Das Amtsgericht (AG) Berlin-Charlottenburg hat entschieden: Hatte der frühere Vermieter die Hundehaltung erlaubt, kann der in das Mietverhältnis eingetretene Vermieter diese Gestattung nur aus wichtigem Grund widerrufen. Dies gilt, auch wenn es sich um einen Kampfhund handeln sollte. Dass sich Mitmieter aufgrund der Größe und Kraft eines solchen Hundes subjektiv bedroht fühlen, reicht für den Widerruf nicht aus.

Vorheriger Vermieter hatte Hundehaltung gestattet, neuer Vermieter widerrief Erlaubnis

Die Parteien eines Mietvertrags über ein möbliertes Apartment stritten um die Räumung und Herausgabe einer Wohnung. Der Kläger, der aktuelle Vermieter, war nachträglich in das Mietverhältnis eingetreten. Der beklagte Mieter hält einen Hund, was ihm ausdrücklich vom früheren Vermieter erlaubt worden war.

Der Kläger hat die Erlaubnis zur Hundehaltung im Juni 2023 widerrufen und die Haltung eines Kampfhundes untersagt. Der Beklagte sollte seinen Hund bis Ende Juni 2023 entfernen. Noch im Juni mahnte der Kläger den Beklagten wegen nicht gestatteter Tierhaltung ab. Anfang August 2023 kündigte der Kläger das Mietverhältnis ordentlich zum 30.11.2023 und begründete dies mit der weiteren Haltung eines Kampfhundes sowie des Einsetzens des Hundes als Druck- und Nötigungsmittel.

Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung

Der Kläger behauptete, bei dem vom Beklagten gehaltenen Tier würde es sich um einen Kampfhund handeln. Der Beklagte würde dieses Tier gegenüber Nachbarn im Objekt als Druck- und Nötigungsmittel einsetzen, um Vorrang auf Wegen oder im Treppenhaus zu erzwingen. Mehr als ein anderer Bewohner im Objekt habe Angst vor dem Hund, die wollten aber nicht namentlich genannt werden. Er verklagte den Mieter auf Räumung und Herausgabe der Wohnung.

Der Mieter behauptete hingegen, es handele sich nicht um einen „Listenhund“, sondern um eine Mischung aus Old-English-Bulldog und Weimeraner. Er reichte dazu zwei Fotos sowie eine tierärztliche Bescheinigung und weitere Unterlagen ein.

So entschied das Amtsgericht

Der Vermieter kann das Mietverhältnis nur aus berechtigtem Interesse kündigen. Das ist z. B. der Fall, wenn der Mieter vertragliche Pflichten erheblich verletzt, indem er z. B. ein Tier trotz Abmahnung weiter hält.

Im Fall des AG war es aber anders: Der ursprüngliche Vermieter hatte die Hundehaltung erlaubt. Der – große und kräftige – Hund, war – ohne Maulkorb – stets an der Leine geführt worden. Beißvorfälle oder -versuche oder Bedrohungen von Nachbarn mit dem Hund konnten nicht bewiesen werden. Ein – subjektives – Bedrohtfühlen genügt nicht, um die Erlaubnis zu widerrufen.

Quelle: AG Charlottenburg, Urteil vom 30.5.2024, 218 C 243/23

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Die Auswirkungen des Cannabisgenusses auf die Entziehung der Fahrerlaubnis haben sich nach neuem Recht geändert. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Magdeburg in einem Eilverfahren berücksichtigt.

Vor der Novelle: Kfz unter Cannabis-Einfluss geführt

Gestritten wurde in dem Verfahren um die Rechtmäßigkeit einer Fahrerlaubnisentziehung. Dem Antragsteller war von der Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis entzogen worden. Er war mit einem Joint und Cannabis in Form einer Blüte angetroffen worden.

Gegenüber dem kontrollierenden Beamten hatte er angegeben, dass er regelmäßig Cannabis konsumiere, um seine Psyche zu beruhigen. Er verwende es wie ein Feierabendbier. Deshalb hatte man an seiner Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs gezweifelt und die Fahrerlaubnis entzogen.

Nach der Novelle: Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes gegen den angeordneten Sofortvollzug war beim VG erfolgreich. Mit dem zum 1.4.2024 in Kraft getretenen Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis habe der Gesetzgeber in Bezug auf die Beeinträchtigung der Fahreignung eine Neubewertung vorgenommen. Die Rechtslage habe sich geändert.

Ändere sich die Rechtslage zur Bestimmung der Fahreignung nach Erlass des Widerspruchsbescheids und sei dem Betroffenen unter Beachtung der neuen Rechtslage, anders, als nach der alten Rechtslage, die Fahreignung voraussichtlich nicht abzusprechen, fehlt für eine sofortige Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis das besondere materielle Vollzugsinteresse. Das, was beim Antragsteller festgestellt worden sei, reiche aber nicht mehr aus, um ein überwiegendes Interesse am Sofortvollzug der Fahrerlaubnisentziehung zu begründen.

Quelle: VG Magdeburg, Beschluss vom 21.6.2024, 1 B 95/24 MD

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden: Ein zur Nichtigkeit der entsprechenden Vereinbarung führender Verstoß gegen den im Bürgerlichen Gesetzbuch (hier: § 656d BGB) geregelten Grundsatz der hälftigen Teilung des Maklerlohns liegt vor, wenn ein Makler allein für den Verkäufer einer Immobilie tätig geworden ist und der Käufer zur Zahlung des vollen Honorars an den Makler verpflichtet wird.

Das war geschehen

Die Kläger erwarben ein mit einer Doppelhaushälfte bebautes Grundstück. Mit der Vermittlung des Verkaufs hatte die Verkäuferin das beklagte Maklerunternehmen beauftragt. Für die Vermittlung der Immobilie entstand zugunsten der Beklagten gegenüber der Verkäuferin ein Maklerlohnanspruch in Höhe von 25.000 Euro. Der im Exposé zunächst vorgesehene Kaufpreis wurde um einen Betrag in dieser Höhe reduziert. Zugleich verpflichteten sich die Kläger gegenüber der Beklagten zur Zahlung eines Honorars in gleicher Höhe, das sie nach notarieller Beurkundung des Kaufvertrags bezahlten. Eine Maklerlohnzahlung durch die Verkäuferin erfolgte nicht. Die Kläger verlangten die Rückzahlung des geleisteten Betrags.

So sieht es der Bundesgerichtshof

Der BGH: § 656d BGB ist nicht nur auf Vereinbarungen der Parteien des Kaufvertrags über eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus untereinander anwendbar, sondern erfasst jegliche Art einer vertraglichen Vereinbarung, durch die unmittelbar oder mittelbar ein Anspruch des Maklers auf Zahlung oder Erstattung von Maklerlohn gegenüber der Partei des Kaufvertrags begründet wird, die nicht Partei des Maklervertrags ist. Umfasst sind daher auch alle auf eine Verpflichtung zur Zahlung oder Erstattung des Maklerlohns gerichteten Vereinbarungen des Maklers mit der Partei des Kaufvertrags, die nicht Partei des Maklervertrags ist.

Der Anwendbarkeit des § 656d BGB steht es deshalb auch nicht entgegen, dass die Verkäuferin der Immobilie von der Pflicht, den vereinbarten Maklerlohn zu entrichten, gegenüber der Beklagten nicht entbunden war. Da die Käufer im Innenverhältnis zur Verkäuferin verpflichtet waren, den Maklerlohn in voller Höhe zu bezahlen, blieb die Verkäuferin als die Partei, die den Maklervertrag abgeschlossen hat, nicht zur Zahlung des Maklerlohns mindestens in gleicher Höhe verpflichtet.

Gesamtnichtigkeit der Vereinbarung

Der Verstoß gegen § 656d BGB führt zur Gesamtnichtigkeit einer entsprechenden Vereinbarung. Die Kläger können von der Beklagten die Rückzahlung des Maklerlohns in voller Höhe verlangen.

Quelle: BGH, Urteil vom 6.3.2025, I ZR 138/24, PM 45/25

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat ein bestehendes Kontaktverbot zwischen einem wegen Mordes verurteilten Vater und seinen drei Kindern um weitere dreieinhalb Jahre verlängert. Die Entscheidung dient dem Schutz der Kinder und ihrer Traumaverarbeitung.

Mann hatte Frau getötet: Kontaktverbot verlängert

Eine Frau hatte ihren Mann verlassen, weil er ihr gegenüber gewalttätig war. Als sie sich zur Übergabe eines der Kinder trafen, tötete er sie. Die drei minderjährigen Kinder leben seither in einer Pflegefamilie, während der Mann sich in Untersuchungshaft befindet. Das Amtsgericht (AG) hatte zunächst ein einjähriges Kontaktverbot verhängt, gegen das der Mann Beschwerde einlegte. Das OLG verlängerte nun das Kontaktverbot zu den Kindern um weitere dreieinhalb Jahre.

Umgangsrecht zu Recht eingeschränkt

Zwar steht dem Mann ein Umgangsrecht zu, das auch grundrechtlich verbürgt ist. Nach Art. 31 Abs. 1 der Istanbul-Konvention setzt ein Umgang mit dem gewalttätigen Elternteil aber voraus, dass dieser den Kindern emotionale Sicherheit vermitteln kann.

Dies ist hier nicht der Fall, da der Mann die Gewalt abstreitet oder bagatellisiert. Obwohl er es bereut, die Frau getötet zu haben, zeigt er weder Einsicht in die Folgen der häuslichen Gewalt für die Kinder noch Verständnis für deren Situation. Das Fazit des OLG: Der mehrjährige Umgangsausschluss ist erforderlich, um den Kindern zu ermöglichen, sich zu stabilisieren und das Erlebte zu verarbeiten, ohne sich erneut gerichtlichen Befragungen unterziehen zu müssen.

Quelle: OLG Köln, Beschluss vom 13.3.2025, 10 UF 92/24, Abruf-Nr. 247303 unter www.iww.de

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Amtsgericht (AG) München hat jetzt klargestellt: Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann beschließen, dass Blumenkästen auf der Innenseite des Balkongeländers anzubringen sind.

Blumenkästen tropften auf Balkon des Nachbarn

Die Klägerin ist Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie hatte ihre Blumenkästen seit jeher an der Außenseite ihres Balkons angebracht. Die Bewohnerin der Wohnung unterhalb der Klägerin ließ ihren Balkon nachträglich verglasen und eine Wärmedämmung anbringen. Dies führte dazu, dass bei heftigen Regengüssen überlaufendes Wasser aus den Blumenkästen der Klägerin nicht, wie zuvor, in das Erdreich, sondern auf den Sims des umgebauten Balkons der Bewohnerin unterhalb tropfte.

Das beschloss die Gemeinschaft

In der Eigentümerversammlung 2024 wurde folgender Beschluss gefasst: „Die Eigentümer […] beschließen, dass sämtliche Balkonkästen nach innen gehängt werden müssen […]. Etwaige Schäden bzw. Folgeschäden sowie die Entfernung von Verschmutzungen am Gemeinschaftseigentum, durch das Nicht-Einhalten dieser Regelung, trägt der verursachende Eigentümer auf seine Kosten.“

Die Klägerin klagte vor dem AG gegen den Beschluss. Das Gericht erklärte die Regelung zur verschuldensunabhängigen Haftung für Schäden durch die Nichteinhaltung des Beschlusses für nichtig, wies die Klage jedoch im Übrigen ab.

So sah es das Amtsgericht

Das AG: Der Beschlussteil, wonach etwaige Schäden bzw. Folgeschäden sowie die Entfernung von Verschmutzungen am Gemeinschaftseigentum durch das Nicht-Einhalten dieser Regelung der verursachende Eigentümer auf seine Kosten trägt, ist nichtig, weil er vom gesetzlichen Leitbild der Verschuldenshaftung abweicht. Der [weitere] Beschluss verstößt weder gegen das Gesetz noch gegen eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer; er hält sich seinem Inhalt nach auch in den Grenzen ordnungsmäßiger Verwaltung.

Allein die Tatsache, dass das in den 1970er Jahren erbaute Haus von Anfang an nach außen hängend befestigte Halterungen für Blumenkästen vorgesehen hat und alle Wohneinheiten seit 40 Jahren ihre Blumenkästen nach außen hin angebracht haben, gibt keinen Anspruch darauf, dass dies dauerhaft so sein muss. Ob und in welcher Weise das Anbringen von Blumenkästen eingeschränkt werden kann, ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Hier gründet der Eigentümerbeschluss darauf, etwaige Verschmutzungen und Schäden am Gemeinschaftseigentum zu verhindern und hält sich deshalb im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung. Dass von den Blumenkästen eine konkrete Gefährdung ausgeht, brauchte dabei nicht nachgewiesen zu werden. Die Rechte der Klägerin und ihre persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten werden durch den angegriffenen Beschluss auch nicht über Gebühr eingeschränkt. Vielmehr kann die Bepflanzung des Balkons ihren Sinn und Zweck für die Klägerin und die Allgemeinheit im Wesentlichen auch erreichen, wenn die Blumenkästen auf der Innenseite des Balkons angebracht werden.

Quelle: AG München, Urteil vom 12.11.2024, 1293 C 12154/24 WEG

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Die Verwendung eines abstrakt gefährlichen Gegenstands – hier eines Klappmessers – zu einem nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch – hier Reparaturversuch an einer Uhr – läuft den wohlverstandenen Interessen des Dienstherrn zuwider und steht deshalb der Anerkennung eines Unfallereignisses als Dienstunfall entgegen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden.

Mit dem Messer versucht, Klemmfeder zu richten

Der mittlerweile pensionierte Kläger war Polizeivollzugsbeamter im saarländischen Landesdienst. Im April 2019 erstattete er bei seiner Dienststelle eine Dienstunfallanzeige. Danach habe er zu Dienstbeginn festgestellt, dass die sonst über der Tür hängende Wanduhr auf der Fensterbank gelegen habe. Es sei ihm aufgefallen, dass die Batterie der Uhr unsachgemäß im Batteriefach gesteckt habe und die Klemmfeder verbogen gewesen sei. Er habe mit seinem Klappmesser die verbogene Feder wieder richten wollen. Hierbei sei das Messer zugeschnappt und er habe sich einen tiefen Schnitt am kleinen Finger der rechten Hand zugezogen.

Antrag auf Anerkennung eines Dienstunfalls

Sein Antrag auf Anerkennung des Unfallereignisses als Dienstunfall ist behördlich und in den beiden gerichtlichen Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass es den wohlverstandenen Interessen des Dienstherrn zuwiderlaufe, wenn ein Beamter sich ohne Not einem Verletzungsrisiko durch Hantieren mit einem privaten, abstrakt gefährlichen Gegenstand aussetze, dessen Funktionstauglichkeit der Dienstherr nicht prüfen könne.

Keine dienstliche Aufgabe

Das BVerwG hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung des Unfallereignisses als Dienstunfall. Zwar hat sich der Unfall in einem Dienstgebäude zur Dienstzeit ereignet und ist damit grundsätzlich als „in Ausübung des Dienstes eingetreten“ vom Dienstunfallschutz erfasst. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Reparatur der Uhr nicht zu den dienstlichen Aufgaben des Klägers als Polizeibeamter gehörte. Dienstunfallschutz wird jedoch nicht gewährt, wenn die Tätigkeit vom Dienstherrn verboten ist oder dessen wohlverstandenen Interessen zuwiderläuft. Das ist hier der Fall.

Entgegen den Interessen des Dienstherrn

Dabei kann dahinstehen, ob es sich um ein Einhandmesser im Sinne des Waffengesetzes handelte und das Führen des Messers bereits deshalb verboten war. Jedenfalls lief die Benutzung dieses Messers zum Zweck einer Uhrreparatur den wohlverstandenen Interessen des Dienstherrn zuwider. Das verwendete Messer ist ein abstrakt gefährlicher Gegenstand, der für den Zweck der Reparatur ersichtlich nicht bestimmt und nicht geeignet war.

Quelle: BVerwG, Urteil vom 13.3.2025, 2 C 8.24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Bei einer mehr als unerheblichen Wohnnutzung in der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks scheidet die Annahme eines faktischen Kerngebiets aus, also als Gebiet, das vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dient. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden.

Stadt versagte Nutzung eines Gebäudes als Spielhalle

Die Klägerin begehrt einen Bauvorbescheid für die Nutzung eines Geschäftsgebäudes in der Innenstadt der Beklagten als Spielhalle. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, der Widerspruch blieb erfolglos.

Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht sahen das anders

Das Verwaltungsgericht (VG) gab der Klage statt. Die Berufung der Beklagten wies das Oberverwaltungsgericht (OVG) zurück. Das Vorhaben sei als Vergnügungsstätte zulässig. Die Eigenart der näheren Umgebung entspreche einem Kerngebiet i. S. d. Baunutzungverordnung (hier: § 7 BauNVO). Die nicht unerhebliche, aber noch untergeordnete Wohnnutzung in der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks stehe dieser Einordnung nicht entgegen, obwohl sie im vorhandenen Umfang nur aufgrund von Festsetzungen in einem Bebauungsplan zulässig wäre.

Bundesverwaltungsgericht rügte mangelnde Tatsachenfeststellung

Das BVerwG hat das Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Die Auffassung des OVG, dass ein faktisches Kerngebiet auch bei einer nicht unerheblichen Wohnnutzung vorliegt, steht mit der Regelungssystematik der Baunutzungsverordnung nicht in Einklang. Die Verweisung in § 34 Abs. 2 Halbs. 1 BauGB auf die §§ 2 ff. BauNVO findet dort eine Grenze, wo die Baunutzungsverordnung eine planerische Entscheidung der Gemeinde vorsieht. Der Verordnungsgeber hat die Entscheidung darüber, ob die sonstige Wohnnutzung in einem Kerngebiet über Ausnahmen hinausgehen darf, der Gemeinde überlassen. Ihr Spielraum darf bei der Einordnung als faktisches Kerngebiet nicht übergangen werden. Mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen konnte das BVerwG nicht abschließend entscheiden.

Quelle: BVerwG, Urteil vom 20.5.2025, 4 C 2.24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Verwaltungsgericht (VG) Gießen hat die Stadt Marburg dazu verpflichtet, einer Studentin einen Bewohnerparkausweis zu erteilen, die ein in Tschechien zugelassenes Fahrzeug nutzt.

Kfz in Tschechien zugelassen

Die Klägerin wohnt in einem Bewohnerparkgebiet der Beklagten. Sie nutzt ein Kraftfahrzeug ihres Vaters, der tschechischer Staatsangehöriger ist und das Fahrzeug in Tschechien zugelassen hat. Im Frühjahr 2024 beantragte sie bei der Stadt Marburg, ihr einen Bewohnerparkausweises zu erteilen. Dies lehnte die Stadt mit der Begründung ab, dass sie Bewohnerparkausweise für Fahrzeuge mit ausländischer Zulassung nicht erteilen könne. Im Rahmen des Klageverfahrens argumentierte die Stadt weiter, dass eine ausländische Zulassung gegen eine dauerhafte Nutzung des Fahrzeugs durch die Klägerin spreche, weil ein im Ausland zugelassenes Kraftfahrzeug nur vorübergehend am Verkehr in Deutschland teilnehmen dürfe.

So entschied das Verwaltungsgericht

Das VG bejahte hingegen den Anspruch der Studentin auf einen Bewohnerparkausweis. Bei der Klägerin handele es sich um eine Anwohnerin, die das betroffene Fahrzeug nachweislich dauerhaft nutze.

Gegen eine dauerhafte Nutzung spreche insbesondere nicht, dass Kraftfahrzeuge mit ausländischer Zulassung nur vorübergehend am Straßenverkehr in Deutschland teilnehmen dürfen. Es sei bereits nicht klar, ob das von der Klägerin genutzte Fahrzeug diese Voraussetzungen erfülle. Die Klägerin gab nämlich an, dass sie das Fahrzeug während der Semesterferien nicht in Deutschland nutze. Diese Prüfung obliege der Zulassungsbehörde, die je nach Einzelfall eine Untersagung des Betriebs im öffentlichen Straßenverkehr ohne deutsche Zulassung aussprechen könne.

Die Versagung eines Bewohnerparkausweises für im Ausland zugelassene Fahrzeuge entspreche nicht dem Zweck der Vorschriften. Ein Bewohnerparkgebiet diene dem Anwohnerinteresse, in innerstädtischen Wohnstraßen eine Abstellmöglichkeit für ein (dauerhaft) genutztes Kraftfahrzeug zu finden.

Quelle: VG Gießen, Urteil vom 13.11.2024, 6 K 2830/24.GI

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Legt beim Gebrauchtwagenkauf der Verkäufer den Fahrzeugbrief vor, kann sich der Käufer normalerweise darauf verlassen, dass er es auch tatsächlich mit dem Eigentümer und nicht mit einem Betrüger zu tun hat. Dieses Vertrauen kann aber erschüttert sein, wenn die Umstände des Verkaufs trotzdem Verdacht erregen müssen. Dann muss der Käufer im Betrugsfall das Fahrzeug dem wahren Eigentümer zurückgeben und bleibt auf dem gezahlten Kaufpreis als Schaden sitzen. Das hat das Landgericht (LG) Frankenthal (Pfalz) entschieden. Es hat die Klage eines Autokäufers abgewiesen, der auf einen Betrüger hereingefallen war.

Autokäufer war auf Betrüger hereingefallen

Der Käufer hatte den PKW von einem Betrüger für mehr als 35.000 Euro erworben. Kurze Zeit nach dem Kauf beschlagnahmte die Polizei das Fahrzeug und gab es dem ursprünglichen Eigentümer zurück. Dieser verkaufte es anschließend für knapp 49.000 Euro weiter.

Den Kaufpreis reklamierte der betrogene Käufer für sich. Er sei trotz des Betrugs Eigentümer des Fahrzeugs geworden. Er sei im Internet auf das Fahrzeug gestoßen und habe sich im Saarland zur Besichtigung verabredet. Auf dem Weg dorthin habe er die Mitteilung erhalten, dass das Kind des Verkäufers einen Treppensturz erlitten habe und in einem Krankenhaus in Frankreich liege. Dorthin sei er nun umgeleitet worden, wo der Kauf auf dem Parkplatz durch Barzahlung auch abgewickelt worden sei. Der Betrüger habe einen vermeintlich echten Fahrzeugbrief und einen belgischen Aufenthaltstitel vorgelegt. Er habe deshalb daran glauben dürfen, dass das Fahrzeug diesem auch gehört habe.

Umstände des Kaufs waren dubios, Zweifel daher angebracht

Dieser Argumentation folgte das LG nicht. Der Käufer habe trotz Vorlage des scheinbar echten Fahrzeugbriefs grob fahrlässig gehandelt und das Fahrzeug daher nicht gutgläubig erworben. Denn die Umstände des Verkaufs hätten beim Käufer Zweifel erregen müssen, dass er den wahren Eigentümer vor sich hatte. So habe dieser einen belgischen Aufenthaltstitel vorgelegt, obwohl sein im Kaufvertrag genannter Wohnsitz Frankenthal gewesen sei und das Fahrzeug mit deutschem Kennzeichen zugelassen war.

Kurzfristige Verlegung der Übergabe ins Ausland

Auffällig sei ferner, dass der Verkäufer ursprünglich als Treffpunkt das vom angegebenen Wohnort abweichende Dillingen/Saar genannt habe. Typisch für unlautere Automobilgeschäfte sei auch das Bargeschäft und die kurzfristige telefonische Verlegung des Verkaufsorts an einen fremden und noch dazu im Ausland befindlichen Ort. Nach alledem könne der Käufer dem Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht entgehen und habe den Schaden selbst zu tragen, so der Richter.

Quelle: LG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 3.4.2025, 3 O 388/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Ein Streit um einen Erbschein hat kürzlich das Oberlandesgericht (OLG) Celle beschäftigt. Eine Erbin hatte falsche Angaben gemacht – mit unangenehmen Folgen.

Wahrheitswidrige Angaben zum Testament

Eine Frau hatte nach dem Tod ihrer Mutter einen Erbschein beantragt, um als Alleinerbin ausgewiesen zu werden. Sie berief sich dabei auf ein Testament, machte aber falsche Angaben: Sie versicherte eidesstattlich, dass das Testament von der Verstorbenen eigenhändig verfasst worden sei. In Wirklichkeit hatte jedoch die Tochter das Testament geschrieben und die Mutter nur ihre Unterschrift darunter gesetzt.

Testament muss eigenhändig geschrieben sein

Die falschen Angaben betrafen einen entscheidenden Punkt: Ein Testament muss eigenhändig geschrieben oder von einem Notar beurkundet werden. Eigenhändig heißt, dass der Erblasser es komplett selbst und von Hand niederschreiben muss. Die bloße Unterschrift der Mutter reichte deshalb nicht aus – das Testament war unwirksam. Statt des Testaments galt die gesetzliche Erbfolge, das heißt: Die Antragstellerin musste sich das Erbe mit ihren Geschwistern teilen.

Streit um Anwaltskosten

Im Erbscheinverfahren vor dem Amtsgericht (AG) wurden die falschen Angaben aufgeklärt. Der Streit war damit aber nicht erledigt. Denn die Geschwister hatten Anwälte beauftragt, um gegen den unberechtigten Antrag vorzugehen. Zwei Schwestern verlangten die Erstattung der angefallenen Anwaltskosten. Das OLG gab ihnen nun Recht.

Mögliche strafrechtliche Konsequenzen

Für die unterlegene Schwester hat dies nicht nur finanzielle Folgen: Die Akten werden nun der Staatsanwaltschaft übergeben, denn eine falsche eidesstattliche Versicherung ist strafbar. Das OLG sah einen entsprechenden Anfangsverdacht; bis zu einer möglichen Entscheidung im Strafverfahren gilt für die Betroffene die Unschuldsvermutung.

Quelle: OLG Celle, Beschluss vom 9.1.2025, 6 W 156/24Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl