheverträgen möglich sind. Ein Ehevertrag kann zu jeder Zeit, also sowohl vor Eheschließung als auch danach geschlossen werden.

Quelle: Hamburgische Notarkammer

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Erbe hat die originäre Pflicht, Pflichtteilsberechtigten gegenüber Auskunft zu erteilen. Es reicht nicht, wenn er seine Auskunftsrechte gegenüber der Bank abtritt.

Das stellte das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart klar. Die Richter wiesen darauf hin, dass der Erbe selbst ermitteln müsse. So müsse er insbesondere die (vollständigen) Kontoauszüge, Sparbücher oder vergleichbare Bankunterlagen in den letzten zehn Jahren einsehen. Zudem müsse er Verfügungen bzw. Auszahlungen zusammenstellen, denen Schenkungen oder sonstige Zuwendungen zugrunde liegen, wenn sie einen bestimmten Betrag übersteigen.

In dem konkreten Fall hielten es die Richter zumindest dann für zumutbar, dass der Erbe kostenpflichtig für zehn Jahre Kontoauszüge etc. von Banken anfordert, wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür gibt, dass es Schenkungen gegeben haben könnte. Hier hatten die Konten des Erblassers zum Stichtag nahezu keine Guthaben aufgewiesen, obwohl er erhebliche monatliche Einkünfte hatte. Dies lasse es nach Ansicht des Gerichts für konkret möglich erscheinen, dass der Erblasser im Zehn-Jahres-Zeitraum vor seinem Tod Beträge verschenkt habe.

Quelle: OLG Stuttgart, Beschluss vom 26.1.2016, 19 W 78/15, Abruf-Nr. 185711 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

erbrechtEin Testament kann angefochten werden, wenn der Erblasser einen zur Zeit des Erbfalls vorhandenen Pflichtteilsberechtigten übergangen hat, der erst geboren worden ist, nachdem das Testament ­errichtet worden ist.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hin. Die Richter machten deutlich, dass in einem solchen Fall das gesamte Testament nichtig sei. Einzelne Verfügungen bleiben nur wirksam, wenn positiv feststellbar ist, dass sie der Erblasser so auch getroffen hätte, falls er von dem weiteren Pflichtteilsberechtigten gewusst hätte, als er die letztwillige Verfügung errichtet hat.

In dem Fall hatte der Erblasser (E) zwei Söhne. Der zweite Sohn wurde erst geboren, nachdem E das Testament errichtet hatte. In dem Testament hatte E seine Frau enterbt und den ersten Sohn zum Alleinerben eingesetzt. Nach dem Tod des E hat der zweite Sohn das Testament angefochten.  Zudem hat er einen Erbschein eingeklagt, der ihn als Erben zu 1/4 ausweist.

Die Richter hielten die Anfechtung für wirksam. Da der zweite Sohn geboren wurde, nachdem E das Testament errichtet hatte, sei er anfechtungsberechtigt. Es werde vermutet, dass der Erblasser anders testiert hätte, wenn der die Existenz eines weiteren Pflichtteilsberechtigten gekannt hätte. Diese Vermutung wird vom Gesetz so vorgegeben. Sie werde auch nicht dadurch widerlegt, dass der Erblasser sein Testament nicht ändert, nachdem er von dem weiteren Pflichtteilsberechtigten erfahren hat.

Gleichwohl sei der Erbscheinsantrag des zweiten Sohnes jedoch zurückzuweisen. Zwar bleibe die Ehefrau auch enterbt, nachdem das Testament wirksam angefochten wurde. Die beiden Söhne seien dann gesetzliche Erben zu je 1/2. Da der zweite Sohn nur 1/4 verlangt habe, habe er den falschen Erbscheinsantrag gestellt. Daher müsse sein Erbscheinsantrag insgesamt zurückgewiesen werden.

Quelle: OLG Schleswig, Beschluss vom 7.12.2015, 3 Wx 108/15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

RechtsbücherHat von ausländischen Eltern zumindest ein Elternteil seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, erhält das Kind automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft. Auf diese Frist ist auch ein Aufenthalt zu Studienzwecken anzurechnen, wenn er sich später zu einem Daueraufenthalt verfestigt hat.

Das stellte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) im Fall eines 2013 im Bundesgebiet geborenen Mädchens (T) klar. Deren Eltern sind israelische Staatsangehörige. Ihr Vater (V) kam 1999 zum Studium nach Deutschland. Er erhielt 2004 eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen, nachdem er eine Deutsche geheiratet hat. Nach der Trennung der Eltern bekam er in 2006 eine Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken. Nach erfolgreichem Abschluss seines Medizinstudiums erhielt er 2010 eine Aufenthaltserlaubnis, um seine Beschäftigung auszuüben. Seit 2011 ist er im Besitz einer Niederlassungserlaubnis. Die Behörde stellte 2013 fest, dass die T die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt im Inland erworben habe, weil der Aufenthalt des V zeitweilig nur zu Studienzwecken erlaubt gewesen sei. Die hiergegen erhobene Klage war in den Vorinstanzen erfolgreich.

Das BVerwG hat die Revision der am Verfahren beteiligten Landesanwaltschaft zurückgewiesen. Nach dem im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) verankerten Geburtsortprinzip (ius soli) erwirbt ein Kind ausländischer Eltern durch Geburt im Inland die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil hier über einen verfestigten Aufenthalt verfügt. Dies setzt u. a. voraus, dass er seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Ein gewöhnlicher Aufenthalt liegt vor, wenn der Ausländer sich im Inland nicht nur vorübergehend, sondern auf unabsehbare Zeit aufhält. Die Rechtmäßigkeit des gewöhnlichen Aufenthalts kann sich auch aus einer Aufenthaltserlaubnis zu Ausbildungszwecken ergeben. Dem steht nicht entgegen, dass diese nur für einen bestimmten, seiner Natur nach vorübergehenden Aufenthaltszweck erteilt wird. Denn seit dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes in 2005 können auch Aufenthaltstitel zu Ausbildungszwecken in einen Daueraufenthalt münden. Damit genügen sie den an die Rechtmäßigkeit eines gewöhnlichen Aufenthalts zu stellenden Anforderungen im Staatsangehörigkeitsrecht, wenn sie dem Ausländer einen Zugang zu einer dauerhaften Aufenthaltsposition eröffnet haben.

Vorliegend hatte der V bei der Geburt der T seinen gewöhnlichen Aufenthalt seit über acht Jahren im Inland. Trotz wechselnder Aufenthaltszwecke war ein Ende seines Aufenthalts zu keinem Zeitpunkt abzusehen. Der gewöhnliche Aufenthalt war in dieser Zeit auf der Grundlage der ihm erteilten Aufenthaltstitel auch bis auf eine Unterbrechung von wenigen Tagen in 2008 rechtmäßig. Diese Unterbrechung entstand, weil ein Antrag verspätet gestellt wurde. Das ist aber nach dem StAG unbeachtlich.

Quelle: BVerwG, Urteil vom 26.4.2016, 1 C 9.15.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Businessman and mazeAus dem Grundgesetz folgt kein Anspruch eines Kindes gegenüber dem mutmaßlich leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater, ein Verfahren zur sogenannten rechtsfolgenlosen Klärung der Abstammung einleiten zu können.

So entschied es das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass der aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitete Schutz der Kenntnis der eigenen Abstammung nicht absolut sei. Er müsse vielmehr mit widerstreitenden Grundrechten in Ausgleich gebracht werden. Hierfür verfüge der Gesetzgeber über einen Ausgestaltungsspielraum. Auch wenn eine andere gesetzliche Lösung verfassungsrechtlich denkbar wäre, so ist es vom Ausgestaltungsspielraum des Gesetzgebers – auch im Lichte der Europäischen Konvention für Menschenrechte – gedeckt, wenn die rechtsfolgenlose Klärung der Abstammung nur innerhalb der rechtlichen Familie, nicht aber gegenüber dem mutmaßlich leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater besteht.

Quelle: BVerfG, Urteil vom 19.4.2016, 1 BvR 3309/13.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Platten / IdeeUnter bestimmten Voraussetzungen kann von einem nicht erwerbstätigen Ehegatten schon während des ersten Trennungsjahres verlangt werden, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.

Auf diese Pflicht machte das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz aufmerksam. Die Richter wiesen zunächst auf den Grundsatz im Unterhaltsrecht hin. Danach kann von dem nicht erwerbstätigen Ehegatten nur dann verlangt werden, seinen Unterhalt selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen erwartet werden kann. Zu berücksichtigen sind dabei insbesondere eine frühere Erwerbstätigkeit, die Dauer der Ehe und die wirtschaftlichen Verhältnisse beider Ehegatten. Der Ehegatte kann also nicht davon ausgehen, dass er grundsätzlich während des ersten Trennungsjahres keine Erwerbstätigkeit aufnehmen muss.

Die Erwerbspflicht betrifft insbesondere den Fall, dass der Ehegatte während des ehelichen Zusammenlebens (weitgehend) erwerbstätig war, also keine klassische Haushaltsführungsehe vorlag. Dann kann er bereits mit der Trennung verpflichtet sein, eine Tätigkeit aufzunehmen oder seine Erwerbsbemühungen fortzusetzen. Das gilt auch, wenn er zum Zeitpunkt der Trennung erwerbslos war.

Quelle OLG Koblenz, Beschluss vom 10.2.2016, 7 WF 120/16, Abruf-Nr. 185927 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl