Ein Mitglied kann sich nicht darauf berufen, es habe die Satzung nicht gekannt, wenn es um Pflichten geht, die dort geregelt sind.

Das hat das Landgericht (LG) Frankfurt a. M. entschieden. Im konkreten Fall wollte sich ein Gewerkschaftsmitglied dagegen wehren, dass er einen Teil seiner Aufsichtsratsvergütung an die Gewerkschaft abführen musste. Er begründete das damit, die entsprechende Klausel nicht gekannt und die Satzung beim Beitritt auch nicht erhalten zu haben.

Das LG schmetterte das ab: Die Unkenntnis der Satzungsbestimmung beruht grundsätzlich auf einem Versäumnis des Mitglieds und nicht des Vereins. Es gehört zum Allgemeinwissen, dass man sich beim Beitritt zu einem Verein der Satzung dieses Vereins unterwirft.

Quelle: LG Frankfurt a. M., Urteil vom 27.4.2018, 2-30 O 238/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine Erbengemeinschaft beruht nicht auf einem freien Willensentschluss, sondern ausschließlich auf gesetzlicher Anordnung. Sie kann nicht durch freie Vereinbarung herbeigeführt werden.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. hin. Lässt also der Vorerbe vor Eintritt des Nacherbfalls ein Nachlassgrundstück an die (Mit-)Nacherben auf, so können diese nicht als Nacherben zur gesamten Hand in das Grundbuch eingetragen werden. Nach der Entscheidung besteht nämlich zwischen ihnen vor Eintritt des Nacherbfalls keine Erbengemeinschaft.

Quelle: OLG Frankfurt a. M. 9.10.18, 20 W 172/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ist eine Treppe Bestandteil eines öffentlichen Wegs, muss ein Geländer oder ein Handlauf nur angebracht werden, wenn Gefahren ausgeräumt werden müssen, die für einen sorgsamen Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einstellen kann.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Koblenz. Im konkreten Fall war eine Frau auf dem Weg zum Dorfgemeinschaftshaus gestürzt, als sie eine Treppe hinuntergehen wollte. Die Treppe ist Bestandteil eines öffentlichen Fußwegs. Zum Zeitpunkt des Sturzes war sie weder mit einem Treppengeländer noch mit einem Handlauf gesichert.

Das OLG wies die Schadenersatzklage gegen die Stadt ab. Ob die zu einem öffentlichen Weg gehörende Treppe verkehrssicher ist, beurteilt sich nach der Entscheidung nicht nach den Vorschriften der Landesbauordnung (LBauO). Ausschlaggebend ist vielmehr allein der Maßstab, der allgemein bei der Beurteilung der Verkehrssicherheit öffentlicher Wege und Straßen zugrunde zu legen ist. Danach müsse nur vor solchen Gefahren geschützt werden, die für einen sorgsamen Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar seien und auf die er sich nicht oder jedenfalls nicht rechtzeitig genug einstellen könne. An einer versteckten Gefahrenlage fehle es im konkreten Fall jedoch. Insbesondere sei die Gestaltung der Treppe für den Benutzer jederzeit ­erkennbar gewesen.

Quelle: OLG Koblenz, Urteil vom 5.7.2018, 1 U 1069/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht

Ein nicht am Mietvertrag Beteiligter hat keinen Anspruch gegen den Grundsicherungsträger auf Übernahme der Mietkaution nach § 22 Abs. 6 SGB II. Hieran ändert auch das Kopfteilprinzip bei einer gemeinsam bewohnten Wohnung nichts.

Dies entschied das Landessozialgericht (LSG) Sachsen. Ein Mietkautionsdarlehen nach dem SGB XII kann älteren oder dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen gewährt werden, wenn sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können. Dies kann u. a. nur dann erfolgen, wenn die Kosten für die begehrte Wohnung angemessen wären. Dies ist nicht der Fall, wenn die Kosten gegenüber der bisher bewohnten Wohnung zwar niedriger wären, allerdings die Anmietung nicht einem angemessenen Wohnungsstandard entsprechend den Sozialhilfegrundsätzen entspricht.

Hier wollte der Antragsteller eine möblierte Wohnung mit einer Komplettausstattung auf gehobenem Niveau mit monatlichem Reinigungsservice anmieten. Das hielt das LSG Sachsen für unangemessen.

Quelle: LSG Sachsen, Urteil vom 27.8.2018, L 7 AS 705/18 B ER

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Mietrecht

Wer seinen Job kündigt, um seine Mutter pflegen zu können, ist deshalb nicht immer von Grundsicherungsleistungen ausgeschlossen.

Das folgt aus einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Bremen-Niedersachsen. Geklagt hatte eine 38-jähige Frau, die mit ihrer schwerbehinderten und pflegebedürftigen Mutter in einem gemeinsamen Haushalt lebt. Sie hatte eine Vollzeitstelle als Hallenaufsicht am Flughafen angenommen und wollte Stewardess werden. Zugleich kümmerte sie sich um die Pflege ihrer Mutter. Nachdem sich deren Gesundheitszustand durch einen Rippenbruch verschlechtert hatte, konnte sie Arbeit und Pflege nicht mehr vereinbaren. Daher schloss sie mit ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag. Vom Jobcenter bezog sie Grundsicherungsleistungen (Hartz-IV). Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bewertete das Jobcenter als sozialwidriges Verhalten und forderte den Betrag zurück. Es sei grob fahrlässig, das Arbeitsverhältnis aufzulösen.

Das LSG hat sich der Rechtsauffassung des Jobcenters nicht angeschlossen und ein sozialwidriges Verhalten verneint. Grundsätzlich sei zwar jede Arbeit zumutbar, wenn die Pflege von Angehörigen anderweitig sichergestellt werden könne. Selbst bei Pflegestufe II seien Arbeitszeiten von bis zu 6 Std./Tag zumutbar. Dies sei hier jedoch nicht möglich. Die Klägerin habe im Schichtsystem auf Abruf mit variablen Zeiten gearbeitet. Die Einsatzzeiten seien erst vier Tage vor dem Einsatz mitgeteilt worden. Die dreimal täglich anfallende Pflege sei damit nicht zu vereinbaren. Das Gericht hat auch das Selbstbestimmungsrecht der Mutter berücksichtigt, die einen Pflegedienst ablehnte und nur ihre Tochter akzeptierte.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 12.12.2018, L 13 AS 162/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Arbeitsrecht

Will das Gericht wegen einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt verurteilen, reicht es nicht aus, wenn der Vorsatz nur mit der hohen Blutalkoholkonzentration begründet wird.

Hierauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hingewiesen. Zwar liegt es bei einer die Grenze absoluter Fahrunsicherheit weit übersteigenden Alkoholisierung nahe, dass der Täter seine Unfähigkeit das Fahrzeug sicher zu führen, zumindest für möglich hält und in Kauf nimmt. Der Schluss auf Vorsatz kann aber nicht allein auf die hohe Blutalkoholkonzentration gestützt werden.

Um wegen Vorsatz verurteilen zu können, muss das Gericht vielmehr Feststellungen zu Trinkanlass, Trinkverlauf, Fahrtanlass, dem Zusammenhang von Trinkverhalten und Fahrbereitschaft, Fahrtverlauf und Nachtatverhalten treffen. Hieraus ergeben sich möglicherweise Schlüsse darauf, dass der Angeklagte seine Fahrunsicherheit erkannt hat.

Quelle: OLG Dresden, Beschluss vom 10.10.2018, 2 OLG 22 Ss 399/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer seine Hilfebedürftigkeit in missbilligenswerter Weise zulasten der Solidargemeinschaft selbst herbeiführt, darf Grundsicherungsleistungen des Jobcenters nicht behalten.

Wo genau sozialwidriges Verhalten anfängt, hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen im Fall eines 51-jährigen Hartz-IV-Empfängers aufgezeigt, der nach dem Tod seines Onkels im Jahre 2011 zunächst von dessen Erbe lebte. Als der Mann ab 2013 erneut Grundsicherungsleistungen bezog, nahm das Jobcenter eine Rückforderung vor. Er habe das geerbte Vermögen in kurzer Zeit verschwendet und hierdurch seine Hilfsbedürftigkeit herbeigeführt. Demgegenüber rechtfertigte sich der Mann mit einer vermeintlichen Alkoholerkrankung. Er habe den überwiegenden Teil des Tages in Gaststätten verbracht.

Das LSG hat die Rechtsauffassung des Jobcenters bestätigt. Der Mann habe geerbtes Immobilienvermögen von 120.000 EUR sowie Geld- und Wertpapiervermögen von 80.000 EUR innerhalb von zwei Jahren verschwendet und sei nun völlig mittellos. Seine Bank habe das überzogene Girokonto gekündigt, ihm drohe eine Stromsperre und er sei auf Lebensmittelgutscheine angewiesen. Freimütig habe er eingeräumt, das Erbe „ausgegeben und vertrunken“ zu haben. Allein 60.000 EUR habe er verschenkt um zu gefallen. Ein solches Ausgabeverhalten sei nach Überzeugung des Gerichts grob fahrlässig und in hohem Maße zu missbilligen. Es laufe dem Grundsatz der Eigenverantwortung zuwider. Da der Mann keine Erwerbstätigkeit beabsichtigte, hätte ihm klar sein müssen, dass er mit seinem sozialwidrigen Verhalten in kurzer Zeit wieder auf staatliche Leistungen angewiesen sein würde. Ein statistisch durchschnittlicher, nichterwerbstätiger Mann hätte bei ganz normalen Ausgaben sieben Jahre und sieben Monate von dem Vermögen leben können. Die behauptete Alkoholerkrankung habe nach Überzeugung des Gerichts und der beteiligten Ärzte keineswegs zum Kontrollverlust geführt. Der Mann habe nämlich auch sehr vernünftige Entscheidungen getroffen wie Schuldentilgung und den Kauf einer Eigentumswohnung.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 12.12.2018, L 13 AS 111/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ist der Nachlass nicht überschuldet, muss das Familiengericht einer Ausschlagungserklärung des minderjährigen Erben nicht in jedem Fall die Genehmigung versagen.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Köln in einem entsprechenden Fall. Die Richter wiesen darauf hin, dass hier alleine das Wohl des Kindes im Mittelpunkt stehe. Dieses Wohl hänge nicht nur vom wirtschaftlichen Interesse des Kindes ab. Es komme also nicht nur auf den Wert des Nachlasses an. Es müssten auch die Gesamtbelange des Kindes berücksichtigt werden, einschließlich seiner persönlichen Interessen. Führe die Erbschaft daher zu einer besonderen Belastung innerhalb der Familie, könne das Gericht die Genehmigung erteilen, die Erbschaft auszuschlagen.

Quelle: OLG Köln, Beschluss vom 13.11.2018, 10 WF 164/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl