Das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW erklärte eine Regelung einer Elternbeitragssatzung einer Gemeinde für unwirksam. Diese verpflichtete Partner in einer eheähnlichen Gemeinschaft ohne Eltern- oder Erziehungsstatus, Elternbeiträge für die Offene Ganztagsschule (OGS) zu zahlen.

Das verlangte die Gemeinde

Eine Gemeinde hatte von der Klägerin und ihrem Lebensgefährten gemeinsam OGS-Beiträge für den Sohn der Klägerin auf Basis ihres kombinierten Einkommens erhoben. Das Verwaltungsgericht (VG) hob den Beitragsbescheid teilweise auf, da die Regelung gegen das Sozialgesetzbuch (SGB VIII) verstoße. Das OVG bestätigte dies, sah den Verstoß jedoch primär im Kinderbildungsgesetz NRW (KiBiz).

Das sagt das Kinderbildungsgesetz

Nach dem KiBiz dürfen nur Eltern oder gleichgestellte Personen zu Beiträgen herangezogen werden. Eine Gleichstellung von Partnern in eheähnlichen Gemeinschaften ohne Elternstatus sei unzulässig. Diese überschreite die gesetzlich vorgesehenen Befugnisse der Kommunen und verletze höherrangiges Landesrecht.

Das Urteil unterstreicht, dass Kommunen keine Beitragspflichten für Personen begründen dürfen, die weder Eltern noch erziehungsberechtigt sind.

Quelle: OVG NRW, Beschluss vom 27.11.2024, 12 A 566/22

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Ein Mieter einer Dachgeschosswohnung entsorgte über sein Fenster Essensreste in eine Dachrinne. Das Amtsgericht (AG) Hannover hat entschieden: Der Mieter muss seine Wohnung räumen.

Dachrinne durch Müll verstopft

Über sein Wohnungsfenster entsorgte der Mieter u. a. Nudeln, Fleisch, Gewürzgurken und Knochen. Die entsorgten Essensreste landeten in der Dachrinne und verstopften diese. Der Säuregehalt der Essenreste beschädigte die Dachrinne.

Vermieter kündigte zweimal

Die Vermieterin mahnte zunächst ab. Danach kündigte sie gegenüber dem rechtlichen Betreuer des Mieters fristlos und ordentlich.

Zudem installierte der Mieter durch einen mit einem Gitter geschützten Schacht im Bordstein eine Stromleitung für sein Mofa. Die Vermieterin kündigte daraufhin erneut.

Mietvertragliche Pflichten erheblich verletzt

Das AG überzeugte sich vor Ort, dass die Essensreste nur vom Mieter stammen können. Das Dachfenster befindet sich nur einen Meter von der Dachrinne entfernt. Andere Fenster oder Zugänge sind nicht in erreichbarer Nähe. Die Dachrinne war nur an der Stelle der gelagerten Essensreste beschädigt. Insoweit hat der Mieter durch die wiederholte Entsorgung von Essensresten über sein Wohnungsfenster die Mietsache beschädigt und damit seine mietvertraglichen Pflichten erheblich schuldhaft verletzt, sodass der Kündigungsausspruch nach gerichtlicher Überzeugung auch von einem Kündigungsgrund getragen war. Das AG gewährte dem Mieter über die noch andauernde Kündigungsfrist zum Auszug von sechs Wochen eine darüber hinausgehende Räumungsfrist von dreieinhalb Monaten.

Ein Antrag auf Räumungsschutz wurde mittlerweile zurückgewiesen.

Quelle: AG Hannover, Urteil vom 11.1.2024, 510 C 5216/23

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Wird einem Wohnungsmieter fristgerecht gekündigt, weil dieser mit der Mietzahlung in Rückstand geraten ist, lässt sich diese Kündigung nicht ohne Weiteres dadurch aus der Welt schaffen, dass der Mietrückstand nachträglich noch ausgeglichen wird. Das hat das Landgericht (LG) Frankenthal in einem aktuellen Urteil entschieden. Das LG hat die Mieterin zum Auszug aus der Wohnung verpflichtet, obwohl sie im laufenden Räumungsverfahren die offenen Mieten noch ausgeglichen hatte.

Mieterin zahlte zwei Monatsmieten nicht

Im konkreten Fall klagten die Vermieter zunächst vor dem AG gegen ihre Mieterin auf Räumung der Mietwohnung. Vorausgegangen war eine Kündigung, die sie zur Sicherheit zweifach erklärt hatten: zum einen fristlos – aus wichtigem Grund -, zusätzlich aber auch fristgerecht wegen Verletzung der vertraglichen Zahlungspflicht. Beide Kündigungen begründeten die Vermieter u. a. damit, dass zwei Monatsmieten nicht bezahlt wurden.

Die Mieterin bestritt dies nicht und zahlte die beiden offenen Mieten schließlich während des laufenden Gerichtsverfahrens vollständig. Sie berief sich nun darauf, dass die Kündigung infolge der Zahlung unwirksam geworden sei. Das AG folgte dem nicht und verurteilte die Mieterin zur Räumung der Mietwohnung.

Zu Recht gekündigt

Die dagegen gerichtete Berufung zum LG hatte keinen Erfolg. Das LG bestätigte, dass die Kündigung wegen der rückständigen Mieten zu Recht erfolgt sei. Im Zeitpunkt der Kündigung sei die Mieterin mit zwei Monatsmieten im Rückstand gewesen und nur darauf komme es hier an.

Vermieter hatten fristlos und fristgerecht gekündigt

Die gesetzliche Regelung, wonach ein Mietrückstand nachträglich ausgeglichen werden und die Kündigung dadurch möglicherweise beseitigen könne, gelte in dieser Form nur für die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund. Hier hatten die Vermieter daneben sicherheitshalber aber auch noch fristgerecht gekündigt. Eine solche „ordentliche“ Kündigung werde durch die nachträgliche Zahlung der Mieten nicht ohne Weiteres unwirksam. Bei einer fristgerechten Kündigung sei lediglich zu prüfen, ob es unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben für die Vermieterseite zumutbar sei, auf die Räumung zu verzichten, nachdem keine Rückstände mehr bestehen. Dafür sah das LG hier aber keine Anhaltspunkte.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: LG Frankenthal, Urteil vom 1.3.2024, 2 S 118/23

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Arbeitsgericht (ArbG) Aachen hat entschieden: Die Besonderheiten der Arbeitsleistung eines Profifußballtrainers können zwar die Befristung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Im konkreten Fall scheiterte dies jedoch an dem Schriftformerfordernis. Die Kündigung des Fußballtrainers wegen der fehlenden erforderlichen Lizenz für die nächsthöhere Liga war hingegen gerechtfertigt.

Das war geschehen

Die Beklagte ist für den Spielbetrieb der 1. Fußballmannschaft zuständig. Der Kläger war zunächst ab Anfang 2022 bei der Beklagten als Sportdirektor beschäftigt. Er ist Inhaber der Trainer-A-Lizenz (Trainerberechtigung für die Fußball-Regionalliga); über eine „Pro-Lizenz“ (Trainerberechtigung für die 3. Liga) verfügt der Kläger nicht. Seit Ende 2022 trainierte er die 1. Fußballmannschaft, die in der Regionalliga spielte. Ende Januar 2023 schlossen die Parteien einen ab 1.1.2023 geltenden, zunächst bis zum 30.6.2024 befristeten, Arbeitsvertrag ab. Der Vertrag enthielt je nach Platzierung eine Verlängerung und verschiedene Prämien.

Die Beklagte stellte den Kläger im August 2023 von der Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Grundvergütung frei. Mit Abschluss der Saison 2023/2024 stieg die 1. Fußballmannschaft der Beklagten in die 3. Liga auf und gewann den Mittelrheinpokal. Im Juni und Juli 2024 sprach die Beklagte drei ordentliche fristgerechte Kündigungen aus.

Sachgrundbefristung gerechtfertigt

Das ArbG entschied, dass die Sachgrundbefristung eines Profifußballtrainers wegen der Eigenart der Arbeitsleistung grundsätzlich nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (hier: § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG) gerechtfertigt ist. Es sei Aufgabe des Cheftrainers, dafür zu sorgen, dass die Spieler die von ihnen geforderte Spitzenleistungen abrufen. Hierfür sei er als zentraler, prägender Leiter der Mannschaft zuständig. Das Erfordernis, dass die Spieler als Individuum und im Kollektiv Spitzenleistungen erbringen müssten, gebiete es, kurzfristig reagieren zu können, wenn diese Spitzenleistungen nachlassen oder ausbleiben. Ein kurzfristiger Austausch wesentlicher Teile der Mannschaft sei nicht möglich.

Formelle Mängel der Befristung…

Die Befristung des Arbeitsvertrags im vorliegenden Fall sei aus formellen Gründen gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG unwirksam, da die Leistung der Unterschriften nach Aufnahme der Tätigkeit durch den Kläger erfolgte.

… aber Kündigung wirksam

Demgegenüber sei die Kündigung des Profifußballtrainers wegen des Fehlens der erforderlichen „Pro-Lizenz“ für die 3. Liga wirksam. Der Erwerb der erforderlichen Lizenz liege im Verantwortungsbereich des Trainers. Bis zum Zeitpunkt des Aufstiegs in die 3. Liga habe der Kläger trotz Freistellung einen Anspruch auf Vergütung und die Zahlung der Prämien. Nach Aufstieg in die 3. Liga habe der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung von Vergütung oder Prämien, da er die Voraussetzung für die Tätigkeit als Cheftrainer nicht erfüllt habe.

Quelle: ArbG Aachen, Urteil vom 19.11.2024, 8 Ca 3230/23, PM 1/25

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sind u.a. Beschäftigte im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Ein solches Beschäftigungsverhältnis kann auch bei einem 15-jährigen Spieler einer Juniorenmannschaft eines Fußball-Bundesliga-Vereins mit einem „Fördervertrag“ vorliegen. So entschied es das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg.

Komplexe Verletzung beim Ligaspiel

Ein damals 15-jähriger Fußballer erlitt in einem Spiel der früheren B-Junioren-Bundesliga im Herbst 2020 eine komplexe Läsion des Außenmeniskus und musste sich einer Operation und einer langwierigen Nachbehandlung unterziehen. Der 15-Jährige hatte, vertreten durch seine Eltern, einen „Fördervertrag“ als Vertragsspieler im Sinne der „Spielordnung“ des DFB unterschrieben und war in das Leistungszentrum des Vereins aufgenommen worden. Er unterwarf sich darin umfangreichen Verpflichtungen, insbesondere zur Teilnahme an allen Trainings und allen Spielen, ohne einen Anspruch auf Spieleinsatz zu haben. Auch hatte er etwa am dritten Tag einer Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche AU-Bescheinigung einzureichen. Es waren ein Urlaubsanspruch von 30 Tagen im Jahr und ein „monatliches Grundgehalt“ von 251 Euro vereinbart.

Berufsgenossenschaft: kein Arbeitsunfall

Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, denn der Spieler sei nicht unfallversichert gewesen. Auch Verträge wie hier könnten jedenfalls vor dem 16. Geburtstag des Spielers kein Beschäftigungsverhältnis begründen. Außerdem sei das vereinbarte Gehalt so niedrig, dass es keine adäquate Gegenleistung, sondern allenfalls eine Aufwandsentschädigung darstelle.

Landessozialgericht gab Spieler Recht

Nachdem in erster Instanz vor dem Sozialgericht (SG) die Berufsgenossenschaft obsiegt hatte, hat nun im Berufungsverfahren das LSG dem Spieler Recht gegeben und ein Beschäftigungsverhältnis und damit einen Arbeitsunfall bejaht. Der „Fördervertrag“ gehe weit über die Pflichten eines bloßen Vereinsmitglieds hinaus und entspreche eher einem Arbeitsvertrag. Ausschlaggebend für diese Einordnung waren die umfassenden Verpflichtungen des jungen Mannes, die Regelungen zu Arbeitsunfähigkeit und Urlaub sowie das vereinbarte „Grundgehalt“, das ausdrücklich als einkommensteuerpflichtig bezeichnet wurde und auch über der steuerfreien „Übungsleiterpauschale“ nach dem Einkommensteuerrecht lag.

Verbotene Kinderarbeit nicht gegeben

Dass der Spieler bei dem Unfall noch keine 16 Jahre alt war, stand der Einstufung als „Beschäftigter“ nicht entgegen. Insbesondere lag keine verbotene Kinderarbeit vor, weil er die Vollzeitschulpflicht nach baden-württembergischem Landesrecht erfüllt hatte. Ebenso schließen die Regelungen des DFB nicht aus, dass bereits ein 15-jähriger Fußballspieler ein Beschäftigter ist. Zwar kann er frühestens ab dem 16. Geburtstag eine Spielerlaubnis für eine Lizenzmannschaft oder erste Herrenmannschaft erhalten. Diese bloße Möglichkeit ändert aber nicht die tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere, wenn der Spieler mitten in einer laufenden Saison 16 wird. Sie schließt nicht aus, dass schon zuvor eine Beschäftigung vorlag. Für die Entscheidung war danach nicht die Grenze zu den Lizenzmannschaften maßgeblich, sondern die Grenze zwischen Vereinsamateuren und Vertragsspielern.

Die Entscheidung des LSG, wenn sie rechtskräftig wird, bedeutet, dass die zuständige Berufsgenossenschaft den Unfall entschädigen muss. Denn es handelt sich um einen Unfall infolge einer versicherten Tätigkeit und damit um einen Arbeitsunfall.

Quelle: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.1.2025, L 9 U 3318/23, PM des LSG

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Objektüberwachung und Bauleitung sind inhaltlich „zwei Paar Schuhe“. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt festgestellt.

Architekt verlangte Honorar für Bauleitung

Ein Architekt rechnete Honorar für „Bauleitung“ ab. Er bezog sich auf die Leistungsphase 8 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Er konnte aber nicht nachweisen, entsprechende Objektüberwachungsleistungen erbracht zu haben.

So sahen es die Gerichte

Die Gerichte kamen dagegen zu der Auffassung, dass er als Bauleiter nach der Hessischen Bauordnung (hier: § 59 HBO) tätig sein sollte. Diese Person muss u. a. darüber wachen, dass die Baumaßnahme nach den genehmigten Bauvorlagen bzw. – soweit eine bauaufsichtliche Prüfung entfällt – nach den eingereichten Bauvorlagen ausgeführt wird.

Bei der Überwachungstätigkeit muss der Bauleiter auf den sicheren Betrieb der Baustelle achten. Dazu zählt, dass die Arbeiten der Unternehmen ohne gegenseitige Gefährdung und ohne Gefährdung Dritter durchgeführt werden können. Über die HOAI können diese Leistungen – so sie denn erbracht wurden – nicht abgerechnet werden.

Der Bauleiter, so das OLG, sei nach dem allgemeinen Sprachverständnis dafür zuständig, zu überwachen, dass die Baumaßnahme entsprechend den öffentlich-rechtlichen Anforderungen durchgeführt wird. Der Objektüberwacher dagegen schuldet eine Ausführung des Objekts gemäß der vertraglichen zivilrechtlichen Vereinbarung mit dem Bauherrn.

Der Architekt ging also leer aus. Da der Bundesgerichtshof (BGH) aktuell eine Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen hatte, ist die Entscheidung des OLG nun auch rechtskräftig.

Quelle: OLG Frankfurt, Urteil vom 11.5.2023, 22 U 19/22

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz hat einem Mann den Erlass der Grundsteuer verwehrt, obwohl er herangezogen worden war, ein Baudenkmal zu erhalten.

Für den Erhalt eines Fachwerkhauses begehrte der Kläger Grundsteuererlass

Der Kläger erwarb im Jahr 2012 ein Grundstück, das mit einem barocken Fachwerkhaus aus dem 18. Jahrhundert bebaut ist. Für dieses zog ihn die beklagte Ortsgemeinde für das Kalenderjahr 2022 zur Zahlung von Grundsteuer B in Höhe von 110,60 Euro heran. Der Kläger beantragte daraufhin den Erlass der Grundsteuer, weil die Erhaltung des Gebäudes wegen seiner Denkmaleigenschaft im öffentlichen Interesse liege und für ihn unrentabel sei.

Den Antrag des Klägers auf Erlass der Grundsteuer lehnte die Beklagte ab. Insbesondere habe der Kläger die Unrentabilität des Gebäudes nicht hinreichend belegt.

Erfolgloser Widerspruch

Hiergegen wandte sich der Kläger zunächst erfolglos mittels Widerspruch und dann mit seiner Klage. Er habe denkmalschutzbedinge Sanierungsmaßnahmen vorgenommen, unter anderem das Fachwerk freigelegt. Ohne die Denkmaleigenschaft hätte er das Gebäude abgerissen und das Grundstück anderweitig verwertet. Es seien zudem Rückstellungen für weitere Sanierungsmaßnahmen zu berücksichtigen. Aus Rentabilitätsgründen habe er überwiegend Eigenleistungen erbracht. Er erziele inzwischen Mieteinnahmen in angemessener Höhe, dennoch sei ihm ein Verlust entstanden.

Verwaltungsgericht sah Voraussetzungen für Erlass nicht gegeben

Die Klage hatte keinen Erfolg. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Grundsteuererlass für das Jahr 2022, so das VG. Das Grundsteuergesetz (hier: § 32 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 GrStG) sehe dies nur für Grundbesitz vor, dessen Erhaltung wegen seiner Bedeutung für Kunst, Geschichte, Wissenschaft oder Naturschutz im öffentlichen Interesse liege, wenn die erzielten Einnahmen und die sonstigen Vorteile (Rohertrag) in der Regel unter den jährlichen Kosten lägen. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Zwar bestehe ein öffentliches Interesse am Erhalt des Fachwerkhauses des Klägers. Der Grundbesitz sei jedoch nicht unrentabel. Der Kläger habe in erster Linie im weitaus überwiegenden Umfang Kosten aufgewendet, um das Gebäude im Sinne seiner eigentlichen Bestimmung – zu Wohnzwecken – zu ertüchtigen. Es sei deshalb prognostisch nicht davon auszugehen, dass der Grundbesitz – was für einen Grundsteuererlass vorausgesetzt wird – dauerhaft unrentabel sei. Eine valide Bewertung der Unrentabilität sei zudem nicht möglich, weil der Kläger nicht alle dazu benötigten Unterlagen vorgelegt habe.

Schließlich fehle es jedenfalls an der erforderlichen Kausalität zwischen (unterstellter) Unrentabilität und öffentlichem Erhaltungsinteresse. Denn der Kläger habe das Gebäude in Kenntnis des Sanierungsbedarfs zum Marktwert erworben. Das Gebäude sei wegen seines mehr oder weniger veralteten und teilweise maroden Zustands sanierungsbedürftig gewesen, nicht aufgrund der Denkmaleigenschaft.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle: VG Koblenz, Urteil vom 25.6.2024, 5 K 172/24.KO

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Die Therapiewahl ist grundsätzlich Aufgabe des behandelnden Tierarztes. Ein vom Hundebesitzer wahrgenommenes Hinken des linken Hinterlaufs bedeutet nicht, dass die Operation am rechten Hinterlauf behandlungsfehlerhaft erfolgte. Ein Laie kann nicht sicher auf die Ursache eines etwaigen Hinkens schließen; häufig ist gerade die kollaterale Seite betroffen. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat die auf Rückzahlung von Behandlungskosten gerichtete Berufung des klagenden Tierbesitzers zurückgewiesen.

Es ging um die Erstattung von Behandlungskosten

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Erstattung von Behandlungskosten für seinen Hund in Anspruch. Er wollte seinen Rhodesian Ridgeback wegen Lähmungserscheinungen an einem hinteren Bein behandeln lassen. Nach Gangbeobachtungen und Röntgenaufnahmen (des rechten Hinterlaufs) vereinbarte der Kläger einen OP-Termin. Der Hund wurde dann am rechten Kniegelenk operiert.

Der Kläger verlangt nun die beglichenen Arztkosten in Höhe von rund 7.500 Euro zurück und behauptet, der Hund sei am falschen Bein operiert worden. Beauftragt worden sei die Behandlung des linken hinteren Beins. Der rechte Hinterlauf sei dagegen kerngesund gewesen.

Schon das Landgericht hatte die Klage abgewiesen

Das Landgericht (LG) hatte die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Das LG sei nach Ausschöpfung der maßgeblichen Erkenntnisquellen zutreffend zu dem Schluss gelangt, dass kein Behandlungsfehler vorliege, bestätigte das OLG. Insbesondere habe der Sachverständige schlüssig hergeleitet, „dass durchaus – mit überwiegender Wahrscheinlichkeit – die korrekte Gliedmaße operiert worden sei“. Er habe die anhand der Befunderhebung gesicherte Pathologie im rechten Kniegelenk nachvollziehbar als Indikation für die Operation bestätigt. Zu Recht habe er auch darauf hingewiesen, dass die „Entscheidung über das Ausmaß der Operation – und hierbei das Bein, welches operiert werden soll – letztlich der Tierarzt zu treffen hat“.

Therapiewahl ist Sache des Tierarztes

Die Therapiewahl sei grundsätzlich Domäne des behandelnden Arztes, „der jedenfalls durch den Behandlungsauftrag hier auch nicht ohne Weiteres im Vertragssinne etwa auf die Behandlung einer bestimmten Gliedmaße festgelegt, sondern vielmehr zur standardmäßigen Behandlung angehalten ist“, führte das OLG weiter aus.

Soweit der Kläger behaupte, dass vor der Operation beim Gangbild ein Hinken am linken Bein zu sehen gewesen sei, habe der Sachverständige nachvollziehbar erläutert, „dass eine solche Beobachtung – zumal für den Laien – keinen Rückschluss auf eine Verortung als Ursache auch in dieser Gliedmaße erlaubt; vielmehr sei häufig die kollaterale Seite betroffen“. Auch der Nachbefund habe ergeben, dass das linke Bein befundlos gewesen sei.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Hinweisbeschluss vom 19.8.2024 i.V.m. dem Beschluss vom 23.9.2024, 29 U 33/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Auch wenn noch unklar ist, ob die Ansprüche wegen der Reparaturkosten dem Leasinggeber oder dem Leasingnehmer zustehen, ergibt sich dessen schützenswertes Interesse an einer Feststellungsklage aus dem zu erwartenden Ausfallschaden während der Reparatur. So entschied es das Landgericht (LG) Halle. Denn das Gutachten weise vier Arbeitstage für die Reparatur aus.

Haftung dem Grunde nach sollte geklärt werden

Wegen des streitigen Unfallhergangs wollte der Leasingnehmer zunächst die Haftung dem Grunde nach klären. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung reicht es für das Feststellungsinteresse aus, wenn sich in der Zukunft Schäden ergeben können.

Keine Leistungsklage erforderlich

Soweit Nutzungsausfall streitig ist, müsse ein Geschädigter bei einer noch nicht abgeschlossenen Schadensentwicklung die Klage nicht zu einer Leistungsklage wegen der bereits entstandenen Schäden und einer Feststellungsklage wegen zukünftiger Schäden aufteilen.

Quelle: LG Halle, Urteil vom 10.10.2024, 4 O 224/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Ein Angeklagter hatte behauptet, seine Fahruntüchtigkeit versehentlich herbeigeführt zu haben. Seine Erklärung: der Verzehr von Schnaps-Pralinen. Den alkoholischen Gehalt der Pralinen habe er nicht bemerkt. Das glaubte ihm das Amtsgericht (AG) Frankfurt a. M. nicht.

Mit 1,32 Promille Auto gefahren

Nach den Feststellungen des Gerichts fuhr der Angeklagte im Januar 2024 gegen drei Uhr morgens mit seinen Pkw durch Hofheim am Taunus. Er hatte dabei eine Blutalkoholkonzentration von 1,32 ‰. Dadurch war er nicht mehr in der Lage, sein Fahrzeug mit der im Straßenverkehr erforderlichen Sicherheit zu führen. Seine Fahruntüchtigkeit, so das AG, habe der Angeklagte zumindest billigend in Kauf genommen.

Das AG belegte den Angeklagten wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr mit einer Geldstrafe und ordnete die Entziehung der Fahrerlaubnis an. Der Angeklagte hatte angegeben, dass er nach einem Saunabesuch unterzuckert in seinem Fahrzeug auf dem Parkplatz eingeschlafen sei. Er habe von einem unbekannten Pärchen einen Beutel mit annähernd tischtennisball-großen, vermutlich mit Vodka gefüllten Pralinen angeboten bekommen. Von diesen habe er acht oder neun Stück gegessen. Dass diese Pralinen mit Alkohol gefüllt waren, habe er beim Verzehr nicht bemerkt.

Angaben nicht glaubhaft: Schutzbehauptung

Diese Angaben hielt das Gericht nach durchgeführter Beweisaufnahme für nicht glaubhaft. Nach Einschätzung der Sachverständigen hätte der Angeklagte zum Erreichen der festgestellten Blutalkoholkonzentration von 1,32 ‰ ca. 0,2 bis 0,3 Liter eines hochprozentigen Getränks (40 bis 60 %) trinken müssen. Dies entspräche mindestens 132 Pralinen der Marke „Mon Chéri“. Auch wenn man zugunsten des Angeklagten davon ausgehe, dass dieser nicht neun, sondern sogar zwölf tischtennisball-große Pralinen verzehrt habe, hätte jede dieser Pralinen immer noch mehr als 2 cl, also jeweils einen „Shot“, eines 40 %-igen alkoholischen Getränks enthalten müssen. Ob man ein solches Produkt überhaupt noch als „Praline“ bezeichnen und käuflich erwerben könne, sei zweifelhaft. Jedenfalls sei es bei dieser Menge „absolut fernliegend“, dass der Angeklagte die Alkoholfüllung nicht wahrgenommen haben wolle. Es handele sich um eine nicht glaubhafte Schutzbehauptung.

Quelle: AG Frankfurt a. M., Urteil vom 29.8.2024, 907 Cs 515 Js 19563/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl