Fotolia_41480871_XSEin Berufskraftfahrer verletzt seine arbeitsvertraglichen Pflichten in erheblichem Maße, wenn er das ihm überlassene Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr unter Alkohol­einfluss führt. Beruht dieses Verhalten jedoch auf einer Alkoholabhängigkeit, ist dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Vertragspflichtverletzung kein Schuldvorwurf zu machen.

Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg im Fall eines Berufskraftfahrers hin. Dieser hatte mit seinem Lkw unter Alkoholeinfluss (0,64 Promille) einen Unfall verursacht. Dabei gab es Verletzte und größeren Sachschaden. Das Arbeitsgericht hat die ordentliche Kündigung auch ohne Abmahnung für sozial gerechtfertigt gehalten. Die Alkoholerkrankung könne den Arbeitnehmer nicht entlasten. Ihm sei weiterhin vorzuwerfen, eine Fahrt mit dem Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss angetreten und hierdurch andere gefährdet zu haben.

 

Dem ist das LAG nicht gefolgt. Die Richter verwiesen darauf, dass eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nur dann möglich sei, wenn anzunehmen ist, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten dauerhaft nicht nachkommen könne. Hieran fehle es, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Kündigung ernsthaft zu einer Alkoholtherapie bereit war. Im Übrigen könne bei einer bestehenden Therapiebereitschaft von dem Arbeitgeber in der Regel erwartet werden, das Fehlverhalten abzumahnen und das Arbeitsverhältnis fortzusetzen (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.8.2014, 7 Sa 852/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Holzstempel auf Dokument: VerweigertBestehen begründete Zweifel an der tatsächlichen Nutzung einer Wohnung durch einen Leistungsempfänger nach dem SGB II („Hartz IV“), ist das Jobcenter zur Überprüfung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Leistungen für Unterkunft und Heizung berechtigt, die tatsächliche Nutzung durch Inaugenscheinnahme der Wohnung (Hausbesuch) zu überprüfen.

 

Hierauf wies das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hin. Die Duldung des Hausbesuchs könne zwar nicht mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden. Verweigere allerdings ein Leistungsempfänger den Hausbesuch, trage er, soweit die tatsächliche Nutzung der Wohnung nicht durch andere Beweismittel festgestellt werden könne, die Beweislast für diese Nutzung. Lasse sich die Nutzung also nicht anderweitig klären, müsse das Jobcenter Miete und Heizkosten nicht übernehmen (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 2.7.2014, L 3 AS 315/14 B ER).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Architecture plan house isolated on whiteEinem Bauunternehmer kann kein Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht vorgeworfen werden, wenn die von ihm geschaffene Gefahr gut erkennbar war und er den Geschädigten auch auf die Gefahr aufmerksam gemacht hatte.

 

Diese Klarstellung traf das Landgericht (LG) Coburg im Fall eines Anwohners, der im ersten Obergeschoss eines Gebäudes wohnte. Der Zugang zur Wohnung war direkt über eine Treppe und einen brückenartigen Steg möglich. Im Rahmen von Bauarbeiten, die der beklagte Bauunternehmer durchführte, wurde dieser Steg abgerissen. Vor einer Wohnungstür des Klägers war ein Abgrund. Der Bauunternehmer wies den Anwohner an, seine Haustür während der Bauarbeiten nicht mehr zu benutzen. Der Zugang zur Wohnung erfolgte über das Erdgeschoss und eine Treppe im Inneren des Gebäudes. Die Baufirma verkeilte vor der Haustür des Klägers zwei Holzbretter in der Laibung. Der Anwohner öffnete trotz der Anweisung die Wohnungstür und stürzte in die Tiefe. Dabei wurde er schwer verletzt und zog sich eine Vielzahl von Brüchen zu.

 

Er gab an, dass er die Haustür geöffnet habe, um seinen Briefkasten zu leeren. Dieser Briefkasten sei trotz der Bauarbeiten beliefert worden. Die Postlieferungen seien über ein mit Flatterband abgesperrtes Flachdach erfolgt. Der Kläger meinte, da der Bauunternehmer die Postanlieferung nicht unterbunden und auch nicht für eine gebotene Absturzsicherung an der Wohnungstür gesorgt habe, sei er ihm zum Schadenersatz verpflichtet. Er verlange zudem ein Schmerzensgeld in einer Größenordnung von 25.000 EUR.

 

Der beklagte Bauunternehmer wies darauf hin, dass er vom Briefkasten keine Kenntnis gehabt habe. Er habe vielmehr dem Anwohner geraten, während der gesamten Dauer der Bauarbeiten die Wohnungstür abzusperren und den Schlüssel wegzulegen.

 

Das LG wies die Klage ab. Es kam zum Ergebnis, dass die Unfallverhütungsvorschriften nicht zugunsten des Anwohners eingreifen würden. Die Unfallverhütungsvorschriften sollen verhindern, dass Bauarbeiter an potenziellen Absturzstellen geschädigt werden. Der Anwohner wusste aber seit Beginn der Bauarbeiten, dass er seine Haustür nicht benutzen könne und diese verschlossen werden solle. Das Gericht ging davon aus, dass er der Gefahrenstelle hätte leicht fernbleiben können, indem er die Tür einfach nicht öffnet. Die Beweisaufnahme ergab auch nicht, dass der Bauunternehmer Kenntnis von der Postanlieferung hatte. Dieses Problem war ihm nicht bewusst. Das Gericht ging davon aus, dass es Sache des Anwohners gewesen wäre zu verlangen, den Briefkasten an eine ungefährliche Stelle ummontieren zu lassen. Er hätte für den Zeitraum der Bauarbeiten auch die Briefpost bei der Poststation abholen können.

 

Daher habe der Bauunternehmer die ihm auferlegten Verkehrssicherungspflichten nicht verletzt. Eine Pflichtverletzung scheidet aus, wenn die Gefahrenquelle vor sich selbst warnt. Dem Anwohner war bewusst, dass er den Bereich vor seiner Haustür nicht mehr betreten kann. Dieser Zustand war bereits eine Woche vor dem Unfall eingetreten. Ihm musste auch bewusst sein, welche Gefahr es für ihn bedeutet, wenn er seine Post aus dem Briefkasten nahm und dabei seinen Körper über den Abgrund neigen musste. Dass die beiden verkeilten Bretter auch keinen Schutz gegen einen Absturz bieten würden, war ebenfalls offensichtlich. Dennoch ist er diese Gefahr eingegangen. Entsprechend trug er die Verantwortung für seinen Sturz selbst (LG Coburg, Urteil vom 22.7.2014, 22 O 107/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

aquaplanage circuitEin Abschleppunternehmer, der im Auftrag der Polizei ein Fahrzeug nach einem Unfall sicherstellt und verwahrt, hat nach Aufhebung der Sicherstellungsmaßnahme keinen Anspruch auf Standgeld gegenüber dem Fahrzeughalter.

 

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf begründete seine Entscheidung damit, dass es schlichtweg an einer Anspruchsgrundlage fehle. Denn das Fahrzeug wurde nicht für den Halter verwahrt, sondern aufgrund einer ordnungsrechtlichen Maßnahme für die öffentliche Hand (OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.2.2014, I-1 U 86/13).

 

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

EntlassungswelleWill ein Patient nur durch einen Chefarzt und nicht durch seinen Vertreter operiert werden, muss er dies durch eine Erklärung z.B. im Rahmen eines Wahlleistungsvertrags oder im Rahmen seiner Einwilligung zur Operation hinreichend deutlich machen. Fehlt eine solche Patientenerklärung und benennt der Vertrag zudem einen ärztlichen Vertreter, willigt der Patient auch in eine vom Vertreter ausgeführte Operation ein.

 

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines 64-jährigen Mannes entschieden. Dieser litt seit längerer Zeit unter einer andauernden Behinderung der Nasenatmung und häufigen Entzündungen der Nasennebenhöhlen. Er begab sich in ein Krankenhaus in Bielefeld. Dort vereinbarte er mit dem Chefarzt eine Behandlung. Operiert wurde er dann komplikationslos von dem Vertreter des Chefarztes. Eine nach der Operation aufgetretene Nachblutung konnte mit Tamponaden gestoppt werden. Später verlangte der Mann vom Krankenhaus und den Ärzten ein Schmerzensgeld von 75.000 EUR. Er behauptete, die Operation sei nicht notwendig gewesen. Sie sei auch ohne ausreichende Aufklärung erfolgt. Zudem sei sie fehlerhaft durchgeführt worden, noch dazu ohne seine Zustimmung von dem Vertreter des Chefarztes.

 

Die Schadenersatzklage blieb jedoch ohne Erfolg. Die Richter hörten einen medizinischen Sachverständigen an. Danach sei weder eine fehlerhafte Behandlung noch eine Aufklärungspflichtverletzung festzustellen. Der chirurgische Eingriff sei nötig gewesen, nachdem eine vorherige konservative Therapie erfolglos geblieben war. Das bestätige auch ein zuvor erhobener CT-Befund. Während und nach der Operation sei der Mann nicht fehlerhaft behandelt worden. Auf die Nachblutung hätten die Ärzte fachgerecht reagiert. Lebensgefahr habe nicht bestanden.

 

Schließlich liege auch kein Aufklärungsversäumnis vor. Ein Patient könne zwar einer Operation mit der Maßgabe zustimmen, dass diese durch einen bestimmten Arzt ausgeführt werde. Das habe der Mann im vorliegenden Fall in Bezug auf den Chefarzt allerdings nicht getan. Eine derartige Erklärung enthalte der abgeschlossene Wahlleistungsvertrag nicht. Auch sei den vor der Operation abgegebenen Einverständniserklärungen nicht zu entnehmen, dass der Mann nur vom Chefarzt operiert werden wolle. Der Vertrag benenne zudem dessen Vertreter. Das könne man so verstehen, dass der Mann auch mit einer vom Vertreter ausgeführten Operation einverstanden gewesen sei. Abgesehen von der Frage der Arztwahl sei der Mann schließlich am Tage vor der Operation rechtzeitig und auch zutreffend über das Risiko einer Nachblutung aufgeklärt worden (OLG Hamm, Urteil vom 2.9.2014, 26 U 30/13).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Steine - QuerdenkerDie im Rahmen eines Wechselmodells von einem Elternteil geleistete Kinderbetreuung kann nicht zur Befreiung von seiner Barunterhaltspflicht führen.

 

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Unterhaltsrechtsstreit. Die Richter machten deutlich, dass im Fall des Wechselmodells vielmehr beide Elternteile für den Barunterhalt einzustehen hätten. Der Unterhaltsbedarf bemesse sich dabei nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern. Er umfasse außerdem die infolge des Wechselmodells entstehenden Mehrkosten (vor allem Wohn- und Fahrtkosten).

 

Zwar sehe das Gesetz vor, dass der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreuende Elternteil seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes erfülle. Allerdings gelte dies nur, wenn er auch die Hauptverantwortung für das Kind trage. Ob das der Fall ist, müsse das Gericht jeweils im Einzelfall klären. Dabei komme der zeitlichen Komponente der von ihm übernommenen Betreuung zwar eine Indizwirkung zu. Die Beurteilung dürfe sich allerdings nicht allein hierauf beschränken (BGH, Beschluss vom 5.11.2014, XII ZB 599/13).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

P1020409-1024x768Die Haltung von mehr als einem Hund in einer Mietwohnung entspricht in der Regel nicht mehr dem normalen Mietgebrauch.

 

Diese Entscheidung traf das Amtsgericht München im Fall eines Ehepaars, dass eine 2,5 Zimmer Wohnung angemietet hatte. Die Eheleute hielten in der Wohnung fünf sogenannte Taschen-Hunde. Der Vermieter forderte sie schriftlich auf, die Hundehaltung in der Wohnung zu unterlassen. Die Eheleute lehnten das ab. Daraufhin erhob der Vermieter Klage. Er beantragte, dass die Eheleute verurteilt werden, keinen Hund in der Wohnung mehr zu halten.

 

Der zuständige Richter am Amtsgericht gab dem Vermieter teilweise recht. Er verurteilte die Eheleute, dass sie nur einen Hund in der Wohnung halten dürfen. Das Gericht hat festgestellt, dass im schriftlichen Mietvertrag keine Vereinbarung über die Hundehaltung getroffen worden war. Die Formularfelder dort sind insoweit offengelassen. Die Eheleute konnten durch die Aussage eines Zeugen aber nachweisen, dass der Vermieter mündlich die Haltung eines Hundes zugestanden hat. Sie konnten jedoch nicht beweisen, dass der Vermieter bei Mietvertragsschluss mit der Haltung von fünf Hunden einverstanden war. Nach Ansicht des Gerichts entspreche die Haltung von mehr als einem Hund in der Regel nicht mehr dem vertragsgemäßen Gebrauch einer Mietwohnung (Amtsgericht München, Urteil vom 12.5.14, 424 C 28654/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Business - VorstellungsgesprächEine Vertragsklausel in allgemeinen Arbeitsvertragsbedingungen, die die Beendigung einer vereinbarten alternierenden Telearbeit für den Arbeitgeber voraussetzungslos ermöglicht, ist unwirksam, wenn sie nicht erkennen lässt, dass bei der Entscheidung auch die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind.

 

Diese Entscheidung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf im Fall eines Arbeitnehmers, der bei einer überregional tätigen Bank als Firmenkundenbetreuer tätig war. Er hatte mit seinem Arbeitgeber im Jahr 2005 alternierende Telearbeit vereinbart. Nach dieser Vereinbarung war er zu mindestens 40 Prozent an der häuslichen Arbeitsstätte tätig. Die betriebliche Arbeitsstätte war die Niederlassung des Arbeitgebers, die je nach Verkehrsweg 70 bis 90 km vom Wohnort des Arbeitnehmers entfernt lag. In der Vereinbarung zur Telearbeit hieß es, dass ein Rechtsanspruch auf einen alternierenden Telearbeitsplatz nicht begründet wird. Weiter war vereinbart, dass die häusliche Arbeitsstätte von beiden Parteien mit einer Ankündigungsfrist von vier Wochen aufgegeben werden kann. Nachdem die Parteien im Herbst 2013 erfolglos über die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses verhandelt hatten, kündigte der Arbeitgeber die Vereinbarung der Telearbeit. Dabei beteiligte er den Betriebsrat nicht.

 

Der Arbeitnehmer ist der Ansicht, die Beendigung der Telearbeit sei unwirksam. Diese sei nur erfolgt, weil er sich nicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingelassen habe. Der Arbeitgeber meint, die Beendigung der Telearbeit sei nach der Vereinbarung wirksam. Er habe zudem eine Umstrukturierung des Vertriebs vorgenommen. Das neue Vertriebskonzept stehe der Telearbeit entgegen.

 

Das LAG hat der Klage ebenso wie das Arbeitsgericht stattgegeben. Es hat festgestellt, dass die Beendigung der alternierenden Telearbeit unwirksam sei. Die Richter haben daher den Arbeitgeber verurteilt, den Arbeitnehmer weiter zu mindestens 40 Prozent an seiner häuslichen Arbeitsstätte zu beschäftigen. Sie begründeten ihre Entscheidung mit den folgenden Argumenten. Eine Abrede in allgemeinen Arbeitsvertragsbedingungen, welche die Beendigung einer vereinbarten alternierenden Telearbeit für den Arbeitgeber voraussetzungslos ermögliche und nicht erkennen lasse, dass dabei auch die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind, sei unwirksam. Sie weiche von dem gesetzlichen Leitbild ab, wonach die Bestimmung des Arbeitsorts durch den Arbeitgeber nach billigem Ermessen zu erfolgen habe. Es fehle zudem an der Zustimmung des Betriebsrats. Die Beendigung alternierender Telearbeit stelle regelmäßig eine Versetzung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes dar. Dies gelte auch, wenn ein Ortswechsel für das Arbeitsverhältnis typisch ist, weil der Arbeitnehmer als Marktverantwortlicher seine Arbeit zu einem Großteil bei den Kunden erbringe. Die Einbindung des Arbeitnehmers in den Betriebsablauf und die Aufgabenerfüllung sei auch bei teilweiser Telearbeit aufgrund von deren Besonderheiten eine völlig andere als ohne Telearbeit. Daher ändere sich bei der Beendigung der Telearbeit das Bild der Tätigkeit grundsätzlich (LAG Düsseldorf, Urteil vom 10.9.2014, 12 Sa 505/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Paragraph Ampel 2Das Zusatzschild “Schneeflocke“ zu einer Geschwindigkeitsbegrenzung erlaubt auch bei nicht winterlichen Straßenverhältnissen keine höhere als die angeordnete Geschwindigkeit.

 

Das hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm entschieden. Betroffen war ein Autofahrer, der mit seinem Pkw in Burbach die B 54 befuhr. Am Tattage begrenzte ein elektronisch gesteuertes Verkehrszeichen die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h. Unter diesem Verkehrszeichen war – ohne weitere Zusätze – das Zusatzschild „Schneeflocke“ angebracht. Bei einer polizeilichen Geschwindigkeitskontrolle fiel der Betroffene auf, weil er mit seinem Fahrzeug 125 km/h fuhr. Diese Geschwindigkeitsüberschreitung ahndete das Amtsgericht, der Bußgeldkatalogverordnung entsprechend, mit einer Geldbuße von 160 EUR und einem einmonatigen Fahrverbot. Der Betroffene hat Rechtsbeschwerde eingelegt und u.a. gemeint, dass ihm keine Geschwindigkeitsüberschreitung von 45 km/h angelastet werden könne, weil keine winterlichen Straßenverhältnisse geherrscht hätten. Die mit dem Zusatzschild „Schneeflocke“ angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung auf 80 km/h sei deswegen zumindest irreführend gewesen.

 

Die vom Betroffenen gegen das amtsgerichtliche Urteil eingelegte Rechtsbeschwerde ist erfolglos geblieben. Der 1. Senat für Bußgeldsachen des OLG hat die Entscheidung des Amtsgerichts bestätigt. Das eine „Schneeflocke“ darstellende Zusatzschild enthalte bei sinn- und zweckorientierter Betrachtungsweise lediglich einen – entbehrlichen – Hinweis darauf, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung Gefahren möglicher winterlicher Straßenverhältnisse abwehren solle. Mit diesem Hinweis solle die Akzeptanz der angeordneten Geschwindigkeitsbegrenzung erhöht werden. Der Hinweis bezwecke nur die Information der Verkehrsteilnehmer und enthalte – anders als das Schild „bei Nässe“ – keine zeitliche Einschränkung der angeordneten zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Kraftfahrer müssten die die Geschwindigkeit begrenzende Anordnung daher auch bei trockener Fahrbahn beachten (OLG Hamm, Beschluss vom 4.9.2014, 1 RBs 125/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Platten / IdeeBei einem verspäteten Flug muss sich der Reisende eine Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung auf eine Reisepreisminderung anrechnen lassen.

 

So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH) Bonn im Fall eines Ehepaars, dass bei einer Reiseveranstalterin eine Kreuzfahrt ab und nach Dubai inklusive Hin- und Rückflug gebucht hatte. Der Rückflug nach Deutschland erfolgte 25 Stunden später als vorgesehen. Die ausführende Fluggesellschaft zahlte an die Eheleute jeweils 600 EUR wegen erheblicher Verspätung nach der Fluggastrechteverordnung. Nun machen die Eheleute wegen der Flugverspätung gegen die Reiseveranstalterin aufgrund des deutschen Reisevertragsrechts einen Minderungsanspruch geltend. Diesen wollen sie nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch mit fünf Prozent des anteiligen Tagesreisepreises ab der fünften Stunde der Verspätung berechnet wissen.

 

Die Parteien streiten darüber, ob nach der Fluggastrechteverordnung die Leistungen der Fluggesellschaft auf den geltend gemachten Minderungsanspruch anzurechnen sind. Die Eheleute meinen, eine Anrechnung komme nicht in Betracht. Bei der Minderung des Reisepreises handele es sich nicht um einen Schadenersatzanspruch im Sinne dieser Bestimmung.

 

Das Amtsgericht hat die Ausgleichsleistungen angerechnet und die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Das LG hat die Revision der Eheleute zurückgewiesen. Für die Qualifikation eines Anspruchs als weitergehender Schadenersatzanspruch i.S. der Fluggastrechteverordnung sei entscheidend, ob dem Fluggast mit dem Anspruch ein Ausgleich für Beeinträchtigungen durch Mängel bei der Luftbeförderung, etwa durch eine große Verspätung, gewährt werde. Bei diesen Beeinträchtigungen könne es sich auch um einen immateriellen Schaden wie die dem Fluggast durch die große Verspätung verursachten Unannehmlichkeiten handeln. Da die verlangte Minderung im Streitfall ausschließlich zum Ausgleich derselben, durch den verspäteten Rückflug bedingten Unannehmlichkeiten dienen sollte, für die bereits die Ausgleichsleistungen erbracht waren, war die Anrechnung geboten (BGH, Urteil vom 30.9.2014, X ZR 126/13).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl