Platten / IdeeGewerbetreibende dürfen in Wohngebieten eine beleuchtete Werbetafel nur aufstellen, wenn sie an der Stelle einen Firmensitz haben.

 

Hierauf wies das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen hin. Geklagt hatte ein Gewerbetreibender, dessen Baugenehmigung für das Schild abgelehnt worden war. Das Gericht stellte zunächst einmal klar, dass für eine beleuchtete Werbetafel eine Baugenehmigung erforderlich sei. Diese müsse erteilt werden, wenn dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Dies sei hier jedoch der Fall. In allgemeinen Wohngebieten erlaube das Baurecht beleuchtete Werbetafeln nur an der Stätte der Leistung. Werde eine Baugenehmigung für eine andere Stelle beantragt, bestehe kein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung. Der Gewerbetreibende könne sich auch nicht darauf berufen, dass sich in der unmittelbaren Umgebung des geplanten Vorhabens andere Werbeanlagen befänden, die ebenfalls den gesetzlichen Vorgaben des Bauordnungsrechts nicht entsprechen würden. Insofern gelte die Regel: keine Gleichheit im Unrecht (VG Gelsenkirchen, Urteil vom 7.11.2014, 6 K 1435/13).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

ParagraphDie Faustregel, dass der Geschädigte bei einer Mietwagennutzung von unter 20 km/Tag unter Umständen auf ein Taxi verwiesen werden kann, ist keine starre Grenze, sondern jeweils am Einzelfall zu beurteilen.

 

So entschied es das Amtsgericht Lüdinghausen im Fall eines Unfallgeschädigten, der schwer gehbehindert war. Sein Schwerbehindertenausweis wies die Stufe G80 aus. Er ist Witwer und führt seinen Haushalt allein im eigenen Haus. Zudem ist er ehrenamtlich in der örtlichen Kommunalpolitik engagiert und deshalb mehrmals täglich auf die Nutzung eines Pkw für Kurzstrecken innerhalb des Gemeindegebiets angewiesen. An seinem Wohnort ist kein Taxi-Unternehmen ansässig. Der Versicherer lehnte eine Übernahme der Mietwagenkosten wegen Unterschreitung der 20 km/Tag ab.

 

Das Gericht hat aber genauer hingeschaut. Manchmal, so das Gericht, komme es auf die Verfügbarkeit des Fahrzeugs an. Insbesondere dort, wo kein Taxiunternehmer ansässig ist, seien die Wartezeiten auf das Taxi unzumutbar, wenn es nur um kurze zu überwindende Strecken gehe. Genauso hat auch das Amtsgericht Oranienburg entschieden. Bei einer nachgewiesenen Gehbehinderung komme es auf den Kilometerverbrauch mit dem Mietwagen nicht an (Amtsgericht Lüdinghausen, Urteil vom 17.9.2014, 12 C 37/14, Abruf-Nr. 143571; Amtsgericht Oranienburg, Urteil vom 18.12.2014, 21 C 197/14).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

KFZ KostenDie Kunststoffscheibe im Heck eines Cabrios ist zwar grundsätzlich von der Glasbruchversicherung einer Teilkaskoversicherung mitversichert. Schäden im Biegebereich für den Einklappvorgang deuten jedoch auf Verschleiß hin.

 

Hierauf wies das Amtsgericht München im Fall eines Cabrio-Besitzers hin. Dessen 15 Jahre alter Mercedes Benz Cabrio SL 280 war teilkaskoversichert. Anfang 2012 machte er bei der Versicherung einen Glasbruchschaden geltend. Er hat das Hardtop seines eingewinterten Fahrzeugs entfernt und im Anschluss das Verdeck geschlossen. Beim Schließvorgang hörte er ein seltsames Geräusch und stellte später fest, dass die Heckscheibe gebrochen war. Der Kläger ließ das Verdeck für 1.856,40 EUR reparieren. Er wollte den Schaden durch die Versicherung regulieren lassen. Die Versicherung weigerte sich zu zahlen. Sie ist der Ansicht, dass es sich um einen reinen Verschleißschaden handelt. Eine Zahlung könne nur erfolgen, wenn es sich um einen Bruchschaden handelt, der durch eine Beschädigung oder Zerstörung bei einem Unfall oder einer Einwirkung von außen entstanden ist. Ursache des Schadens sei kein Unfall, sondern eine Materialversprödung.

 

Die zuständige Richterin hat die Klage des Cabrio-Besitzers abgewiesen und somit der Versicherung recht gegeben. Sie stellte in seinem Urteil fest, dass nach den dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Bedingungen die Teilkaskoversicherung Bruchschäden an der Verglasung des Fahrzeugs zwar umfasse. Dabei stehe der Ersatzpflicht nicht entgegen, dass es sich bei der Heckscheibe des Cabrios nicht um Glas, sondern um Kunststoff handele, denn der Begriff Glas sei im weiteren Sinne zu verstehen. Geregelt sei dort aber auch, dass Verschleißreparaturen nicht ersetzt werden.

 

Vorliegend sei der Schaden nicht durch ein Unfallereignis, sondern durch Verschleiß entstanden. Es sei keine Fehlfunktion der Mechanik des Verdecks festgestellt worden. Das Verdeck habe störungsfrei geöffnet und geschlossen werden können. Die Heckscheibe sei 14 Jahre alt. Es sei gerichtsbekannt, dass Kunststoffe – anders als Glas – einem nicht unerheblichen Alterungsprozess unterliegen. Sie können je nach Beanspruchung durch äußere Einwirkungen wie Hitze/Kälte/Temperaturwechsel, UV-Strahlung, mechanische Einwirkungen durch Druck oder Biegung u.ä. mehr oder weniger schnell spröde werden und schließlich brechen oder reißen. In Cabrio-Stoffdächer eingebaute Kunststoffscheiben unterliegen zwangsläufig besonderer Beanspruchung durch direkte Sonneneinstrahlung. Hinzu kommt die mechanische Beanspruchung durch den Einklappvorgang. Aus vergleichbaren Fällen sei bekannt, dass Sachverständige von einer durchschnittlichen Lebenserwartung derartiger Scheiben von 10 Jahren, einer maximalen Lebenserwartung von 15 Jahren ausgehen.

 

Für einen Verschleißschaden sprach nach Ansicht des Gerichts auch, was auf den vorgelegten Lichtbildern festgestellt wurde: Zu sehen ist bei geschlossenem Verdeck die dreigeteilte Heckscheibe (großer Mittelbereich, kleine Seitenbereiche rechts und links). Der schon milchig wirkende Kunststoff ist an den Randbereichen sowohl rechts als auch links mehrfach eingerissen. Die größten Schadstellen mit herausgebrochenen Bereichen befinden sich auf einer Höhe im Biegebereich für den Einklappvorgang. Auch rund um die bereits deutlich sichtbaren Risse sind auf den Lichtbildern mit halbgeöffnetem Verdeck in den Scheiben eine Vielzahl von kleineren Haarrissen und Eintrübungen zu sehen, die das typische Erscheinungsbild für spröde gewordene Kunststoffe sind, kurz bevor das Material bei weiterer mechanischer Beanspruchung bricht (Amtsgericht München, Urteil vom 21.5.14, 271 C 4878/14).

 

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

TestamentErst seit 2012 gibt es ein zentrales gesetzliches Register für Testamente in Deutschland. Das von der Bundesnotarkammer geführte Zentrale Testamentsregister verzeichnete im dritten Jahr seines Bestehens bereits 7,7 Mio. Urkunden und bietet jedermann die Möglichkeit sein Testament kostengünstig registrieren zu lassen. Aktuell werden die Testamentsverzeichnisse der Standesämter in Nordrhein-Westfalen in das Register überführt; ab Frühjahr 2015 folgt Rheinland-Pfalz. Bis Ende 2016 wird der Verwahrort von 20 Millionen Urkunden für Gerichte und Notare zentral und zuverlässig abrufbar sein.

 

Selbst das wohlüberlegteste Testament zählt letztlich nichts, wenn es nach dem Tod nicht dem Nachlassgericht zur Eröffnung übergeben wird. Bürger, die sich mit der Abfassung ihres letzten Willens beschäftigen, stoßen zwangsläufig auf das Problem, wie sie sicherstellen können, dass ihr letzter Wille auch aufgefunden und befolgt wird. „Besonders häufig machen sich Alleinstehende darüber Sorgen“, berichtet Dr. Steffen Breßler, Geschäftsführer der Notarkammer Koblenz, aus der Beratungspraxis. Aber auch Ehegatten fühlen sich nach seiner Erfahrung oft unsicher, wenn sie beispielsweise an einen gemeinsamen Autounfall denken. Dr. Breßler rät, Testamente im 2012 gesetzlich eingeführten Zentralen Testamentsregister vermerken zu lassen.

 

Bei einem notariellen Testament geschieht die Meldung automatisch durch den Notar. Nach der Beurkundung führt dieser die Registrierung beim Zentralen Testamentsregister der Bundesnotarkammer durch und übergibt das mit einem Siegel verschlossene Testament in die Verwahrung des Amtsgerichts. Will der Bürger ein handschriftliches Testament registrieren lassen, muss er es selbst in die Verwahrung des Amtsgerichts geben. Die Meldung an das Zentrale Testamentsregister erfolgt dann durch das Gericht.

 

Durch die Meldung an das Zentrale Testamentsregister wird die bis vor drei Jahren noch übliche Meldung von erbfolgerelevanten Urkunden an das Geburtsstandesamt des Erblassers ersetzt. Die bei den knapp 5.000 Geburtsstandesämtern verstreut liegenden Verwahrnachrichten über Testamente und andere für das Erbrecht wichtige Dokumente, die vor der Einführung des zentralen Testamentsregisters errichtet wurden, werden von der Bundesnotarkammer sukzessiv in das zentrale Testamentsverzeichnis überführt. Die Überführung aus Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Thüringen und Hessen hat bereits erfolgreich stattgefunden. Derzeit werden die Verzeichnisse von den Standesämtern in Nordrhein-Westfalen abgeholt. Ab dem Frühjahr wird die Arbeit auch auf Rheinland-Pfalz erstreckt. Bis Ende 2016 wird die Überführung von knapp 20 Millionen Verwahrungsnachrichten über erbfolgerelevante Urkunden dann abgeschlossen sein.

 

Wie wird das Testament mittels des Registers gefunden? Im Sterbefall informiert das Standesamt das Zentrale Testamentsregister. Dort wird dann überprüft, ob Verwahrangaben zu einer letztwilligen Verfügung registriert sind. Das Zentrale Testamentsregister informiert sodann die verwahrende Stelle. Das verwahrende Amtsgericht eröffnet daraufhin das Testament und übersendet es an das zuständige Nachlassgericht, das sich am letzten Wohnsitz des Verstorbenen

befindet. Das Nachlassgericht informiert dann Erben und Hinterbliebene.

 

„Zahlreiche Bürger meinen zu Unrecht, es kämen hohe Kosten auf sie zu. Tatsächlich ist ein professionell beratenes und beurkundetes Testament regelmäßig günstiger als eine Autoinspektion“, weiß Dr. Breßler. Die Gebühr für die Registrierung beim Zentralen Testamentsregister beträgt einmalig 18 Euro und die Verwahrung durch das Amtsgericht kostet einmalig pauschal 75 Euro. Die Kosten für ein notarielles Einzeltestament sind vermögensabhängig. Bei einem Nachlasswert von 50.000 Euro liegt die Gebühr für die Tätigkeiten des Notars beispielsweise bei 165 Euro bzw. bei 354 Euro im Fall eines Nachlasswerts von 150.000 Euro. Das notarielle Testament empfiehlt sich laut Dr. Breßler aber nicht nur wegen der fachkundigen Beratung bei der Abfassung, sondern auch, weil damit die hohen Kosten für einen Erbschein gespart werden können.

 

Dr. Breßler berichtet weiter, dass die Bürger in der Beratung vor allem am Datenschutz und der Möglichkeit, das registrierte Testament zu ändern, interessiert sind. „Im Testamentsregister ist nur vermerkt, dass ein Testament existiert und wo es aufbewahrt wird. Der Inhalt im Einzelnen, z.B. wer als Erbe eingesetzt oder enterbt wurde, lässt sich nicht ersehen.“, erläutert Dr. Breßler. Die Urkunden selbst und damit deren Inhalt werden also nicht im Zentralen Testamentsregister registriert. Das Testament liegt bis zur Eröffnung nach dem Sterbefall verschlossen beim Amtsgericht. Den Inhalt kenne nur der Erblasser selbst und ggf. der zur Verschwiegenheit verpflichtete Notar. Auskunft aus dem Register erhalten zudem nur Amtsträger (Gerichte und Notare). „Man kann das hinterlegte und registrierte Testament natürlich auch jederzeit ändern oder widerrufen“, erklärt Dr. Breßler. Der Testierende kann sogar noch auf dem Sterbebett Änderungen an seinem letzten Willen vornehmen. Dieses jüngere Testament geht dann dem älteren, bereits registrierten Testament vor.

 

Nach den ersten drei Jahren seiner Existenz ist bereits klar, dass das Zentrale Testamentsregister ein großer Erfolg ist. Per 31.12.2014 waren bereits mehr als 7,7 Millionen erbfolgerelevante Urkunden im Zentralen Testamentsregister gespeichert. Im Jahr 2014 erfolgten ca. 670.000 Neuregistrierungen. Insgesamt verarbeitete das Zentrale Testamentsregister im letzten Jahr ca. 875.000 Sterbefallmitteilungen. „Das Zentrale Testamentsregister läuft völlig reibungslos und stellt gegenüber dem alten papierbasierten Benachrichtigungswesen einen wahren Quantensprung dar“, freut sich Dr. Breßler.

 

Quelle   Bundesnotarkammer

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Figur / ZukunftEin Wohnungseigentümer kann einen behindertengerechten Zugang zu seiner Wohnung nur dann von den Miteigentümern verlangen, wenn nicht deren höherrangige Rechte, wie zum Beispiel der Schutz vor erheblichem Wertverlust, entgegenstehen.

 

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht München im Fall einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Geklagt hatten mehrere Wohnungseigentümer, die im Hof der Wohnungseigentumsanlage einen Außenlift anbringen möchten. Einer von ihnen ist schwerbehindert und kann nur mit Mühe und erheblich verlangsamt die Treppen in das Dachgeschoss hochsteigen. Die Mutter eines anderen Klägers sitzt aufgrund einer Rückenoperation im Rollstuhl. Der Einbau eines Treppenlifts ist im Haus technisch nicht möglich. Der Einbau eines Innenlifts wäre technisch möglich, jedoch müsste zusätzlich die Aufgangstreppe durch einen zusätzlichen Treppenlift oder eine Rampe ergänzt werden. Die Kläger beantragten daher in der Eigentümerversammlung, dass das Anbringen des Außenaufzugs genehmigt wird und alle Kosten dieser Maßnahme von den Klägern zu tragen sind. Die Eigentümerversammlung lehnte den Antrag jedoch ab. Die Miteigentümer sehen durch den Aufzug die Nutzbarkeit ihrer Garagen erheblich eingeschränkt und befürchten einen Wertverlust ihres Eigentums.

 

Der zuständige Richter hat nach Erholung eines Sachverständigengutachtens die Klage abgewiesen. Der Bau des Außenaufzugs wurde zu Recht von den Miteigentümern abgelehnt.

 

Die bauliche Veränderung könne nur verlangt werden, wenn jeder Eigentümer, dessen Rechte durch die Maßnahme übermäßig beeinträchtigt werden, zustimmt. Es müsse daher eine Abwägung aller grundrechtlich geschützten Interessen erfolgen. Das Recht der Eigentümer, ihre Wohnungen behindertengerecht nutzen zu können, wird von Artikel 3 Grundgesetz geschützt. Einem Behinderten darf der barrierefreie Zugang zu seiner Wohnung nicht vorenthalten oder unzumutbar erschwert werden. Dem Interesse der Kläger auf behindertengerechte Nutzung des Eigentums steht jedoch das Interesse der übrigen Eigentümer am Schutz ihres Eigentums gegenüber. Die Beeinträchtigung der übrigen Eigentümer sei aber nicht mehr unerheblich, wenn daraus erhebliche Wertminderungen der Anlage oder einzelner Wohneinheiten folgen.

 

Vorliegend sei das Interesse der übrigen Eigentümer am Werterhalt ihres Eigentums vorrangig. Das Bundesverfassungsgericht habe anerkannt, dass der Schutz des Bestands sehr weit reiche. Die Kläger hätten bewusst eine Wohnung ohne Aufzug erworben. Die Möglichkeit der eingeschränkten Mobilität im Alter sei allgemein bekannt. Für den Erwerber einer Wohnung ohne Aufzug sei daher erkennbar, dass diese Wohnung eventuell im Alter nicht mehr uneingeschränkt nutzbar sein könnte. Durch den Bau des Außenaufzugs würden hier die Miteigentümer erheblich beeinträchtigt. Die Nutzbarkeit der Garagen und damit deren Wert und auch Wohnungen würden erheblich beeinträchtigt. Der Sachverständige hat festgestellt, dass mit der Errichtung des Aufzugs das Einparken in die Garagen mit zusätzlichem Rangieraufwand verbunden wäre. Dies führe zu einer erheblichen Wertminderung. Diese würde auch auf den Wert der Wohnung durchschlagen.

 

Auch sei davon auszugehen, dass bei zusätzlichem Rangieren im Hofbereich zusätzlicher Lärm und zusätzliche Abgase entstehen, die diejenigen Eigentümer beeinträchtigen, die Fenster zum Hofbereich haben (Amtsgericht München, Urteil vom 25.2.2013, 485 C 4492/12).

 

Stempel mit Schriftzug Rechtsanwalt

Ein Wohnungseigentümer kann einen behindertengerechten Zugang zu seiner Wohnung nur dann von den Miteigentümern verlangen, wenn nicht deren höherrangige Rechte, wie zum Beispiel der Schutz vor erheblichem Wertverlust, entgegenstehen.

 

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht München im Fall einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Geklagt hatten mehrere Wohnungseigentümer, die im Hof der Wohnungseigentumsanlage einen Außenlift anbringen möchten. Einer von ihnen ist schwerbehindert und kann nur mit Mühe und erheblich verlangsamt die Treppen in das Dachgeschoss hochsteigen. Die Mutter eines anderen Klägers sitzt aufgrund einer Rückenoperation im Rollstuhl. Der Einbau eines Treppenlifts ist im Haus technisch nicht möglich. Der Einbau eines Innenlifts wäre technisch möglich, jedoch müsste zusätzlich die Aufgangstreppe durch einen zusätzlichen Treppenlift oder eine Rampe ergänzt werden. Die Kläger beantragten daher in der Eigentümerversammlung, dass das Anbringen des Außenaufzugs genehmigt wird und alle Kosten dieser Maßnahme von den Klägern zu tragen sind. Die Eigentümerversammlung lehnte den Antrag jedoch ab. Die Miteigentümer sehen durch den Aufzug die Nutzbarkeit ihrer Garagen erheblich eingeschränkt und befürchten einen Wertverlust ihres Eigentums.

 

Der zuständige Richter hat nach Erholung eines Sachverständigengutachtens die Klage abgewiesen. Der Bau des Außenaufzugs wurde zu Recht von den Miteigentümern abgelehnt.

 

Die bauliche Veränderung könne nur verlangt werden, wenn jeder Eigentümer, dessen Rechte durch die Maßnahme übermäßig beeinträchtigt werden, zustimmt. Es müsse daher eine Abwägung aller grundrechtlich geschützten Interessen erfolgen. Das Recht der Eigentümer, ihre Wohnungen behindertengerecht nutzen zu können, wird von Artikel 3 Grundgesetz geschützt. Einem Behinderten darf der barrierefreie Zugang zu seiner Wohnung nicht vorenthalten oder unzumutbar erschwert werden. Dem Interesse der Kläger auf behindertengerechte Nutzung des Eigentums steht jedoch das Interesse der übrigen Eigentümer am Schutz ihres Eigentums gegenüber. Die Beeinträchtigung der übrigen Eigentümer sei aber nicht mehr unerheblich, wenn daraus erhebliche Wertminderungen der Anlage oder einzelner Wohneinheiten folgen.

 

Vorliegend sei das Interesse der übrigen Eigentümer am Werterhalt ihres Eigentums vorrangig. Das Bundesverfassungsgericht habe anerkannt, dass der Schutz des Bestands sehr weit reiche. Die Kläger hätten bewusst eine Wohnung ohne Aufzug erworben. Die Möglichkeit der eingeschränkten Mobilität im Alter sei allgemein bekannt. Für den Erwerber einer Wohnung ohne Aufzug sei daher erkennbar, dass diese Wohnung eventuell im Alter nicht mehr uneingeschränkt nutzbar sein könnte. Durch den Bau des Außenaufzugs würden hier die Miteigentümer erheblich beeinträchtigt. Die Nutzbarkeit der Garagen und damit deren Wert und auch Wohnungen würden erheblich beeinträchtigt. Der Sachverständige hat festgestellt, dass mit der Errichtung des Aufzugs das Einparken in die Garagen mit zusätzlichem Rangieraufwand verbunden wäre. Dies führe zu einer erheblichen Wertminderung. Diese würde auch auf den Wert der Wohnung durchschlagen.

 

Auch sei davon auszugehen, dass bei zusätzlichem Rangieren im Hofbereich zusätzlicher Lärm und zusätzliche Abgase entstehen, die diejenigen Eigentümer beeinträchtigen, die Fenster zum Hofbereich haben (Amtsgericht München, Urteil vom 25.2.2013, 485 C 4492/12).

 

Ein Arbeitgeber, der Strafanzeige gegen seinen Arbeitnehmer erstattet hat, kann unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet sein, die Kosten für dessen anwaltliche Vertretung zu übernehmen.

 

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht Köln. Betroffen war der bei einem Werttransportunternehmen beschäftigte Fahrer. Er hatte den Geldschein eines Kunden zur Überprüfung seiner Echtheit der Polizei übergeben. Nach Rückerhalt des Geldscheins gab er diesen in einer Filiale der Arbeitgeberin ab, was allerdings nicht quittiert wurde. Als der Kunde später nach dem Verbleib des Geldscheins fragte und der Vorgang nicht nachvollzogen werden konnte, erstattete die Arbeitgeberin Strafanzeige gegen den zwischenzeitlich ausgeschiedenen Kläger, ohne diesen hierzu zu befragen. Nach Aufklärung des Sachverhalts stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren ein. Der Kläger hatte einen Rechtsanwalt mit der Vertretung seiner Interessen beauftragt. Er verlangt nun von der Arbeitgeberin die Kosten hierfür erstattet.

 

Das Arbeitsgericht Köln hat dem Mann recht gegeben und die Arbeitgeberin zur Zahlung der Anwaltskosten verurteilt. Zwar dürfe jemand, der gutgläubig eine Anzeige erstatte, nicht mit dem Risiko eines Schadenersatzanspruchs belegt werden, wenn sich der Verdacht später nicht bestätige. Dieser vom Bundesverfassungsgericht aufgestellte Grundsatz gelte im Arbeitsverhältnis jedoch nicht uneingeschränkt. Im Arbeitsverhältnis bestünden besondere Fürsorgepflichten, nach denen die eine Partei der anderen nicht grundlos Nachteile zufügen dürfe. Die Arbeitgeberin hätte den Kläger im konkreten Fall vor Erstattung der Anzeige befragen und den Sachverhalt auf diese Weise ggf. aufklären müssen (Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 18.12.2014, 11 Ca 3817/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

the bankDie Klausel eines Bankinstituts, die als Teilentgelt für die Kontoführung einen einheitlichen „Preis pro Buchungsposten“ festlegt, ist unwirksam.

 

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall einer Bank, die gegenüber den Kunden von Privatgirokonten (Verbrauchern) folgende Vereinbarung neben einem vierteljährlich fälligen Grundpreis zur Kontoführung nutzt: „Preis pro Buchungsposten 0,35 EUR“.

 

Ein Verbraucherschutzverband verlangte, die Klausel nicht mehr zu verwenden. In dem darüber geführten Rechtsstreit hat der BGH die Bank verurteilt, die Verwendung dieser oder einer inhaltsgleichen Klausel zu unterlassen oder unter Verweis auf die Klausel ein Entgelt von Verbrauchern zu verlangen.

 

Die Richter stützten sich dabei auf die folgenden Erwägungen: Nach den gesetzlichen Regeln unterliegen Allgemeine Geschäftsbedingungen einer Inhaltskontrolle, wenn durch sie Regelungen vereinbart werden, die von Rechtsvorschriften abweichen. Das trifft auf die vorliegende Klausel zu. Sie ist so auszulegen, dass sie auch Buchungen bepreist, die bei der fehlerhaften Ausführung eines Zahlungsauftrags anfallen. Mit der Bepreisung solcher Buchungen weicht die Bank von den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ab. Danach hat die Bank als Zahlungsdienstleister keinen Anspruch auf ein Entgelt, wenn ein Zahlungsauftrag fehlerhaft ausgeführt wird. Hier verlangt die Bank dagegen 0,35 EUR. Außerdem wälzt sie mittels der beanstandeten Klausel Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten auf ihre Kunden ab. Sie hat von Gesetzes wegen in Fällen der fehlerhaften Ausführung eines Zahlungsauftrags das Zahlungskonto wieder auf den sachlich richtigen Stand zu bringen. Tatsächlich aber verlangt sie auch für solche Berichtigungsbuchungen ein Entgelt, die von Gesetzes wegen unentgeltlich vorzunehmen sind. Das hält der BGH für unwirksam. Allgemeine Geschäftsbedingungen, die zum Nachteil des Kunden gegen (halb-)zwingendes Recht verstoßen, benachteiligen ihn unangemessen im Sinne des Gesetzes. Folge ist ihre Unwirksamkeit (BGH, Urteil vom 27.1.2015, XI ZR 174/13).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Haftung onlineEine Portalwaschanlage muss nicht für sämtliche Fahrzeugtypen geeignet sein. Weist ein Kunde, trotz eines Hinweises in den AGB des Waschanlagenbetreibers, nicht auf Besonderheiten an seinem Fahrzeug hin, die zu einer Beschädigung führen können, haftet der Betreiber nicht für die am Fahrzeug entstandenen Schäden.

 

Das entschied das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg. In dem betreffenden Fall handelte es sich bei dem Fahrzeug um einen über 2 m hohen Mercedes G 500 mit einem an der Hecktür angebrachten Reserverad. Beim Waschvorgang blieb eine Bürste unter dem Reserverad hängen und hob das Fahrzeug an. Dabei soll die Hecktüraufhängung verbogen worden sein. Nach Nr. 2 der AGB des Betreibers, die gut sichtbar ausgehängt waren, wäre der Mercedes-Fahrer verpflichtet gewesen, vor der Benutzung der Anlage auf alle ihm bekannten Umstände hinzuweisen, die zu einer Beschädigung des Fahrzeugs oder der Waschanlage führen konnten.

 

Da er dies nicht getan hatte, und die Anlage technisch in Ordnung war (57 weitere Fahrzeuge wurden an diesem Tag ohne Probleme gewaschen), ging er leer aus. Das Gericht musste daher nicht einmal entscheiden, ob die Schäden in der Waschanlage entstanden waren (Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, Urteil vom 3.3.2014, 237 C 288/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Building projectAuch bei hohen Leerständen bleibt es grundsätzlich bei der gesetzlich vorgegebenen Abrechnung, wonach die Kosten zu mindestens 50 Prozent nach Verbrauch umzulegen sind.

 

Diese grundsätzliche Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Rechtsstreit einer Wohnungsbaugenossenschaft. Diese hatte der Beklagten eine Wohnung in einem 28-Familien-Haus in Frankfurt (Oder) vermietet. Da das Haus im Rahmen der Stadtplanung abgerissen werden sollte, waren Ende 2011 nur noch wenige Wohnungen belegt. Der erhebliche Wohnungsleerstand hatte zur Folge, dass die für eine große Leistung und viele Wohnungen ausgelegte Heizungs- und Warmwasseranlage gemessen an dem geringen Verbrauch der wenigen verbliebenen Mieter nicht mehr kostengünstig arbeitete.

 

Die Baugenossenschaft legte von den im Abrechnungsjahr 2011 angefallenen Warmwasserkosten 50 Prozent nach Wohnflächenanteilen um, 50 Prozent der Kosten berechnete sie nach dem Verbrauch. Von dem Gesamtverbrauch im Gebäude entfiel ca. ein Drittel auf die Beklagte. Daraus errechnete die Baugenossenschaft einen Verbrauchskostenanteil von 1.195,06 EUR. Hiervon stellte sie der Beklagten „aus Kulanz“ allerdings lediglich die Hälfte (597,53 EUR) in Rechnung. Die Beklagte weigerte sich, Nachzahlungen zu erbringen. Die Baugenossenschaft habe die Warmwasserkosten aufgrund des hohen Leerstands im Haus nicht nach Verbrauch, sondern ausschließlich nach der Wohnfläche umlegen dürfen.

 

Der BGH hat entschieden, dass die Berechnung auf der Grundlage der Heizkostenverordnung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden sei. Auch bei hohen Leerständen bleibe es grundsätzlich bei der gesetzlich vorgegebenen Abrechnung. Danach sind die Kosten zu mindestens 50 Prozent nach Verbrauch umzulegen.

 

Allerdings könne die strikte Anwendung der Vorgaben der Heizkostenverordnung bei hohen Leerständen in Einzelfällen zu derartigen Verwerfungen führen, dass eine angemessene und als gerecht empfundene Kostenverteilung nicht mehr gegeben ist. Diesen Fällen könne mit einer aus dem Prinzip von Treu und Glauben abzuleitenden Anspruchsbegrenzung Rechnung getragen werden. Ob eine solche Anspruchskürzung geboten ist, um die beiderseitigen Interessen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen, obliegt grundsätzlich der Beurteilung des Tatrichters. Im vorliegenden Fall konnte der BGH die Beurteilung selbst vornehmen, da keine weiteren tatsächlichen Feststellungen zu treffen waren. Hierbei war zu berücksichtigen, dass die Baugenossenschaft bereits den für die Beklagte günstigsten Maßstab (50 Prozent) gewählt hat. Zudem hat sie von dem sich so ergebenden Betrag lediglich die Hälfte geltend gemacht. Daher habe sich für die knapp 50 qm große Wohnung der Beklagten für Heizung und Warmwasser ein zwar hoher, aber nicht völlig untragbar erscheinender Betrag von rund 1.450 EUR ergeben. Auf der anderen Seite habe auch die Wohngenossenschaft – ohne für die leer stehenden Wohnungen Mieteinnahmen zu erhalten – schon über den Wohnflächenanteil beträchtliche Kosten zu tragen. Sie müsse es ihrerseits ebenfalls hinnehmen, dass die angesichts des Leerstandes unwirtschaftliche Heizungsanlage erhebliche Mehrkosten verursacht. Insgesamt erscheine es daher nicht unangemessen, dass auch die Mieter einen nicht ganz unerheblichen Teil der leerstandsbedingten Mehrkosten zu tragen haben. Eine weitere Anspruchskürzung über den von der Baugenossenschaft bereits freiwillig abgezogenen Betrag hinaus sei nach Ansicht der Richter deshalb auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht geboten (BGH, Urteil vom 10.12.2014, VIII ZR 9/14).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Holzstempel auf Dokument: VerweigertNotariatsmitarbeitern steht kein Kurzarbeitergeld zu, wenn das Amt des Notars mit Vollendung seines 70. Lebensjahres erlischt und in der Folge die Arbeitszeit von Mitarbeitern der Notars- und Rechtsanwaltskanzlei reduziert wird. Die Auftragsschwankungen in der Kanzlei bis ein neuer Notar bestellt ist, stellen keine wirtschaftlichen Gründe im Sinne des Kurzarbeitergelds dar.

 

Das hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen bestätigt. In dem betreffenden Fall hatte eine Rechtsanwaltskanzlei (Klägerin) – bestehend aus einem Rechtsanwalt und einem ursprünglich sowohl als Notar als auch als Rechtsanwalt zugelassenen Kollegen – für einen Teil ihrer Arbeitnehmer bei der Bundesagentur für Arbeit (Beklagte) Kurzarbeitergeld beantragt. Zuvor war das Notaramt des einen Rechtsanwalts mit Vollendung seines 70. Lebensjahres erloschen. Der andere Rechtsanwalt war ein weiteres Jahr als Notariatsverwalter bestellt. Für die Zeit danach reduzierte die Kanzlei die Arbeitszeit und dementsprechend auch das Arbeitsentgelt von vier Angestellten von 40 auf 32 Wochenstunden. Die Kanzlei macht geltend, die zum 1. Mai 2011 in Kraft getretenen Änderungen der Zugangsvoraussetzungen zum Notariat (Umstellung von einem Punktesystem auf eine abzulegende Notariatsfachprüfung) seien als außerökonomische Rahmenbedingungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu qualifizieren. Nach dem altersbedingten Verlust des Notaramts könne aufgrund der neuen Gesetzeslage das Notariat nicht nahtlos besetzt werden, der Umsatzrückgang betrage 20 Prozent.

 

Der 7. Senat des LSG hat die Entscheidung der Bundesagentur für Arbeit, die Zahlung von Kurzarbeitergeld abzulehnen, bestätigt. Zwar stelle das Erlöschen des Notariatsamts mit Vollendung des 70. Lebensjahres eine äußere Ursache i.S.d. Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) a.F. dar, die Einfluss auf den Betrieb der Kanzlei habe. Dies beruhe jedoch nicht auf einer gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Die bestehende Rechtslage und die damit zusammenhängenden außerökonomischen Rahmenbedingungen hätten seit zwei Jahrzehnten festgestanden. Das Bundesverfassungsgericht habe die Verfassungsmäßigkeit der durch die Bundesnotarordnung (BNotO) eingeführte Altersgrenze bejaht. Aus demselben Grund liege nach Ansicht des Senats auch kein unabwendbares Ereignis i.S.d SGB III a.F. vor. Zudem beruhe das Erlöschen des Notariats aufgrund einer gesetzlichen Regelung, die alle Notare betreffe und keine Folge einer behördlichen Maßnahme im Einzelfall darstelle. Auch die geänderten Zulassungsvoraussetzungen würden für alle Notariatsbewerber gelten. Es liege auch kein vorübergehender Arbeitsausfall i.S.d. des SGB III a.F. vor, da das Auswahlverfahren für die ausgeschriebene Notarstelle nicht nur von der Note des Rechtsanwalts abgehangen habe, sondern auch von den Noten der Mitbewerber. Darüber hinaus sei der Arbeitsausfall nicht unvermeidbar, da nach Angaben der Kanzlei ein Auftragsrückgang regelmäßig beim Erlöschen eines Notaramts eintrete (LSG Niedersachsen-Bremen 21.10.14, L 7 AL 16/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl