Wenn der Geschädigte kein Geld für die Werkstattkosten hat, darf er die Regulierung durch den Versicherer abwarten, bevor er reparieren lässt. Das gilt auch, wenn sich daraus ein langer Zeitraum ergibt. Voraussetzung ist aber, dass er dies dem Versicherer vorher ausdrücklich mitgeteilt hat.

So entschied es das Amtsgericht Leer im Fall eines Unfallgeschädigten, der für die Reparatur des Fahrzeugs kein eigenes Geld übrig hatte. Die Kreditfrage hatte sich wegen bereits laufender Kredite nicht gestellt. Der Versicherer hatte sich auf den Standpunkt gestellt, der Geschädigte habe den Unfall selbst verursacht. Etwa zehn Monate nach dem Unfall hat das Amtsgericht Leer mit diesem Urteil entschieden, dass der Unfallgegner und damit der Versicherer die volle Verantwortung für den Unfall tragen. Mit dem Urteil stellte das Amtsgericht auch fest, dass der Geschädigte Anspruch auf die Nutzungsausfallentschädigung bisher und bis zur Fertigstellung des nicht mehr fahrfähigen Fahrzeugs habe. Das waren mehr als 300 Tage.

Quelle: Amtsgericht Leer, Urteil vom 10.7.2017, 070 C 1166-16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Verlangt ein vom sogenannten VW-Abgasskandal betroffener Autokäufer von Volkswagen Schadenersatz und will er den Kaufvertrag rückabwickeln, besteht dafür eine hinreichende Erfolgsaussicht. Der Rechtsschutzversicherer ist daher verpflichtet, Deckung zu gewähren.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Fall eines aus Sachsen stammenden Versicherungsnehmers. Er hatte einen vom sogenannten „Abgasskandal“ betroffenen VW-Sharan gekauft. Nun verlangte er von seiner in Düsseldorf sitzenden Rechtsschutzversicherung eine Deckungszusage, um Ansprüche gegen die Herstellerin Volkswagen AG auf Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen geltend zu machen. Dies hatte die Rechtsschutzversicherung abgelehnt. Sie meint, es bestünden für die Verfolgung eines Schadenersatzanspruchs gegen die Herstellerin keine hinreichenden Erfolgsaussichten. Denn der Käufer könne keinen konkreten Schaden benennen oder beziffern, da die Fahrtauglichkeit nicht eingeschränkt sei und auch die Betriebserlaubnis weiterhin bestehe. Der Mangel sei außerdem mit geringem Aufwand zu beheben. Sollte ein merkantiler Minderwert bestehen, könne dieser zu einem späteren Zeitpunkt geltend gemacht werden.

Das sahen die Richter am OLG anders. Sie entschieden, dass der Versicherer einstandspflichtig sei. Es bestehe eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung. Bereits mehrere Landgerichte erster Instanz hätten einen Schadenersatzanspruch eines Kraftfahrzeugkäufers gegen die Volkswagen AG wegen des Inverkehrbringens von Dieselfahrzeugen mit manipulierter Abgassoftware bejaht, unter anderem gemäß § 826 BGB (sittenwidrige vorsätzliche Schädigung).

Der Versicherungsnehmer verstoße mit seiner beabsichtigten sofortigen Klage gegen die Herstellerin auch nicht gegen seine Schadensminderungspflicht. Ihm sei es nicht zuzumuten, trotz hinreichender Erfolgsaussichten mit rechtlichen Schritten gegen die Herstellerin zuzuwarten. Nach dem bisherigen Verhalten der Herstellerin spreche nichts dafür, dass sie freiwillig den vom Kläger geltend gemachten Schadenersatzanspruch erfüllen werde und eine streitige Auseinandersetzung vermeidbar wäre. Im Übrigen sei es Sache des Autokäufers zu entscheiden, wann er seine Ansprüche gegen die Herstellerin geltend machen wolle. Dies sei von seinem Versicherungsvertrag gedeckt.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.9.2017, I-4 U 87/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und auf den eigenen Schutz der Ehe und Familie überwiegt das Recht auf Schutz der Ehe und Familie und auf den Unterhaltsanspruch.

Das hat das Amtsgericht München im Fall einer Frau entschieden, die im Juni 2010 gemeinsam mit ihrem damaligen männlichen Begleiter ein Hotelzimmer gemietet hatte. Mit dieser Person nutzte die Klägerin in dem Zeitraum ein Hotelzimmer in der zweiten Etage.

Am 14.3.2011 brachte sie den Jungen Joel zur Welt. Ihr Begleiter aus dem Hotel könnte der Vater des Kindes sein. Die Frau weiß aber nur, dass er mit Vornamen „Michael“ hieß. Sei möchte nun von der Hotelleitung Auskunft über die Anschrift und den vollständigen Namen ihres damaligen Begleiters. Eigene Unterlagen dazu hat sie nicht. Mit diesen Auskünften möchte sie Kindesunterhaltsansprüche gegenüber ihrem damaligen Begleiter geltend machen. Sie meint, dass sie gegenüber dem Hotel einen Auskunftsanspruch nach dem Bundesdatenschutzgesetz hat. Das Hotel ist der Ansicht, dass kein Anspruch auf die Weitergabe der persönlichen Daten der Gäste besteht. In dem fraglichen Zeitraum wären insgesamt vier männliche Personen mit dem Vornamen Michael in dem Hotel zu Gast gewesen. Da die Frau die genannte Person nicht näher beschreiben könne, könne die infrage kommende Person auch nicht eindeutig ermittelt werden.

Daraufhin verklagte die Frau die Hotelleitung auf Auskunft. Das Amtsgericht wies die Klage jedoch ab. Die Frau könne nicht verlangen, dass ihr die geforderten Auskünfte erteilt werden. Das Gericht stellte fest, dass das Recht der betroffenen Männer auf informationelle Selbstbestimmung und auf den eigenen Schutz der Ehe und Familie das Recht der Frau auf Schutz der Ehe und Familie und auf den Unterhaltsanspruch überwiege. Außerdem hätten die betroffenen Männer das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre. Das schütze davor, geschlechtliche Beziehungen offenbaren zu müssen. Danach könne jeder selbst darüber befinden, ob und in welcher Form und wem Einblick in die Intimsphäre und das eigene Leben gewährt wird. Dieses Recht sei durch die Preisgabe der Daten betroffen. Denn hierdurch sei bereits die Möglichkeit einer geschlechtlichen Beziehung zu der Frau als Mutter des Kindes letztlich unwiderlegbar in den Raum gestellt, so das Gericht. Für das Gericht steht weiter fest, dass die Gefahr bestehe, dass die Datenübermittlung ins Blaue hinein erfolgen würde. Der Frau sei es nicht möglich, weitere Umstände vorzutragen, durch die der unterhaltsverpflichtete Betroffene eingrenzbar wäre. Allein der Vorname, wobei sich die Frau nicht einmal sicher sei, ob es sich um den einzigen Vornamen handelt, und die Etagenzahl im Hotel seien für die erforderliche Eingrenzung nicht ausreichend. Auch sei nicht mit Sicherheit feststellbar, ob es sich bei dem Namen auch tatsächlich um den richtigen Namen des Betroffenen handelt.

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 28.10.2016, 191 C 521/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl