Ein Grundstückseigentümer muss es nicht dulden, wenn der Grundstücksnachbar eine Wärmedämmung auf der Grenzwand aufbringt, die dann die Grundstücksgrenze überschreitet. Dabei ist unerheblich, ob der Nachbar damit die Anforderungen der bei der Errichtung des Gebäudes bereits geltenden Energieeinsparverordnung (EnEV) erfüllt.

So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall zweier Nachbarn. Deren Reihenhäuser grenzen aneinander. Die Giebelwände der Gebäude decken sich aber nicht vollständig. In dem vorstehenden Bereich der Giebelwand brachte der eine Nachbar Dämmmaterial an, das 7 cm in das Grundstück des anderen Nachbarn hineinragt. Nun soll darauf zusätzlich noch Putz aufgebracht werden. Die Nachbarn streiten darüber, ob dies geduldet werden muss.

Die Richter am BGH haben keine Duldungspflicht gesehen. Die im Nachbarschaftsgesetz vorgesehene Duldungspflicht greife im vorliegenden Fall nicht. Der Gesetzgeber wollte Grundstückseigentümern nicht generell gestatten, eine Wärmedämmung grenzüberschreitend, also im Wege des Überbaus, anzubringen. Er verfolgte vielmehr das Ziel, energetische Sanierungen von Altbauten zu erleichtern. Diese wurden bei Gebäuden, die auf der Grundstücksgrenze stehen, häufig dadurch erschwert, dass der Nachbar die notwendige Zustimmung zu dem durch die Verkleidung der Grenzwand mit einem Wärmeverbundsystem entstehenden Überbau verweigerte oder von unverhältnismäßigen finanziellen Forderungen abhängig machte. Dem sollte durch die Einführung einer Duldungspflicht begegnet werden. Anders als für den Altbaubestand hat der Gesetzgeber für die Wärmedämmung von Neubauten kein Regelungsbedürfnis gesehen. Er hat im Gegenteil ausgeführt, dass die Duldungsverpflichtung nur bei Bestandsbauten und nicht bei Neubauten gelte, weil den Wärmeschutzanforderungen durch eine entsprechende Planung Rechnung getragen werden könne. Für Neubauten bleibt es somit bei dem Grundsatz, dass sie so zu planen sind, dass sich die Wärmedämmung in den Grenzen des eigenen Grundstücks befindet. Das habe der Nachbar beim Bau seines Hauses nicht beachtet. Er könne daher nicht verlangen, dass der Nachbar den Überbau dulde.

Quelle: BGH, Urteil vom 2.6.2017, V ZR 196/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Entsorgung von Styropordämmplatten wird einfacher und preisgünstiger. Der Bundesrat stimmte einer entsprechenden Verordnung der Bundesregierung zu. Sie kann wie geplant einen Monat nach der Verkündung in Kraft treten.

Wärmedämmplatten mit dem Brandschutzmittel Hexabromcyclododecan (HBCD) werden nicht mehr als gefährlicher Sondermüll eingestuft und brauchen keine Sondergenehmigung für die Entsorgung. Allerdings gilt für sie ein Getrenntsammlungsgebot und ein Vermischungsverbot mit anderem Bauschutt.

Hintergrund: Im Oktober letzten Jahres waren Styroporplatten, die HBCD enthalten, wegen europäischer Vorgaben als gefährlicher Abfall eingestuft worden. Sie durften deshalb nicht mehr zusammen mit anderem Bauschutt, sondern nur mit Sondergenehmigung verbrannt werden. Seitdem geriet die Entsorgung erheblich ins Stocken, da viele Müllverbrennungsanlagen die erforderliche Sondergenehmigung nicht besaßen. Die wenigen Anlagen mit Genehmigung verlangten sehr hohe Vergütungen. Dies verursachte Engpässe bei der Entsorgung und Probleme für viele Hausbesitzer und Sanierungsfirmen.

Die Einstufung von HBCD als gefährlicher Sondermüll wurde Ende Dezember 2016 befristet für ein Jahr ausgesetzt, um den akuten Entsorgungsengpass zu lindern. Inzwischen haben sich die Fachgremien von Bund und Ländern auf rechtskonforme und bundeseinheitliche Entsorgungsvorschriften geeinigt. Diese enthalten auch Anforderungen an den Nachweis der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung oder gemeinwohlverträglichen Beseitigung.

Quelle: Bundesrat

Soll ein ehemaliges Einzelhandelsgeschäft als Kultur- und Bildungsstätte sowie zum Gebet von Muslimen genutzt werden, muss eine baurechtliche Genehmigung eingeholt werden.

Dies entschied das Verwaltungsgericht (VG) Dresden. In dem Rechtsstreit ging es um ein Ladenlokal, das aus einem Raum mit 130 Quadratmetern sowie einigen Nebenräumen bestand. Die Eigentümerin hatte es an eine gemeinnützige Unternehmensgesellschaft verpachtet. Diese betrieb Begegnungsstätten für alle Menschen, unabhängig ihrer Ethnie, Nationalität, Religion oder Sprache. Bereits im Oktober 2016 hatte die Gesellschaft einen Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids mit der Fragestellung beantragt, inwieweit es bauplanungsrechtlich zulässig ist, im fraglichen Objekt ein Kulturzentrum zu errichten. Nach Angaben der Betreiberin werden die Räumlichkeiten nach Abschluss des Pachtvertrags im Februar 2017 als Treffpunkt ihrer Mitglieder genutzt. Die Treffen dienten dem sozialen, kulturellen und religiösen Austausch. Selbstverständlich werde dabei auch das Gebet zusammen verrichtet.

Die Stadt untersagte es unter Anordnung der sofortigen Vollziehung, die Räumlichkeiten als Begegnungsstätte bzw. Anlage für religiöse Zwecke zu nutzen. Aufgrund einer Anzeige sei eine Ortsbesichtigung durchgeführt worden. Dabei sei festgestellt worden, dass der ehemalige Verkaufsraum abweichend genutzt werde. Für diese Nutzungsänderung sei eine Genehmigung nach der Sächsischen Bauordnung erforderlich. Die sei aber bisher gar nicht beantragt worden. Gegen diese Entscheidung haben sowohl die Begegnungsstättenbetreiberin als auch die Grundstückseigentümerin Anträge auf gerichtlichen Eilrechtsschutz erhoben.

Das VG hat diese Anträge auf Aufhebung der Nutzungsuntersagung jedoch abgelehnt. Die Richter betonen, dass es in beiden Verfahren nicht um die Frage der Zulässigkeit einer Nutzung der Räume als Kultur- und Bildungszentrum und zum Gebet von Muslimen gegangen sei. Dies sei von der Stadt im Nutzungsänderungsverfahren zu klären, für das vor wenigen Tagen ein Antrag eingereicht worden sei. Zu entscheiden sei allein gewesen, ob die jetzige Nutzung der Räume aufgrund einer vor Jahrzehnten beantragten und erteilten Genehmigung als Einkaufsladen möglich sei. Dies habe das Gericht verneint, weil für die Nutzung der Räume als Einkaufsstätte, bzw. als Kulturzentrum und zum Gebet unterschiedliche gesetzliche Vorgaben zu beachten seien. Dass für die geänderte Nutzung bereits ein Vorbescheid beantragt worden sei, spiele keine Rolle. Ein Vorbescheid sei bislang nicht erteilt worden. Eine solche Entscheidung ersetze zudem ohnehin keine Genehmigung zur Nutzungsänderung.

Quelle: VG Dresden, Beschluss vom 29.5.2017, 7 L 463/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Verkauft eine Stadt ein teilweise als Straße gewidmetes Grundstück als Privatgrundstück an einen Investor, kann dieser aufgrund des vorliegenden Rechtsmangels nicht mehr von dem Kaufvertrag zurücktreten, wenn der Gewährleistungsanspruch verjährt ist. Der Käufer schuldet in dem Fall aber auch keine weitere, vertraglich vereinbarte Vertragsstrafe.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Investors entschieden. Dieser hatte von einer Stadt das ehemalige Schlachthofgelände gekauft. Teil des verkauften Grundstücks ist eine als „Schlachthofstraße“ bezeichnete Wegfläche, eine nach ca. 20-30m mit einem Tor versehene Sackgasse. Nach dem Kaufvertrag musste der Käufer ab dem 1.1.2010 30 Arbeitsplätze nachweisen. Pro nicht geschaffenem Arbeitsplatz war eine Vertragsstrafe von 5.000 EUR fällig.

Das Kaufobjekt wurde zum 1.2.2009 übergeben. Als ein Anlieger eines benachbarten Gewerbebetriebs die Schlachthofstraße weiterhin als Zuwegung zu seinem Betrieb und als Abstellfläche nutzen wollte, wurde bekannt, dass die Schlachthofstraße als öffentliche Straße gewidmet war. Als solche war sie auch in einer im Bauamt der Stadt geführten Widmungskartei eingetragen. Die Widmung bestätigte das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in einem vom Anlieger gegen die Stadt geführten verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Jahre 2014. Bereits im Mai 2011 hatte der Käufer gegenüber der Stadt den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt, weil er den als öffentliche Straße gewidmeten Grundstücksteil nicht nach seinen Vorstellungen nutzen und bebauen könne.

Gegenüber dem Rücktritt könne sich die Stadt aber auf die Einrede der Verjährung berufen, so das OLG. Es gelte eine zweijährige Verjährungsfrist. Diese habe mit der Übergabe des Grundstücks am 1.2.2009 begonnen. Sie sei bereits vor der Rücktrittserklärung im Mai 2011 vollendet gewesen. Auf eine längere Verjährungsfrist könne sich der Kläger nicht berufen, da die Stadt den Rechtsmangel nicht arglistig verschwiegen habe. Ebenso sei auch der Schadenersatzanspruch verjährt.

Die Verjährung schließe aber nicht aus, dass der Kläger gegenüber der Stadt eine weitere Vertragsstrafenzahlung und ihre weitere Inanspruchnahme insoweit aus dem notariellen Kaufvertrag verweigern dürfe. Nach dem erst durch die Verjährungseinrede unwirksam gewordenen Rücktritt schulde der Klägerin der Stadt keine weitere Vertragserfüllung, mithin auch keine weitere Vertragsstrafe. Deswegen habe die Stadt auch der Löschung einer zur Absicherung der weiteren Vertragsstrafe vereinbarten Grundschuld zustimmen müssen. Sie könne in Bezug auf die Vertragsstrafe keine Vollstreckungsmaßnahmen aus dem Kaufvertrag veranlassen.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 14.1.2016, 22 U 136/11

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem klassischen Bauträgerfall entschieden, dass eine Umsatzsteuerfestsetzung nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG gegenüber dem leistenden Unternehmer nur (zu seinem Nachteil) geändert werden kann, wenn ihm ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zusteht.

Die Klägerin (eine GmbH) erbrachte Mauerarbeiten gegenüber einer Bauträger-GmbH. Jene wurde vom Finanzamt als steuerpflichtige Leistungsempfängerin in Anspruch genommen. Nach der einengenden BFH-Entscheidung beantragte die Bauträger-GmbH beim Finanzamt die Erstattung der Umsatzsteuer, die sie in der Annahme entrichtet hatte, Steuerschuldnerin zu sein. Das Finanzamt setzte daraufhin die Umsatzsteuer gegenüber der Klägerin fest. Hiergegen berief sich die Klägerin auf den Schutz ihres Vertrauens in die von der Finanzverwaltung praktizierte Rechtslage. Das Finanzgericht billigte die Umsatzsteuerfestsetzung, verpflichtete aber das Finanzamt dazu, das Angebot der Klägerin auf Abtretung ihres Anspruchs gegen die Bauträger-GmbH auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer anzunehmen.

Nach Auffassung des BFH schließt die gesetzliche Übergangsregelung (§ 27 Abs. 19 UStG) einen allgemeinen Vertrauensschutz gegenüber einer belastenden Änderung (§ 176 Abs. 2 AO) aus.

Quelle: BFH, Urteil vom 23.2.2017, V R 16/16, V R 24/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Überwacht der bauaufsichtführende Architekt nicht ausreichend die Unfallverhütungsvorschriften, haftet er für einen hieraus entstehenden Schaden.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe im Fall des sogenannten Neckargemünder Schulhausbrands. Im Juni 2003 kam es während einer Sanierungsmaßnahme im Schulzentrum der Stadt Neckargemünd bei Schweißarbeiten zu einem Großbrand. Es entstand ein Schaden in Millionenhöhe. Die Stadt Neckargemünd klagt in diesem Verfahren gegen den Architekten, der die Sanierungsmaßnahmen am Schulgebäude zu beaufsichtigen hatte.

Das OLG hat nun die Entscheidung des Landgerichts Heidelberg bestätigt, wonach der Architekt der Stadt für Schäden hafte. Der Schulhausbrand wurde durch Schweißarbeiten ausgelöst. Bei diesen Schweißarbeiten wurden Unfallverhütungsvorschriften nicht eingehalten. Die Richter am OLG entschieden, dass der Architekt verpflichtet gewesen wäre, die Einhaltung dieser Vorschriften zu überwachen. Dies habe er nicht hinreichend getan. Die Unfallverhütungsvorschriften sollen auch Brände verhindern. Darum hätte der Architekt beweisen müssen, dass der Brand wahrscheinlich auch nicht verhindert worden wäre, wenn der diese Vorschriften eingehalten hätte. Dies ist ihm nach Auffassung des Gerichts nicht gelungen.

Die Stadt Neckargemünd macht im laufenden Verfahren noch Schäden in Höhe von ca. 862.000 EUR geltend. Ob der Schadenersatzanspruch der Stadt tatsächlich so hoch ist, muss nun das Landgericht Heidelberg in einem weiteren Verfahrensschritt klären.

Quelle: OLG Karlsruhe, Urteil vom 4.4.2017, 19 U 17/15, Abruf-Nr. 193332 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein ursprünglich wirksamer Werkvertrag wird unwirksam, wenn die Parteien nachträglich vereinbaren, dass ein Teil der Arbeiten ohne Rechnung geleistet werden soll (Schwarzarbeit).

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH). Er führt damit seine Rechtsprechung zur Unwirksamkeit von Werkverträgen fort, die gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) verstoßen. In dem Fall verlangte der Bauherr von einem Handwerker den Werklohn in Höhe von ca. 15.000 EUR zurück. Der Handwerker hatte den alten Teppichboden entfernt und neuen beschafft und verlegt. Wegen Mängeln an den Arbeiten hatte der Bauherr  den Rücktritt vom Vertrag erklärt.

Die Klage ist in den Vorinstanzen abgewiesen worden. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Parteien zunächst einen Vertrag über die Arbeiten zum Preis von 16.164,38 EUR geschlossen haben. Kurze Zeit später habe man sich dann geeinigt, dass der Handwerker eine Rechnung lediglich über einen Betrag von 8.619,57 EUR erstellt. Weitere 6.400 EUR sollten in bar gezahlt werden. Den Betrag der so erstellten Rechnung überwies der Bauherr. Weitere – in der Höhe streitige – Zahlungen leistete er in bar. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Vertrag sei wegen Verstoßes gegen das SchwarzArbG nichtig. Deshalb habe der Bauherr keine Mängelansprüche. Er könne weder aus Rücktritt noch aus ungerechtfertigter Bereicherung sein Geld zurückverlangen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Bauherr seinen Antrag weiter.

Der BGH hat die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt. Er hat bereits in mehreren Urteilen seit 2013 entschieden, dass bei einer (auch nur teilweisen) „Ohne-Rechnung-Abrede“ ein Werkvertrag nichtig ist, wenn die Parteien bewusst gegen das SchwarzArbG verstoßen, indem sie vereinbaren, dass für eine Barzahlung keine Rechnung gestellt und keine Umsatzsteuer gezahlt werden sollte. In solchen Fällen bestehen keine gegenseitigen Ansprüche der Parteien. Es bestehen keine Mängelansprüche, keine Rückzahlungsansprüche des Bauherrn und auch keine Zahlungsansprüche des Werkunternehmers. Die Richter am BGH haben nunmehr entschieden, dass diese Grundsätze in gleicher Weise gelten, wenn ein zunächst nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstoßender Vertrag nachträglich durch eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ so abgeändert wird, dass er nunmehr vom Verbot des SchwarzArbG erfasst wird.

Quelle: BGH, Urteil vom 16.3.2017, VII ZR 197/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Nach der Baunutzungsverordnung sind in einem reinen Wohngebiet auch Anlagen zur Kinderbetreuung zulässig, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

Hierauf wies der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Hessen im Rechtsstreit um eine Kindertagesstätte mit 66 Plätzen hin. Ein Nachbar hatte gegen die erteilte Baugenehmigung geklagt, weil er sich durch die Kinderbetreuungseinrichtung gestört fühlte.

Seine Klage hatte jedoch sowohl vor dem Verwaltungsgericht als auch vor dem VGH keinen Erfolg. Die Richter am VGH machten dabei zunächst deutlich, dass bei der Definition des Begriffs „Bewohner“ nicht auf die gegenwärtige persönliche Lebenssituation der in diesem Gebiet ansässigen Grundstückseigentümer abzustellen sei. Es komme vielmehr auf die objektive Bewohnbarkeit der Grundstücke des Gebiets an. Subjektive persönliche Befindlichkeiten bei der Beurteilung der Zulässigkeit baurechtlicher Vorhaben müssen darum grundsätzlich außer Betracht bleiben. Gerade in Wohngebieten sei es baurechtlich objektiv geboten, Kinderbetreuungseinrichtungen zu schaffen. Misch- oder gar Gewerbegebiete bieten sich für solche Einrichtungen auch und gerade wegen der notwendigen wohnartnahen Versorgung und des sozialen Eingebundenseins solcher Einrichtungen grundsätzlich nicht an.

Dem Nachbar stehe auch kein „Gebietserhaltungsanspruch“ zu. Ein solcher solle nur Vorhaben verhindern, die weder regelmäßig noch ausnahmsweise in einem Baugebiet zulässig sind. Dürfe ein Vorhaben nach dem Gesetz ausnahmsweise in einem faktischen reinen Wohngebiet zugelassen werden, könne ein Gebietserhaltungsanspruch nicht verletzt sein. Die Nachbarrechte seien in diesem Falle durch Anwendung des Gebots der Rücksichtnahme ausreichend gewahrt. Im Übrigen seien Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen hervorgerufen werden, nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz im Regelfall keine schädlichen Umwelteinwirkungen. Damit seien sie auch keine unzumutbaren Belästigungen oder Störungen nach der Baunutzungsverordnung.

Quelle: VGH Hessen, Beschluss vom 25.2.2017, 3 B 107/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Bundesrat hat am 31.3.2017 ein Gesetz gebilligt, das den Verbraucherschutz für Bauherren verbessern soll. Es ergänzt die allgemeinen Regelungen des Werkvertragsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch um spezifische Regelungen des Bauvertragsrechts – unter anderem mit einem eigenen neuen Verbraucherbauvertrag.

So soll der private Bauherr gegenüber dem Auftragnehmer Änderungswünsche zur Bauausführung einseitig anordnen können. Außerdem regelt das Gesetz das Kündigungs- und Widerrufsrecht klarer.

Im Weiteren wird das Kaufvertragsrecht an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs angepasst. Dabei geht es um die Gewährleistung bei mangelhaftem Baumaterial. In diesem Fall ist nach bisher geltendem Recht der ausführende Handwerker verpflichtet, das mangelhafte Material wieder auszubauen und durch fehlerfreies zu ersetzen. Der Handwerker kann gegenüber dem Händler, von dem er das mangelhafte Material bezogen hat, nur dessen Ersatz verlangen. Auf den Kosten für den Aus- und Wiedereinbau bleibt er sitzen. Dies soll mit dem Gesetz zugunsten des Handwerkers geändert werden, heißt es in der Gesetzesbegründung.

Das Gesetz wird nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Verkündung vorgelegt. Es soll im Wesentlichen zum 1.1.2018 in Kraft treten.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wird die Verkaufsfläche eines Lebensmittelmarkts um ca. 177 qm durch Umnutzung eines Lagers in Verkaufsraum vergrößert, handelt es sich um eine bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung. Dies gilt auch, wenn sich dadurch der Nutzungstyp nicht ändert, weil bereits der bestehende Lebensmittelmarkt mit mehr als 800 qm genehmigter Verkaufsfläche ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb ist.

So entschied es der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg. Dabei machten die Richter deutlich, dass die Verkaufsfläche eines in das Gebäude eines Selbstbedienungs-Lebensmittel-Discountmarkts integrierten, aber baulich abgetrennten Backshops ggf. auf die Verkaufsfläche des Lebensmittelmarkts anzurechnen ist. Dem ist so, wenn die Gesamtfläche durch den Lebensmittelmarkt als „Hauptbetrieb“ geprägt wird und das Warenangebot des Backshops als „Nebenleistung“ in einem inneren Zusammenhang mit der „Hauptleistung“ des Lebensmittelmarkts steht, diese jedoch nur abrundet und von untergeordneter Bedeutung bleibt.

Quelle VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.2.2016, 5 S 1389/14

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl