Wer als Nachlasspfleger vorsätzliche oder mindestens leichtfertige Verstöße gegen Treue- und Sorgfaltspflichten begeht, kann seinen Vergütungsanspruch verwirken.

Das folgt aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt a. M. Dort hatte sich der eingesetzte Nachlasspfleger vom Girokonto der Erblasserin 2.500 EUR überwiesen. Als Verwendungszweck hatte er „vorgelegte Räumungskosten“ angegeben. Davon zahlte er angeblich einem Entrümpler 1.500 EUR in bar – eine ordnungsgemäße Rechnung war nicht erteilt worden – und einem Erbenermittler 1.000 EUR. Die Rechnungsstellung des Erbenermittlers erfolgte­ wesentlich später als die Überweisung und zu einem wesentlich höheren Betrag, wobei allerdings tatsächlich nur 1.000 EUR gezahlt wurden. Das OLG sah in diesem Verhalten einen massiven Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten des Nachlasspflegers. Es versagte ihm daher seinen Vergütungsanspruch.

Quelle: OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 22.1.2019, 20 W 316/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Lehnt der Mieter eine vom Vermieter angebotene provisorische Zwischenlösung zur Beseitigung eines von ihm angezeigten Mangels ab, kann er das Recht zur Mietminderung ab dem Zeitpunkt verlieren, ab dem die provisorische Zwischenlösung voraussichtlich abgeschlossen worden wäre.
So entschied es das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg im Fall einer Wohnung, in der die Gastherme ausgefallen war. Sie versorgte die Wohnung sowohl mit Wärme als auch mit Warmwasser. Da sich der Mangel nicht innerhalb kurzer Zeit beheben ließ, schlug der Vermieter vor, die Wohnung zunächst mit Radiatoren zu beheizen und provisorisch einen Warmwasserboiler einzubauen. Dies lehnte der Mieter allerdings ab.

Das Amtsgericht stellte klar, dass grundsätzlich eine Mietminderung von 50 Prozent berechtigt wäre. Diese Mietminderung gelte aber nur bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Versorgung mit Wärme und Warmwasser provisorisch hätte wiederhergestellt werden können. Danach bestehe kein Minderungsrecht des Mieters mehr.

Quelle: Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, Urteil vom 4.12.2018, 224 C 297/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Der Urlaub ist nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) zusammenhängend zu gewähren. Ist der Urlaubswunsch darauf gerichtet, den Urlaub in Kleinstraten zu zerstückeln, muss er nicht erfüllt werden.

Zu diesem Ergebnis kam das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg. Es hielt hierbei fest, dass das BUrlG keinen Rechts­anspruch auf halbe Urlaubstage oder sonstige Bruchteile von Urlaubstagen kenne. Hiervon könne für die Urlaubsansprüche, die den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigen, durch vertragliche Vereinbarung abgewichen werden.

Das BUrlG bestimmt, dass der Urlaub zusammenhängend zu gewähren ist. Eine Ausnahme greift nur, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung erforderlich machen. Umstritten ist, ob der bloße Wunsch des Arbeitnehmers, einen geteilten Urlaub zu erhalten, bereits ein in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund für eine solche Teilung sein kann, jedenfalls solange eine zusammenhängende Gewährung von mindestens zwei Wochen nicht verhindert wird. Ausgehend davon, dass der Urlaub Erholungszwecken dienen muss, kann selbst auf Wunsch des Arbeitnehmers das Zerstückeln und Atomisieren des Urlaubs in viele kleine Einheiten nicht gefordert werden. Werde der Urlaub in solchen Kleinstraten gewährt, würde dies den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers nicht ordnungsgemäß erfüllen. Ein derart gewährter Urlaub könne nochmals gefordert werden. Der Urlaub könne nicht in Bruchteilen eines Urlaubstags gewährt werden. Eine Ausnahme gelte nur, wenn es sich um einen Bruchteil von unter 0,5 handele, der sich aus der Teilurlaubsberechnung z.B. beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ergebe.

Quelle: LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 6.3.2019, 4 Sa 73/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Erfüllt eine Bodenplatte nicht die Anforderungen, die an eine Bodenplatte in dem betreffenden Baugebiet wegen betonaggressiven Grundwassers zu stellen sind, ist sie auch dann mangelhaft, wenn eine tatsächliche Schädigung (noch) nicht festgestellt werden kann.

Das gilt nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Jena jedenfalls dann, wenn der verwendete Beton nicht die notwendigen Anforderungen erfüllt und es zu einer – jedenfalls temporären – Berührung des Grundwassers mit der Bodenplatte kommt.

Quelle: OLG Jena, Urteil vom 30.6.2016, 1 U 66/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht

Wer ein Kraftfahrzeug mit einem weit über der Richtgeschwindigkeit liegenden Tempo fährt – hier 200 km/h –, muss in besonderem Maße seine volle Konzentration auf das Verkehrsgeschehen richten. Schon die kurzzeitige Ablenkung durch Bedienung des sog. Infotainmentsystems (Navigationssystem) kann bei derartigen Geschwindigkeiten den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit begründen.

Folge einer solchen groben Fahrlässigkeit war in dem Fall vor dem Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg der zumindest teilweise Verlust der Haftungsfreistellung in den einer Kaskoversicherung nachgebildeten Bedingungen eines Mietvertrags. Geklagt hatte eine Autovermieterin gegen den Fahrer eines vermieteten Pkw, Typ Mercedes Benz CLS 63 AMG. Der Fahrer war auf der Autobahn verunfallt und hatte den Wagen beschädigt. Während er auf der linken Spur fuhr, bediente er das Infotainmentsystem des Fahrzeugs, um dort Informationen abzurufen. Dabei geriet das Fahrzeug nach links von der Fahrbahn ab und stieß gegen die Mittelleitplanke.

Das Gericht verwies auf die Vereinbarung im Mietvertrag. Danach könne die Haftungsfreistellung entsprechend der Schwere des Verschuldens gekürzt werden. Der Fahrer habe hier grob fahrlässig gehandelt. Die Autovermieterin könne daher die Hälfte des Schadens – ca. 12.000 EUR – bei ihm geltend machen.

Für das Gericht war es dabei unerheblich, dass der Pkw einen sog. Spurhalteassistenten hatte. Zumindest bei derart hohen Geschwindigkeiten reduziere dieser den Schuldvorwurf nicht.

Quelle: OLG Nürnberg, Urteil vom 2.5.2019, 13 U 1296/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bei einem Abstandsverstoß kann sich der Betroffene nicht darauf berufen, auf die Funktion eines in seinem Fahrzeug als Teil eines Fahrerassistenz-Pakets verbauten sog. Abstandspiloten vertraut zu haben.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg. Die Richter wiesen darauf hin, dass dies mit der ordnungsgemäßen Erfüllung der Pflichten eines Fahrzeugführers unvereinbar sei. Folge dieser Ansicht ist, dass damit auch die Anerkennung eines privilegierenden sog. Augenblicksversagens ausscheidet.

Quelle: OLG Bamberg, Beschluss vom 6.11.2018, 3 Ss OWi 1480/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Betreiber eines Einkaufszentrums haftet wegen der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten für Schäden durch einen defekten Personenaufzug, wenn dessen Türschließmechanismus nicht regelmäßig gewartet und daher der Arm einer Benutzerin eingequetscht wird.

Mit dieser Begründung sprach das Landgericht (LG) Köln einer Frau ein Schmerzensgeld von 550 EUR zu. Die Frau hatte ein Einkaufszentrum besucht. Als sie einen Aufzug betrat, schlossen sich die Aufzugtüren ohne Vorwarnung schnell und ruckartig. Die Frau erlitt ein stark schmerzendes Hämatom. Sie musste über drei Wochen einen Verband tragen und Schmerzmittel nehmen.

Das Gericht machte deutlich, dass das Einkaufszentrum seine Verkehrssicherungspflicht verletzt habe. So reiche allein eine turnusmäßige TÜV-Prüfung auf Basis der gesetzlich vorgeschriebenen Intervalle angesichts der denkbaren Vielzahl technischer Fehlfunktionen nicht aus, um der Verkehrssicherheitspflicht des Aufzugbetreibers zu genügen. Bei einem viel genutzten Aufzug ist es nötig, dass dieser täglich durch geschultes Personal kontrolliert wird, etwa im Rahmen von Testfahrten. Dieser Pflicht sei der Betreiber vorliegend nicht nachgekommen.

Quelle: LG Köln, Urteil vom 14.6.2019, 2 O 174/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss für Kinder alleinerziehender Elternteile kann auch für Zeiten eines über sechs Monate dauernden Gastschulaufenthalts im Ausland bestehen.

So entschied es das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg im Fall einer alleinerziehenden Mutter. Deren 17-jähriger Sohn besuchte für 10 Monate eine staatliche Tagesschule in Großbritannien. Währenddessen wohnte er dort bei einer Gastfamilie. Das Land Berlin weigerte sich, für diese Zeit den Unterhaltsvorschuss weiter zu gewähren. Der Sohn wohne nicht bei der Mutter. So verlange es aber das Gesetz. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und das Land Berlin verurteilt, den Unterhaltsvorschuss weiterzuzahlen.

Das Land Berlin hatte mit seiner Berufung vor dem OVG keinen Erfolg. Die Richter begründeten das damit, dass der Sohn im Geltungsbereich des Unterhaltsvorschussgesetzes bei seiner Mutter lebe. Diese Voraussetzung sei mit dem vorübergehenden Schulbesuch im Ausland nicht weggefallen. Maßgeblich dafür sei keine schematische Betrachtung, ob der Aufenthalt kürzer oder länger als sechs Monate sei, sondern eine Einzelfallbetrachtung. Für einen fortbestehenden Betreuungszusammenhang zwischen der Mutter und ihrem Sohn spreche hier, dass der Besuch der ausländischen Schule von Anfang an auf eine Rückkehr nach 10 Monaten angelegt gewesen sei. Der Sohn habe die Schulferien zu Hause verbracht. Außerdem habe sich die Mutter um seine schulischen und sonstigen Belange wie etwa Arztbesuche in Berlin gekümmert. Zudem habe sie den Auslandsaufenthalt mit Eigenmitteln finanziert.

Quelle: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.6.19, OVG 6 B 8.18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Wohnungseigentümer haben die Kompetenz zu beschließen, dass ein konkreter Wirtschaftsplan bis zur Beschlussfassung über den nächsten Wirtschaftsplan fortgelten soll.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH). Die Richter machten aber auch deutlich, dass eine abstrakt-generelle Regelung des Inhalts, dass jeder künftige Wirtschaftsplan bis zur Verabschiedung eines neuen fortgelten soll, hingegen besonders vereinbart werden müsse.

Im vorliegenden Fall bezog sich der gefasste Beschluss nur auf die Fortgeltung des konkreten Wirtschaftsplans 2015. Er ordnete nicht an, dass alle zukünftig beschlossenen Wirtschaftspläne generell fortgelten würden. Die Eigentümer wurden nicht grundsätzlich von der jährlichen Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan entbunden. Vielmehr sorgte der Beschluss lediglich für den Fall vor, dass sich die Eigentümer nicht über einen neuen Plan einigen konnten. Damit wurde die Teilungserklärung nicht dauerhaft abgeändert. Im Ergebnis hat die Eigentümerversammlung ihren Beschluss damit wirksam getroffen.

Quelle: BGH, Urteil vom 14.12.2018, V ZR 2/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Auch wenn das nicht freigestellte Betriebsratsmitglied in den letzten drei Jahren des 16-jährigen Arbeitsverhältnisses fast ausschließlich Betriebsratstätigkeiten ausgeübt hat, darf dieser Zeitraum nicht von der Bewertung der Arbeitsleistung im Zeugnis ausgenommen werden.

Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Nürnberg sei die ehrenamtliche Tätigkeit nur im Arbeitszeugnis aufzunehmen, wenn der Arbeitnehmer dies ausdrücklich wünsche. Das nicht freigestellte Betriebsratsmitglied übe ein Ehrenamt aus, das mit seinen arbeitsvertraglich geschuldeten Hauptleistungspflichten in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehe. Der Zweck eines qualifizierten Arbeitszeugnisses bestehe darin, ein möglichst vollständiges, wahres, klares, aber auch wohlwollendes Bild von Führung und Leistung des Arbeitnehmers im Hinblick auf seine arbeitsvertraglichen Pflichten darzustellen. Hierzu sei es nicht notwendig, die ehrenamtliche Betriebsratstätigkeit zu erwähnen.

Quelle: LAG Nürnberg, Urteil vom 11.10.2018, 5 Sa 100/18, Abruf-Nr. 208486 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht