Versperrt der Vermieter die Zufahrt zum Mietobjekt über mehrere ­Wochen mit einem Lkw, darf der Mieter – nachdem er abgemahnt hat – das Mietverhältnisses fristlos kündigen. Mit einem solchen Verhalten verletzt man die Pflicht den Mietgebrauch ungestört zu überlassen schwerwiegend.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Fall einer Vermieterin, die die einzige Zufahrt einer Gewerbehalle über mehrere Wochen mit einem Lkw blockierte hatte. Sie wollte damit ein ihr vermeintlich zustehendes Vermieterpfandrecht sichern. Der Mieter kündigte nach erfolgloser Abmahnung das Mietverhältnis fristlos und stellte die Mietzahlungen ein. Das Landgericht wies die Zahlungsklage der Vermieterin ab. Das OLG bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Durch die längerfristige Blockade sei es dem Mieter unmöglich gewesen, die Halle vertragsmäßig zu nutzen. Dadurch habe die Vermieterin ihre Verpflichtung gravierend verletzt, einen ungestörten Mietgebrauch zu überlassen.

Außerdem lag hier kein Vermieterpfandrecht vor, denn:

  • Zum einen unterlagen die in der Halle befindlichen Gegenstände nicht dem Pfandrecht.
  • Zum anderen hat die Vermieterin ein etwaiges Selbsthilferecht erheblich überschritten. Sie hätte die Zufahrt allenfalls solange blockieren dürfen, bis gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werden kann.

Quelle:  OLG Düsseldorf, Urteil vom 8.3.2016, I-24 U 59/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Hat ein Auszubildender versucht, Baumaterial im Wert von ungefähr 40 EUR zu entwenden, kann sein Arbeitgeber das Ausbildungsverhältnis zumindest dann außerordentlich kündigen, wenn der Auszubildende dabei noch aktiv versucht hat, seine Tat zu vertuschen.

So entschied es das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern. Die Richter machten deutlich, dass hier ein hinreichender Grund für die außerordentliche Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses im Sinne von § 22 Abs. 2 Nr. 1 Berufsbildungsgesetz (BBiG) vorliege, da der Auszubildende seinen Arbeitgeber durch den Diebstahl schädigen wollte.

Quelle: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 5.4.2016, 2 Sa 84/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wird dem Grundbuchamt eine Urkunde mit einer gefälschten notariellen Beglaubigung vorgelegt, ist hieraus zu schließen, dass auch die beglaubigte Unterschrift gefälscht worden ist. Enthält die so gefälschte Urkunde eine Erklärung, auf deren Grundlage im Grundbuch eine Eigentumsänderung eingetragen worden ist, ist die Grundbucheintragung unrichtig und auf Antrag des vermeintlichen Erwerbers zu berichtigen.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall einer Immobilienhändlerin entschieden. Diese hatte im August 2014 zwei Eigentumswohnungen  an einen vermeintlichen Professor aus Bonn verkauft. Bei Vertragsabschluss trat für ihn ein vollmachtloser Vertreter auf. Die kurz darauf zum Kaufvertrag und zur Auflassung vorgelegte Genehmigungserklärung des vermeintlichen Professors trug die gefälschte Unterschrift eines Notars aus Bonn Bad-Godesberg. Das wurde aber erst nach der Eigentumsumschreibung im Grundbuch bekannt. Der wahre Träger des Namens des vermeintlichen Professors, der Erstbeteiligte aus Berlin, machte gegenüber dem Grundbuchamt geltend, zu Unrecht als Eigentümer eingetragen zu sein. Er beantragte die Berichtigung des Grundbuchs durch die erneute Eintragung der ursprünglichen Eigentümerin.

Das OLG hat das Grundbuchamt angewiesen, dem Antrag zu entsprechen. Der Professor sei berechtigt, gegen seine Eintragung als Eigentümer Beschwerde einzulegen. Die Gefahr der Beeinträchtigung von Rechten eines gutgläubigen Erwerbers sei praktisch auszuschließen, wenn der als Eigentümer Eingetragene seinen eigenen Rechtserwerb als nicht erfolgt ansehe und die Wiedereintragung des vorherigen Eigentümers verlange. Dem Antrag sei zu entsprechen, weil das Grundbuch unrichtig und dies für das Grundbuchamt hinreichend nachgewiesen sei. Die auf der Genehmigungserklärung vorgenommene notarielle Unterschriftsbeglaubigung sei gefälscht. Hieraus leite sich zwingend die Schlussfolgerung ab, dass auch der Unterschriftszug des vermeintlichen Professors auf der Urkunde gefälscht sein müsse. Denn die Fälschung der Unterschrift des Notars unter dem Beglaubigungsvermerk mache nur dann einen Sinn, wenn zugleich der zu beglaubigende Unterschriftszug gefälscht werde. Dementsprechend stehe fest, dass der Professor die in seinem Namen erklärte Auflassung nicht genehmigt und das auf ihn eingetragene Wohnungseigentum nicht erlangt habe. Das Grundbuch sei deswegen durch die Wiedereintragung der ursprünglichen Eigentümerin zu berichtigen.

Quelle:  OLG Hamm, Beschluss vom 15.12.2015, 15 W 499/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug „laut Gutachten“ reparieren, und liegen die Kosten dann 128,56 EUR über der gutachterlichen Prognose von 5.481,25 EUR, ist das eine Abweichung, die außerhalb des Einflussbereichs des Geschädigten liegt.

Das stellte das Amtsgericht Kempten klar. Es begründete seine Entscheidung damit, dass eine Auftragserteilung an eine Fachwerkstatt im Rahmen der Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten eine im Sinne des Schadenrechts wirtschaftlich vernünftige Maßnahme sei. Der Versicherer des Unfallschädigers muss die höheren Kosten daher komplett ersetzen.

Quelle: Amtsgericht Kempten, Urteil vom 8.11.2016, 1 C 419/16.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Um als „fabrikneu“ zu gelten, dürfen zwischen dem Produktionsdatum und dem Abschluss des Kaufvertrags grundsätzlich nicht mehr als zwölf Monate liegen. Dabei kann es auf jeden Tag ankommen.

Das zeigt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm. Im Urteilsfall wollte die Käuferin eines Mercedes CL 500 vom Kauf zurücktreten mit der Begründung, ein Haldenfahrzeug und Auslaufmodell erhalten zu haben. Damit hatte sie keinen Erfolg.

Die maßgeblichen Daten waren: Produktion am 30.9.2011 (Modelljahr 2012), Unterzeichnung der Bestellung am 27.9.2012, Annahme der Bestellung durch den beklagten Hersteller am 28.9.2012 durch Ausstellung eines sogenannten Torpasses. Das war knapp! Bei einer Annahme am 1.10.2012 wäre die Frist abgelaufen gewesen. Das OLG Hamm hat der Versuchung widerstanden, die Zwölf-Monats-Frist, wie von der Käuferin gefordert, aufzuweichen.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 16.8.2016, I-28 U 140/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Geschädigte muss grundsätzlich beweisen, dass der Grundstückseigentümer seine Sorgfaltspflicht verletzt hat und dies ursächlich für den entstandenen Schaden war.

Auf diese prozessuale Regel wies das Amtsgericht München im Fall einer Grundstückseigentümerin hin. Auf deren Grundstück befindet sich ein großer Baum. Von diesem Baum fielen Äste herab und beschädigten das Fahrzeug der Klägerin. Der Baum war durch einen Sturm beschädigt worden. An dem Fahrzeug entstand ein Schaden in Höhe von 2.850 EUR. Diesen Betrag verlangt die Klägerin ersetzt. Sie ist der Meinung, dass eine Beschädigung des Pkw hätte vermieden werden können, wenn die Bäume ordnungsgemäß beschnitten worden wären. Der Baum hätte nach dem Sturm zwei Tage zuvor schief gestanden. Es sei Aufgabe der beklagten Grundstückseigentümerin gewesen zu überprüfen, ob von dem Baum eine Gefahr ausgehen kann. Die Eigentümerin weigert sich zu zahlen. Deshalb erhob die Klägerin Klage zum Amtsgericht München. Die zuständige Richterin wies die Klage ab. Die Klägerin bekommt ihren Schaden nicht ersetzt.

Nach dem Urteil habe die Klägerin nicht beweisen können, dass die Grundstückseigentümerin eine Verkehrssicherungspflichtverletzung begangen hat und dadurch der Schaden entstanden ist.

In der Sitzung sagte eine Zeugin aus, dass der Baum immer schiefer geworden sei, und dass die Baumwurzeln die Fußwegplatten angehoben hätten. Das Gericht argumentierte jedoch, dass ein schiefstehender Baum nicht zwangsläufig umstürze. Hierbei komme es maßgeblich darauf an, ob lediglich ein schiefes Wachstum vorliege und wie stark die Neigung sei. Durch Baumwurzeln angehobene Fußwegplatten würden keinen Schluss auf eine Schädigung eines Baumes zulassen. Auch gesunde Bäume seien infolge des Wurzelwachstums hierzu in der Lage, so das Gericht. Aus dem von der Klägerin vorgelegten Einsatzbericht der Feuerwehr ergebe sich, dass die Feuerwehr vermutet, dass der Baum bei dem Sturm am Vortag einen Bruch im Wurzelwerk erlitten habe und umgefallen sei. Das könne im vorliegenden Fall jedoch nicht aufgeklärt werden, da der streitgegenständliche Baum bereits entfernt wurde und für eine Begutachtung nicht mehr zur Verfügung stand. Aber selbst wenn dies zutreffe, könnten verschiedene Ursachen den Wurzelbruch herbeigeführt haben, so das Gericht weiter. Wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Sturm und dem Umfallen des Baumes sei gerade nicht von einem ausreichenden Zeitraum auszugehen, in dem die Grundstückseigentümerin Maßnahmen hätte ergreifen müssen.

Quelle: Amtsgericht München, Urteil vom 16.6.2016, 233 C 16357/14, Abruf-Nr. 191137 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Nach der Trennung steht einem bedürftigen Ehepartner grundsätzlich Trennungsunterhalt zu. Dies kann sich aber ändern, wenn sich der Bedürftige dauerhaft einem neuen Partner zuwendet. „Grob unbillig“ nennt das Gesetz die Verpflichtung zur Fortzahlung von Unterhalt, wenn der Bedürftige in einer neuen, verfestigten Gemeinschaft lebt. Der Unterhaltsanspruch entfällt.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hin. Die Rechtsprechung geht meist davon aus, dass eine neue Lebensgemeinschaft nicht vor Ablauf von zwei Jahren als „verfestigt“ gilt. Das OLG hat jetzt jedoch entschieden, dass dies auch schon früher der Fall sein kann. Er hat dem Antrag eines Ehemanns stattgegeben, keinen Unterhalt mehr zahlen zu müssen. Die Ehefrau war in den Haushalt ihres neuen Partners eingezogen, mit dem sie bereits seit einem Jahr liiert war. Die beiden waren zuvor auch nach außen bereits als Paar aufgetreten, hatten gemeinsame Urlaube verbracht und gemeinsam an Familienfeiern teilgenommen. Der kleine Sohn nannte den neuen Partner „Papa“.

In solch einer Konstellation könne auch bereits nach einem Jahr von einer verfestigten Lebensgemeinschaft ausgegangen werden, so die Richter. Der bedürftige Ehepartner habe sich endgültig aus der ehelichen Solidarität gelöst. Damit habe er zu erkennen gegeben, dass er diese nicht mehr benötigt. Vor diesem Hintergrund sei es dem ehemaligen Partner nicht zumutbar, weiteren Unterhalt zu leisten. Auf einen entsprechenden Hinweisbeschluss des OLG hat die Ehefrau ihre Beschwerde gegen die Entscheidung erster Instanz zurückgenommen.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.11.2016, 4 UF 78/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Normalerweise findet im Rahmen einer Ehescheidung ein Versorgungsausgleich statt. Dabei werden die in der Ehezeit erworbenen Rentenansprüche der Eheleute gleichmäßig auf beide verteilt. Das gilt aber nicht uneingeschränkt.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg klargestellt und die Beschwerde eines Mannes zurückgewiesen, der an den Rentenansprüchen seiner ehemaligen Ehefrau teilhaben wollte, obwohl er schwere Straftaten zu ihrem Nachteil verübt hatte.

Die Eheleute waren beinahe 20 Jahre lang verheiratet. Nach der Trennung brach der seit Jahren heroinabhängige Ehemann in das Wohnhaus seiner Ehefrau ein. Dort besprühte er die Wände mit Beleidigungen und setzte dann das Haus in Brand. Es entstand ein Schaden von 37.000 EUR. Kurze Zeit später brachte er bei einem Zusammentreffen seine Frau zu Boden und würgte sie lebensgefährlich, bis sie „Sterne sah“ und die von Nachbarn herbeigerufene Polizei eingriff. Der Mann wurde später zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt und in einer Entziehungsanstalt untergebracht.

Im Rahmen der Scheidung wollte der Ehemann an den Rentenansprüchen seiner Frau partizipieren. Das Amtsgericht lehnte dies ab. Der Ehemann wollte diese Entscheidung nicht akzeptieren und rief das OLG an. Dieses bestätigte nun die Entscheidung aus Emden. Das Gesetz zum Versorgungsausgleich sehe vor, dass Rentenansprüche nicht geteilt werden, wenn dies grob unbillig ist. So liege der Fall hier. Der Ehemann habe sich eines besonders krassen Fehlverhaltens gegenüber seiner Frau schuldig gemacht. Dass er sich später bei ihr entschuldigt habe, ändere daran letztlich nichts. Auch die Tatsache, dass die Ehe beinahe 20 Jahre lang bestanden habe, rechtfertige bei einem solchen krassen Fehlverhalten nicht die Teilhabe des Mannes an den Rentenansprüchen seiner Frau.

Quelle: OLG Oldenburg, Beschluss vom 17.11.2016, 3 UF 146/16.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Kosten für die Weiterbildung von Arbeitnehmern, die der Arbeitgeber übernimmt, stellen keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn dar, wenn die Kostenübernahme im eigenbetrieblichen Interesse liegt. Das hat das FG Münster für Kurse von Fahrern für Schwer- und Spezialtransporte entschieden.

In einem Unternehmen für Schwer- und Spezialtransporte sind die Fahrer aufgrund gesetzlicher Bestimmungen verpflichtet, sich in bestimmten Zeitabständen weiterzubilden. Die Kosten für die Maßnahmen übernahm der Arbeitgeber. Dazu war er tarifvertraglich verpflichtet. Bereits das sprach für das FG für ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse. Außerdem kam es dem Betrieb zugute, dass die Fahrer ihr Wissen über das verkehrsgerechte Verhalten in Gefahren- und Unfallsituationen, über das sichere Beladen der Fahrzeuge und über kraftstoffsparendes Fahren auffrischten und vertieften.

Quelle: FG Münster, Urteil vom 9.8.2016, 13 K 3218/13 L

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wird ein Vermieter zur fachgerechten Schimmelbeseitigung in einer Wohnung verurteilt, handelt es sich um eine vertretbare Handlung. Diese kann auch von einem Dritten, insbesondere von einem Handwerksbetrieb vorgenommen werden.

So entschied es das Amtsgericht Bremen. Sei für die Sanierungsarbeiten der zeitweise Auszug des Mieters erforderlich, müsse der Vermieter dem Mieter zeitnah und verbindlich/schriftlich vergleichbaren möblierten Ersatzwohnraum inklusive Einlagerung oder Sicherung des Mobiliars anbieten. Ist der Mieter anwaltlich vertreten, muss der Vermieter sich zur Abstimmung organisatorischer Fragen an dessen Rechtsanwalt wenden. Der Vermieter muss beweisen, dass die dem Mieter für die Zeit der Maßnahme angebotene Ersatzwohnung frei ist, und dass der Mieter den vorübergehenden Umzug in die Ersatzwohnung verweigert hat. Der Mieter ist allerdings nicht verpflichtet zu warten, bis ihm vom Vermieter geeigneter Ersatzwohnraum zur Verfügung gestellt wird. Er kann vielmehr unverzügliche Umsetzung des Urteils verlangen.

Quelle:  Amtsgericht Bremen, Urteil vom 29.12.2016, 9 C 447/13

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl