Stellt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf der Grundlage von über 2.300 geleisteten Mehrarbeitsstunden im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer für mehrere Monate frei, muss er ihm in diesen Monaten das Entgelt nach dem Lohnausfallprinzip zahlen, also das Entgelt, das zu zahlen gewesen wäre, wenn der Arbeitnehmer in diesen Monaten gearbeitet hätte. So entschied es das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln.

Das LAG: Nichts anderes ergibt sich, wenn die unstreitige Mehrarbeit vor 20 Jahren geleistet worden war, also in einem Zeitraum, für den die Parteien ein viel geringeres Bruttomonatsentgelt vereinbart hatten.

Quelle: LAG Köln, Urteil vom 23.8.2024, 6 Sa 663/23

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Der professionelle Einsatz eines vollautomatischen Wanddruckers stellt kein zulassungspflichtiges Maler- und Lackiererhandwerk dar. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin in einem Eilverfahren entschieden.

Laut Handwerkskammer bestand Meisterzwang

Die Antragstellerin stellt sog. Wanddrucker her, mit denen sich individuell vom Verwender programmierte Motive großflächig auf eine in der Regel vertikale Fläche auftragen lassen. Einer Käuferin des Wanddruckers wurde auf Nachfrage von der Handwerkskammer Berlin mitgeteilt, dass die gewerbliche Nutzung des Geräts zulassungspflichtig im Maler- und Lackierer-Handwerk sei und daher nur mit Fachkundenachweis und Eintrag in der Handwerksrolle gewerblich ausgeführt werden dürfe. Die Käuferin veröffentlichte die Auskunft auf ihrer Internetseite und erklärte, wegen des „Meisterzwangs“ keine Aufträge mehr für den Wanddrucker annehmen zu können.

Die Antragstellerin verlangte daraufhin von der Handwerkskammer insbesondere, diese – aus ihrer Sicht falsche – Auskunft zu widerrufen und zukünftig zu unterlassen. Die Veröffentlichung der Auskunft im Internet verursache ihr einen immensen wirtschaftlichen Schaden, weil die meisten ihrer Kunden über keinen entsprechenden Fähigkeitsnachweis verfügten. Nachdem die Handwerkskammer eine gesetzte Frist verstreichen ließ, hat die Antragstellerin bei Gericht einen Eilantrag und Klage eingereicht.

Verwaltungsgericht widersprach

Das VG hat dem Eilantrag stattgegeben. Begründung: Die Nutzung eines (vollautomatischen) Wanddruckers stelle für sich genommen regelmäßig keinen handwerklichen Betrieb eines Maler- und Lackierer-Handwerks dar. Sie sei vielmehr ohne Nachweis eines Fachkundenachweises oder einer Eintragung in die Handwerksrolle zulässig.

Weder Fachkundenachweis noch Eintragung in die Handwerksrolle notwendig

Die händischen Arbeitsschritte beim Bedienen des Wanddruckers beschränkten sich auf die Vorbereitung des Druckers und des Motivs sowie das Farbmanagement. Das Verbringen der Farbe auf die Oberfläche – als Kernbereich des Malerhandwerks – erfolge indes automatisiert. Angesichts der überschaubaren Komplexität und Schwierigkeit der Bedienung des Druckers genüge nach unbestrittener Darstellung der Antragstellerin eine zweitägige Schulung in aller Regel, um zufriedenstellende Ergebnisse mit dem Wanddrucker zu erzeugen. Die nötigen Vorbereitungshandlungen und das Mischen von Farben seien keine wesentlichen Tätigkeiten bei der Benutzung des Druckers, weil sie jedenfalls in unter drei Monaten erlernt werden könnten.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

Quelle: VG Berlin, Beschluss vom 19.2.2025, VG 4 L 847/24, PM vom 24.2.2025

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Sichtbare Tätowierungen auf beiden Handrücken hindern die Zulassung zum Vorbereitungsdienst der Polizei nicht, wenn sie inhaltlich unbedenklich sind. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin in einem Eilverfahren entschieden.

Tätowierungen auf den Handrücken

Die Antragstellerin begehrt die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst bei der Berliner Kriminalpolizei. Sie trägt unter anderem auf beiden Handrücken Tätowierungen. Bei den Motiven handelt es sich um Rosenblüten mit den Namen ihrer Kinder. Die Tattoos bedecken jeweils einen Großteil ihrer Handrücken. Die Berliner Polizei lehnte ihre Bewerbung deshalb ab. Hiergegen hat die Antragstellerin einen Eilantrag eingereicht.

Das VG hat dem Eilantrag teilweise stattgegeben und das Land Berlin verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Bewerbung der Antragstellerin zu entscheiden. Zur Begründung führt sie aus, das Tragen von Tätowierungen im sichtbaren Bereich könne einer Einstellung nur entgegenstehen, wenn die Tattoos über das übliche Maß hinausgingen und wegen ihrer besonders individualisierenden Art geeignet seien, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen.

Rosenblüten und Namen der Kinder: unkritischer Inhalt

Dies sei hier nicht der Fall. Es sei bereits zweifelhaft, ob die Tattoos der Antragstellerin über das übliche Maß hinausgingen. Vielfältige Tätowierungen, insbesondere von Blumen bzw. Pflanzen und persönlichen Daten, seien heutzutage weit verbreitet. Jedenfalls seien die Tattoos der Antragstellerin trotz ihrer Sichtbarkeit nicht geeignet, ihre amtliche Funktion in den Hintergrund zu drängen. Die klare Erkennbarkeit der Motive und deren unkritischer Inhalt böten Bürgerinnen und Bürgern keinen Anlass, über die persönlichen Überzeugungen der Antragstellerin als Privatperson zu spekulieren.

Quelle: VG Berlin, Beschluss vom 27.2.2025, VG 26 L 288/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Die gesundheitliche Eignung für den Polizeidienst ist anzunehmen, wenn die Bewerber den besonderen Anforderungen dieses Dienstes genügen. Dies gilt nicht nur für den aktuellen Gesundheitszustand, sondern auch für künftige Entwicklungen, die angesichts einer bekannten Vorerkrankung zu erwarten sind. Bei einem gegenwärtig voll polizeidienstfähigen Bewerber kann die gesundheitliche Eignung aber nur verneint werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt der Polizeidienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden.

Schlaganfall während der Ausbildung

Der Kläger erlitt während seiner Ausbildung zum Polizeikommissar im Beamtenverhältnis auf Widerruf einen Schlaganfall, konnte aber ohne weitere fortdauernde gesundheitliche Beeinträchtigungen sein Studium an der Hochschule der Polizei einschließlich der geforderten Sportleistungen erfolgreich abschließen. Die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe lehnte das Land u.a. mit der Begründung ab, der Kläger sei wegen der erhöhten Gefahr eines weiteren Schlaganfalls nicht mehr uneingeschränkt polizeidienstfähig.

So sahen es die Vorinstanzen

Das Verwaltungsgericht (VG) hat das Land verpflichtet, den Kläger unter Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe in den Polizeidienst einzustellen. Nach den medizinischen Feststellungen des Sachverständigen betrage das Risiko eines erneuten Schlaganfalls bis zum Erreichen der Altersgrenze rund 35 %. Auf die Berufung des Landes hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) die Klage abgewiesen. Bei Polizeibeamten seien wegen der besonderen Einsatzlagen besondere Anforderungen zu stellen. Bewerber für den Polizeidienst seien auch dann wegen fehlender Polizeidienstfähigkeit abzulehnen, wenn bei ihnen das gegenüber der Normalbevölkerung deutlich erhöhte Risiko für den Eintritt einer solchen Erkrankung bestehe, deren Auftreten in besonderen Einsatzlagen eine Gesundheitsgefahr für den Beamten selbst oder für Dritte darstellen könne. Dies sei beim Kläger wegen der im Vergleich zur Normalbevölkerung 380-fach erhöhten Wahrscheinlichkeit eines erneuten Schlaganfalls bis zum Erreichen des 60. Lebensjahres der Fall.

Bundesverwaltungsgericht: Anforderungen nicht überdehnen

Das BVerwG hat das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und die Berufung des Landes gegen das Urteil des VG zurückgewiesen. Für die Beurteilung der Frage, ob aktuell gesundheitlich geeignete Bewerber voraussichtlich wegen einer Vorerkrankung vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze polizeidienstunfähig werden, ist kein anderer Prognosemaßstab anzuwenden als bei Bewerbern für den allgemeinen Verwaltungsdienst. In beiden Fallgruppen gilt der Maßstab der überwiegenden Wahrscheinlichkeit, d. h. eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 %. Diese Voraussetzung ist ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht erfüllt. Auch die Annahme einer bereits gegenwärtig eingeschränkten Polizeidienstfähigkeit im Hinblick auf die möglichen Folgen eines „Rückfalls“ während eines Polizeieinsatzes überdehnt die Anforderungen an die gesundheitliche Eignung von Beamtenbewerbern. Ein strengerer Maßstab für den Polizeidienst kann ohne gesetzgeberische Vorgabe nicht angelegt werden.

Quelle: BVerwG, Urteil vom 13.2.2025, 2 C 4.24, PM 8/25

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat entschieden: Ein Beschäftigungsverhältnis wird erst ab dem Beginn der Entgeltfortzahlung und nicht schon mit Abschluss des Arbeitsvertrags begründet.

Zu Beginn des Arbeitsverhältnisses krankgemeldet

Geklagt hatte ein 36-jähriger Arbeitsloser, dessen Anspruch auf Arbeitslosengeld Ende Oktober 2023 auslief. Anfang Oktober unterschrieb der Mann einen Arbeitsvertrag als Lagerist bei einem Reinigungsunternehmen zu einem Monatslohn von 3.000 Euro brutto. Er trat die Arbeit jedoch nie an, da er sich zu Beginn des Arbeitsverhältnisses krankmeldete. Zwei Wochen später kündigte die Firma innerhalb der Probezeit.

Krankenkasse zahlte kein Krankengeld

Die Krankenkasse des Mannes lehnte daraufhin die Zahlung von Krankengeld ab. Begründung: Es habe kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden, da der Mann kein Einkommen erzielt habe.

Der Mann verklagte das Unternehmen und verlangte die Anmeldung zur Sozialversicherung ab dem Beginn des Arbeitsvertrags. Er vertrat dazu die Auffassung, dass bereits durch einen rechtsgültigen Vertrag, der eine Entgeltzahlung vorsehe, ein Beschäftigungsverhältnis zustande komme. Dies müsse auch gelten, wenn ihm der Arbeitsantritt krankheitsbedingt nicht möglich sei. Andernfalls würde er aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit leer ausgehen.

Landessozialgericht gab Krankenkasse Recht

Das LSG vermochte sich der Rechtsauffassung des Klägers nicht anzuschließen. Der Arbeitgeber müsse ihn nicht zur Sozialversicherung anmelden, da ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht schon mit dem Beginn des Arbeitsvertrags entstanden sei. Erforderlich sei vielmehr, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall habe. Dieser Anspruch entstehe jedoch bei neuen Arbeitsverhältnissen generell erst nach einer vierwöchigen Wartezeit.

Wartezeit war ohnehin nicht erfüllt

Diese gesetzliche Regelung solle verhindern, dass Arbeitgeber die Kosten der Lohnfortzahlung für Arbeitnehmer tragen müssen, die direkt nach der Einstellung erkrankten. Der Gesetzgeber habe eine solche Konsequenz als unbillig angesehen.

Unabhängig davon müsse der Mann sich erst an seine Krankenkasse wenden, bevor er seinen Arbeitgeber verklage.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 21.1.2025, L 16 KR 61/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts (VG) Sigmaringen hat die Klage einer Lehrerin auf Aufhebung der ihr gegenüber verhängten Disziplinarmaßnahme der Bezügekürzung aufgrund ihres reichsbürgertypischen Verhaltens abgewiesen.

Lehrerin forderte Gründungsurkunde der Bundesrepublik

Die Klägerin, eine verbeamtete Lehrerin, hatte in einem gegen sie geführten Bußgeldverfahren ein Schreiben an den Landrat des für das Bußgeldverfahren zuständigen Landratsamts versandt, in dem sie auf das BGB von 1896, und damit einer Norm vor Existenz der Bundesrepublik Deutschland, Bezug nahm und in dem sie dessen amtliche Legitimation ebenso einforderte wie die Gründungsurkunden der Bundesrepublik und des Bundeslandes. Im daraufhin eingeleiteten Disziplinarverfahren warf die Disziplinarbehörde der Klägerin vor, mit diesem Schreiben gegen ihre Verfassungstreuepflicht verstoßen zu haben und kürzte ihr die Dienstbezüge für die Dauer von drei Jahren um 1/10.

Klage gegen Kürzung der Dienstbezüge

Die hiergegen erhobene Klage blieb erfolglos. Denn – so das VG – wer der Ausübung staatlicher Gewalt einerseits entgegentritt, indem er für die Rechtsverhältnisse ihm gegenüber die Geltung von Rechtsnormen aus der Kaiserzeit beansprucht und zugleich das Verhältnis auf eine privatrechtliche Ebene zu heben versucht (Bezugnahme auf das BGB von 1896), und andererseits die Vorlage der Gründungsurkunden der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Baden-Württemberg verlangt, verneint damit die rechtliche Existenz der Bundesrepublik Deutschland sowie des Landes Baden-Württemberg. Es ist schlechterdings unmöglich, die rechtliche Existenz eines Staates zu leugnen und sich zugleich zu dessen Grundordnung zu bekennen und sich für diese einzusetzen, wie es das Beamtenrecht verlangt.

Aus Sicht des VG hat die Klägerin durch dieses Verhalten, das typisch für die Reichsbürgerszene ist, objektiv zum Ausdruck gebracht, dass sie davon ausgeht, dass die Bundesrepublik Deutschland rechtlich nicht existiert; sie tritt damit nicht für die freiheitlich demokratische Grundordnung ein. Ein solches Verhalten rechtfertigt aus Sicht der Disziplinarkammer jedenfalls eine Bezügekürzung für die Dauer von drei Jahren.

Quelle: VG Sigmaringen, Urteil vom 12.2.2025, DL 12 K 2486/24, PM des VG

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Verwaltungsgericht (VG) Aachen hat die Klage eines Realschullehrers auf Berücksichtigung von Vordienstzeiten bei der Festsetzung von Erfahrungsstufen und mithin auf eine höhere Besoldung abgewiesen.

Eine Tätigkeit als Anbieter von Cocktailkursen ist für die Tätigkeit als verbeamteter Lehrer nicht förderlich im besoldungsrechtlichen Sinne. Eine Tätigkeit ist allgemein förderlich, wenn sie für die Dienstausübung des Beamten nützlich bzw. von konkretem Interesse ist, d. h. wenn diese entweder erst aufgrund der früher gewonnenen Fähigkeiten und Erfahrungen ermöglicht oder wenn sie jedenfalls erleichtert und verbessert wird.

Ausgehend hiervon kann die Tätigkeit als Betreiber einer Gesellschaft, die Cocktailkurse und Barcatering anbietet – auch wenn diese Tätigkeit über mehrere Jahre ausgeübt wurde – nicht als förderlich angesehen werden. Das Halten von Cocktailkursen ist weder qualitativ noch quantitativ mit der Tätigkeit eines Realschullehrers vergleichbar. So hat der Kläger im Rahmen seiner Cocktailschule insbesondere nicht mit Minderjährigen gearbeitet, sondern deren Angebot zielte auf die Schulung von Mitarbeitern aus dem Hotel-, Restaurant- und Cateringgewerbe. Auch sind die Anforderungen an die Erstellung eines Cocktailkurses nicht mit der Erstellung eines differenzierten Lehrplans für Schulunterricht in den Schulklassen 5 bis 10 vergleichbar.

Quelle: VG Aachen, Urteil vom 20.1.2025, 1 K 2377/23, PM vom 3.2.2025

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Will eine Auftraggeberin nicht von einer weiblichen Mitarbeiterin, sondern von einem Mann betreut werden, können schnell Entschädigungsforderungen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) im Raum stehen – so wie in einem Fall des Landesarbeitsgerichts (LAG) Baden-Württemberg.

Inhaber des Architekturbüros blieb passiv

Im Fall des LAG hatte der Inhaber des Architekturbüros nicht einmal versucht, die Auftraggeberin umzustimmen. Er unternahm auch keinen Versuch, sie von der hohen Qualität seiner Mitarbeiterin zu überzeugen.

Unmittelbare Benachteiligung aufgrund des Geschlechts

Nach § 3 Abs. 1 S. 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Nur wenn diese „geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen“ nicht gefruchtet hätten, hätte eine eigene benachteiligende Handlung des Büros ausgeschlossen werden können.

Der Arbeitgeber musste der Mitarbeiterin schließlich 1.500 Euro Schadenersatz zahlen.

Quelle: LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.11.2024, 10 Sa 13/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Zu den Dienstpflichten eines Beamten zählt, Besoldungsmitteilungen bei wesentlichen Änderungen der dienstlichen oder persönlichen Verhältnisse auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Pflichtverletzungen sind jedoch nur bei Vorsatz disziplinarwürdig. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden.

Beamtin erhielt mehr Sold als ihr zustand

Die Klägerin ist verbeamtete Lehrerin im Dienst des Landes Schleswig-Holstein. In der Zeit von Februar bis Juli 2016 erhöhte sich ihr wöchentlicher Beschäftigungsumfang um vier Unterrichtsstunden. Dementsprechend erhöhte sich ab Februar 2016 die Besoldung der Klägerin. Erst im Mai 2018 stellte das Dienstleistungszentrum Personal des Landes Schleswig-Holstein fest, dass die Klägerin aufgrund eines Buchungsfehlers zu Unrecht über Juli 2016 hinaus erhöhte Besoldungsleistungen erhalten hatte und es hierdurch zu einer Überzahlung in Höhe von ca. 16 000 Euro brutto gekommen war. Der Rückforderungsbetrag wird seitdem anteilig von den Dienstbezügen der Klägerin einbehalten.

Verweis, weil Beamtin Überzahlung nicht mitteilte

Mit Disziplinarverfügung vom August 2020 sprach der Beklagte gegenüber der Klägerin einen Verweis aus, weil diese die Überzahlung nicht angezeigt habe. Das Verwaltungsgericht (VG) hat die Disziplinarverfügung aufgehoben, wohingegen das Oberverwaltungsgericht (OVG) auf die Berufung des Beklagten das Urteil des VG geändert und die Klage abgewiesen hat. Zur Begründung hat das OVG im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe ihre Dienstpflichten grob fahrlässig und damit schuldhaft verletzt, weil sie ihre Dienstbezüge nach Reduzierung des Beschäftigungsumfangs nicht auf Überzahlungen überprüft habe. Blieben Besoldungsmitteilungen trotz besoldungsrelevanter Änderungen aus, träfen den Beamten Erkundigungspflichten.

Bundesverwaltungsgericht: Prüfungspflicht gegeben, aber nur in bestimmten Fällen

Auf die Revision der Klägerin hat das BVerwG das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Eine disziplinare Ahndung von Verstößen gegen Dienstpflichten setzt nicht deren ausdrückliche gesetzliche Normierung voraus. Aufgrund des besonderen beamtenrechtlichen Treueverhältnisses zählt es zu den Dienstpflichten eines Beamten, Besoldungsmitteilungen bei wesentlichen Änderungen der dienstlichen oder persönlichen Verhältnisse auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.

Weder Vorsatz noch besonders hohe Abweichung

Die Disziplinarwürdigkeit der Pflichtverletzung ist aber nur bei Vorsatz zu bejahen. Darüber hinaus besteht eine Erkundigungspflicht des Beamten nur, wenn die Besoldungshöhe offenkundig fehlerhaft ist. Dies ist bei einer Abweichung von 20 % regelmäßig der Fall. Eine solche Abweichung lag im Fall der Klägerin nicht vor.

Quelle: BVerwG, Urteil vom 5.12.2024, 2 C 3.24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin hat die ordentliche Kündigung eines Straßenbahnfahrers, der in einer privaten Facebook-Gruppe einen von ihm verfassten Beitrag mit einer Fotomontage versehen hatte, für wirksam angesehen. Hierin liege eine Bedrohung von Kollegen, die sich bei der Gewerkschaft Verdi engagieren. Zugleich werde der Betriebsfrieden konkret und nachhaltig gestört. Bei der öffentlich-rechtlichen Arbeitgeberin handelt es sich um den bundesweit größten Betreiber öffentlichen Personennahverkehrs.

Das war geschehen

Der Straßenbahnfahrer ist Administrator einer privaten Facebook-Gruppe, die sich nach ihrer Bezeichnung an Fahrpersonal der Arbeitgeberin richtet und rund 1.000 Mitglieder umfasst. Im Mai 2024 verfasste er dort einen an die Mitglieder der ver.di-Tarifkommission gerichteten Kommentar zum Ergebnis einer ver.di-Mitgliederbefragung und schloss diesen mit einer Fotomontage ab. Auf dieser ist ein auf dem Boden kniender Mann abgebildet, auf dessen Kopf der Lauf einer Pistole gerichtet ist. Neben ihm befindet sich der Schriftzug von Verdi. Die Fotomontage trägt den Titel „VER.DI HÖRT DEN WARNSCHUSS NICHT!“ Sie weist auch das Logo der Arbeitgeberin aus. Über diesen Beitrag beschwerten sich sieben Beschäftigte der Arbeitgeberin, die zugleich Gewerkschaftsfunktionäre sind und sich durch den Beitrag bedroht fühlten.

Arbeitgeberin kündigte

Nach Anhörung des Fahrers und des Personalrats sprach die Arbeitgeberin eine fristlose und eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus.

Arbeitsgericht: Kündigung wirksam

Das Arbeitsgericht hat die hilfsweise fristgemäße Kündigung für wirksam erachtet. Der Straßenbahnfahrer habe mit der Fotomontage Beschäftigte konkret bedroht. Darin liege zugleich eine erhebliche Störung des Betriebsfriedens.

Die Chatgruppe sei zwar privat, richte sich jedoch ausdrücklich an Fahrpersonal der Arbeitgeberin und verfüge mit rund 1.000 Mitgliedern nicht mehr über einen überschaubaren Adressatenkreis. Der Beitrag sei auch auf eine Außenwirkung angelegt gewesen. Die Fotomontage sei als Drohung an Beschäftigte, die sich für Verdi aktiv einsetzten, zu verstehen und, wie sich an den Beschwerden zeige, auch verstanden worden. Dies ergebe sich vor allem aus der Zielrichtung des Pistolenlaufs auf den Kopf des abgebildeten Mannes. Eine solche konkrete Bedrohung sei von der Meinungsfreiheit nicht gedeckt. Auch liege hierin eine arbeitsvertragliche Nebenpflichtverletzung, von der klar erkennbar sei, dass sie von der Arbeitgeberin nicht hingenommen werde. Daher sei eine Abmahnung nicht erforderlich gewesen.

Zu berücksichtigende Umstände des Einzelfalls

Im Rahmen der Interessenabwägung hat das ArbG angenommen, eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist sei der Arbeitgeberin noch zuzumuten. Der gekündigte Arbeitnehmer hingegen benötige als alleinerziehender Vater dreier Kinder einen größeren zeitlichen Vorlauf, um eine neue hiermit vereinbare Stelle zu finden. Dieser Umstand wie auch die 15jährige Betriebszugehörigkeit überwögen bezogen auf die ordentliche Kündigung hingegen nicht die Interessen der Arbeitgeberin. Diese müsse für den Schutz ihrer Beschäftigten sowohl bei der Ausübung deren arbeitsvertraglich geschuldeter Tätigkeiten wie auch bei der Wahrnehmung ihrer Rechte aus Artikel 9 Grundgesetz (GG) sorgen.

Quelle: ArbG Berlin, Urteil vom 7.10.2024, 59 Ca 8733/24 und 59 Ca 11420/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl