Bei der Genehmigung eines Bahnfunkmasts, der auf ein unmittelbar angrenzendes Nachbargrundstück optisch bedrängend wirkt, muss ein vorhandener Alternativstandort in die Abwägung einbezogen werden.

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall mehrerer Grundstückseigentümer. Diese sind Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks, an dem eine Bahnstrecke vorbeiführt. Mit Genehmigung des Eisenbahn-Bundesamts errichtete die DB Netz AG auf ihrem unmittelbar angrenzenden Nachbargrundstück einen 25 m hohen Sendemast. Er ist Teil eines neuen digitalen Funksystems, das u.a. der Sicherheit des Bahnverkehrs dient. Mit ihrer Klage wenden sich die Eigentümer gegen die optische Dominanz der am Rande des Wohngebiets errichteten Anlage. Sie machen insbesondere geltend, der Mast könne auf einem etwas entfernt gelegenen ebenfalls bahneigenen Grundstück aufgestellt werden.

Das OVG stellte die Rechtswidrigkeit der Genehmigung fest. Zwar halte der Sendemast die vorgeschriebenen Grenzwerte für Lärm und elektromagnetische Wellen ein. Ferner müssten die Eigentümer wegen ihrer Nachbarschaft zur Bahnlinie mit technisch notwendigen Veränderungen rechnen, die gegebenenfalls mit optischen Beeinträchtigungen verbunden seien. Jedoch seien diese Auswirkungen nach Ansicht der Richter durch die Wahl des Standorts der Anlage möglichst gering zu halten. Deshalb müssten Alternativstandorte, welche die optische Wirkung auf das Grundstück durch den 25 m hohen Mast minderten, in die Abwägungsentscheidung einbezogen werden. Dies habe das Eisenbahn-Bundesamt im Hinblick auf das für die Aufstellung des Funkmasts ebenfalls geeignete Grundstück, das aber nicht an die Wohnbebauung angrenze, bisher unterlassen. Deshalb sei die Genehmigung rechtswidrig (OVG Rheinland-Pfalz, 8 C 11052/10.OVG).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Auch eine nicht prüfbare Schlussrechnung kann fällig werden, wenn der Bauherr keine Einwendungen macht.

Das musste sich ein Bauherr vor dem Bundesgerichtshof (BGH) sagen lassen. Sein Argument „nicht prüfbare Schlussrechnung“ gegen die Abrechnung ging nicht auf. Der BGH verwies in seiner Urteilsbegründung zwar noch einmal darauf, dass eine Werklohnklage grundsätzlich als unbegründet abzuweisen ist, wenn der Bauherr die erteilte Schlussrechnung nicht prüfen könne. Das gelte aber nicht, wenn der Bauherr nach Erhalt der Schlussrechnung zwei Monate untätig bleibe und die fehlende Prüfbarkeit nicht rüge. In diesem Fall sei die Werklohnforderung gleichwohl fällig. An dieser Fälligkeit ändere sich auch nichts, wenn weitere, nicht prüfbare Schlussrechnungen vorgelegt würden. Vielmehr müsse eine Sachprüfung erfolgen. Hier werde festgestellt, ob die Forderung berechtigt sei (BGH, VII ZR 41/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bei Ausschreibung einer schlüsselfertigen Leistung ist der Auftragnehmer im Angebotsstadium nicht gehalten, auf Planungsfehler oder Fehler im Leistungsverzeichnis hinzuweisen, weil ein Bieter die Prüfung der Ausschreibungsunterlagen nur unter kalkulatorischen Aspekten vornimmt.

Das machte das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz im Fall eines Bauunternehmers deutlich. Dieser war mit der schlüsselfertigen Erstellung eines Gebäudes beauftragt worden. In der Ausschreibung war eine bestimmte Fassadenstruktur vorgegeben. Aus statischen Gründen konnte diese aber später nicht verwirklicht werden. Für die vollkommen neue Konstruktion verlangte der Bauunternehmer eine Nachtragszahlung. Die verweigerte der Auftraggeber mit Hinweis auf den Globalpauschalpreis. Zudem hätte der Bauunternehmer durch „einfache statische Überschlagsberechnung“ erkennen müssen, dass die geplante Konstruktion nicht realisierbar gewesen sei.

Dieser Auffassung schloss sich das OLG jedoch nicht an. Die Richter machten deutlich, dass es nicht Aufgabe des Bauunternehmers sei, in seinem Angebot auf Planungsfehler hinzuweisen. Eine solche Prüfungs- und Hinweispflicht gelte erst nach Vertragsschluss. Lediglich bei offenkundigen Mängeln und Lücken der Leistungsbeschreibung gelte etwas anderes. Werde hier bei der Angebotserstellung bereits deutlich, dass eine Realisierung nicht ohne zusätzliche Leistungen möglich sei, müsse dies offenbart werden. Das sei jedoch vorliegend nicht der Fall gewesen. Der Bauunternehmer sei nicht gehalten gewesen, eine eigene statische Berechnung der Fassadenstruktur vorzunehmen (OLG Koblenz, 1 U 415/08).


Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Anspruch des Käufers einer Eigentumswohnung gegen den Verkäufer auf Auskunft über Baumängel besteht nach Vertragsschluss nicht.

So entschied das Landgericht (LG) Coburg im Fall einer Frau, die eine Eigentumswohnung gekauft hatte. Im Kaufvertrag war eine Haftung des Verkäufers wegen Sachmängeln ausgeschlossen worden. Der Verkäufer hatte jedoch versichert, dass ihm verborgene Mängel nicht bekannt seien. In der Vergangenheit waren an dem Gebäude, im dem sich die Eigentumswohnung befindet, bauliche Mängel aufgetreten. Der Verkäufer hatte insgesamt drei Gerichtsverfahren gegen die Dachdeckerfirma geführt. Danach wurden Mängel von der Dachdeckerfirma beseitigt und dies von einem Sachverständigen überprüft. Nachdem Feuchtigkeitsflecken in der verkauften Eigentumswohnung auftraten, meinte die Käuferin einen Anspruch auf Auskunft über Baumängel vom Verkäufer zu haben. Sie war der Ansicht, dass dem Verkäufer sehr wohl verborgene Mängel bekannt gewesen seien. Es könne nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass die im gerichtlichen Verfahren festgestellten Mängel wirklich beseitigt worden seien. Der Verkäufer meinte dagegen, die Käuferin habe keinen Anspruch auf Auskunft. Hinsichtlich der Gerichtsverfahren mit dem Dachdecker könne sie in die Akten Einsicht nehmen und benötige daher keine Auskunft.

So sah es auch das LG und wies die Klage ab. Nach Ansicht der Richter bestehe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch der Käuferin auf die begehrte Auskunft. Selbst nach Treu und Glauben – woraus sich ausnahmsweise ein Auskunftsanspruch ergeben könne – bestehe kein Anspruch. Zum einen könne ein vertraglicher Auskunftsanspruch nicht um seiner selbst Willen begehrt werden. Es handele sich um einen Nebenanspruch, der beispielsweise den Inhalt eines feststehenden Hauptanspruchs – wie z. B. Schadenersatz – bestimmen solle. Im zu entscheidenden Fall war aber die Haftung für Baumängel ausgeschlossen. Zudem hätte sich nach Auffassung des Gerichts die Käuferin durch Einsicht in die Gerichtsakten die gewünschten Informationen beschaffen können. Wenn man sich aus zugänglichen Quellen informieren könne, gebe es keinen vertraglichen Auskunftsanspruch. Daher blieb die Klage der Käuferin gegen den Verkäufer erfolglos (LG Coburg, 23 O 435/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Regelung eines Tarifvertrags, dass das Arbeitsverhältnis mit Erreichen der tariflichen Altersgrenze „65. Lebensjahr“ endet, verstößt nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und ist wirksam.

Mit dieser Begründung wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg die Klage eines Arbeitnehmers ab, der sich gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses wegen Erreichens der tariflichen Altersgrenze gewendet hatte. Der Arbeitnehmer hatte im Mai 2010 das 65. Lebensjahr erreicht, wollte aber darüber hinaus weiterarbeiten. Dem stand die Regelung des anwendbaren Tarifvertrags entgegen, nach dem das Arbeitsverhältnis automatisch mit Ablauf des Monats endet, in dem das 65. Lebensjahr erreicht wird.

Das LAG hielt diese Tarifregelung für rechtswirksam. Entsprechend sei das Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 31.5.2010 beendet worden. Die Richter sahen in der Regelung eine Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze. Sie verwiesen auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), nach der das Erreichen der Regelaltersgrenze ein in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund sei, der die Befristung rechtfertige. Die dadurch vorliegende Ungleichbehandlung wegen des Alters sei gerechtfertigt. Die Tarifnorm verfolge nämlich primär arbeitsmarktpolitische Ziele. Neben der Förderung der Beschäftigungsverteilung zwischen den Generationen solle damit auch ein positiver Beitrag zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit geleistet werden. Diese Ziele gingen unter Anwendung der Rechtsprechung des EuGH nicht über das hinaus, was zur Erreichung der verfolgten Ziele erforderlich sei, wenn der weite Ermessensspielraum berücksichtigt werde, der den Mitgliedsstaaten und den Sozialpartnern auf dem Gebiet der Sozial- und Beschäftigungspolitik zur Verfügung zustehe (LAG Hamburg, 4 Sa 76/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wird ein großer Gebäudekomplex direkt an der Grenze zum Nachbargrundstück errichtet, kann darin ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot liegen.

So entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen in einem entsprechenden Fall. Dabei wiesen die Richter zunächst darauf hin, dass die Anforderungen an das Rücksichtnahmegebot nicht pauschal benannt werden könnten. Sie würden vielmehr von den Anforderungen des Einzelfalls abhängen. Es müsse daher eine Abwägung der jeweiligen Interessen der Betroffenen vorgenommen werden. Zu berücksichtigen sei dabei einerseits die Schutzwürdigkeit des Nachbarn, andererseits das Interesse des Bauherrn an der Umsetzung des Bauvorhabens. Grundsätzlich sei in derartigen Fällen aber von einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots auszugehen, wenn das Bauvorhaben ein Nachbargebäude „einmauern“ oder „erdrücken“ würde. Das sei z.B. bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden der Fall (OVG Sachsen, 1 B 231/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Architekt haftet auch ohne Honorarvereinbarung und bei Nichtbestehen einer Haftpflichtversicherung für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben, wenn er die Tätigkeit nur aus Gefälligkeit übernimmt.

Das musste sich ein nicht in die Architektenrolle eingetragener und nicht haftpflichtversicherter Architekt vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. sagen lassen. Er hatte für eine Bekannte die Architektenleistungen übernommen, als diese ein neues Wohnhaus baute. Eine Rechnung stellte er hierfür nicht. Er erhielt jedoch mehrere Geldgeschenke. Später wurden Baumängel festgestellt, die auf unzureichenden Architektenleistungen beruhten. Die Bekannte forderte die Kosten der Mängelbeseitigung erstattet.

Das OLG verurteilte den Architekten entsprechend. Nach Ansicht der Richter liege hier kein Gefälligkeitsverhältnis im engeren Sinne vor, bei dem die Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt wäre. Vielmehr sei auf die Sichtweise eines objektiven Betrachters abzustellen. Dabei sei die wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung der Angelegenheit, vor allem für den Begünstigten, Art, Grund und Zweck der Gefälligkeit sowie die Interessenlage zu berücksichtigen. Vorliegend habe sich die Bekannte erkennbar auf die Zusage des Architekten zur Übernahme der Tätigkeit verlassen. Auch hätten für sie erhebliche Werte auf dem Spiel gestanden. Architektenleistungen hätten beim Bau eines Wohnhauses eine große wirtschaftliche Bedeutung. Daher müsse sich der Bauherr auf die sorgfältige Erbringung der Leistungen verlassen können. Im Ergebnis müsse daher vom Vorliegen eines Architektenvertrags ausgegangen werden. Unerheblich sei dabei, dass keine Haftpflichtversicherung bestehe (OLG Frankfurt a.M., 15 U 63/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer über ein Wegerecht verfügt, muss unter bestimmten Voraussetzungen hinnehmen, dass vor dem Weg ein Tor angebracht wird.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. im Falle eines Mannes, der ein Geh- und Fahrrecht über das Nachbargrundstück hatte. Als der Nachbar ein Tor vor der Einfahrt montierte, kam es zum Streit. Mit seiner Klage auf Beseitigung des Tores hatte der Mann jedoch bei Gericht keinen Erfolg. Die Richter entschieden, dass er das Tor hinnehmen müsse. Das ergebe sich aus seiner Pflicht zur schonenden Ausübung der Grunddienstbarkeit. Im vorliegenden Fall bestünden nämlich berechtigte Interessen des Nachbarn. Durch die vollständige Einzäunung des Grundstücks wolle er einen Schutz seiner minderjährigen Kinder erreichen, die auf dem Grundstück spielen würden. Diesem berechtigten Grund müsse sich der Berechtigte des Geh- und Fahrrechts unterordnen. Das gelte auch, wenn er durch das manuelle Öffnen des Tores belastet werde (OLG Frankfurt a.M., 19 W 59/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Hauseigentümer hat keinen Anspruch darauf, dass die ihn aus optischen Gründen störenden Schornsteinköpfe seines Nachbarn entfernt werden.

Mit dieser Entscheidung sprach das Landgericht (LG) Köln ein Machtwort im Streit zweier Nachbarn. Der eine fühlte sich durch die Schornsteinköpfe des anderen beeinträchtigt. Dies schmälere den Ausblick von seiner Dachterrasse. Mit seiner Forderung auf Beseitigung stieß er vor Gericht jedoch nicht auf Gehör. Die Richter befanden vielmehr, dass die Aussicht von der Terrasse nur in einem relativ kleinen Teilbereich eingeschränkt sei. Ein massiver Wertverlust des Nachbarhauses – so wie behauptet – ergebe sich daraus aber nicht. Da die Schornsteinköpfe auch geschmackvoll gestaltet seien, bestehe keine unzumutbare Beeinträchtigung. Eine solche sei aber erforderlich, wenn ausnahmsweise die Eigentümerrechte des Nachbarn an dem Schornstein eingeschränkt werden sollten. Grundsätzlich stehe es diesem nämlich frei, ob er an seinem Haus einen zusätzlichen Kamin anbaue (LG Köln, 10 S 40/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wird vertraglich eine nicht näher definierte „Klinkerfassade“ geschuldet, kann der Bauherr keine speziell gebrannten Tonziegel verlangen.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Rostock im Fall eines Bauherren, der das erstellte Einfamilienwohnhaus wegen der angeblich falschen Klinkerwahl des Bauunternehmers nicht abnehmen wollte. Die Richter machten in ihrer Entscheidung deutlich, dass nicht ohne Weiteres angenommen werden könne, dass ein durchschnittlicher Bauherr, der ein Eigenheim errichten will, unter einer vertraglich geschuldeten Klinkerfassade speziell auch den Einsatz gebrannter Ziegel mit Tonanteil versteht. Vielmehr verliere der Begriff des Klinkers mit Blick auf die „Fassade“ hinsichtlich der Materialzusammensetzung an Bedeutung. Das folge daraus, dass eine Klinkerfassade im Wesentlichen das äußere Erscheinungsbild einer Stein auf Stein Bauweise beschreibe. Das gelte insbesondere, wenn vertraglich keine besondere Farbe vereinbart sei (OLG Rostock, 3 U 134/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl