Ein Streit um einen Erbschein hat kürzlich das Oberlandesgericht (OLG) Celle beschäftigt. Eine Erbin hatte falsche Angaben gemacht – mit unangenehmen Folgen.

Wahrheitswidrige Angaben zum Testament

Eine Frau hatte nach dem Tod ihrer Mutter einen Erbschein beantragt, um als Alleinerbin ausgewiesen zu werden. Sie berief sich dabei auf ein Testament, machte aber falsche Angaben: Sie versicherte eidesstattlich, dass das Testament von der Verstorbenen eigenhändig verfasst worden sei. In Wirklichkeit hatte jedoch die Tochter das Testament geschrieben und die Mutter nur ihre Unterschrift darunter gesetzt.

Testament muss eigenhändig geschrieben sein

Die falschen Angaben betrafen einen entscheidenden Punkt: Ein Testament muss eigenhändig geschrieben oder von einem Notar beurkundet werden. Eigenhändig heißt, dass der Erblasser es komplett selbst und von Hand niederschreiben muss. Die bloße Unterschrift der Mutter reichte deshalb nicht aus – das Testament war unwirksam. Statt des Testaments galt die gesetzliche Erbfolge, das heißt: Die Antragstellerin musste sich das Erbe mit ihren Geschwistern teilen.

Streit um Anwaltskosten

Im Erbscheinverfahren vor dem Amtsgericht (AG) wurden die falschen Angaben aufgeklärt. Der Streit war damit aber nicht erledigt. Denn die Geschwister hatten Anwälte beauftragt, um gegen den unberechtigten Antrag vorzugehen. Zwei Schwestern verlangten die Erstattung der angefallenen Anwaltskosten. Das OLG gab ihnen nun Recht.

Mögliche strafrechtliche Konsequenzen

Für die unterlegene Schwester hat dies nicht nur finanzielle Folgen: Die Akten werden nun der Staatsanwaltschaft übergeben, denn eine falsche eidesstattliche Versicherung ist strafbar. Das OLG sah einen entsprechenden Anfangsverdacht; bis zu einer möglichen Entscheidung im Strafverfahren gilt für die Betroffene die Unschuldsvermutung.

Quelle: OLG Celle, Beschluss vom 9.1.2025, 6 W 156/24Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Anlässlich der Änderung des Geschlechtseintrags sollte aus „Felix“ „Luft Feli“ werden. Das Amtsgericht (AG) Darmstadt hatte dagegen keine Einwände.

Das war geschehen

Eine non-binäre Person, die seit mehreren Jahren den Namen „Luft Feli“ geführt hatte, beantragte, ihren bisherigen Geschlechtseintrag zu streichen und ihren neuen Namen einzutragen. Das Standesamt war sich unsicher, wie es entscheiden sollte und gab die Angelegenheit an das AG weiter. Es ging aber davon aus, dass „Luft“ kein gebräuchlicher Vorname sei. „Feli“ sei zwar ein anerkannter Name, allerdings nur als Abkürzung des weiblichen „Felizitas“. Eine Geschlechtsneutralität sei wohl nicht gegeben.

Das AG war in dieser Frage „entspannter“: Der Namenswahl sei nur eine Grenze zu setzen, wenn sie das Wohl der eintragenden Person beeinträchtigen würde. Weder die Gebräuchlichkeit noch die Geschlechtsbezogenheit seien mehr absolute Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Vornamens. „Luft Feli“ sei im Fall einer non-binären Person zulässig. Das AG wies das Standesamt an, „Luft Feli“ gewähren zu lassen.

Das ist entscheidend für die Namenswahl

Das AG betonte: Weder die Gebräuchlichkeit des Namens noch die Geschlechtsbezogenheit sei entscheidend für die Namenswahl. Die Frage sei nur, ob der gewählte Name „Befremden oder Anstoß“ erregen und die Namensträgerin oder den Namensträger dadurch lächerlich machen würde. Das würde die Entfaltung der Persönlichkeit derart beeinträchtigen, dass der Name zu versagen wäre. In allen sonstigen Fällen dürften Eltern Namen nicht nur erteilen, sondern sogar erfinden.

Name mache Träger nicht lächerlich

Das AG hielt es für „zumindest fraglich“, dass sich „Luft Feli“ bei der heutigen Namensvielfalt lächerlich machen würde. Als Beispiel zog es den Vornamen der Schauspielerin Wolke Hegenbarth heran. Dieser sei inzwischen anerkannt und allein in den Jahren 2010 bis 2014 etwa einhundert Mal vergeben worden. Hinzu komme, dass nicht die Eltern den Namen vergeben wollten, sondern der Namensträger selbst.

Quelle: AG Darmstadt, Beschluss vom 3.4.2025, 50 III 8/25

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Zerreißen eines Testaments durch den Erblasser ist eine Widerrufshandlung. Es wird gesetzlich vermutet, dass dieser Widerrufshandlung eine Widerrufsabsicht zugrunde lag. Die Aufbewahrung des zerrissenen Testaments im Schließfach widerlegt diese Vermutung nicht. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat die Beschwerde des in dem zerrissenen Testament Begünstigten gegen einen auf Basis gesetzlicher Erbfolge erteilten Erbschein zurückgewiesen.

Testament zerrissen, aber aufbewahrt

Der Erblasser war mit seiner Frau in letzter Ehe kinderlos verheiratet. Nach seinem Versterben beantragte die Frau einen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge. Das Nachlassgericht erteilte den Erbschein, der die Frau neben der Mutter des Erblassers als Erben auswies. Zwei Monate später öffneten die Frau und ein Vertreter der Mutter des Erblassers das Schließfach des Erblassers. Dort befand sich ein handschriftliches Testament, das eine andere Person begünstigte. Es war längs in der Mitte durchgerissen. Das Nachlassgericht hat den Antrag des Begünstigten abgelehnt, den bereits erteilten Erbschein im Hinblick auf das nun aufgefundene, zerrissene Testament einzuziehen.

Widerruf durch schlüssige Handlung

Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Das Nachlassgericht habe die Einziehung des Erbscheins zu Recht abgelehnt, da dieser nicht unrichtig geworden sei. Der Begünstigte sei nicht testamentarischer Erbe geworden. Der Erblasser habe das den Begünstigten als Erben einsetzende Testament durch schlüssige Handlung widerrufen.

Durch das Zerreißen des Testaments in der Mitte habe der Erblasser das Testament vernichtet. Es liege insoweit eine Widerrufshandlung vor. Das Testament sei unzweifelhaft auch „nicht durch äußere Einflüsse „anderweitig“ in zwei Teile geraten“. Dafür spreche, dass das Papier mittig, aber nicht vollständig gerade getrennt worden sei. Die Trennränder seien zudem nicht glatt. Anhaltspunkte für ein – ggf. sachverständig aufzuklärendes – anderweitiges Trennen des Schriftstücks in zwei Teile lägen nicht vor. Es sei auch davon auszugehen, dass der Erblasser selbst das Testament zerrissen habe, da nur er Zugang zum Bankschließfach gehabt habe. Nach den Angaben der bei Öffnung des Schließfachs Anwesenden bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Testament beim Öffnen oder Schließen des Schließfachs versehentlich von einer dritten Person zerrissen worden sei.

Gesetzliche Vermutung nicht widerlegt

Es werde gesetzlich vermutet, dass diese Widerrufshandlung mit Widerrufsabsicht erfolgte. Indizien, die diese Vermutung widerlegen würden, seien nicht erkennbar. Warum der Erblasser das zerstörte Testament im Schließfach aufbewahrte, sei zwar nicht nachvollziehbar. Dies allein genüge aber nicht zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung. Der Erblasser habe ausweislich der dokumentierten 31 Öffnungen des Schließfachs dieses offensichtlich nicht ausschließlich zur Aufbewahrung eines ungültigen Testaments angemietet.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 29.4.2025, 21 W 26/25

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Ein rechtlich beachtlicher Irrtum über die Überschuldung des Nachlasses liegt nur vor, wenn sich der Anfechtende in einem Irrtum über die Zusammensetzung des Nachlasses befunden hat, dagegen nicht, wenn lediglich falsche Vorstellungen von dem Wert der einzelnen Nachlassgegenstände vorgelegen haben. So hat es das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken entschieden.

Erblasserin wurde 106 Jahre alt

Die Erblasserin ist im Alter von 106 Jahren ohne Testament verstorben. Zuvor lebte sie seit längeren Jahren in einem Seniorenheim. Die Heim- und Pflegekostenkosten wurden aus Mitteln der Kriegsopferfürsorgestelle bestritten. Diese Leistungen wurden als Darlehen gewährt und durch eine Grundschuld an einem Haus der Erblasserin abgesichert. Der Ehemann der Erblasserin, ihre beiden Kinder und auch bereits ein Enkelkind waren vorverstorben. Gesetzliche Erben waren die Enkel und Urenkel der Erblasserin.

Enkelin schlug Erbschaft aus, Urenkel nicht

Nach dem Tod der Erblasserin hat u.a. die in gesetzlicher Erbfolge zur Erbin berufene Enkelin das Erbe ausgeschlagen und dabei angegeben, dass der Nachlass nach ihrer Kenntnis überschuldet sei. Zwei Urenkel der Erblasserinnen haben das Erbe dagegen nicht ausgeschlagen. In der Folge wurde das Haus der Erblasserin unter Mitwirkung einer gerichtlich bestellten Nachlasspflegerin an Dritte verkauft. Nach dem Verkauf des Hauses hat die Enkelin ihre Erklärung zur Erbausschlagung sodann wegen Irrtums angefochten. Danach hat sie die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der u.a. sie als Erbin zu 1/4 Anteil ausweisen sollte.

Das Nachlassgericht hat entschieden, dass der Erbschein wegen der angefochtenen Erbausschlagungserklärung der Enkelin, wie von ihr beantragt, erteilt werden müsse. Gegen diesen Beschluss wendete sich einer der Urenkel, der die Erbschaft nicht ausgeschlagen hatte, mit seiner Beschwerde.

Oberlandesgericht widersprach Nachlassgericht

Das OLG hat entschieden, dass der Erbscheinsantrag der Enkelin zurückzuweisen sei, da der von ihr beantragte Erbschein die eingetretene Erbfolge unzutreffend wiedergebe. Die Enkelin sei keine Erbin geworden, da sie die Erbschaft wirksam ausgeschlagen habe und sie die Ausschlagungserklärung wegen Irrtums auch nicht wirksam anfechten könne.

Enkelin wusste nichts vom Bankkonto…

Soweit sie Ihren Irrtum damit begründet habe, dass ihr erst im Nachhinein bekannt geworden sei, dass zum Nachlass ein Bankkonto bei der Kreissparkasse Köln mit einem vierstelligen Guthaben gehöre, läge zwar ein beachtlicher Irrtum über die Zusammensetzung des Nachlasses vor. Dieser Irrtum hätte aber nicht ihre Ausschlagung der Erbschaft veranlasst. Denn selbst, wenn ihr das Konto bei der Kreissparkasse Köln bekannt gewesen wäre, hätte dies mangels wirtschaftlichem Gewicht des dortigen Guthabenbetrags gegenüber den restlichen Nachlasspositionen nichts an ihrer Einschätzung der Überschuldung des Nachlasses geändert.

… und unterschätzte den Verkaufserlös des Hauses

Soweit sich die Enkelin darauf berufe, sie habe sich geirrt, dass der Erlös aus dem Verkauf des Hauses der Erblasserin die Verbindlichkeiten aus dem mit der Grundschuld abgesicherten Darlehen für die Heim- und Pflegekosten der Kriegsopferfürsorgestelle übersteige, liege kein Irrtum vor, der zur Anfechtung berechtige. Dieser Irrtum beruhe lediglich auf der unzutreffenden Vorstellung über den Wert des Nachlasses, nicht über dessen Zusammensetzung.

Quelle: OLG Zweibrücken, Beschluss vom 14.8.2024, 8 W 102/23

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Kindesschutzrechtliche Maßnahmen sind streng am Kindeswohl zu orientieren. Sie dienen nicht der Bestrafung eines Elternteils oder allgemeinen Gerechtigkeitserwägungen. Das immer noch herangezogene, überkommene Konzept der sog. Eltern-Kind-Entfremdung (engl. „PAS“) ist nach dem jetzigen Stand der Wissenschaft und Forschung abzulehnen. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat dies in einer aktuellen Entscheidung nun klargestellt.

Streit um elterliche Sorge

Die Eltern ihrer 12, 10 und 7 Jahre alten Kinder stritten um die elterliche Sorge. Sie sind verheiratet und leben seit Sommer 2022 getrennt. Das Sorgerecht üben sie gemeinsam aus. Seit dem Getrenntleben haben die Kinder ihren Lebensmittelpunkt im Haushalt der Mutter. Die Eltern führen seit Beginn der Trennung kindschaftsrechtliche Verfahren. Es kam immer wieder zu massiv eskalierten Konflikten. Ein dauerhaft regelmäßiger und stabiler Umgang mit dem Vater ließ sich nicht etablieren, wofür der Vater die Mutter verantwortlich machte, weil diese die Kinder entsprechend manipulieren würde. Schließlich beantragte der Vater, ihm die alleinige elterliche Sorge zu übertragen.

In dem vom Amtsgericht (AG) eingeholten „lösungsorientierten“ Sachverständigengutachten wurde eine temporäre Fremdunterbringung der Kinder thematisiert. Als das Jugendamt einen kurzfristigen Termin zum Kennenlernen einer Jugendhilfeeinrichtung, in der die Kinder in eine Wochengruppe umziehen könnten, anbot, lehnte die Mutter sowohl diesen Umzug als auch ein Kennenlernen ab. Der Vater beantragte daraufhin, ihm auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen. Nach einer weiteren Anhörung der Kinder und der Beteiligten entzog das Familiengericht den Eltern u.a. das Aufenthaltsbestimmungsrecht und übertrug es auf das Jugendamt. Die Kinder wurden dann in einer Wochengruppe untergebracht und verbrachten die Wochenenden im Wechsel bei ihren Eltern.

Oberlandesgericht wies Sorgerecht wieder beiden Eltern zu

Gegen diese Entscheidung des Familiengerichts haben beide Eltern Beschwerde eingelegt. Nach erneuter Anhörung und auf Hinweis des OLG kehrten die Kinder in den Haushalt der Mutter zurück. Das OLG hat nun beschlossen, das Sorgerecht wieder den Eltern zur gemeinsamen Ausübung zuzuweisen.

Sorgerechtsentzug unverhältnismäßig

Der vom AG angeordnete Entzug der elterlichen Sorge sei unverhältnismäßig gewesen, begründete es seine Entscheidung. Im Rahmen einer differenzierten Aufklärung und Gefahrenabwägung sei der hier zum Zweck der Fremdunterbringung beschlossene Sorgerechtsentzug nicht das für die Kinder einzig gebotene und verhältnismäßige Mittel gewesen, um ihre Gesamtsituation zu verbessern. In die Gesamtschau der verschiedenen Gefährdungsaspekte sei zwar einerseits die Beeinträchtigung der Kinder durch den hochkonflikthaften Umgangsstreit ihrer Eltern einzustellen. Zu berücksichtigen seien aber andererseits die mit der Herausnahme aus dem Haushalt der Mutter für die Kinder offensichtlich verbundenen schwerwiegenden Entwicklungsrisiken. Der Umzug in die Wochengruppe, so das OLG, bedeutete eine komplette Entwurzelung – von ihrem Zuhause, ihrer Mutter als Hauptbezugsperson, der weiteren Familie, ihren Freunden, ihren bisherigen Schulen wie auch ihrem sozialen Umfeld.

Sachverständigengutachten mit Mängeln

Es gebe derzeit auch keinen empirischen Beleg für die Wirksamkeit einer Herausnahme eines Kindes aus dem Haushalt eines angeblich manipulierenden, entfremdenden Elternteils. Dies sei im Sachverständigengutachten verkannt worden, das auch den Mindestanforderungen an Sachverständigengutachten im Kindschaftsrecht nicht genüge.

Soweit wesentliche Anteile der Konfliktdynamik der Eltern im Verhalten der Mutter begründet seien, seien kindesschutzrechtliche Maßnahmen streng am Kindeswohl zu orientieren. Der „Ausgleich persönlicher Defizite zwischen den Eltern oder die Sanktionierung vermeintlichen Fehlverhaltens“ sei nicht Maßstab und Ziel einer Sorgerechtsentscheidung.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 29.1.2025, 1 UF 186/24, PM 6/25

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Die Kosten eines Vaterschaftsanerkennungsverfahrens können zwischen dem im Verfahren ermittelten biologischen Vater und der Mutter hälftig geteilt werden. Weder der Umstand, dass der Vater nicht bereits auf Basis eines Privatgutachtens zur Anerkennung der Vaterschaft bereit war, noch, dass er nach Angaben der Mutter der einzige Verkehr in der gesetzlichen Empfängniszeit war, rechtfertigen eine alleinige Kostenlast des Vaters. So entschied nun das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main.

Streit um Kosten

Die Beteiligten streiten über die Kosten eines Abstammungsverfahrens. Die Mutter des Kindes hatte angegeben, mit dem sog. Putativvater (also dem, der als möglicher Vater in Betracht kommt) in der gesetzlichen Empfängniszeit Geschlechtsverkehrs gehabt zu haben. Ein außergerichtlicher Vaterschaftstest hatte diesen als Vater festgestellt. Das Kind begehrte daraufhin, die Vaterschaft des Putativvaters gerichtlich festzustellen. Nach Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens stellte das Amtsgericht (AG) die biologische Vaterschaft des Putativvaters fest und legte die Verfahrenskosten hälftig der Mutter und dem nun festgestellten Vater auf.

So sah es das Oberlandesgericht

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Mutter gegen die Auferlegung der Hälfte der Kosten. Dies hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Das AG habe im Ergebnis zutreffend die Kosten nach billigem Ermessen zwischen der Kindesmutter und dem Kindesvater hälftig geteilt, bestätigte das OLG die angefochtene Entscheidung. Bei einem Vaterschaftsfeststellungsverfahren handele es sich nicht um ein echtes Streitverfahren. Neben dem Gesichtspunkt des Obsiegens und Unterliegens könnten deshalb weitere Umstände von Bedeutung sein. Eine Beteiligung des Kindes an den Kosten sei allerdings regelmäßig unbillig, da es selbst nicht zur Unsicherheit an der Vaterschaft beigetragen habe.

Hier sei es nicht angemessen, dem Vater die alleinigen Kosten aufzuerlegen. Er habe insbesondere nicht „grob schuldhaft“ das Verfahren veranlasst. Ihm sei es vielmehr nicht zumutbar gewesen, die Vaterschaft bereits außergerichtlich ohne gutachterliche Klärung der biologischen Abstammung durch Sachverständigengutachten anzuerkennen. Allein die Angabe der Mutter, sie habe in der Empfängniszeit nur mit dem Vater verkehrt, genüge zur Begründung eines groben Verschuldens nicht. Vielmehr habe der Vater berechtigte Zweifel an seiner Vaterschaft haben dürfen. Unwidersprochen habe er mit der Kindesmutter in der Empfängniszeit keine Beziehung geführt und auch nicht mit ihr zusammengelebt. Damit hätten ihm konkrete Einblicke in die Lebensverhältnisse der Kindesmutter während der gesetzlichen Empfängniszeit gefehlt. Für ihn habe damit auch keine Möglichkeit bestanden, abzuschätzen oder zu beurteilen, ob die Mutter des Kindes zu weiteren Männern eine intime Beziehung unterhalten habe.

Außergerichtlicher Vaterschaftstest schließt gerichtliche Überprüfung nicht aus

Auf den bereits außergerichtlich durchgeführten Vaterschaftstest habe er sich nicht verlassen müssen. Er könne vielmehr geltend machen, dass er angesichts der hohen rechtlichen Anforderungen an die Richtigkeit und Vollständigkeit eines Abstammungsgutachtens eine gerichtliche Überprüfung wünsche. Zu berücksichtigen sei schließlich, dass „beide Eltern das Verfahren über eine Entscheidung über die Abstammung dadurch gleichermaßen veranlasst haben, dass sie innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit miteinander geschlechtlich verkehrt haben. Damit erscheint es in der Regel auch gerechtfertigt, die Kosten eines solchen Verfahrens gleichmäßig auf beide Eltern zu verteilen“, unterstrich das OLG.

Quelle: OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 13.1.2025, 6 WF 155/24, PM 4/25

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Wer einen überschuldeten Nachlass erbt, kann innerhalb einer Frist von sechs Wochen das Erbe ausschlagen. Sonst gilt die Erbschaft als angenommen und er haftet für die dem Nachlass zuzuordnenden Schulden. War dem Erben nicht bekannt, dass der Nachlass überschuldet ist, kann noch die Anfechtung wegen Irrtums helfen. Mit den Voraussetzungen dafür hat sich jetzt das Landgericht (LG) Frankenthal befasst. Es hat entschieden, dass der als Erbe eingesetzte Sohn eines Verstorbenen nicht für die Beerdigungskosten aufkommen muss, weil er die Annahme der Erbschaft wirksam angefochten hat.

Witwe verlangte Bestattungskosten von Sohn des Verstorbenen

Der Verstorbene hatte seinen Sohn aus erster Ehe testamentarisch zu seinem Erben bestimmt. Die beiden pflegten zuletzt keinen Kontakt mehr zueinander. Nach dem Tod übernahm zunächst die Witwe die Bestattungskosten von rund 7.500 Euro und wollte diese vom Sohn erstattet haben, da dieser die Erbschaft nicht ausgeschlagen hatte. Daraufhin erklärte der Sohn die Anfechtung der Erbschaftsannahme. Er habe nicht gewusst, dass die Bestattungskosten zu den Nachlassverbindlichkeiten gehörten und der Nachlass damit überschuldet sei.

Irrtum über die Beerdigungskosten

Dieser Argumentation hat sich das LG angeschlossen. Der Sohn habe die Annahme der Erbschaft wirksam angefochten und müsse daher nicht für die Beerdigungskosten aufkommen. Die Anfechtung wegen unerkannter Überschuldung eines Nachlasses sei ein in der Rechtsprechung anerkannter Anfechtungsgrund. Sie setze voraus, dass der Anfechtende eine wesentliche Forderung gegen den Nachlass irrtümlich übersieht. Hier seien die Bestattungskosten eine wesentliche Forderung, da der Nachlass überschuldet sei, wenn man sie berücksichtige. Es sei auch glaubhaft, dass sich der Sohn über die Beerdigungskosten geirrt habe. Denn die Witwe habe ihm noch zu Lebzeiten des Vaters mitgeteilt, für die Beerdigung könne der Erlös aus dem Verkauf eines Pkw verwendet werden. Daher durfte der Sohn davon ausgehen, als Erbe seines Vaters nicht für die Bestattung aufkommen zu müssen, so die Kammer. Wenn kein Erbe in Anspruch genommen werden kann, muss die Witwe als Ehefrau nach den Vorschriften des Landesrechts selbst für die Beerdigungskosten aufkommen, so das LG.

Quelle: Landgericht Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 27.2.2025, 8 O 189/24, PM vom 31.3.2025

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat entschieden: Erben können vollen Zugriff auf das Instagram-Konto des Erblassers bekommen. Das beinhaltet dessen aktive Nutzungsmöglichkeit.

Die Ehefrau und alleinige Erbin eines bekannten Sängers hatte geklagt. Hintergrund: Nachdem der Konzern Meta, zu dem die Social-Media-Plattform Instagram gehört, Kenntnis vom Tod des Sängers erlangte, versetzte das Unternehmen den Instagram-Account in den sog. Gedenkzustand. Bemühungen der Ehefrau, vollen Zugriff auf das Konto wiederzuerlangen, waren ergebnislos. Das OLG: Die Frau ist als Erbin in das Vertragsverhältnis ihres Mannes mit Meta im Wege der sog. Gesamtrechtsnachfolge eingetreten. Das habe schon der Bundesgerichtshof (BGH) so entschieden. Danach ist der Anspruch auf Zugang zu einem Social-Media-Konto grundsätzlich vererbbar. Mit der Erbenstellung sei die Ehefrau in sämtliche Rechte und Pflichten des Erblassers eingetreten, was neben einem passiven Anspruch auf (nur) lesende Nutzung auch einen Anspruch auf aktive Nutzung umfasse.

Quelle: OLG Oldenburg, Urteil vom 30.12.2024, 13 U 116/23

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Ein rechtlich beachtlicher Irrtum über die Überschuldung des Nachlasses liegt nur vor, wenn sich der Anfechtende in einem Irrtum über die Zusammensetzung des Nachlasses befunden hat, dagegen nicht, wenn lediglich falsche Vorstellungen von dem Wert der einzelnen Nachlassgegenstände vorgelegen haben. So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken.

Erblasserin verstarb ohne Testament

Die Erblasserin ist im Alter von 106 Jahren ohne Testament verstorben. Zuvor lebte sie seit längeren Jahren in einem Seniorenheim. Die Heim- und Pflegekostenkosten wurden aus Mitteln der Kriegsopferfürsorgestelle bestritten. Diese Leistungen wurden als Darlehen gewährt und durch eine Grundschuld an einem Haus der Erblasserin abgesichert. Der Ehemann der Erblasserin, ihre beiden Kinder und auch ein Enkelkind waren bereits vorverstorben. Gesetzliche Erben waren die Enkel und Urenkel der Erblasserin.

Nach dem Tod der Erblasserin hat u.a. die in gesetzlicher Erbfolge zur Erbin berufene Enkelin das Erbe ausgeschlagen und dabei angegeben, dass der Nachlass nach ihrer Kenntnis überschuldet sei. Zwei Urenkel der Erblasserinnen haben das Erbe dagegen nicht ausgeschlagen. In der Folge wurde das Haus der Erblasserin unter Mitwirkung einer gerichtlich bestellten Nachlasspflegerin an Dritte verkauft. Nach dem Verkauf des Hauses hat die Enkelin ihre Erklärung zur Erbausschlagung sodann wegen Irrtums angefochten. Danach hat sie die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der u.a. sie als Erbin zu 1/4 Anteil ausweisen sollte.

Das Nachlassgericht hat entschieden, dass der Erbschein wegen der angefochtenen Erbausschlagungserklärung der Enkelin, wie von ihr beantragt, erteilt werden müsse. Gegen diesen Beschluss wendete sich einer der Urenkel, der die Erbschaft nicht ausgeschlagen hatte, mit seiner Beschwerde.

Erbscheinsantrag war zurückzuweisen

Auf die Beschwerde hat das OLG entschieden: Der Erbscheinsantrag der Enkelin war zurückzuweisen, da der von ihr beantragte Erbschein die eingetretene Erbfolge falsch wiedergebe. Die Enkelin sei keine Erbin geworden, da sie die Erbschaft wirksam ausgeschlagen habe und sie die Ausschlagungserklärung wegen Irrtums auch nicht wirksam anfechten könne. Soweit sie Ihren Irrtum damit begründet habe, ihr sei erst im Nachhinein bekannt geworden, dass zum Nachlass ein Bankkonto bei der Kreissparkasse K. mit einem vierstelligen Guthaben gehöre, läge zwar ein beachtlicher Irrtum über die Zusammensetzung des Nachlasses vor.

Irrtum nicht ursächlich für Ausschlagung

Dieser Irrtum hätte aber nicht ihre Ausschlagung der Erbschaft veranlasst. Denn selbst, wenn ihr das Konto bei der Kreissparkasse Köln bekannt gewesen wäre, hätte dies mangels wirtschaftlichem Gewicht des dortigen Guthabenbetrags gegenüber den restlichen Nachlasspositionen nichts an ihrer Einschätzung der Überschuldung des Nachlasses geändert. Soweit sich die Enkelin darauf berufe, dass sie darüber geirrt habe, dass der Erlös aus dem Verkauf des Hauses der Erblasserin die Verbindlichkeiten aus dem mit der Grundschuld abgesicherten Darlehen für die Heim- und Pflegekosten der Kriegsopferfürsorgestelle übersteige, liege kein Irrtum vor, der zur Anfechtung berechtige. Dieser Irrtum beruhe lediglich auf der falschen Vorstellung über den Wert des Nachlasses, nicht über dessen Zusammensetzung.

Quelle: OLG Zweibrücken, Beschluss vom 14.8.2024, 8 W 102/23, PM vom 10.12.2024

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Ein Schwiegersohn ist zur Rückzahlung eines sechsstelligen Darlehens an seine Schwiegereltern verpflichtet. So entschied es das Landgericht (LG) Frankfurt am Main. Es hat dabei klargestellt, dass ein im familiären Umfeld überlassener größerer Geldbetrag im konkreten Fall keine reine Gefälligkeit darstellt und ein Rechtsanspruch auf Rückzahlung besteht.

Schwiegersohn benötigte Geld und bekam es von den Schwiegereltern

Der später beklagte Schwiegersohn benötigte Geld, um ein geerbtes Wohnhaus erhalten zu können. Seine Bank hatte ihm bereits einen Kredit gekündigt. Um ihn zu unterstützen, nahmen seine Schwiegereltern ihrerseits ein Darlehen in Höhe von 250.000 Euro auf und lösten damit die Restschuld des Schwiegersohns aus dessen Kredit ab. Man war sich darüber einig, dass der Schwiegersohn Zinsen und Tilgung tragen sollte. So geschah es auch über mehrere Jahre hinweg.

Ehe wurde geschieden

Zwischenzeitlich wurde die Ehe des Schwiegersohns mit der Tochter der Schwiegereltern jedoch geschieden. Der Schwiegersohn stellte einige Zeit später seine Zahlungen mit der Begründung ein, er könne die finanzielle Belastung wegen der Unterhaltszahlungen an seine Exfrau nicht mehr tragen. Die ehemaligen Schwiegereltern verlangten von ihm jedoch die Zahlung des noch offenen Darlehensbetrags von rund 190.000 Euro.

Landgericht: kein freiwilliges Vermögensopfer der Schwiegereltern

Das LG gab der Klage der Schwiegermutter statt. Es folgte nicht der Argumentation des Schwiegersohns, die finanzielle Unterstützung durch seine ehemaligen Schwiegereltern sei ein freiwilliges Vermögensopfer, denn sie sei im familiären Raum wegen der schwierigen Lage der jungen Eheleute erfolgt.

Das LG stellte in seinem Urteil vielmehr fest, dass die Schwiegereltern und der Schwiegersohn ihrerseits mündlich einen Darlehensvertrag geschlossen hatten. Das Gericht führte aus: „Ob ein Vertrag geschlossen wurde, hängt maßgeblich vom Rechtsbindungswillen der Parteien ab. Bei einem sog. reinen Gefälligkeitsverhältnis fehlt der Rechtsbindungswille.“ Und weiter: „Die Parteien handeln bei einem Gefälligkeitsverhältnis (…) ausschließlich aus gesellschaftlicher Gefälligkeit, also aus Freundschaft, Kollegialität, Nachbarschaft oder sonstigem Altruismus.“

Zwar seien die Abreden hier im engen Familienkreis erfolgt, was für eine reine Gefälligkeit sprechen könne. Allerdings handelte es sich nach Ansicht des LG bei der Gewährung eines derart hohen Betrags keinesfalls um eine Gefälligkeit des täglichen Lebens. Auch die Interessenlage spreche für einen Rechtsbindungswillen. Denn das Risiko der Klägerin und ihres Ehemanns sei ganz erheblich gewesen.

Für den Schwiegersohn habe zudem die Gefahr bestanden, ohne die Gewährung des Geldbetrags sein Haus und damit sein Heim zu verlieren. Hinzu komme, dass der Beklagte selbst eingeräumt habe, dass die Parteien eine Schenkung des Geldes nicht gewollt hätten. Nachdem die Schwiegereltern den mündlich mit ihrem ehemaligen Schwiegersohn geschlossenen rechtsverbindlichen Darlehensvertrag gekündigt hatten, stünde ihnen ein Rückzahlungsanspruch zu.

Quelle: LG Frankfurt, Urteil vom 28.11.2024, 2-23 O 701/23

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl