Der schadenrechtliche Anspruch auf den Mietwagen setzt voraus, dass der Geschädigte in der Lage ist, den Mietwagen zu nutzen. Aber zweifellos gibt es davon Ausnahmen. Dazu erreichte uns folgende Frage:

Frage „Ich hatte mir bereits vor dem Unfall den Fuß gebrochen. Daher trage ich einen Gehgips. Meinen Pkw konnte ich schon vor dem Unfall nur mit Hilfe meines Lebensgefährten als Chauffeur nutzen. Jetzt wurde das ordnungsgemäß geparkte Fahrzeug bei einem unverschuldeten Unfall beschädigt. Es liegt ein Totalschaden vor. Besteht unter diesen Umständen Anspruch auf einen Mietwagen? Hinzu kommt: Der Gehgips wird erst in ca. drei Wochen entfernt. Erst dann kann ich ein Ersatzfahrzeug beschaffen, da ich ja keine Probefahrt machen kann. Wie lange kann ich – wenn überhaupt – das Ersatzfahrzeug anmieten?“

Unsere Antwort Für beiden Fragen gilt Folgendes:

• Die erste ist leicht zu beantworten: Es muss der Zustand hergestellt werden, der vor dem Unfall bestand. Schon vor dem Unfall hatte die Geschädigte ein Fahrzeug, das sie akut nicht selbst steuern konnte. Aber sie konnte sich fahren lassen, was sie auch tat. Weil das eben nur mit einem Fahrzeug geht, darf sie zweifelsfrei Ersatz anmieten. Das wäre auch nicht anders, wenn sich jemand in einer Phase des strafrechtlichen Fahrerlaubnisentzugs oder eines ordnungswidrigkeitsrechtlichen Fahrverbots fahren ließe. Oder wenn jemand wegen Alters nicht mehr selbst fährt, das Fahrzeug aber behält, damit die Enkel Fahrdienste übernehmen können.

• Die zweite Frage ist kritischer: Wie groß ist der Erkenntnisgewinn einer selbst durchgeführten Probefahrt im Vergleich zum Danebensitzen? Zumal ja der schadenrechtliche Anspruch auf genauso ein Fahrzeug wie das beschädigte gerichtet ist. Und da weiß die Geschädigte ja, wie es sich anfühlt. Das wird der eine Richter so und der andere Richter so sehen. Vorbildrechtsprechung gibt es dazu leider nicht.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Fragt der Versicherer bei Antragstellung nach einem „Schlaganfall“ in den letzten fünf Jahren, ist nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers eine TIA (transitorische ischämische Attacke) nicht anzeigepflichtig.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe. Der Versicherungsnehmer habe die Gesundheitsfrage nach einem Schlaganfall hier zutreffend verneint. Er hatte in der Vergangenheit keinen Schlaganfall erlitten. Eine TIA (Transitorische ischämische Attacke) ist kein „Schlaganfall“ im Sinne der Formularfrage des Versicherers.

Maßgeblich für die Bedeutung des Begriffs „Schlaganfall“ ist das Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers. Im allgemeinen Verständnis ist ein Schlaganfall ein plötzlich auftretendes Ereignis im Gehirn, welches zu einem länger anhaltenden Ausfall von Funktionen des zentralen Nervensystems führt. Hingegen ist eine TIA – soweit der Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet wird – lediglich eine kurzfristige Durchblutungsstörung.

Quelle: OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss vom 1.10.18, 9 U 165/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Formulierung „Bei einem gemeinsamen Tod“ in einem Testament bedeutet nicht in jedem Fall, dass die Verfügung unwirksam ist, wenn die Ehepartner in einem längeren Abstand voneinander versterben.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg. Dort hatten die Parteien darüber gestritten, wie ein Testament zu verstehen sei. Das Gericht kam nach der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis, dass das Testament dahingehend auszulegen ist, dass die Erblasser ihre vier Kinder als Schlusserben des Letztversterbenden auch für den Fall eingesetzt haben, dass beide Ehepartner in längerem Abstand voneinander versterben.

Dabei waren die Richter der Auffassung, dass jedenfalls die hier gewählte Formulierung „Bei einem gemeinsamen Tod“, auch im Hinblick auf das gesetzliche Formerfordernis eine hinreichende Andeutung im Testamentstext darstellt, die ein Auslegungsergebnis zulässt, nach dem die Ehegatten eine Schlusserbenregelung auch für den Fall getroffen haben, dass sie in zeitlich größerem Abstand voneinander versterben.

Die Andeutung liegt bereits in der gewählten Formulierung selbst, in der gerade nicht auf ein gleichzeitiges Versterben, sondern auf den gemeinsamen Tod abgestellt wird. Der Begriff „gleichzeitig“, der schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch einen eindeutigen zeitlichen Bezug aufweist und auf ein Versterben in einem engen zeitlichen Zusammenhang hinweist, ist gerade nicht verwendet worden. Der Begriff „gemeinsamer Tod“ ist dagegen nicht notwendig zeitlich zu verstehen. Das Adjektiv „gemeinsam“ beinhaltet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch keine zeitliche Komponente. Es hat vielmehr nach dem allgemeinen Sprachverständnis die Bedeutung von „zusammen“, „miteinander“ oder „gemeinschaftlich“. Die Betonung liegt damit nicht auf einem in einem engen zeitlichen Zusammenhang stehenden Ereignis. Sie kann auch auf einen Sachverhalt hindeuten, der einen „gemeinsamen“ Zustand, nämlich den Tod beider Eheleute nach dem Versterben des zunächst überlebenden Ehegatten beschreibt. Dementsprechend kann die hier verwendete Formulierung auch so gemeint sein, dass damit der Zeitpunkt benannt sein soll, in dem beide Eheleute „gemeinsam“ tot sind, also im Sinne von „wenn wir beide tot sind“. Für diesen Fall sollten die Kinder als Schlusserben des Letztversterbenden eingesetzt werden.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschluss vom 31.1.2019, 3 W 37/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl