Die Vermietung von Zimmerkontingenten an eine Kommune zur Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter überschreitet nicht den Nutzungszweck eines zum Hotelbetrieb gepachteten Gebäudes. Dies gilt jedenfalls, solange hiermit keine übermäßige Abnutzung oder sonstige Beeinträchtigung für den Verpächter verbunden ist, die über die übliche Nutzung durch Hotelgäste hinausgeht. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat die auf Räumung und Herausgabe des Hotels gerichtete Klage der Verpächterin abgewiesen.

War die Unterbringung Geflüchteter vertragswidrig?

Die Klägerin schloss 2016 mit der Beklagten einen Vertrag über Räumlichkeiten zum Betrieb des „Hotel F.“ in Gießen. Die Sache durfte vertraglich nur zum vereinbarten Nutzungszweck gebraucht werden. Seit Herbst 2022 buchte das Jugendamt der Stadt Gießen regelmäßig Zimmer für in seiner Obhut stehende Jugendliche. Nach Abmahnung kündigte die Klägerin 2023 fristlos. Sie hält die Unterbringung unbegleiteter Jugendlicher für vertragswidrig. Das Landgericht (LG) hat der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Räumung und Herausgabe verurteilt.

In der Berufung wies das OLG die Klage ab. Der Vertrag zwischen den Parteien sei nicht wirksam fristlos gekündigt worden. Die Beklagte habe nicht die Rechte der Klägerin durch eine unbefugte Überlassung an Dritte in erheblichem Maße verletzt. Dem Betrieb eines Hotels sei es immanent, dass es zu Beherbungsverträgen mit Dritten komme. Davon umfasst sei auch, dass bei der Buchung von Zimmerkontingenten durch Firmen o.Ä. ein ganzes Hotel faktisch durch denselben Mieter belegt werde. Der Abschluss von zeitlich begrenzten und auf bestimmte Zimmer bezogenen Beherbungsverträgen mit der Stadt Gießen sei folglich nicht unbefugt gewesen. Die Grenze zur unzulässigen Gebrauchsüberlassung wäre nur überschritten, wenn die Stadt das gesamte Gebäude übernommen und zu einem Flüchtlingsheim umgebaut hätte.

Keine Gefährdung der Mietsache, keine Pflichtverletzung

Eine zur Kündigung berechtigende Gefährdung der Mietsache durch unbegleitete minderjährige Geflüchtete sei nicht erkennbar. Es liege keine Pflichtverletzung wegen Überschreitung des Vertragszwecks vor, die zur Kündigung berechtigte. Die zeitweilige Vermietung zum o.g. Zweck überschreite nicht den Vertragszweck. Die vertraglich vereinbarte Nutzungsart als Hotel sei durch das Angebot von individueller Unterkunft, Service, Verpflegung und Nebenleistungen gekennzeichnet. Aufenthaltsdauer, -zweck und Motive für die Anmietung der Zimmer stellten keine entscheidenden Kriterien für die Bewertung als Hotelbetrieb dar. Es bestehe kein Anspruch darauf, „dass die Vermietung nur an einen bestimmten Personenkreis erfolgen darf, solange keine Beeinträchtigungen der Räumlichkeiten vorliegen bzw. zu befürchten sind“, unterstrich das OLG und es sei auch nicht vorgetragen, dass „Geflüchtete die Zimmer intensiver und nachlässiger nutzten als dies bei einer „normalen“ Vermietung an Hotelgäste der Fall wäre“.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 21.2.2025, 2 U 63/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Kann ein Wohnungseigentümer wegen unterlassener Sanierung sein Sondereigentum nicht vermieten, besteht ein Schadenersatzanspruch, so das Landgericht (LG) Berlin II.

Ein Eigentümer einer Dachgeschosswohnung in der Anlage der Wohnungseigentümergemeinschaft forderte von der Gemeinschaft Schadenersatz. Grund: Die Gemeinschaft hatte eine Sanierung des Dachs unterlassen. Dadurch konnte der Eigentümer sein Sondereigentum nicht vermieten. Das LG sah einen Anspruch des Eigentümers nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch als gegeben an (hier: § 280 BGB), da es einen Verstoß gegen das Wohnungseigentumsrecht (hier: § 18 Abs. 2 WEG) erkannte. Die Gemeinschaft habe die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums pflichtwidrig unterlassen. Beschlussanträge des Eigentümers seien abgelehnt worden, die erforderliche Beschlussfassung sei erst sieben Wochen nach Erlass eines rechtskräftigen Urteils im Beschlussersetzungsklageverfahren erfolgt. Da es sich um die erste Vermietung nach einer umfassenden Modernisierung handele, greife § 556f BGB. Daher könne der Eigentümer/Vermieter eine Miete verlangen, die dem Marktwert nach der Modernisierung entspreche. Hinzu kämen die nutzlos aufgewandten Betriebskosten.

Quelle: LG Berlin II, Urteil vom 4.7.2024, 56 S 19/23 WEG

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Amtsgericht (AG) Berlin-Charlottenburg hat entschieden: Hatte der frühere Vermieter die Hundehaltung erlaubt, kann der in das Mietverhältnis eingetretene Vermieter diese Gestattung nur aus wichtigem Grund widerrufen. Dies gilt, auch wenn es sich um einen Kampfhund handeln sollte. Dass sich Mitmieter aufgrund der Größe und Kraft eines solchen Hundes subjektiv bedroht fühlen, reicht für den Widerruf nicht aus.

Vorheriger Vermieter hatte Hundehaltung gestattet, neuer Vermieter widerrief Erlaubnis

Die Parteien eines Mietvertrags über ein möbliertes Apartment stritten um die Räumung und Herausgabe einer Wohnung. Der Kläger, der aktuelle Vermieter, war nachträglich in das Mietverhältnis eingetreten. Der beklagte Mieter hält einen Hund, was ihm ausdrücklich vom früheren Vermieter erlaubt worden war.

Der Kläger hat die Erlaubnis zur Hundehaltung im Juni 2023 widerrufen und die Haltung eines Kampfhundes untersagt. Der Beklagte sollte seinen Hund bis Ende Juni 2023 entfernen. Noch im Juni mahnte der Kläger den Beklagten wegen nicht gestatteter Tierhaltung ab. Anfang August 2023 kündigte der Kläger das Mietverhältnis ordentlich zum 30.11.2023 und begründete dies mit der weiteren Haltung eines Kampfhundes sowie des Einsetzens des Hundes als Druck- und Nötigungsmittel.

Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung

Der Kläger behauptete, bei dem vom Beklagten gehaltenen Tier würde es sich um einen Kampfhund handeln. Der Beklagte würde dieses Tier gegenüber Nachbarn im Objekt als Druck- und Nötigungsmittel einsetzen, um Vorrang auf Wegen oder im Treppenhaus zu erzwingen. Mehr als ein anderer Bewohner im Objekt habe Angst vor dem Hund, die wollten aber nicht namentlich genannt werden. Er verklagte den Mieter auf Räumung und Herausgabe der Wohnung.

Der Mieter behauptete hingegen, es handele sich nicht um einen „Listenhund“, sondern um eine Mischung aus Old-English-Bulldog und Weimeraner. Er reichte dazu zwei Fotos sowie eine tierärztliche Bescheinigung und weitere Unterlagen ein.

So entschied das Amtsgericht

Der Vermieter kann das Mietverhältnis nur aus berechtigtem Interesse kündigen. Das ist z. B. der Fall, wenn der Mieter vertragliche Pflichten erheblich verletzt, indem er z. B. ein Tier trotz Abmahnung weiter hält.

Im Fall des AG war es aber anders: Der ursprüngliche Vermieter hatte die Hundehaltung erlaubt. Der – große und kräftige – Hund, war – ohne Maulkorb – stets an der Leine geführt worden. Beißvorfälle oder -versuche oder Bedrohungen von Nachbarn mit dem Hund konnten nicht bewiesen werden. Ein – subjektives – Bedrohtfühlen genügt nicht, um die Erlaubnis zu widerrufen.

Quelle: AG Charlottenburg, Urteil vom 30.5.2024, 218 C 243/23

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Amtsgericht (AG) München hat jetzt klargestellt: Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann beschließen, dass Blumenkästen auf der Innenseite des Balkongeländers anzubringen sind.

Blumenkästen tropften auf Balkon des Nachbarn

Die Klägerin ist Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie hatte ihre Blumenkästen seit jeher an der Außenseite ihres Balkons angebracht. Die Bewohnerin der Wohnung unterhalb der Klägerin ließ ihren Balkon nachträglich verglasen und eine Wärmedämmung anbringen. Dies führte dazu, dass bei heftigen Regengüssen überlaufendes Wasser aus den Blumenkästen der Klägerin nicht, wie zuvor, in das Erdreich, sondern auf den Sims des umgebauten Balkons der Bewohnerin unterhalb tropfte.

Das beschloss die Gemeinschaft

In der Eigentümerversammlung 2024 wurde folgender Beschluss gefasst: „Die Eigentümer […] beschließen, dass sämtliche Balkonkästen nach innen gehängt werden müssen […]. Etwaige Schäden bzw. Folgeschäden sowie die Entfernung von Verschmutzungen am Gemeinschaftseigentum, durch das Nicht-Einhalten dieser Regelung, trägt der verursachende Eigentümer auf seine Kosten.“

Die Klägerin klagte vor dem AG gegen den Beschluss. Das Gericht erklärte die Regelung zur verschuldensunabhängigen Haftung für Schäden durch die Nichteinhaltung des Beschlusses für nichtig, wies die Klage jedoch im Übrigen ab.

So sah es das Amtsgericht

Das AG: Der Beschlussteil, wonach etwaige Schäden bzw. Folgeschäden sowie die Entfernung von Verschmutzungen am Gemeinschaftseigentum durch das Nicht-Einhalten dieser Regelung der verursachende Eigentümer auf seine Kosten trägt, ist nichtig, weil er vom gesetzlichen Leitbild der Verschuldenshaftung abweicht. Der [weitere] Beschluss verstößt weder gegen das Gesetz noch gegen eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer; er hält sich seinem Inhalt nach auch in den Grenzen ordnungsmäßiger Verwaltung.

Allein die Tatsache, dass das in den 1970er Jahren erbaute Haus von Anfang an nach außen hängend befestigte Halterungen für Blumenkästen vorgesehen hat und alle Wohneinheiten seit 40 Jahren ihre Blumenkästen nach außen hin angebracht haben, gibt keinen Anspruch darauf, dass dies dauerhaft so sein muss. Ob und in welcher Weise das Anbringen von Blumenkästen eingeschränkt werden kann, ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Hier gründet der Eigentümerbeschluss darauf, etwaige Verschmutzungen und Schäden am Gemeinschaftseigentum zu verhindern und hält sich deshalb im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung. Dass von den Blumenkästen eine konkrete Gefährdung ausgeht, brauchte dabei nicht nachgewiesen zu werden. Die Rechte der Klägerin und ihre persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten werden durch den angegriffenen Beschluss auch nicht über Gebühr eingeschränkt. Vielmehr kann die Bepflanzung des Balkons ihren Sinn und Zweck für die Klägerin und die Allgemeinheit im Wesentlichen auch erreichen, wenn die Blumenkästen auf der Innenseite des Balkons angebracht werden.

Quelle: AG München, Urteil vom 12.11.2024, 1293 C 12154/24 WEG

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Amtsgericht (AG) Flensburg hat entschieden: Der Mieter muss gesundheitliche Beeinträchtigungen für sich oder die seine Mitbewohner und die nachteiligen Auswirkungen eines Umzugs durch Vorlage fachärztlicher Atteste ausführlich darstellen. Sein Vortrag muss so konkret sein, dass das Gericht den Eintritt von relevanten Nachteilen als hinreichend wahrscheinlich annehmen kann. Dann ist das Gericht gehalten, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Der bloße unstreitige Umstand, dass die Kinder des Mieters einen Behindertenausweis und einen Pflegegrad zugesprochen bekommen haben, genügt nicht. Ohne Erläuterungen, welche Krankheiten oder Behinderungen die Kinder haben, kann das Gericht keinen Härtegrund annehmen.

Der Vermieter kündigte den unbefristeten Wohnraummietvertrag wegen Eigenbedarf. Er begründete dies damit, er benötige das Objekt für sich und seine Lebensgefährtin als neuen Lebensmittelpunkt. Die Mieter widersprachen der Kündigung und berief sich insbesondere auf gesundheitliche Beeinträchtigungen. Die Mieterin leide an einer Angststörung und posttraumatischen Belastungsstörung und die beiden Kinder seien schwerbehindert und pflegebedürftig. Ein Umzug sei für die Familie unzumutbar.

Damit hatten sie vor dem AG keinen Erfolg. Das AG war nach der Zeugenvernehmung davon überzeugt, dass der Vermieter die Räume wegen der geplanten Familiensituation ernsthaft benötigte. Dass die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist, erkannte das AG nicht an. Denn die Mieter seien ihrer Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Härtegründe nicht nachgekommen.

Ein Härtegrund liege nur vor, wenn eine erhebliche Verschlechterung einer ernsten Erkrankung oder Lebensgefahr, die durch einen Sachverständigen zu klären ist, angenommen werden könne. Das Gericht hatte keine Anhaltspunkte, eine solche Verschlechterung des Gesundheitszustands der Kinder der Mieter anzunehmen. Der vorgelegte Behindertenausweis, das Pflegegutachten und das allgemeinärztliche Attest sprächen nur unkonkret von einer „gesundheitlichen Situation“ des Kindes. Das war dem Gericht zu unkonkret. Es fehle insbesondere vertiefter Vortrag dazu, wie sich die Erkrankung im Alltag auswirke und inwieweit mit einer Verschlechterung der Situation durch einen Umzug zu rechnen sei.

Quelle: AG Flensburg, Urteil vom 4.12.2024, 61 C 55/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Bei der Festsetzung des Straßenausbaubeitrags handelt es sich um eine gemeinschaftliche Angelegenheit, die an alle Wohnungseigentümer in dieser Eigenschaft gerichtet ist. So entschied es das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster.

Das OVG: Steht ein Grundstück im Miteigentum mehrerer Personen, wird der Vorteil allen (Mit-)Eigentümern gemeinsam geboten. Eine Beschränkung auf bestimmte Eigentumsanteile sei nicht möglich.

Da die Beitragspflicht im Grundstückseigentum und nicht in der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums beruht, ist nicht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beitragspflichtig, sondern jeder einzelne Wohnungseigentümer. Sie haften der Kommune gesamtschuldnerisch.

Quelle: OVG Münster, Urteil vom 18.2.2025, 15 A 454/23

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass ein Wohnungseigentümer im Fall eines sog. steckengebliebenen Baus zwar grundsätzlich einen Anspruch auf erstmalige plangerechte Errichtung des Gemeinschaftseigentums gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat. Der Anspruch scheidet aber aus, wenn die erstmalige Errichtung des gemeinschaftlichen Eigentums den übrigen Wohnungseigentümern nicht zuzumuten ist.

Bauvorhaben kam zu Stillstand: Was ist mit den Ansprüchen der Eigentümer?

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Das Grundstück war mit einer Abbruchimmobilie bebaut. Diese sollte durch eine – inzwischen insolvente – Generalbauunternehmerin abgerissen und ein neues Gebäude errichtet werden. Das Bauvorhaben kam bereits während der Abrissarbeiten zum Stillstand. Die Beschlussanträge der Klägerin, die Verwalterin zu beauftragen, Angebote für die restlichen Abrissarbeiten, die Abdichtung der Nachbargiebel und die Erstellung der Ausführungspläne für das Objekt einzuholen, die Aufträge zu vergeben und die Arbeiten durchführen zu lassen sowie eine Sonderumlage zu erheben, wurden in einer Eigentümerversammlung vom 16.9.2021 abgelehnt.

So sahen es Amts- und Landgericht

Mit der Klage verlangt die Klägerin u.a. die gerichtliche Ersetzung der beantragten Beschlüsse. Das Amtsgericht (AG) hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht (LG) den Beschluss ersetzt, dass ein Sachverständigengutachten zu den voraussichtlichen Kosten für den Abriss des Bestandsgebäudes und die Errichtung des Gemeinschaftseigentums eingeholt, die Verwalterin mit der Einholung von Angeboten für das Gutachten beauftragt und die Beklagte zur Beschlussfassung über die Vergabe des Auftrags und dessen Finanzierung verpflichtet wird. Mit der von dem LG zugelassenen Revision wollte die Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen.

So sieht es der Bundesgerichtshof

Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen. Der BGH: Im Ausgangspunkt steht der Klägerin ein Anspruch auf erstmalige Errichtung des Gemeinschaftseigentums zu. Dabei liegt der Fall hier insofern besonders, als einem Erwerber, wie der Klägerin, schon in diesem frühen Stadium Ansprüche aus dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) zustehen können. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts besteht nämlich eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und die Erwerber sind bereits Wohnungseigentümer, obwohl das – nicht von dem teilenden Eigentümer, sondern von einer Generalbauunternehmerin auf der Grundlage mit den Erwerbern geschlossener Werkverträge – zu errichtende Gebäude nicht einmal ansatzweise fertiggestellt ist.

Ist – wie hier – das Binnenverhältnis zwischen den Erwerbern und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entstanden, kann der Eigentümer im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung verlangen, dass das Gemeinschaftseigentum erstmals in einen der Teilungserklärung entsprechenden – mithin plangerechten – Zustand versetzt wird. Das entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung und gilt auch für die erstmalige Errichtung bzw. Fertigstellung des Gemeinschaftseigentums bei einem steckengebliebenen Bau.

Der Anspruch auf erstmalige Errichtung des Gemeinschaftseigentums besteht unabhängig vom Fertigstellungsgrad des Gebäudes. Begrenzt wird dieser Anspruch im Fall des steckengebliebenen Baus durch den Grundsatz von Treu und Glauben. Danach entfällt dieser, wenn seine Erfüllung den übrigen Eigentümern nach den Umständen des Einzelfalls nicht zuzumuten ist. Die Entscheidung darüber durfte das LG nicht – durch die Beschlussersetzung – der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer überantworten. Denn es ist Sache des Tatgerichts, unter umfassender Würdigung der Umstände des Einzelfalls im Rahmen einer Gesamtabwägung über die Unzumutbarkeit der erstmaligen Errichtung zu entscheiden. Dies wird das LG nun gemäß Ausführungen des BGH zu möglichen Kriterien nachholen müssen. U. a. werden der Fertigstellungsgrad der zu errichtenden Anlage und der Umfang der in Angriff zu nehmenden Arbeiten sowie die Höhe der noch zu tätigenden Investitionen von erheblicher Bedeutung sein. So wird es regelmäßig für eine Unzumutbarkeit der Ersterrichtung sprechen, wenn es zu Kostensteigerungen von über 50 % des ursprünglich Kalkulierten kommt. Hierin liegt indes keine starre Grenze. Aufgrund der Umstände des Einzelfalls können schon geringere Kostensteigerungen zur Unzumutbarkeit führen. Auch wirtschaftlich sinnvolle Alternativen werden zu betrachten sein. Findet sich etwa ein Investor, der bereit ist, alle Einheiten im derzeitigen „unfertigen“ Zustand zu einem den Umständen nach angemessenen Preis abzukaufen, mag den Interessen einzelner Bauwilliger im Vergleich zu den Interessen einer verkaufswilligen Mehrheit weniger Gewicht beizumessen sein.

Quelle: BGH, Urteil vom 20.12.2024, V ZR 243/23, PM 241/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Ein Ehemann kann nach der Trennung von seiner Frau verlangen, die Nutzungsverhältnisse an einem gemeinsamen Haus neu zu ordnen. Das stellte das Oberlandesgericht (OLG) Celle fest.

Ärzteehepaar trennte sich

Nachdem sich ein Ärzteehepaar getrennt hatte, wollte der Mann in ein gemeinsames Haus des Paares ziehen. Doch dort wohnte seine Schwiegermutter. In der ihr allein gehörenden Ehewohnung lebte die Frau mit den gemeinsamen Kindern. Der Mann schlief zunächst in seiner Praxis, dann bei Bekannten. Schließlich wohnte er zur Untermiete.

Den Eheleuten gehörte aber hälftig noch das von der Schwiegermutter bewohnte Einfamilienhaus mit Garten. Dieser wollte der Mann wegen Eigenbedarf kündigen. Dazu war die Mitwirkung seiner Ehefrau erforderlich. Das lehnte sie ab. Sie meinte, der Mann wolle sie nur zwingen, ihrer Mutter zu kündigen. Auch habe er noch ein weiteres Haus. Der Mann klagte.

Amtsgericht: Eigenbedarf nicht genügend dargelegt

Das Amtsgericht (AG) wies seine Klage ab. Der Mann habe den Eigenbedarf nicht hinreichend dargelegt. Da die Schwiegermutter eine nahe Angehörige sei, könne ihre Tochter selbst Eigenbedarf anmelden. So zog der Mann vor das OLG.

So sah es das Oberlandesgericht

Das OLG gab dem Mann Recht. Ihm sei seit der Trennung ein Festhalten am Mietverhältnis nicht länger zuzumuten. Auch habe er seinen Eigenbedarf ausreichend dargelegt. Er hatte vorgetragen, dass sein jetziges Mietverhältnis nur befristet war. Ein ständiges Wohnen in der Praxis sei ihm nicht zuzumuten. Ein Umzug in das andere Haus sei ihm ebenfalls nicht zuzumuten, da dieses noch ein Rohbau sei und er auch kein Geld für einen Umzug habe. Nach all dem sah das OLG den geltend gemachten Eigenbedarf nicht als „offensichtlich aussichtslos“ an. Vor allem sei die Frau in der Lage, ihre Mutter in der Ehewohnung und einer nicht genutzten Einliegerwohnung aufzunehmen.

Quelle: OLG Celle, Beschluss vom 19.2.2025, 21 UF 237/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Gericht darf einen Zuschlag zum Mietspiegel vornehmen, um eine sachgerechte Einzelvergleichsmiete zu bilden. Voraussetzung: Zwischen dem Erhebungsstichtag des Mietspiegels und dem Zeitpunkt, an dem das Zustimmungsverlangen zugestellt wurde, werden außergewöhnliche Steigerungen der ortsüblichen Vergleichsmiete festgestellt. Eine solche liegt aber nicht vor, wenn der Verbraucherpreisindex ansteigt. So sieht es das Landgericht (LG) München.

Der Vermieter begehrte die Zustimmung zu einer Mieterhöhung. Er wollte u.a. einen sog. Stichtagszuschlag auf die von ihm ermittelte Vergleichsmiete addieren. Der Verbraucherpreisindex habe sich im Zeitraum zwischen Januar 2022 (als dem maßgeblichen Zeitpunkt der Erhebung der Daten für den qualifizierten Mietspiegel 2023) und Juni 2023 (Zugang des Mieterhöhungsverlangens) aufgrund einer ungewöhnlichen Steigerung der Mieten von rund 3% erhöht.

Das LG: Ein Stichtagszuschlag komme nicht in Betracht. Die Mieterhöhung könne nicht auf den qualifizierten Mietspiegel und ergänzend auf einen Anstieg des Verbraucherpreisindex gestützt werden. Ein Anstieg gemäß Index für Nettokaltmieten von nur wenig mehr als 3% sei nicht außergewöhnlich hoch. Die Einführung einer „Stichtagspraxis“ würde zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führen, die die sog. Befriedungsfunktion des Mietspiegels gefährden könne.

Quelle: LG München I, Urteil vom 17.7.2024, 14 S 3692/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Leistungen eines Wohnungseigentümers in die Erhaltungsrücklage einer Wohnungseigentümergemeinschaft (z. B. im Rahmen der monatlichen Hausgeldzahlungen) sind steuerlich im Zeitpunkt der Einzahlung noch nicht abziehbar. Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung liegen erst vor, wenn aus der Rücklage Mittel zur Zahlung von Erhaltungsaufwendungen entnommen werden. Damit hat der Bundesfinanzhof (BFH) die bisherige Sichtweise bestätigt.

Das war geschehen

Ein Ehepaar vermietete mehrere Eigentumswohnungen. Das an die jeweilige Wohnungseigentümergemeinschaft gezahlte Hausgeld wurde zum Teil der gesetzlich vorgesehenen Erhaltungsrücklage zugeführt. Insoweit erkannte das Finanzamt keine Werbungskosten an. Der Abzug könne erst in dem Jahr erfolgen, in dem die zurückgelegten Mittel für die tatsächlich angefallenen Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum verbraucht würden. Das Finanzgericht (FG) Nürnberg wies die Klage ab – und auch die Revision beim BFH blieb erfolglos.

Hausgeld war zwar erbracht…

Der Werbungskostenabzug erfordert einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Vermietungstätigkeit und den Aufwendungen des Steuerpflichtigen. Die Eheleute hatten den der Erhaltungsrücklage zugeführten Teil des Hausgelds zwar erbracht und konnten hierauf nicht mehr zurückgreifen, da das Geld ausschließlich der Wohnungseigentümergemeinschaft gehört.

… aber noch nicht verausgabt

Auslösender Moment für die Zahlung war aber nicht die Vermietung, sondern die rechtliche Pflicht jedes Wohnungseigentümers, am Aufbau und an der Aufrechterhaltung einer angemessenen Rücklage für die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums mitzuwirken. Ein Zusammenhang zur Vermietung entsteht erst, wenn die Gemeinschaft die angesammelten Mittel für Erhaltungsmaßnahmen verausgabt. Erst dann kommen sie der Immobilie zugute.

Beachten Sie Durch die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) im Jahr 2020 wurde der Wohnungseigentümergemeinschaft die volle Rechtsfähigkeit zuerkannt. Der Hoffnung, dass die Zahlung in die Erhaltungsrücklage deshalb sofort im Zahlungsjahr abzugsfähig ist, hat der BFH ausdrücklich eine Absage erteilt.

Quelle: BFH, Urteil vom 14.1.2025, IX R 19/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl