Was dürfen Eigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft beim Thema Gestaltung ihrer Wohnung und was nicht? Diese Frage beschäftigt Gerichte immer wieder – so auch das Amtsgericht (AG) München in einem aktuellen Fall.

Das beabsichtigten die Eigentümer

Die Kläger sind Eigentümer einer Wohnung in einem neunstöckigen Wohnkomplex. Die Balkone des Gebäudes sind mit einer Loggia ausgestattet. Die Eigentümer der Wohnung planten, zusätzlich zur bereits bestehenden Balkontür, in einem anderen Zimmer der Wohnung ein vorhandenes Fenster zur Balkontür umbauen zu lassen. Hierfür beantragten sie die Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Eigentümergemeinschaft verweigerte die Zustimmung

Diese verweigerte jedoch die Zustimmung aufgrund von Bedenken im Zusammenhang mit der konstruktiven Stabilität, der Gefahr von Kälte- und Wassereintritt und der Sorge, dass die Versetzung eines aktuell vor dem Fenster befindlichen Heizkörpers Auswirkungen auf das Heizungssystem des Gebäudes habe.

Klage vor dem Amtsgericht

Da die Eigentümer sich im Recht wähnten, verklagten sie die Eigentümergemeinschaft vor dem AG auf Zustimmung. Dieses gab den Klägern Recht. Es ersetzte die grundsätzliche Zustimmung zum geplanten Umbau und legte der Eigentümergemeinschaft auf, die Modalitäten und Einzelheiten in der Eigentümerversammlung zu beschließen.

Das AG sagt: Der Umbau eines Fensters stelle jedenfalls hinsichtlich des Mauerdurchbruchs durch die Außenwand eine auf Dauer angelegte gegenständliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums dar, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung hinausgehe und damit eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums darstelle.

Das Wohnungseigentumsgesetz (hier: § 20 Abs. 3 WEG) begründe einen Anspruch auf Gestattung einer baulichen Veränderung, durch die kein Wohnungseigentümer in rechtlich relevanter Weise beeinträchtigt werde. Eine Beeinträchtigung sei rechtlich nicht relevant, wenn sie nicht über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehe oder die über dieses Maß hinaus beeinträchtigten Wohnungseigentümer einverstanden seien.

Soweit nicht auszuschließen sein soll, dass durch den Einbau eines neuen Heizkörpers Nachteile für das übrige Heizungssystem entstehen könnten, mache die Beklagte keine konkrete und objektive Beeinträchtigung geltend, durch die ein Wohnungseigentümer sich beeinträchtigt fühlen könne. Vielmehr handele es sich hier um ein nicht zu berücksichtigendes hypothetisches Risiko. Auch dass sich der Wandausschnitt, der durch den Einbau einer Terrassentür vergrößert würde, in der Außenmauer des Gebäudes befinde, und damit Gemeinschaftseigentum verändert würde, stelle für sich genommen keine erhebliche Beeinträchtigung dar.

Vorliegend sei nicht ersichtlich, in welcher Weise die in Rede stehende Maßnahme andere Eigentümer konkret beeinträchtigen würde. Soweit die Beklagte geltend mache, es bestünden nicht auszuschließende Folgen für die Abgeschlossenheit der Wohnung sowie die statische Sicherheit, handele es sich wiederum um rein theoretische Bedenken, denen durch entsprechende Auflagen, wie dem Verlangen nach fachkundiger Planung und ggf. statischer Berechnung durch ein Fachunternehmen nach den Regeln der Baukunst, Rechnung getragen werden könne.

Soweit die Beklagte weiter geltend mache, durch eine Veränderung in der Außenhülle des Gebäudes bestehe die Gefahr von Kälte- oder Wassereintritt, sei nicht ersichtlich, inwiefern dies andere Wohnungseigentümer als die Kläger beeinträchtigen sollte. Zudem handele es sich im Hinblick darauf, dass der von dem Mauerdurchbruch betroffenen Wand die Loggia vorgelagert sei, um theoretische Befürchtungen und nicht um konkrete und objektive Beeinträchtigungen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: AG München, Urteil vom 27.5.2025, 1293 C 26254/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Dem Arbeitgeber kann weder die Kenntnis der Schwerbehindertenvertretung noch die eines Fachvorgesetzten von der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers zugerechnet werden. So sieht es das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln in einer aktuellen Entscheidung.

Keine rechtsgeschäftlichen Vertreter

Weder die Schwerbehindertenvertretung noch der Fachvorgesetzte des Arbeitnehmers hätten eine Stellung, die einem rechtsgeschäftlichen Vertreter des Arbeitgebers ähnlich sei. Denn die Schwerbehindertenvertretung vertrete die Interessen der schwerbehinderten Menschen gegenüber dem Arbeitsgericht. Sie sei nicht seiner Sphäre zuzurechnen.

Schwerbehindertenvertretung kümmert sich nicht um personalrechtliche Belange

Sie kümmere sich auch nicht um personalrechtliche Belange aus der Sicht des Arbeitgebers, sondern allenfalls aus der Sicht der schwerbehinderten Mitarbeiter.

Quelle: LAG Köln, Urteil vom 7.5.2025, 4 SLa 438/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Lange war es ruhig um das sog. Kopplungsverbot. Jetzt hat das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg einen solchen Fall entschieden. Dieses stellt klar: Tritt ein Architekt wie ein Bauträger auf, findet das Kopplungsverbot Anwendung. Der Vertrag ist – wie hier entschieden – nichtig.

Das besagt das Kopplungsverbot

Das Kopplungsverbot im Architektenrecht verbietet es, den Erwerb eines Grundstücks mit der Pflicht zu verbinden, einen bestimmten Architekten oder Ingenieur damit zu beauftragen, ein Bauwerk zu planen oder auszuführen. So soll der freie Wettbewerb unter Architekten geschützt werden. Außerdem soll so verhindert werden, dass sich Einzelne durch die Verknüpfung von Grundstückserwerb und Architektenleistung eine monopolartige Stellung verschaffen.

Bauherren werden geschützt

Das Verbot richtet sich gegen jede, mit dem Erwerb eines Grundstücks zusammenhängende Bindung, die den Wettbewerb von Ingenieuren und Architekten beeinträchtigt. Die Vorschrift soll der Gefahr entgegenwirken, dass ein Architekt oder Ingenieur sich bei knapp gewordenem Baugrund dadurch Wettbewerbsvorteile verschafft, dass er ein Grundstück an der Hand hat.

Geschützt wird die Entschließungsfreiheit des Bauherrn, durch den Kauf eines Grundstücks, auf dem gebaut werden soll, nicht an einen bestimmten Architekten oder Ingenieur gebunden zu sein.

Quelle: OLG Nürnberg, Beschluss vom 8.5.2025, 6 U 1787/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Manchmal kommt es darauf an, welcher Unfallhergang der wahrscheinlichste ist. In einem solchen Fall musste nun das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. entscheiden.

Unfallhergang streitig

Auf der Autobahn stockte der Verkehr, weil die Dreispurigkeit in eine Zweispurigkeit überging. Ein Fahrzeugführer wollte von links in die mittlere Spur wechseln, brach den bereits eingeleiteten Spurwechselvorgang aber ab, weil das Fahrzeug vor ihm auf der mittleren Spur voll abgebremst wurde. Er wechselte nach links zurück. Wie weit er bereits mittig war, ist streitig. Das ihm folgende Fahrzeug fuhr auf und schob ihn auf das Vorderfahrzeug auf. Das war der wahrscheinlichste Unfallhergang.

Kläger war der Eigentümer des vordersten Fahrzeugs. Beklagter war das Büro Grüne Karte e. V. als Quasiversicherer hinter dem Auffahrenden. Von dort wurde vorgetragen, sowohl das Vorderfahrzeug als auch das davor seien von der Mitte nach links gewechselt, ohne zuvor links gefahren zu sein. Am Ende war der Unfallhergang nicht aufklärbar. War der verhinderte Spurwechsler bereits seit Längerem auf der linken Spur, hätte der Auffahrende seinen Abstand daran ausrichten müssen – wenn nicht, dann nicht.

Anwendung des Anscheinsbeweises

Das OLG wandte den Anscheinsbeweis gegen den Auffahrenden an. Dieser ist eine juristische Methode, bei der aus einem typischen Geschehensablauf auf eine bestimmte Ursache oder ein bestimmtes Verhalten geschlossen wird, weil dies nach allgemeiner Lebenserfahrung sehr wahrscheinlich ist. Er erleichtert die Beweisführung, da die beweisende Partei nicht den gesamten konkreten Einzelfall beweise, sondern nur den typischen Sachverhalt darlegen muss.

Hier handele es sich möglicherweise nicht um das typische Geschehen eines Spurwechsels des Vorausfahrenden. Und weil das nicht klar sei, gelte, so das OLG: Stehe nicht fest, ob über das – für sich gesehen typische – Kerngeschehen hinaus Umstände vorliegen, die, sollten sie gegeben sein, der Annahme der Typizität des Geschehens entgegenstünden, stehe der Anwendung des Anscheinsbeweises nichts entgegen. Denn in diesem Fall bleibe dem Gericht als Grundlage allein das typische Kerngeschehen, das ohne besondere Umstände als Basis für den Anscheinsbeweis ausreicht.

Anscheinsbeweis hier nicht widerlegt

Sei also ein Sachverhalt unstreitig, zugestanden oder positiv festgestellt, der die für die Annahme eines Anscheinsbeweises erforderliche Typizität aufweist, muss derjenige, zu dessen Lasten der Anscheinsbeweis angewendet werden soll, darlegen und ggf. beweisen, dass weitere Umstände vorliegen, die dem feststehenden Sachverhalt die Typizität wieder nehmen. Er muss den Anscheinsbeweis erschüttern. Das sei im vorliegenden Fall nicht gelungen.

Quelle: OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 15.7.2025, 30 U 28/25

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Die Ordnungsmaßnahme einer Gesamtschule im Rhein-Kreis-Neuss, einen Zehntklässler mit sofortiger Wirkung von der Schule zu entlassen, weil dieser mit weiteren Jugendlichen einen Obdachlosen angegriffen und auf den am Boden liegenden Mann eingetreten und -geschlagen hat, ist rechtmäßig. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf entschieden und den gegen die Schulentlassung gerichteten Eilantrag des Schülers abgelehnt.

Schweres Fehlverhalten

Das VG: Die Voraussetzungen der Entlassung von der Schule liegen vor, da der Schüler durch schweres Fehlverhalten die Rechte des Obdachlosen ernstlich verletzt und hierdurch zugleich die Erfüllung der Aufgaben der Schule ernstlich gefährdet hat. Es ist unstreitig, dass der Schüler mit massiver, nahezu hemmungsloser Aggression mindestens achtmal auf den am Boden liegenden Obdachlosen (teils mit Anlauf) eingetreten und (teils mit voller Wucht) mit der Faust gegen dessen Körper und Kopf geschlagen hat, obgleich von dem Mann zu diesem Zeitpunkt erkennbar keinerlei Gefahr ausging und dieser sich – im Gegenteil – die Hände schützend vor seinen Kopf hielt.

Schulfrieden massiv beeinträchtigt

Zugleich hat der Schüler durch dieses Verhalten seine Pflicht verletzt, an der Erfüllung der Aufgaben der Schule mitzuarbeiten. Der Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule hat keine festen räumlichen Grenzen. Vielmehr kommt es darauf an, ob das Fehlverhalten – wie hier – störend in den Schulbetrieb hineinwirkt. Dadurch, dass der Schüler während der Schulzeit in der Mittagspause zwischen zwei Unterrichtseinheiten in unmittelbarer Nähe des Schulgeländes den Obdachlosen gemeinsam mit weiteren Jugendlichen angegriffen hat, waren in den darauffolgenden Tagen der Schulfrieden und der Unterricht der Schule massiv beeinträchtigt. Vor diesem Hintergrund handelt es sich nicht um ein bloßes „außerschulisches Fehlverhalten“ des Schülers, sondern wurde der Konflikt in die Schule hineingetragen, da dieses ohne jeden Zweifel erheblich in das Unterrichtsgeschehen der nachfolgenden Tage hineingewirkt hat.

Keine vorherige Androhung erforderlich

Die Entlassung von der Schule ist angesichts des objektiven Schweregrades der Pflichtverletzung und der zeitnah bevorstehenden Zentralen Prüfungen zur Erlangung des Mittleren Schulabschlusses nach Ansicht des VG auch ohne vorherige Androhung der Entlassung von der Schule verhältnismäßig. Die Entlassung des Schülers von der Schule stellt angesichts der besonderen Schwere der Pflichtverletzung das einzig sichere Mittel dar, um weiteres Fehlverhalten des Schülers auszuschließen und den Schulfrieden der Schule wiederherzustellen.

Schüler war bereits vorher auffällig

Bei der Abwägung war insoweit zu berücksichtigen, dass der Schüler bereits im August 2023 einem Mitschüler einen Faustschlag in das Gesicht versetzt hatte, der Antragsteller seine Impulse in Ausnahme- oder Stresssituationen mithin nicht jederzeit unter Kontrolle hat, sondern zu gewalttätigen Reaktionen neigt, und dass zudem die seinerzeit ergriffene Ordnungsmaßnahme offenbar auch nicht die gewünschte nachhaltige positive Verhaltensänderung bei dem Schüler bewirkt hat. Zudem war zu berücksichtigen, dass der Schüler mit Blick auf die am 27.5.2025 beginnenden Zentralen Prüfungen am Ende der Klasse 10 nur noch kurze Zeit den Unterricht besucht.

Angesichts dessen erweisen sich andere, im Verhältnis zur Entlassung von der Schule mildere Ordnungsmaßnahmen – etwa die Überweisung in eine Parallelklasse oder die Androhung der Entlassung von der Schule – ersichtlich als zur Zweckerreichung nicht gleichermaßen geeignet. Denn sowohl die Androhung der Entlassung als auch die Überweisung in eine Parallelklasse können aus Sicht der Kammer bei lebensnaher Betrachtung im Hinblick auf die nur noch verbleibenden wenigen Unterrichtstage erkennbar keinen nennenswerten erzieherischen Einfluss auf den Schüler entfalten.

Quelle: VG Düsseldorf, Beschluss vom 4.4.2025, 18 L 1171/25

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Landgericht (LG) Göttingen hat einer Patientin aufgrund eines Geburtsschadens ein Schmerzensgeld von einer Mio. Euro zugesprochen.

Dem medizinischen Personal der Beklagten wurde vorgeworfen, einen erforderlichen Notkaiserschnitt nicht durchgeführt zu haben, trotz klarer Anzeichen für den schlechten Gesundheitszustand der noch ungeborenen Klägerin. Nach der Geburt wurde diese zudem nicht ausreichend überwacht oder mit Sauerstoff versorgt, und die Benachrichtigung des spezialisierten neonatologischen Notdienstes der Universitätsmedizin Göttingen wurde versäumt.

Die Klägerin leidet aufgrund dieser Fehler an schwersten körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen, die eine vollständige Rundumbetreuung erfordern und sich nicht mehr bessern werden.

Quelle: LG Göttingen, Urteil vom 14.8.2025, 12 O 85/21

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden: Bei Fehlen eines schriftlichen Energieversorgungsvertrags richtet sich das Leistungsangebot eines Strom- und Gasversorgungsunternehmens an den Vermieter (Eigentümer) – und nicht, wie sonst regelmäßig der Fall, an den Mieter. Dies gilt im Fall einer Wohnung, wenn die einzelnen Zimmer durch separate Mietverträge vermietet sind und diese lediglich über einen Zähler für Strom und Gas verfügt.

 

Das war geschehen

Die Klägerin, ein Energieversorgungsunternehmen, nahm die beklagte Vermieterin auf Zahlung von Entgelt für die Belieferung mit Strom und Gas im Rahmen der Grundversorgung in Anspruch. Die Zimmer der Wohnung waren einzeln mit gesonderten Mietverträgen über unterschiedliche Laufzeiten vermietet, wobei sämtlichen Mietern das Recht zur Nutzung der Gemeinschaftsräume, wie Küche und Bad, eingeräumt wurde. Nur die Wohnung, nicht hingegen die einzelnen Zimmer, verfügte über einen Zähler für Strom und Gas und wurde von der Klägerin mit Strom und Gas beliefert. Ein schriftlicher Energieversorgungsvertrag bestand nicht. Die Parteien stritten, ob ein durch die Entnahme von Strom und Gas konkludent zustande gekommener Versorgungsvertrag mit der Vermieterin (Eigentümerin) oder mit den Mietern besteht.

 

Die auf Zahlung der Versorgungsentgelte für einen Zeitraum von fünf Jahren gerichtete Klage hat das Amtsgericht (AG) abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht (LG) das erstinstanzliche Urteil geändert und der Klage stattgegeben. Die Beklagte begehrte beim BGH daher, das klageabweisende erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen.

 

So entschied der Bundesgerichtshof

Der BGH hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Das Berufungsgericht, so der BGH, hat zu Recht angenommen, dass unter den hier gegebenen Umständen ein Versorgungsvertrag mit der beklagten Vermieterin der Wohnung besteht. Entgegen der Ansicht der Revision war das in der Bereitstellung von Strom und Gas liegende (konkludente) Angebot der Klägerin weder an die Mieter der einzelnen Zimmer noch an die Gesamtheit der Mieter gerichtet.

 

Zwar haben allein die Mieter Einfluss auf den Strom- und Gasverbrauch in der Wohnung. Jedoch lässt sich dieser Verbrauch – mangels separater Zähler – nicht den einzelnen vermieteten Zimmern zuordnen. Zudem haben die einzelnen Mieter bei objektiver Betrachtung typischerweise kein Interesse daran, auch für die Verbräuche der anderen Mieter einzustehen. Der Umstand, dass sich das konkludente Angebot des Energieversorgungsunternehmens daher an die Vermieterin richtete, ist Folge des von ihr gewählten besonderen Vermietungskonzepts.

Quelle: BGH, Beschluss vom 15.4.2025, VIII ZR 300/23

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hat die Berufungen einer Universität und des durch die Universität disziplinarrechtlich beklagten Universitätsprofessors gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Göttingen jeweils zurückgewiesen, mit dem dieses den Universitätsprofessor um zwei Besoldungsgruppen von W 3 auf W 1 zurückgestuft hat.

Das war geschehen

Die Universität hatte mit der von ihr gegen den Professor erhobenen Disziplinarklage seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erstrebt. Das VG hat mit der von beiden Beteiligten angegriffenen Entscheidung hingegen auf eine Zurückstufung um zwei Besoldungsstufen erkannt.

Nach der Vernehmung von neun Zeugen und unter Berücksichtigung der bereits durch das VG erhobenen Beweise hat das OVG es als erwiesen angesehen, dass der Universitätsprofessor mehrfach und über Jahre hinweg Studentinnen, Doktorandinnen und Mitarbeiterinnen grenzüberschreitend berührt und sich ihnen gegenüber anzüglich geäußert hatte.

So sah es das Oberverwaltungsgericht

Das OVG hat die erstinstanzliche Entscheidung mit seinem Urteil bestätigt. Der Universitätsprofessor habe ein schwerwiegendes Dienstvergehen begangen, das den Ausspruch der zweithöchsten Disziplinarmaßnahme erfordere. Ihm würden daher für einen Zeitraum von fünf Jahren die Bezüge aus der niedrigeren Besoldungsgruppe W 1 gezahlt, wobei er sein Statusamt als Universitätsprofessor behalte.

Mit seinem Verhalten habe er seine beamtenrechtliche Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verletzt. Erschwerend hat das OVG berücksichtigt, dass akademische Nachwuchskräfte in einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis zu Professoren stünden, das über das übliche Verhältnis von Vorgesetzten und Beschäftigten weit hinausgehe.

Der Beklagte sei seiner mit besonderer Verantwortung einhergehenden Stellung als Universitätsprofessor nicht gerecht geworden und habe diese vielmehr dazu ausgenutzt, seine Macht zu demonstrieren und die betroffenen weiblichen Nachwuchskräfte in ihrer Würde zu verletzen. Sein Verhalten habe er zudem insbesondere trotz der Pflichtenmahnung durch die damalige Präsidentin der Universität in den Jahren 2012 und 2013 nicht verändert. Mildernd berücksichtigt hat das OVG demgegenüber die Länge des Disziplinarverfahrens von ca. acht Jahren, die sich für den Beklagten belastend ausgewirkt habe.

Die Entscheidung des Senats ist rechtskräftig.

Quelle: OVG Lüneburg, Urteil vom 25.6.2025, 3 LD 1/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

In Architekten- und Ingenieurkammern, in denen die Fortbildung eine Berufspflicht ist und kontrolliert wird, kann das Nichtvorweisen entsprechender Fortbildungspunkte zum Ausschluss aus der jeweiligen Kammer führen. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen klargestellt.

Fortbildungspflicht nicht erfüllt – zunächst Verweis und Geldbuße

Ein Mitglied der Ingenieurkammer-Bau NRW hatte in einem Jahr seine Fortbildungspflicht nicht erfüllt. Er hatte deshalb einen Verweis erhalten und musste eine Geldbuße zahlen.

Erneuter Pflichtverstoß: Kammerausschluss

Drei und sechs Jahr später geschah das Gleiche. Weil der Ingenieur auch bei der nächsten Stichprobe erneut keine Teilnahmebescheinigungen für anerkannte Fortbildungsveranstaltungen vorlegen konnte, schloss ihn das Berufsgericht aus der Kammer aus.

Oberverwaltungsgericht bestätigt Kammerausschluss

Die Klage dagegen wies das OVG ab. Der Ausschluss sei die angemessene berufsgerichtliche Maßnahme, auch wenn es sich um die schärfste berufsgerichtliche Sanktion handele. Die nochmalige Festsetzung einer Geldbuße als mildere Maßnahme komme nicht in Betracht.

Quelle: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.8.2025, 39 A 834/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl

Eine Frau parkte in der Tiefgarage ihres Arbeitgebers. Beim Ausparken stieß sie mit der Beifahrertür ihres BMW versehentlich gegen einen rechteckigen, ca. kniehohen Sockel einer Säule. Der Sockel befand sich unterhalb der Sichtachse und war nicht gekennzeichnet oder markiert. Sie verlangte Schadenersatz. Ihre Klage wies das Amtsgericht (AG) München ab.

Das verlangte die Klägerin

Die Klägerin behauptet, durch den Unfall sei ein Schaden an der Beifahrertür von über 3.200 Euro netto entstanden. Der Sockel sei bei Umbaumaßnahmen im Zeitraum 2019 bis 2022 errichtet worden. Die Klägerin habe erfahren, dass es mehrere Unfälle an dem Betonsockel gegeben habe. Sie verklagte daraufhin das Bauunternehmen, das die Verkehrssicherungspflicht für die von ihm durchgeführten Arbeiten übernommen hatte.

Die beklagte Baufirma gab an, der Sockel stünde dort bereits seit 50 Jahren. Sie bezweifelte, dass der Schaden vollständig auf einen Kontakt mit dem Sockel zurückzuführen sei.

So urteilte das Amtsgericht

Das AG wies die Klage ab. Begründung: Das Bauunternehmen habe bereits keine sog. Verkehrssicherungspflicht verletzt. Der Betonsockel stellte schon keine besondere Gefahrenquelle für Fahrzeuge in einer Parkgarage dar. Dabei sei zu berücksichtigen, dass jeder Kraftfahrer in einer Parkgarage ohnehin nur so schnell fahren darf, dass er im Hinblick auf die ständig zu erwartenden Ein- und Ausparkvorgänge, aber auch wegen des dort herrschenden Fußgängerverkehrs jederzeit anhalten kann. Beim Ein- und Ausparkvorgang sei es daher jederzeit möglich, anzuhalten, auszusteigen und sich zu vergewissern, wie breit die Fahrbahn oder der Parkplatz an dieser Stelle ist.

Dies gelte insbesondere hinsichtlich des streitgegenständlichen Betonsockels, der von allen Seiten gut sichtbar sei, da er breiter sei als die dahinterstehende Säule. Ein kniehoher Betonsockel sei auch kein überraschendes Hindernis für Parkgaragennutzer, da enge Parkbuchten in einer älteren Parkgarage durchaus üblich seien.

Altschäden auf Fahrfehler zurückzuführen

Selbst, wenn man unterstelle, dass mehrere Fahrer mit ihren Fahrzeugen den Betonsockel in der Vergangenheit gestreift haben sollen, was angesichts eines vorgelegten Fotos und den darauf sichtbaren Lackspuren durchaus plausibel erscheine, sei eine Gefahr, dass Rechtsgüter Dritter durch den statischen Betonsockel verletzte werden, für das Bauunternehmen nicht erkennbar gewesen. Dieses habe als sog. Verkehrssicherungspflichtige darauf vertrauen dürfen, dass die Parkgaragennutzer den gut sichtbaren Betonsockel erkennen und, sofern ihr Fahrzeug zu breit für den Parkplatz sei, eine andere noch freie Parkbucht ohne einen Betonsockel nutzen. Beschädigungen des Sockels durfte das Bauunternehmen daher auf Fahrfehler zurückführen.

Mitverschulden der Autofahrerin

Selbst, wenn man eine Verkehrssicherungspflicht annehmen würde, träfe die Frau ein Mitverschulden, das eine Haftung des Bauunternehmens vollständig entfallen ließe. Die Klägerin nutzte die Parkgarage ihres Arbeitgebers bereits fast zwei Monate nach den Umbaumaßnahmen. Ihr waren sowohl der Zustand der Parkgarage als auch ihre baulichen Merkmale aufgrund der längeren Nutzung bekannt oder sie hätten ihr bekannt sein müssen.

Quelle: AG München, Urteil vom 9.8.2024, 231 C 13838/24

Mitgeteilt von Rechtsanwaltskanzlei Herren aus 50321 Brühl