Wird bei einem Haftpflichtschaden ein Reifen beschädigt und werden auf der Achse beide Reifen erneuert, um Unterschiede beim Abrollumfang zu vermeiden, so kommt ein „Neu für alt-Abzug“ zwar in Betracht. Er ist aber im Einzelfall nicht vorzunehmen, wenn dem Geschädigten daraus kein wirtschaftlicher Vorteil erwächst.

So entschied es das Amtsgericht Stuttgart. Die Reifen hatten noch ca. 5 mm Profil. Damit bekommt der Geschädigte nun 2,5 bis 3 mm Profil hinzu. Damit ist er zwar auf den ersten Blick wirtschaftlich bessergestellt, denn er muss die Reifen nun später ersetzen. Weil jedoch beim Allradfahrzeug alle vier Räder etwa den gleichen Abrollumfang haben sollen, muss er sie erneuern, wenn er irgendwann die anderen beiden Reifen ersetzt. Also kann er das unfallbedingt hinzugekommene Profil nicht aufbrauchen.

Quelle: Amtsgericht Stuttgart, Urteil vom 21.11.2017, 43 C 2284/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Nutzt ein Beamter seinen privaten Pkw auch zu dienstlichen Zwecken, kann er keinen Ersatz verlangen, wenn er wegen eines Haftpflichtschadens in der KFZ-Haftpflichtversicherung höher gestuft wird.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Verwaltungsgericht (VG) Trier. Geklagt hatte ein Beamter. Er hatte seinen zu auch dienstlichen Zwecken gehaltenen, privaten PKW aus dienstlichem Anlass auf einem Parkplatz abgestellt. Als er zu einem späteren Zeitpunkt Unterlagen aus dem Fahrzeug holte, wurde dessen Tür beim Aussteigen von einer Sturmböe erfasst. Sie schlug gegen das daneben parkende Fahrzeug. Hierdurch entstanden an der Beifahrertür des fremden Fahrzeugs leichte Schäden. Die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung des Beamten regulierte den Schaden. Infolgedessen werden die Versicherungsbeiträge des Beamten künftig über einen Zeitraum von fünf Jahren um voraussichtlich insgesamt ca. 600 EUR höhergestuft. Auf Antrag des Beamten lehnte es der Dienstherr ab, hierfür Schadenersatz zu leisten. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Beamte daher Klage.

Die Richter am VG haben die Klage abgewiesen. Nach den beamtenrechtlichen Regelungen seien nur Sachschäden an Gegenständen des Beamten zu ersetzen. Die Höherstufung in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung sei dagegen ein allgemeiner Vermögensschaden. Der Dienstherr sei auch nicht ausnahmsweise zum Schadenersatz verpflichtet, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Der Kläger verfüge nämlich über ausreichende finanzielle Mittel. Überdies lasse sich aus der allgemeinen Fürsorgepflicht des Dienstherrn keine entsprechende Schadenersatzverpflichtung herleiten. Die Höherstufung in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung sei ein allgemeines Lebensrisiko. Dieses Risiko sei durch die in Fällen wie dem Vorliegenden vorgesehene Wegstreckenentschädigung in Höhe von 35 Cent/Kilometer abgedeckt. Diese Wegstreckenentschädigung gleiche zudem aus, dass Beamte bei der Nutzung eines privaten PKW einem höheren Risiko unterlägen, als dies beim Gebrauch eines Dienstwagens der Fall sei.

Quelle: VG Trier, Urteil vom 8.12.2017, 7 K 11815/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wird eine Vaterschaft erst 30 Jahre nach dem Tod des Erblassers rechtskräftig festgestellt, ist ein Pflichtteilsanspruch des Kindes bereits verjährt.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf. Die Richter erläuterten, dass hier § 2332 Abs. 1 Alt. 2 BGB in der vom 2.1.2002 bis zum 31.12.2009 geltenden Fassung anzuwenden war. Danach verjährt der Pflichtteilsanspruch kenntnisunabhängig in 30 Jahren von dem Eintritt des Erbfalls an. Zwar kann das Kind nach § 1600d Abs. 4 BGB seinen Pflichtteilsanspruch erst geltend machen, wenn seine Abstammung nach dem Erblasser rechtskräftig festgestellt wurde. § 2332 Abs. 1 Alternative 1 BGB a.F. stellte aber nach seinem ausdrücklichen Wortlaut hinsichtlich des Beginns der 30-jährigen Verjährungsfrist allein auf den objektiven Umstand des Erbfalls ab. Unerheblich ist, wann der Anspruch entstanden ist, und ob der Gläubiger eine subjektive Kenntnis hatte. Die Regelung ist eindeutig.

Hinweis: Nach neuem Recht dürfte dies anders sein: Nach § 199 Abs. 3a BGB verjähren Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen, kenntnisunabhängig in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an. § 1600d Abs. 4 BGB hindert die Entstehung des Anspruchs in diesem Sinne bis zur rechtskräftigen Feststellung seiner Abstammung.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urteil vom 9.6.2017, 7 U 78/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Hausordnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft über Ruhezeiten darf ohne sachlichen Grund nicht bestimmte Störer privilegieren.

Die Hausordnung erlaubte Musik – insbesondere Klavierspielen – nur zu eingeschränkten Zeiten. Für anderen Lärm galten andere Zeiten. Unterschied­liche Störungen durch Geräusche derart ungleich zu behandeln, ist nicht zulässig, so das Landgericht (LG) Frankfurt a. M.

Quelle: LG Frankfurt a. M., Urteil vom 4.10.2017, 13 S 131/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

VOB/B: Bauvertragsrecht 2018: VOB/B bleibt unverändert

Die VOB/B bleibt auch im Zeitalter des seit 1.1.2018 geltenden – neuen – Bauvertragsrechts im BGB unverändert. Es besteht zumindest derzeit kein Aktualisierungsbedarf. Das hat der beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit angesiedelte Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) bekannt gegeben.

Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) wird vom DVA, einem von den Interessengruppen der öffentlichen Auftraggeber und der Auftragnehmer paritätisch besetzten Gremium, erarbeitet und fortgeschrieben. In ihr sind Bestimmungen für die Vergabe von Bauaufträgen öffentlicher Auftraggeber sowie Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen geregelt. Der DVA präferiert eine Weiterentwicklung der VOB/B, hält es jedoch für erforderlich, zunächst die Diskussion zum BGB-Bauvertrag in der Fachwelt und die Rechtsprechung zu beobachten. Eine Neuregelung der VOB/B wären zum aktuellen Zeitpunkt verfrüht. Die Praxis müsste sich zeitgleich zum Inkrafttreten des gesetzlichen Bauvertragsrechts im BGB auch auf eine veränderte VOB/B einstellen, die erforderliche Rechtssicherheit neuer VOB/B-Regelungen wäre mangels gesicherter Auslegung des BGB-Bauvertrags jedoch nicht gewährleistet.

Quelle: Beschluss zur VOB/B vom 18.1.2018

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ist der Arbeitnehmer bereits sehr lange beanstandungsfrei im Betrieb tätig, begründet die besonders lange Betriebszugehörigkeit ein erhebliches Bestandsschutzinteresse. Das Interesse der Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis wegen einer Verfehlung fristlos mit sofortiger Wirkung zu beenden, tritt dahinter zurück.

Mit dieser Begründung erklärte das Landesarbeitsgericht (LAG) die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers für unwirksam. Dieser war seit 49 Jahren in dem Betrieb beschäftigt. Dann war er wegen eines möglichen Arbeitszeitbetrugs aufgefallen. Die Richter stellten klar, dass zwar auch eine besonders lange Betriebszugehörigkeit nicht rechtfertige, dass ein Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeit vortäuscht oder sich genesungswidrig verhält. Die lange Betriebszugehörigkeit werde bei der Interessenabwägung jedoch höher bewertet. Daran ändere auch nichts, dass der Arbeitnehmer in seiner Eigenschaft als Schichtführer eine Vorbildfunktion für zwei Mitarbeiter hat.

Quelle: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.7.2017, 5 Sa 49/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Hat ein Betroffener von ihm zustehenden Verteidigungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht (z. B. Einspruch gegen den Bußgeldbescheid), darf ihm dies nicht zum Nachteil angerechnet werden bei der Frage, ob im Einzelfall ein Absehen vom Fahrverbot oder eine sonstige Fahrverbotsprivilegierung in Betracht kommt.

Auf diesen eigentlich selbstverständlichen Verfahrensgrundsatz musste das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg hinweisen. Die Vorinstanz hatte dem Beschuldigten aus mehreren Gründen versagt, von einem Regelfahrverbot abzusehen. Zu Unrecht, fanden die Richter am OLG. Sie machten in ihrer Entscheidung ebenfalls deutlich: Eine Fahrverbotsprivilegierung durfte hier auch nicht mit der Begründung versagt werden, der Betroffene habe den Härtefall selber hervorgerufen. Es kann ihm nicht angelastet werden, dass er mit Blick auf den Antritt eines neuen Arbeitsverhältnisses den Bußgeldbescheid nicht hingenommen hat. Er musste das Fahrverbot nicht noch vor Antritt der neuen Tätigkeit verbüßen. Zwar drohte durch das Fahrverbot eine konkrete Kündigung des neuen Arbeitsverhältnisses, wenn das Fahrverbot nach dessen Antritt verbüßt werden müsste. Auch wenn dies drohte, durfte sich der Betroffene gleichwohl gegen den Bescheid zur Wehr setzen. Andernfalls würde auch hier ein zulässiges Verteidigungsverhalten zum Nachteil des Betroffenen verwertet werden.

Quelle: OLG Bamberg, Beschluss vom 9.11.2017, 3 Ss OWi 1556/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Fällt während eines Sturms ein Baum um und beschädigt dabei ein Fahrzeug, kommt eine Haftung des Baumeigentümers in Betracht. Das gilt jedenfalls dann, wenn bei der jährlichen Baumschau Anhaltspunkte für eine Vorschädigung des Baums nicht ausreichend gewürdigt wurden.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Köln.

Hinweis So ein Schaden kann, wenn die Windstärke 8 erreicht wurde, bevor der Baum umfiel, auch über die Teilkaskoversicherung des Fahrzeugs abgerechnet werden. Das wird wohl auch sinnvoll sein, denn ein Streit um die Haftung des Baumeigentümers ist regelmäßig eine zähe Angelegenheit. Doch nach der Abrechnung mit der Teilkaskoversicherung bleiben ja Schadenanteile übrig, z. B. die Selbstbeteiligung, die Wertminderung und der Ausfallschaden. Die können dann unter Haftpflichtgesichtspunkten geltend gemacht werden.

Quelle: OLG Köln, Urteil vom 11.5.2017, 7 U 29/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine Vaterschaftsanfechtung durch den leiblichen Vater setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater keine sozial-familiäre Beziehung besteht. Es gibt keine verfassungsrechtlichen Bedenken, das Anfechtungsrecht des leiblichen Vaters auszuschließen, wenn zwischen Kind, Mutter und rechtlichem Vater eine sozial-familiäre Beziehung besteht.

Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt. Zwar müsse es dem leiblichen Vater möglich sein, die rechtliche Vaterposition zu erlangen. Das gelte aber nur, wenn dem eine schützenswerte familiäre Beziehung zwischen dem Kind und seinen rechtlichen Eltern nicht entgegensteht. Entsprechend habe der Gesetzgeber der in einer sozial-familiären Beziehung gelebten Elternschaft des rechtlichen Vaters den Vorrang vor dem grundrechtlich geschützten Interesse des leiblichen Vaters eingeräumt, in die rechtliche Elternstellung einzurücken.

Kann der leibliche Vater die bestehende rechtliche Vaterschaft dagegen erfolgreich anfechten, führt dies dazu, dass er auch der rechtliche Vater des Kindes ist.

Quelle: BGH, Urteil vom 18.10.2017, XII ZB 525/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Fühlt sich der Eigentümer eines Reihenhauses durch Zigarettenrauch vom Grundstücksnachbarn gestört und ist er dadurch über das gesetzlich bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt, hat er gegen den Nachbarn einen Unterlassungsanspruch.

Hierauf wies das Landgericht (LG) Dortmund hin. Die Richter machten aber auch deutlich, dass auch der Nachbar ein Recht habe, auf seinem Grundstück zu rauchen. Daher ist ein Interessenausgleich vorzunehmen. Das LG Dortmund hat dies so gelöst, dass im Drei-Stunden-Takt dem rauchenden Nachbarn Rauchzeiten gestattet wurden.

Quelle: LG Dortmund, Urteil vom 8.7.2017, 1 S 451/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl