3D ParagraphDas Landesbeamtengesetz Nordrhein-Westfalen beinhaltet keine hinreichend bestimmte Verordnungsermächtigung zur Festsetzung von Einstellungshöchstaltersgrenzen. Die in der Laufbahnverordnung vom 30. Juni 2009 vorgesehenen Regelungen der Altershöchstgrenze sind daher mit Art. 33 Abs. 2 GG unvereinbar.

Dies hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden. Er hat damit zwei Verfassungsbeschwerden stattgegeben und die Verfahren zur erneuten Entscheidung an das Bundesverwaltungsgericht zurückverwiesen. Zugleich hat es die materiellen Anforderungen an Einstellungshöchstaltersgrenzen konkretisiert: Sie sind grundsätzlich zulässig, um ein ausgewogenes zeitliches Verhältnis zwischen Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit zu gewährleisten. Der Gesetzgeber verfügt insoweit über einen Gestaltungsspielraum. Dessen Grenzen ergeben sich unter anderem aus den Anforderungen des Leistungsprinzips (Art. 33 Abs. 2 GG) sowie aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerfG, Beschluss vom 21.4.2015, 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

BüroalltagIn die Berechnung des gesetzlichen Mindestlohns nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) kann ein bisher gezahlter Leistungsbonus eingerechnet werden.

Diese Entscheidung traf das Arbeitsgericht Düsseldorf im Fall einer Frau, die bei der beklagten Arbeitgeberin zunächst mit einer Grundvergütung von 8,10 EUR pro Stunde vergütet wurde. Daneben zahlte die Arbeitgeberin einen „freiwilligen Brutto/Leistungsbonus von max. 1,00 EUR, der sich nach der jeweilig gültigen Bonusregelung“ richtete. Anlässlich der Einführung des MiLoG teilte die Arbeitgeberin der Klägerin mit, die Grundvergütung betrage weiter 8,10 EUR brutto pro Stunde, der Brutto/Leistungsbonus max. 1,00 EUR pro Stunde. Vom Bonus würden allerdings 0,40 EUR pro Stunde fix gezahlt. Die Klägerin hat geltend gemacht, der Leistungsbonus dürfe in die Berechnung des Mindestlohns nicht einfließen. Er sei zusätzlich zu einer Grundvergütung in Höhe von 8,50 EUR pro Stunde zu zahlen.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat die Klage abgewiesen. Zweck des MiLoG sei es, dem oder der Vollzeitbeschäftigten durch eigenes Einkommen die Sicherung eines angemessenen Lebensunterhalts zu ermöglichen. Es komme – unabhängig von der Bezeichnung einzelner Leistungen – allein auf das Verhältnis zwischen dem tatsächlich an den Arbeitnehmer gezahlten Lohn und dessen geleisteter Arbeitszeit an. Mindestlohnwirksam seien daher alle Zahlungen, die als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung mit Entgeltcharakter gezahlt würden. Da ein Leistungsbonus, anders als beispielsweise vermögenswirksame Leistungen, einen unmittelbaren Bezug zur Arbeitsleistung aufweise, handele es sich um „Lohn im eigentlichen Sinn“, der in die Berechnung des Mindestlohns einzubeziehen sei. Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.4.2015, 5 Ca 1675/15).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

TachoHat die Verwaltungsbehörde die Auswertung von Rohmessdaten einer Geschwindigkeitsmessung, deren Ergebnis ggf. schließlich zur Einleitung eines Bußgeldverfahrens gegen den Fahrer wegen Geschwindigkeitsüberschreitung führen soll, in vollem Umfang in die Hände eines privaten Unternehmens gegeben, besteht hinsichtlich der ermittelten Ergebnisse ein Beweisverwertungsverbot.

So entschieden die Amtsgerichte (AG) Parchim und Kassel. Den Betroffenen wurden Geschwindigkeitsüberschreitungen zur Last gelegt. In beiden Fällen waren die Geschwindigkeitsmessungen durch private Firmen ausgewertet worden. Die AG haben die Betroffenen freigesprochen. Beide AG weisen darauf hin, dass die Feststellung von Ordnungswidrigkeiten eine typische Hoheitsaufgabe aus dem Kernbereich staatlichen Handelns ist. Eine Mitwirkung von Privatpersonen ist nur in bestimmten Fällen möglich.

Das war in beiden Fällen nicht gewahrt. Das AG Kassel hat zudem beanstandet, dass das dort auswertende Privatunternehmen, welches als GmbH satzungsgemäß einem Gewinnstreben unterliegt, nur dann einen monetären Ertrag für seine Arbeit erhält, wenn die Messung als verwertbar eingestuft wird. Die Entscheidung, ob die Messung verwertbar ist oder nicht, oblag vorliegend jedoch faktisch dem Unternehmen selbst. Hierdurch entsteht bei dem Unternehmen ein Eigeninteresse an dem Ergebnis der Auswertung der Messung. Das ist ein Interessenkonflikt, der im Rahmen einer hoheitlichen Messung nicht zu akzeptieren ist  (AG Parchim, Urteil vom 1.4.2015, 5 OWi 2215/14; AG Kassel, Urteil vom 14.4.2015, 385 OWi – 9863 Js 1377/15):
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Gesetz 1Das Verwaltungsgericht (VG) Köln hat die Klagen von zwei Bürgerinnen gegen die Einbahnstraßenregelung auf der Königstraße in Bornheim abgewiesen.

Die Stadt Bornheim hatte bereits im Jahr 2004 ein Handlungskonzept beschlossen. Dieses sah die Einführung einer Einbahnstraßenregelung auf der Königstraße vor. Im Jahr 2008 wurde ein entsprechender Bebauungsplan beschlossen und 2013 die Einbahnstraßenregelung auf der Königstraße probeweise eingeführt. Nach Abschluss der Probephase wurde im Jahr 2014 mit den Umbauarbeiten begonnen. Diese haben das Ziel, eine auf 4,50 m verengte Fahrbahn herzustellen. Die Bauarbeiten dauern derzeit noch an.

Eine Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage geltend gemacht, sie werde an ihrem Wohnort am Servatiusweg unzumutbaren zusätzlichen Verkehrsimmissionen ausgesetzt, wenn die Königstraße nicht mehr in zwei Richtungen befahren werden könne. Die andere Klägerin betreibt ein Fotogeschäft auf der Königstraße und befürchtet Umsatzeinbußen.

Die Richter kamen zu dem Ergebnis, dass beide Klagen bereits unzulässig seien. Denn die probeweise eingeführte Einbahnstraßenregelung bestehe derzeit auf der Königstraße wegen der Bauarbeiten nicht mehr. Soweit sich die Klägerinnen bereits jetzt gegen die geplante Einführung der Einbahnstraßenregelung nach Fertigstellung der Bauarbeiten wehrten, könne vorbeugender Rechtsschutz nicht gewährt werden.

Unabhängig davon sei die (probeweise) Einführung der Einbahnstraßenregelung auch rechtmäßig gewesen. Denn die Einführung der Einbahnstraße sei Gegenstand eines nicht mehr anfechtbaren Bebauungsplans. Vor allem habe die Stadt von ihrem Ermessen in rechtmäßiger Weise Gebrauch gemacht. Bei Erstellung des Bebauungsplans seien die Interessen der Anwohner des Servatiuswegs berücksichtigt worden. Ferner habe diese Planung dem Ziel gedient, die Königstraße als Hauptgeschäftsstraße von Bornheim attraktiver zu machen  (VG Köln, Urteil vom 29.5.2015, 18 K 1683/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

NachschulungWird die konkrete Nachtrunkangabe des Beschuldigten durch einen Sachverständigen widerlegt, rechtfertigt das ohne weitere Feststellungen nicht die Feststellung, dass überhaupt kein Nachtrunk vorgelegen hat.

Diese Entscheidung zugunsten des Angeklagten traf das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz. Diesem war eine Trunkenheitsfahrt zur Last gelegt worden. Er hatte sich verteidigt, indem er einen Nachtrunk behauptet hatte – also die Aufnahme von Alkohol nach der Tat. Das hatte das Landgericht nach einem Sachverständigengutachten als widerlegt angesehen. Es hatte daraus den Schluss gezogen, dass ein Nachtrunk überhaupt nicht vorgelegen habe.

Ein solcher Schluss ist nach Auffassung des OLG so aber nicht ohne Weiteres zulässig. Und zwar vor allem dann nicht, wenn Anhaltspunkte für einen Nachtrunk des Angeklagten unabhängig von dessen konkreten Behauptungen zu Trinkmenge und -art gegeben sind. Hier war es so, dass der Angeklagte offenbar bei dem Versuch, sich zu entlasten, hinsichtlich des Nachtrunks übertriebene Angaben gemacht hatte. Gleichwohl hatte er zwischen der Tat und der Blutentnahme Alkohol in geringerer Menge zu sich genommen. Dem muss das LG nun nachgehen  (OLG Koblenz, Urteil vom 20.3.2015, 1 OLG 3 Ss 179/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

PuzzleWird eine Satzungsänderung beschlossen, die verschiedene Regelungen in der Satzung betrifft, muss darüber von der Mitgliederversammlung nicht einzeln abgestimmt werden. Ein Beschluss über alle Änderungen zusammen ist nicht zu beanstanden.

So entschied es das Landgericht (LG) Düsseldorf. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die geänderte Satzung als einheitliches Regelungswerk anzusehen sei. Es könne deshalb keinen Unterschied machen, ob über eine neue Satzung als Ganzes abgestimmt werde oder über einzelne Änderungsanträge. Im Ergebnis würde in beiden Fällen nur eine neue Satzung entstehen.

Hinweis  Der Wortlaut der Änderungen kann gegenüber dem in der Einladung zur Mitgliederversammlung angegebenen Text noch verändert werden. Änderungsvorschläge gehören zu einer Diskussion über Anträge und müssen folglich in der Mitgliederversammlung berücksichtigungsfähig sein. Die Mitglieder müssen darüber – wie sonst bei Änderungen der Tagesordnung erforderlich – nicht informiert werden  (LG Düsseldorf, Urteil vom 12.8.2014, 1 O 307/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Paragraf blauDie Abfindungszahlung eines nachehelichen Unterhaltsanspruchs ist bei der Bemessung der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nicht auf 12 Monate, sondern auf 10 Jahre zu verteilen.

So entschied es das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen im Fall einer Frau, die zunächst über ihren Ehemann in der gesetzlichen Krankenkasse familienversichert war. Nach rechtskräftiger Scheidung ihrer 22-jährigen Ehe beantragte sie die Aufnahme als freiwilliges Mitglied. Sie hatte nach der Scheidung von ihrem geschiedenen Ehemann einen Abfindungsbetrag für den nachehelichen Unterhaltsanspruch in Höhe von 35.000 EUR erhalten. Die Krankenkasse berücksichtigte die Abfindungszahlung bei der Festsetzung der Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Sie legte diese auf zwölf Monate um, in dem sie von beitragspflichtigen monatlichen Einnahmen in Höhe von 2.916,67 EUR ausging. Hiergegen wandte sich die Frau. Da sie sich ihren kompletten Unterhaltsanspruch habe abfinden lassen, sei die Abfindungszahlung zumindest auf 10 Jahre umzulegen.

Das Sozialgericht hat die Krankenkasse verurteilt, die Höhe des Gesamtbeitrags zur Kranken- und Pflegeversicherung auf der Grundlage der Mindestbeitragsbemessungsgrenze festzusetzen. Zwar sei nach § 5 Abs. 3 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler eine einmalige beitragspflichtige Einnahme dem jeweiligen Beitragsmonat mit 1/12 zuzuordnen. Da mit der Zahlung der Abfindung die nachehelichen Unterhaltsansprüche vollständig abgegolten wurden, sei jedoch eine Umlegung auf zwölf Monate nicht gerecht. Die Abfindung sei vielmehr mit einem Versorgungsbezug oder einer Kapitalabfindung vergleichbar, sodass sie entsprechend der Regelung des § 5 Abs. 4 der Beitragsverfahrensgrundsätze auf 120 Monate (10 Jahre) umzulegen sei.

 

Das LSG hat diese Entscheidung bestätigt. Bei der Bemessung der Beiträge für freiwillige Mitglieder sei die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Tatsächlich nicht erzielte Einnahmen dürften nicht fingiert werden. Die Beitragsverfahrensgrundsätze sähen für die streitige Abfindung eines nachehelichen Unterhalts keine passende Regelung vor. Die Beurteilung als einmalige Einnahme mit einer Zuordnung von 1/12 würde zu einer unangemessenen Schlechterstellung der Frau gegenüber Personen führen, die ihren nachehelichen Unterhalt regelmäßig monatlich über einen längeren Zeitraum erhalten. Daher bestimme der Zufluss der 35.000 EUR entgegen der Ansicht der Krankenkasse nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klägerin für ein Jahr, sondern ersetze den Unterhaltsanspruch mehrerer Jahre, also eine monatlich regelmäßig wiederkehrende Leistung. Versorgungsbezüge, die ebenfalls eine Einkommens- oder Unterhaltsersatzfunktion hätten, würden auf 10 Jahre verteilt. Daher sei auch die Verteilung der Abfindung auf 10 Jahre angemessen (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 29.1.2015, L 1/4 KR 17/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl