Bauarbeiter, die auf Baustellen einfache Arbeiten verrichten, einen festen Stundenlohn erhalten und am Markt nicht erkennbar unternehmerisch auftreten, sind regelmäßig abhängig Beschäftigte, für die die Baufirmen Sozialversicherungsbeiträge entrichten müssen. Dies entschied in drei Urteilen das Hessische Landessozialgericht (LSG).

Baufirmen müssen Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen

Die Deutsche Rentenversicherung entschied in mehreren Fällen, dass Bauarbeiter abhängig beschäftigt sind. In zwei Fällen forderte sie nach entsprechenden Betriebsprüfungen von den im Rhein-Main-Gebiet ansässigen Baufirmen Sozialversicherungsbeiträge in fünfstelliger Höhe. In einem weiteren Verfahren hatte sie zunächst über den Antrag auf Statusfeststellung zu entscheiden.

Weder schriftliche Verträge noch eigene Werkzeuge

In diesen Fällen hatten angeblich selbstständige Werkunternehmer auf Baustellen der jeweils klagenden Baufirma gearbeitet. Bei diesen Bauarbeitern handelte es sich um ausländische Staatsangehörige mit allenfalls geringen Deutschkenntnissen. Sie erledigten Abbrucharbeiten, Maurertätigkeiten und Pflasterarbeiten, sanierten Bäder oder arbeiteten im Trockenbau. Schriftliche Verträge oder Auftragsbestätigungen gab es nicht. Die Abrechnungen erfolgten auf Basis der aufgeschriebenen Stunden bei einem Stundenlohn zwischen 10 und 15 Euro. Die Materialien und Werkzeuge wurden bis auf Kleinwerkzeuge von den jeweiligen Baufirmen gestellt.

Scheinselbstständige statt Werkunternehmer

Das LSG folgte der Einschätzung der Rentenversicherung. In allen drei Verfahren liege Scheinselbständigkeit vor.

Bei einfachen, typischen Arbeitnehmerverrichtungen, die der Beschäftigte im Wesentlichen ohne den Einsatz eigener Betriebsmittel im Einwirkungsbereich des Beschäftigenden ausübe, spreche die Vermutung für ein weisungsgebundenes Beschäftigungsverhältnis. Die betroffenen Bauarbeiter seien jeweils in den Betrieb der klagenden Baufirma eingegliedert gewesen und hätten einfache Bauarbeiten getätigt, wie sie typischerweise abhängig Beschäftigte verrichteten.

Kein unternehmerisches Auftreten

Werkvertragstypische Vereinbarungen einer unternehmerischen Leistung hätten nicht festgestellt werden können. Zudem seien die angeblichen „Werkunternehmer“ schon aufgrund ihrer geringen Deutschkenntnisse zu einem unternehmerischen Auftreten am Markt nicht in der Lage gewesen.

Zwischen den Baufirmen und den Bauarbeitern getroffene Vereinbarungen über eine (angeblich) selbstständige Tätigkeit seien nicht relevant und könnten die gesetzlich angeordnete Sozialversicherungspflicht nicht ausschließen.

Quelle: Hessisches LSG, Urteil vom 3.4.2025, L 8 BA 4/22, L 8 BA 62/22 und L 8 BA 64/21

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Derzeit wird diskutiert, ob nicht mehr öffentliche Aufträge als Gesamtlos (Planung und Bau) vergeben werden sollen. In diesen Kontext passt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Rostock.

Das Land Mecklenburg-Vorpommern möchte die Städte und Gemeinden des Landes beim Bau von Feuerwehrhäusern für Freiwillige Feuerwehren unterstützen. Es sollen hierfür Totalunternehmerleistungen für die Planung und den Bau von Feuerwehrhäusern für Freiwillige Feuerwehren im Land Mecklenburg-Vorpommern vergeben werden.

Ein Planungsbüro klagte und gewann vor dem OLG. Fachlos- und Gesamtvergabe, so das OLG, stehen in einem Regel-/Ausnahmeverhältnis. Eine Zusammenfassung von Fachlosen setzt voraus, dass die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden technischen und wirtschaftlichen Gründe nach umfassender Abwägung überwiegen. Das ist für das OLG im Feuerwehrhausbau nicht gegeben.

Das OLG gab dem Auslober auf, das Vergabeverfahren bei fortbestehender Beschaffungsabsicht in den Stand vor der Auftragsbekanntmachung zurückzuversetzen und unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu bekannt zu machen.

Quelle: OLG Rostock, Beschluss vom 10.1.2025, 17 Verg 4/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Bei einer mehr als unerheblichen Wohnnutzung in der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks scheidet die Annahme eines faktischen Kerngebiets aus, also als Gebiet, das vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dient. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden.

Stadt versagte Nutzung eines Gebäudes als Spielhalle

Die Klägerin begehrt einen Bauvorbescheid für die Nutzung eines Geschäftsgebäudes in der Innenstadt der Beklagten als Spielhalle. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, der Widerspruch blieb erfolglos.

Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht sahen das anders

Das Verwaltungsgericht (VG) gab der Klage statt. Die Berufung der Beklagten wies das Oberverwaltungsgericht (OVG) zurück. Das Vorhaben sei als Vergnügungsstätte zulässig. Die Eigenart der näheren Umgebung entspreche einem Kerngebiet i. S. d. Baunutzungverordnung (hier: § 7 BauNVO). Die nicht unerhebliche, aber noch untergeordnete Wohnnutzung in der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks stehe dieser Einordnung nicht entgegen, obwohl sie im vorhandenen Umfang nur aufgrund von Festsetzungen in einem Bebauungsplan zulässig wäre.

Bundesverwaltungsgericht rügte mangelnde Tatsachenfeststellung

Das BVerwG hat das Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Die Auffassung des OVG, dass ein faktisches Kerngebiet auch bei einer nicht unerheblichen Wohnnutzung vorliegt, steht mit der Regelungssystematik der Baunutzungsverordnung nicht in Einklang. Die Verweisung in § 34 Abs. 2 Halbs. 1 BauGB auf die §§ 2 ff. BauNVO findet dort eine Grenze, wo die Baunutzungsverordnung eine planerische Entscheidung der Gemeinde vorsieht. Der Verordnungsgeber hat die Entscheidung darüber, ob die sonstige Wohnnutzung in einem Kerngebiet über Ausnahmen hinausgehen darf, der Gemeinde überlassen. Ihr Spielraum darf bei der Einordnung als faktisches Kerngebiet nicht übergangen werden. Mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen konnte das BVerwG nicht abschließend entscheiden.

Quelle: BVerwG, Urteil vom 20.5.2025, 4 C 2.24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Landgericht (LG) Berlin II hat eine Energieberatungsfirma zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von rund 6.000 Euro wegen einer Falschberatung verurteilt. Aufgrund der Falschberatung habe der Kläger – ein Verbraucher – Fenster und Dachfenster mit zu hohen Wärmedurchgangskoeffizienten einbauen lassen, die daher nicht förderfähig seien.

Förderleistungen beantragt – Bundesamt lehnt ab

Der Kläger hatte die Beklagte mit der Energieberatung für die energetische Sanierung seines Einfamilienhauses beauftragt. In Zusammenarbeit mit der Beklagten beantragte er beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle Förderleistungen gemäß der Richtlinie der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG-Richtlinie) und erhielt einen entsprechenden Zuwendungsbescheid. Anschließend holte er Angebote für die Sanierungsmaßnahmen ein und schickte sie der Beklagten, die diese nicht beanstandete.

Für den Verwendungsnachweis der Fördermittel gab der Kläger in Absprache mit der Beklagten die Wärmedurchgangskoeffizienten an, die mit den verbauten Dämmmaterialien an der Gebäudehülle erreicht werden konnten – für das Dach und die Geschossdecke einen Koeffizienten von 0,2, für die Fenster von 1,1 und für die Dachflächenfenster von 1,3. Das Bundesamt teilte dem Kläger daraufhin mit, dass die technischen Mindestanforderungen bei der Sanierung nicht erreicht seien und hob den Förderbescheid teilweise auf. Die BEG-Richtlinie fordert Koeffizienten an Dachgebilden von 0,14 und an Fenstern von 0,95 bzw. 1,0 bei Dachflächenfenstern.

Energieberater muss Förderleistung zahlen

Das Gericht sprach dem Kläger nun Schadenersatz in Höhe der eigentlich zu gewährenden Förderungssumme zu. Die Beklagte habe ihre Pflicht zur fachlich zutreffenden Beratung verletzt. Sie hätte insbesondere die vom Kläger vorgelegten Angebote auf ihre Förderungsfähigkeit prüfen müssen.

Der Verweis der Beklagten, der Kläger hätte sich selbst über die förderungsrelevanten Wärmedurchgangskoeffizienten informieren können, führe ihr Leistungsangebot ad absurdum. Es sei gerade ihre Hauptleistungspflicht, einen Verbraucher und Laien über die Richtlinien und Richtwerte fachlich zu beraten. Darüber hinaus habe die Beklagte den Kläger falsch beraten, weil sie selbst von falschen Werten ausgegangen sei. Rechtsirrig habe sie in E-Mails an den Kläger auf das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und nicht auf die Werte der BEG-Richtlinie verwiesen. Die Beratung sei auch deshalb unzureichend und fehlerhaft gewesen.

Quelle: LG Berlin II, Urteil vom 18.2.2025, 30 O 197/23

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Beschränkt ein Bebauungsplan über ein Wochenendhausgebiet mittels sog. Baufenster die Bebaubarkeit von Flächen, kann für ein Grundstück, das außerhalb eines Baufensters gelegen ist, kein Bauvorbescheid erteilt werden. Dies entschied das Verwaltungsgericht (VG) Mainz.

Das war geschehen

Die Klägerin ist Pächterin eines Grundstücks, das im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegt, der ein Wochenendhausgebiet und hierfür überbaubare Flächen (sog. Baufenster) festsetzt. Das Pachtgrundstück ist danach nicht mit einem Wochenendhaus bebaubar, sondern nur mit Nebengebäuden, etwa zum Unterstellen von Gegenständen zur Freizeitnutzung.

Die Klägerin stellte einen Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids zur Klärung der Frage, ob ihr Grundstück mit einem Wochenendhaus bebaubar sei, und beantragte hilfsweise eine Befreiung von der Festsetzung über die überbaubaren Flächen. Sie machte zur Begründung ihres Antrags geltend: Für jedes andere Grundstück in der Straße sehe der Bebauungsplan ein Baufenster vor, nicht aber für ihres – an vielen Stellen des Plangebiets seien nicht überbaubare Flächen zwischenzeitlich mit Gebäuden bebaut worden. Für ihr Grundstück sei sogar eine Hausnummer vergeben worden. Die Baugenehmigungsbehörde lehnte das Begehren ab. Das Widerspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.

So entschied das Verwaltungsgericht

Das VG wies die Klage ab. Die Errichtung eines Wochenendhauses auf dem Pachtgrundstück sei nicht genehmigungsfähig, denn für dieses sehe der Bebauungsplan keine Fläche vor, die mit einem solchen Gebäude bebaut werden dürfe.

Keine verdichtetete Bebauung im Erholungsgebiet gewünscht

Die Beschränkung der Bebaubarkeit der Flächen über das gesamte Plangebiet hinweg diene nach dem Willen der Gemeinde als Plangeberin der Verhinderung einer verdichteten Bebauung in dem Erholungsgebiet und dem Erhalt von Waldflächen. Damit liege eine städtebaulich legitimierte Planung vor, die auch das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) der von der Beschränkung betroffenen Eigentümer nicht verletze. Ohne den Bebauungsplan wären im Außenbereich Gebäude zur privaten Freizeitnutzung generell bauplanungsrechtlich unzulässig. Die Festsetzung über die beschränkte Bebaubarkeit, an deren Geltung die Gemeinde ausdrücklich weiter festhalte, sei auch nicht funktionslos geworden, sie könne die bauliche Entwicklung in dem Plangebiet auch künftig noch beeinflussen. Denn es gebe noch unbebaute Grundstücke, für die ebenfalls ein Baufenster festgesetzt sei. Der überwiegende Teil der Bebauung sei auch innerhalb der Baufenster verwirklicht worden.

Großer Teil hielt Regeln nicht ein: Bebauungsplan gilt trotzdem

Unerheblich sei hingegen, dass in einer Vielzahl von Fällen Grundstücke entgegen der Festsetzung zu den Baufenstern bebaut worden seien. Der Geltungsanspruch einer Norm, wie der eines Bebauungsplans, gehe nicht bereits dadurch unter, dass sich ein großer Teil der Betroffenen nicht an die Regelung halte. Die Vergabe einer Hausnummer diene allein ordnungsrechtlichen Belangen und begründe keine Baurechte für ein Grundstück. Eine Befreiung von der Festsetzung des Bebauungsplans über die beschränkte Bebaubarkeit der Grundstücke scheide aus, weil diese angesichts der Gesamtkonzeption einen Grundzug der Planung betreffe, über den die Baugenehmigungsbehörde – auch zur Vermeidung eines Präzedenzfalls – nicht hinweggehen könne. Allein die Gemeinde könne eine Umplanung des Bebauungsplans vornehmen.

Quelle: VG Mainz, Urteil vom 25.9.2024, 3 K 746/23.MZ, PM 8/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Beschränkt ein Bebauungsplan über ein Wochenendhausgebiet mittels sog. Baufenster die Bebaubarkeit von Flächen, kann für ein Grundstück, das außerhalb eines Baufensters gelegen ist, kein Bauvorbescheid erteilt werden. Dies entschied das Verwaltungsgericht (VG) Mainz.

Das war geschehen

Die Klägerin ist Pächterin eines Grundstücks, das im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegt, der ein Wochenendhausgebiet und hierfür überbaubare Flächen (sog. Baufenster) festsetzt. Das Pachtgrundstück ist danach nicht mit einem Wochenendhaus bebaubar, sondern nur mit Nebengebäuden, etwa zum Unterstellen von Gegenständen zur Freizeitnutzung.

Die Klägerin stellte einen Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids zur Klärung der Frage, ob ihr Grundstück mit einem Wochenendhaus bebaubar sei, und beantragte hilfsweise eine Befreiung von der Festsetzung über die überbaubaren Flächen. Sie machte zur Begründung ihres Antrags geltend: Für jedes andere Grundstück in der Straße sehe der Bebauungsplan ein Baufenster vor, nicht aber für ihres – an vielen Stellen des Plangebiets seien nicht überbaubare Flächen zwischenzeitlich mit Gebäuden bebaut worden. Für ihr Grundstück sei sogar eine Hausnummer vergeben worden. Die Baugenehmigungsbehörde lehnte das Begehren ab. Das Widerspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.

So entschied das Verwaltungsgericht

Das VG wies die Klage ab. Die Errichtung eines Wochenendhauses auf dem Pachtgrundstück sei nicht genehmigungsfähig, denn für dieses sehe der Bebauungsplan keine Fläche vor, die mit einem solchen Gebäude bebaut werden dürfe.

Keine verdichtetete Bebauung im Erholungsgebiet gewünscht

Die Beschränkung der Bebaubarkeit der Flächen über das gesamte Plangebiet hinweg diene nach dem Willen der Gemeinde als Plangeberin der Verhinderung einer verdichteten Bebauung in dem Erholungsgebiet und dem Erhalt von Waldflächen. Damit liege eine städtebaulich legitimierte Planung vor, die auch das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) der von der Beschränkung betroffenen Eigentümer nicht verletze. Ohne den Bebauungsplan wären im Außenbereich Gebäude zur privaten Freizeitnutzung generell bauplanungsrechtlich unzulässig. Die Festsetzung über die beschränkte Bebaubarkeit, an deren Geltung die Gemeinde ausdrücklich weiter festhalte, sei auch nicht funktionslos geworden, sie könne die bauliche Entwicklung in dem Plangebiet auch künftig noch beeinflussen. Denn es gebe noch unbebaute Grundstücke, für die ebenfalls ein Baufenster festgesetzt sei. Der überwiegende Teil der Bebauung sei auch innerhalb der Baufenster verwirklicht worden.

Großer Teil hielt Regeln nicht ein: Bebauungsplan gilt trotzdem

Unerheblich sei hingegen, dass in einer Vielzahl von Fällen Grundstücke entgegen der Festsetzung zu den Baufenstern bebaut worden seien. Der Geltungsanspruch einer Norm, wie der eines Bebauungsplans, gehe nicht bereits dadurch unter, dass sich ein großer Teil der Betroffenen nicht an die Regelung halte. Die Vergabe einer Hausnummer diene allein ordnungsrechtlichen Belangen und begründe keine Baurechte für ein Grundstück. Eine Befreiung von der Festsetzung des Bebauungsplans über die beschränkte Bebaubarkeit der Grundstücke scheide aus, weil diese angesichts der Gesamtkonzeption einen Grundzug der Planung betreffe, über den die Baugenehmigungsbehörde – auch zur Vermeidung eines Präzedenzfalls – nicht hinweggehen könne. Allein die Gemeinde könne eine Umplanung des Bebauungsplans vornehmen.

Quelle: VG Mainz, Urteil vom 25.9.2024, 3 K 746/23.MZ, PM 8/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Beauftragt ein Bauträger einen Architekten, eine Wohnflächenberechnung auf der Grundlage einer als fehlerhaft erkannten Vermessung zu erstellen und verlangt vom Architekten nur die Überprüfung einzelner Maße, übernimmt der Bauträger das mit der begrenzten Überprüfung verbundene Risiko selbst. Er kann den Architekten bei Verwirklichung dieses Risikos nicht haftbar machen. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart klargestellt.

Das war geschehen

Die Klägerin als Bauträgerin machte gegen den beklagten Architekten im Wege einer Schadenersatzklage i. H. v. 100.000 Euro wegen mangelhafter Architektenleistungen bei der Planung einer Wohnungseigentumsanlage geltend. Die Klägerin ist der Auffassung, die die Pläne des Vermessungsingenieurs überarbeitende Wohnflächenberechnung des Beklagten für bestimmte Bestandsgebäude habe eine zu geringe Wohnfläche ausgewiesen. Der Beklagte habe zugesichert, dass die Abweichungen der Wohnflächen von den Bestandsplänen des Vermessers unter einem Prozent lägen, tatsächlich gebe es Abweichungen bis zu 8%. Zahlreiche Wohnungen seien daher mit zu geringer Flächenangabe verkauft worden und deshalb sei ein Mindererlös entstanden.

Der Beklagte bestreitet eine fehlerhafte Flächenermittlung, die sich ohnehin nur auf die örtliche Überprüfung der Maße aus den Bestandsplänen des Vermessers hinsichtlich der für die Werkplanung entscheidenden Stellen bezogen habe. Ein Auftrag zu einer kompletten Neuvermessung des Bestands sei gerade nicht erteilt worden.

Zudem meint die Klägerin, der Beklagte habe bei der Grundlagenermittlung übersehen, dass die Geschossdecken in einem Bestandsgebäude Betonhohlkörperdecken waren, die einen unerwartet hohen Sanierungsaufwand erforderten, und es versäumt, vor Baubeginn die Fundamente an der Seite zu einem anderen Grundstück zu überprüfen. Infolge dieser Planungsfehler hätten sich die Baukosten für das Bestandsgebäude deutlich erhöht. Die Umbaukosten beliefen sich somit auf mindestens 950.000 Euro. Ein vollständiger Abriss und Neubau hätte dagegen (nur) 752.499 Euro gekostet und wäre im Vergleich zu den tatsächlich entstandenen Kosten günstiger gewesen. Bei erzielbaren Verkaufserlösen abzüglich der Kosten für Abriss/Neubau hätte sich bei einem Neubau ein hoher sechsstelliger Überschuss ergeben. Der tatsächliche Überschuss durch den Umbau habe lediglich 107.000 Euro betragen.

Der Beklagte trägt hierzu vor, ihm sei vom Geschäftsführer der Klägerin mitgeteilt worden, dass es sich bei sämtlichen Bestandsdecken um Stahlbetonrippendecken handele. Eine Pflicht zur Überprüfung dieser Tatsache habe es nicht gegeben. Zudem habe sich die Klägerin in Kenntnis der Mehrkosten für eine Sanierung und gegen einen Abriss entschieden. Hinsichtlich des Fundaments sei die Klägerin bereits vor Beauftragung des Beklagten in Kenntnis gesetzt worden, dass dessen Tragfähigkeit ein Risiko darstelle. Sie habe dennoch entschieden, das Fundament erst im Zuge der Aushubarbeiten zu untersuchen, um Kosten einzusparen.

So sah es das Oberlandesgericht

Das OLG stellte klar: Wie bei einem Bauvertrag kann auch zwischen einem Architekten und seinem Auftraggeber eine von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abweichende Ausführung vereinbart werden, wenn der Auftragnehmer den Auftraggeber auf die Bedeutung der allgemein anerkannten Regeln der Technik und die mit der Nichteinhaltung verbundenen Konsequenzen und Risiken hinweist, es sei denn, diese sind dem Auftraggeber bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen.

Beauftragt eine Bauträgerin einen Architekten, eine Wohnflächenberechnung auf der Grundlage einer als fehlerhaft erkannten Vermessung zu erstellen und verlangt sie vom Architekten, einzelne Maße zu überprüfen, übernimmt die Bauträgerin sehenden Auges das mit der begrenzten Überprüfung der Maße verbundene Risiko und kann den Architekten bei Verwirklichung dieses Risikos nicht haftbar machen. Weist der Architekt seinen Auftraggeber darauf hin, dass die zu planende Wohnung ohne Sonnenschutz nicht funktioniert, muss der Auftraggeber erkennen, dass bei Umsetzung der Planung eine im Hinblick auf den Wärmeschutz nicht ausreichend funktionstüchtige Wohnung errichtet wird, und es bedarf keines weiteren Hinweises, dass dann (auch) die allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht eingehalten sind.

Macht der Auftraggeber eines Architekten geltend, dass er im Fall einer mangelfreien Beratung von der Sanierung eines Gebäudes abgesehen und einen profitableren Neubau errichtet hätte, schafft der Auftraggeber für eine Schadensschätzung bzw. Begutachtung nur dann eine ausreichende Grundlage, wenn er nachvollziehbar darlegt, welches Gebäude mit welchen Eigenschaften er statt der Sanierung errichtet hätte.

Macht ein Auftraggeber geltend, bei einem mangelfreien Architektenwerk hätte er die zu errichtenden Wohnungen teurer verkaufen können, ist ein Schaden nur schlüssig dargelegt, wenn die Kalkulationsgrundlagen für den erzielten und den geltend gemachten Kaufpreis offengelegt werden und nachvollziehbar vorgetragen wird, dass ein höherer Kaufpreis am Markt hätte durchgesetzt werden können.

Quelle: OLG Stuttgart, Urteil vom 17.12.2024, 10 U 38/24, Abruf-Nr. 246635 unter www.iww.de

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Ein Auftrag zur Genehmigungsplanung ist so zu verstehen, dass auch die Beauftragung mit vorangehenden Leistungsphasen erfasst ist, sofern diese nicht bereits von Dritten erbracht und dem Architekten zur Verfügung gestellt wurden. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe entschieden.

Ein Architekt war mündlich damit beauftragt worden, die Baugenehmigung für die Erweiterung eines Gasthofs einzuholen. Damit war klar, dass er die Leistungsphase 4 im Leistungsbild Gebäude und Innenräume sowie Tragwerksplanung erbringen musste. Da er vom Auftraggeber nur Bestandszeichnungen erhalten hatte, die nicht an eine Vor- oder Entwurfsplanung heranreichten, verlangte er auch das Honorar für diese notwendigen Leistungen. Der Auftraggeber weigerte sich. Er meinte, er habe nur die Genehmigungsplanung beauftragt.

Das OLG gab dem Architekten Recht und sprach ihm das Honorar für die Leistungsphasen 1 bis 4 zu. Es komme nicht auf die Regelungen der HOAI, sondern auf den Inhalt des konkreten Auftrags an. Nicht entscheidend sei, ob die Parteien einen schriftlichen oder mündlichen Vertrag geschlossen, sondern was sie tatsächlich vereinbart haben. Ein Auftrag zur Genehmigungsplanung müsse dann so verstanden werden, dass auch die Beauftragung mit vorangehenden Leistungsphasen erfasst ist, da diese notwendige Voraussetzung für die Erstellung der Genehmigungsplanung ist. Etwas anderes gelte nur, wenn die vorangehenden Planungsleistungen bereits von Dritten erbracht wurden und dem Architekten zur Verfügung gestellt werden.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle: OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.10.2022, 4 U 142/20

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz hat die Klage eines im Nebenerwerb tätigen Landwirts auf Erteilung einer Baugenehmigung für einen bereits errichten „Portalrahmen“ im Außenbereich abgewiesen.

Landwirt hatte Bauwerk schon errichtet

Der „Portalrahmen“ besteht aus zwei Sandsteinsäulen (je 3,53 Meter hoch), an denen ein schmiedeeisernes doppelflügeliges Einfahrtstor befestigt ist. Auf den Säulen befindet sich jeweils eine Metallskulptur. Die Säulen sind mit zwei Einzelfundamenten im Boden verankert. Das gesamte Bauwerk ist fünf Meter breit. Den Antrag auf Erteilung einer entsprechenden Baugenehmigung lehnte der Landkreis ab. Bei dem „Portalrahmen“ handele es sich nicht um ein im Außenbereich bevorrechtigt zulässiges Vorhaben.

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren klagte der Landwirt und trug hierzu vor, das Vorhaben sei bereits deshalb genehmigungsfrei, weil es seinem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Das Tor gewährleiste den Zugang und die Zufahrt zu dem von ihm bewirtschafteten Grundstück. Es füge sich auch optisch in die Umgebung ein.

Klage ohne Erfolg

Das sah das VG anders: Der „Portalrahmen“ sei im Außenbereich nicht bevorrechtigt zulässig, weil er dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers nicht diene. Er sei optisch auffallend und solle offensichtlich die Kunden des Klägers beeindrucken. Ein vernünftiger Landwirt würde unter Berücksichtigung des Gebotes größtmöglicher Schonung des Außenbereichs kein solches Bauwerk zur Einfriedung errichten. Der Kläger könne sich überdies nicht mit Erfolg darauf berufen, er führe einen „Adelshof“. Eine Bevorzugung aufgrund der Abstammung widerspreche dem allgemeinen Gleichheitssatz. Der „Portalrahmen“ beeinträchtige zudem die natürliche Eigenart der Landschaft. Das Vorhabengrundstück liege in einem Naturpark, dessen landschaftliche Eigenart zu bewahren sei.

Quelle: VG Koblenz, Urteil vom 31.10.2024, 4 K 282/24.KO, PM 22/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Die Kündigung eines nach dem 31.12.2017 geschlossenen Architektenvertrags bedarf der Schriftform. Das regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (hier: §§ 650q, 650h BGB). Eine formwidrige Kündigung ist allerdings folgenlos, wenn die andere Partei die Kündigung hinnimmt. Es ist dann in der Regel eine stillschweigende Vertragsaufhebung anzunehmen. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt klargestellt.

Das OLG sagt aber auch: Ruft der Auftraggeber über einen längeren Zeitraum keine weiteren Planungs- und Beratungsleistungen beim Auftragnehmer ab, kann darin keine Kündigung gesehen werden.

Quelle: OLG Frankfurt, Urteil vom 11.5.2023, 22 U 19/22, Abruf-Nr. 244905 unter www.iww.de; rechtskräftig durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde, BGH, Beschluss vom 15.5.2024, VII ZR 118/23

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl