Fällt der letzte Tag der Kündigungsfrist auf einen Samstag, tritt an seine Stelle der nächste Werktag.

Hierauf wies das Landgericht (LG) Berlin hin. In dem Fall war die Kündigung der Mieter dem Vermieter am Dienstag nach Ostern (7.4.) zugegangen. Der Vermieter hielt dies für zu spät. Die Kündigungsfrist ende am dritten Werktag eines Monats. Dieser Tag war Samstag, der 5.4. Der Vermieter verlangt daher die Miete für Juli.

Das LG entschied zugunsten der Mieter und hob die anderslautende Entscheidung des AG auf. Da der letzte Tag der Kündigungsfrist auf einen Samstag fiel, habe sich diese verlängert. Folge sei, dass die Kündigungsfrist erst am folgenden Werktag, dem Dienstag nach Ostern, geendet habe. Zwar sei der Samstag ein Werktag. Jedoch komme § 193 BGB zur Anwendung. Andernfalls müsse der Mieter seine Kündigung bereits Freitag abgeben, wenn er sich nicht auf die Unwägbarkeiten der Sicherstellung des fristgerechten Zugangs auf dem Postwege verlassen möchte. Dies würde zu einer Fristverkürzung führen.

Unabhängig davon hat der Vermieter bei Nichtanwendung des § 193 BGB keine wesentlichen Vorteile. Er müsste sich einen Zugang am Samstag entgegenhalten lassen, obwohl er die Erklärung erst am folgenden Werktag zur Kenntnis nehmen kann, weil er sich am Samstag nicht unter der Geschäftsadresse aufhalte.

Quelle: LG Berlin, Urteil vom 22.2.2017, 65 S 395/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine Betriebsratsanhörung ist nicht ordnungsgemäß erfolgt, wenn dem Betriebsrat mitgeteilt wird, der zu kündigende Arbeitnehmer habe keine Kinder, obwohl dem Arbeitgeber positiv bekannt ist, dass der Arbeitnehmer zwei Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtet ist.

Das ergibt sich aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Hessen. Nach Ansicht der Richter kann dabei dahinstehen, ob dies auch gilt, wenn die Falschinformation auf einem Versehen beruht, wenn sich der Arbeitgeber im Prozess nicht auf ein solches beruft.

Die Betriebsratsanhörung ist darüber hinaus nicht ordnungsgemäß erfolgt, wenn ihr nicht zu entnehmen ist, ob der Arbeitgeber eine Tat- oder Verdachtskündigung aussprechen will, da er bei Anhörung nur zu einer Tatkündigung auch auf den Ausspruch einer solchen beschränkt ist.

Quelle: LAG Hessen, Urteil vom 17.3.2017, 14 Sa 879/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Übt die Gemeinde ein Vorkaufsrecht aus, muss dies dem Wohl der Allgemeinheit dienen. Deshalb kann sie das Vorkaufsrecht nicht ausüben, wenn das Grundstück bereits entsprechend den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bebaut ist und genutzt wird.

Das folgt aus einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) NRW. Die Richter verwiesen darauf, dass Erwägungen der Gemeinde nicht die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen, wenn sie über die mit der Vorkaufssatzung verfolgten Ziele hinausgehen. Dies kann der Fall sein, wenn die in der Begründung zur Satzung genannten städtebaulichen Mängel durch die rückwärtige ­gewerbliche Nutzung des Grundstücks nicht gegeben sind. Allein die bauliche Nutzung rückwärtiger Grundstücksflächen zu gewerblichen Zwecken stellt als solche in einem Mischgebiet keinen städtebaulichen Mangel dar. Das gilt insbesondere, wenn sie den Festsetzungen des maßgeblichen Bebauungsplans entspricht.

Quelle OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.3.2016, 10 A 1066/14

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Worauf zu achten ist, wenn der Verkehrsunfallschaden an einem Taxi fiktiv abgerechnet werden soll, hat nun der BGH entschieden.

Er fasst seine Entscheidung so zusammen: Wählt der Eigentümer eines durch einen Verkehrsunfall beschädigten Taxis den Weg der fiktiven Schadensabrechnung, sind, wenn ein Markt für die Ersatzbeschaffung eines Gebrauchtwagens mit Taxiausrüstung nicht existiert, die Umrüstung eines im Übrigen gleichwertigen Gebrauchtwagens zu einem Taxi jedoch mit verhältnismäßigem Aufwand möglich ist, die (fiktiven) Umrüstungskosten als zusätzlicher Rechnungsposten in die Ermittlung des Wiederbeschaffungswerts einzustellen und damit im Rahmen des Anspruchs des Geschädigten auf Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 , Abs. 2 Satz 1 BGB) ersatzfähig.

Mit anderen Worten: Gibt es keinen Gebrauchtwagenmarkt für Taxis, kann der geschädigte Taxiunternehmer in seiner fiktiven Abrechnung die Kosten verlangen, die eine Umrüstung eines Normalfahrzeugs in ein Taxi kosten würde.

Quelle: BGH, Urteil vom 23.5.2017, VI ZR 9/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Entspricht bei einem Gebrauchtwagenkauf der Tachostand nicht der tatsächlichen Laufleistung, kommt es bei der Frage, welche Rechte dem Käufer zustehen, auf den genauen Sachverhalt an.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg. In dem betreffenden Fall hatte ein Mann einen gebrauchten Mercedes für 8.000 EUR gekauft. Nach kurzer Zeit wollte er den Wagen wegen eines angeblich falschen Tachostands zurückgeben. Der Verkäufer verweigerte die Rücknahme. Die Parteien zogen vor Gericht.

Der gerichtliche Sachverständige konnte feststellen, dass das Fahrzeug bereits Anfang 2010 eine Laufleistung von über 222.000 km aufgewiesen hatte. Verkauft wurde es im September 2015 dann mit einem Tachostand von 160.000 km. Das Landgericht Oldenburg verpflichtete den Verkäufer, den Wagen zurückzunehmen.

Diese Entscheidung hat das OLG nun bestätigt. Der Verkäufer könne sich nicht darauf berufen, dass er den Tachostand lediglich „laut Tacho“ angegeben und selbst keine eigene Kenntnis von der tatsächlichen Laufleistung gehabt habe, weil er den Wagen selbst gebraucht gekauft hatte. Zwar müsse im Rechtsverkehr zwischen einer Garantie und einer bloßen Beschaffenheitsangabe unterschieden werden. Bei einem Verkauf zwischen Privatleuten – wie hier – könne der Käufer auch nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass der Verkäufer den von ihm angegebenen Tachostand auf seine Richtigkeit überprüft habe.

Im vorliegenden Fall aber hatte der Verkäufer die Laufleistung im Kaufvertrag unter der Rubrik „Zusicherungen des Verkäufers“ eigenhändig eingetragen. Er habe damit ausdrücklich eine Garantie übernommen, an der er sich festhalten lassen müsse, so die Richter. Der Käufer darf daher das Auto zurückgeben und erhält den Kaufpreis erstattet.

Quelle: OLG Oldenburg, Urteil vom 18.5.2017, 1 U 65/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bei einer Geldschenkung des leiblichen (biologischen) Vaters an seine Tochter gilt bei der Schenkungsteuer die günstige Steuerklasse I mit dem persönlichen Freibetrag von 400.000 EUR auch, wenn der biologische Vater nicht gleichzeitig auch der rechtliche Vater ist. Diese Auffassung des Finanzgerichts (FG) Hessen muss der Bundesfinanzhof in der Revision aber noch bestätigen.

Im Streitfall berücksichtigte das Finanzamt bei der Festsetzung der Schenkungsteuer lediglich die Steuerklasse III (Freibetrag in Höhe von 20.000 EUR). Begründung: Die Anwendung der Steuerklasse I sei nicht möglich. Es bestehe eine rechtliche Vaterschaft zu einer anderen Person. Das schließe die rechtliche Anerkennung der Vaterschaft des biologischen Vaters aus. Das Finanzgericht Hessen sah das aber im Sinne des Steuerpflichtigen anders.

Quelle: FG Hessen, Urteil vom 15.12.2016, 1 K 1507/16, Rev. BFH Az. II R 5/17, Abruf-Nr. 192738 unter www.iww.de.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Erscheinen im Auftrag des Vermieters Mitarbeiter eines Entsorgungsunternehmens unangekündigt an einem Samstag in der Wohnung eines Mieters und kommt es dabei zum mündlichen Abschluss eines Entrümpelungsvertrags, liegt ein widerrufbares Haustürgeschäft vor. Der Mieter kann daher den Vertrag widerrufen.

So entschied es das Landgericht (LG) Berlin im Streit zwischen Mieter und Vermieter über Ungezieferbefall. In diesem Zuge erschienen an einem Samstag unangekündigt Mitarbeiter der Vermieterin und eines Entrümplungsunternehmens in der Wohnung und wiesen auf eine umgehende Räumung hin. Die Mieterin sah sich zur Zustimmung gezwungen. Später stellte ihr der Vermieter Kosten von 1.500 EUR in Rechnung. Die Mieterin widerrief daraufhin ihre Zustimmung zur Entrümpelung und weigerte sich zu zahlen. Das LG gab ihr recht.

Die Vereinbarung über die Entrümpelung der Wohnung ist als Haustürgeschäft im Sinne des Gesetzes zu werten und damit widerrufbar. Der Fall ist nicht vergleichbar mit Fällen, in denen Mietern ein Widerrufsrecht mangels einer typischen Überrumpelungsgefahr versagt wurde (LG Berlin 8.6.04, 65 S 26/04). Denn: Die Vereinbarung ist nicht bei einem verabredeten Termin zustande gekommen, der erkennbar auf den Abschluss eines Vertrags angelegt war. Die Mieterin war vielmehr vollkommen unvorbereitet.

Quelle LG Berlin, Urteil vom 22.2.2017, 65 S 395/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Muss der Arbeitnehmer zu Beginn seiner Arbeit zunächst den Computer hochfahren, sich anmelden und Programme öffnen, gehört dies zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit.

Zu diesem Ergebnis gelangte das Arbeitsgericht Magdeburg im Fall eines Mitarbeiters in einem Call-Center. Bevor dessen Tätigkeit als Arbeitszeit erfasst wurde, musste er zunächst seinen Computer hochfahren, Programme öffnen und eine Reihe von Anmeldeprozeduren durchlaufen. Seine Projektleiterin bestätigte ihm eine systembedingte Arbeitsvorbereitungszeit von 9 Minuten und 20 Sekunden. Vor dem Arbeitsgericht verlangte er vom Arbeitgeber, dass diese „Rüstzeiten“ anerkannt und bezahlt werden.

Das Arbeitsgericht gab dem Arbeitnehmer recht. Zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit würden alle Tätigkeiten gehören, die für die Erbringung der Arbeitsleistung seien, soweit sie einem fremden Bedürfnis dienen und nicht zugleich ein eigenes Bedürfnis des Arbeitnehmers erfüllen. Diese Voraussetzung liege hier vor, denn der Arbeitnehmer sei erst nach Abschluss der systembedingten Arbeitsvorbereitungszeiten einsatzfähig gewesen. Er sei verpflichtet gewesen, diese durchzuführen, um seine Arbeit aufnehmen zu können. Dieses diene damit ausschließlich einem fremden, nämlich dem Bedürfnis des Arbeitgebers. Dem Gericht erschien es angemessen, eine zusätzliche Arbeitszeit von 9 Minuten und 20 Sekunden pro Arbeitstag in Ansatz zu bringen.

Quelle: Arbeitsgericht Magdeburg, Urteil vom 26.10.2016, 3 Ca 3220/15

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Altersgrenze von 65 Jahren für im gewerblichen Luftverkehr eingesetzte Piloten ist gültig. Sie ist durch das Ziel gerechtfertigt, die Sicherheit der Zivilluftfahrt in Europa zu gewährleisten.

Zu diesem Ergebnis kam der Europäische Gerichtshof (EuGH). Hintergrund des Streits war die Ansicht eines Piloten, die Altersgrenze von 65 sei eine Diskriminierung wegen des Alters und verstoße gegen seine Berufsfreiheit. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) befragte den EuGH zur Gültigkeit und Tragweite der streitigen Altersgrenze. Mit dem Urteil antwortete der EuGH, dass diese Altersgrenze gültig sei. Zwar begründe die streitige Altersgrenze eine Ungleichbehandlung. Aber diese sei durch das Ziel, die Sicherheit der Zivilluftfahrt in Europa zu gewährleisten, durchaus gerechtfertigt.

Es sei unbestritten, dass die für den Beruf des Verkehrspiloten erforderlichen körperlichen Fähigkeiten mit zunehmendem Alter abnähmen. Durch die fragliche Altersgrenze könne ausgeschlossen werden, dass ein Abnehmen dieser körperlichen Fähigkeiten nach dem 65. Lebensjahr zur Unfallursache werde, ohne dass gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen würde.

Quelle: EuGH, Beschluss vom 5.7.2017, C-190/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wendet sich der Fahrer eines pannenbedingt fahrunfähigen Fahrzeugs an seinen Automobilclub und schickt der dann einen Abschleppwagen, ist der Automobilclub der Auftraggeber des Abschleppunternehmers. Der Abgeschleppte kann dann vom Abschleppunternehmer keinen Schadenersatz wegen Verletzung der Pflichten aus dem Abschleppvertrag für eine angeblich beim Abschleppen entstandene Beschädigung einfordern.

So entschied es das Amtsgericht Oranienburg. In dem konkreten Fall war durch das Abschleppen tatsächlich ein Schaden entstanden. Hinsichtlich des eindeutig zurechenbaren Schadens hatte der Automobilclub auch schon Schadenersatz geleistet. Jedoch gab es weitere Schadenanteile, die danach rochen, dass bei dieser Gelegenheit auch Altschäden „untergebracht“ werden sollten. Und da ist der Abschleppunternehmer nicht gleich aus dem Schneider, nur weil er nicht der Vertragspartner ist. Da haftet er von Gesetzes wegen, wenn er den Schaden verursacht hat. Das konnte der Betroffene, dessen Fahrzeug abgeschleppt worden war, aber nicht beweisen.

Quelle: Amtsgericht Oranienburg, Urteil vom 23.3.2017, 23 C 67-17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl