Das MietrechtWird der Hausfrieden durch eine von einem Mieter ausgehende erhebliche Geruchsbeeinträchtigung gestört, kann eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt sein.

 

So entschied es das Amtsgericht Bonn im Fall eines 82-jährigen Mieters, der seit 50 Jahren in der Wohnung lebte. Weil sich mehrfach andere Hausbewohner über Geruchsbelästigungen aus seiner Wohnung beschwert hatten, hatte die Vermieterin ihn mehrfach erfolglos abgemahnt. Schließlich kündigte sie das Mitverhältnis wegen unerträglicher Geruchsimmissionen, die aus der Wohnung des Mieters kommen würden. Weil der Mieter aber die Wohnung nicht räumte, erhob die Vermieterin Räumungsklage vor Gericht.

 

Das Amtsgericht verurteilte den Mieter zur Räumung. Dieser habe schuldhaft seine vertraglichen Pflichten nicht unerheblich verletzt. Er habe mit dem penetranten Geruch aus seiner Wohnung den Hausfrieden massiv gestört. Ursache des Geruchs sei der ungepflegte Zustand der Wohnung. Trotz der Abmahnungen habe sich die Wohnung weiterhin in einem unhygienischen Zustand befunden. Es sei weiterhin ein für die übrigen Hausbewohner schwer erträglicher Geruch entwichen. Dieser sei über die üblichen hinzunehmenden Geruchsbildungen hinausgegangen. Damit habe der Mieter seine Pflicht verletzt, die Wohnung in hygienischem Zustand zu erhalten. Im vorliegenden Fall müsse aber nach Ansicht des Gerichts eine Räumungsfrist von einem Jahr eingehalten werden. Dabei sei insbesondere das Alter des Mieters sowie dessen erheblich eingeschränkte Beweglichkeit zu berücksichtigen (Amtsgericht Bonn, Urteil 2.10.2014, 201 C 334/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

3D plan drawingStreitigkeiten über Nachtragsforderungen berechtigen den Auftragnehmer zwar grundsätzlich nicht dazu, die weitere Leistung zu verweigern. Ausnahmsweise steht ihm aber ein Leistungsverweigerungsrecht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu, wenn entweder die Leistungsaufnahme oder die Leistungsfortführung bei objektiver Betrachtung und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls für ihn unzumutbar ist.

 

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz in einem Streit zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer über eine Nachtragsforderung. Die Richter machten dabei deutlich, dass die Leistungsfortführung für den Auftragnehmer unzumutbar sei, wenn der Auftraggeber endgültig nicht dazu bereit sei, eine zusätzliche Leistung zu vergüten. Voraussetzung sei allerdings zudem, dass die neue Vergütung von der ursprünglich vereinbarten Vergütung nicht nur unerheblich abweiche. Das sei vorliegend der Fall gewesen (OLG Koblenz, Urteil vom 6.11.2014, 6 U 245/14).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

EntlassungswelleDer Schmerzensgeldanspruch wegen Mobbings kann zwar verwirken, dafür genügen jedoch ein bloßes „Zuwarten“ oder die Untätigkeit des Anspruchstellers nicht.

 

Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Mannes, der gegen seinen früheren Vorgesetzten einen Schmerzensgeldanspruch wegen Verletzung der Gesundheit und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Höhe von mindestens 10.000 EUR geltend macht. Er stützt sich dabei auf Vorfälle in den Jahren 2006 bis 2008, die er als Isolierung, Herabwürdigung und Schikane wertet. Der letzte Vorgang soll am 8. Februar 2008 stattgefunden haben. Der Kläger war 2007 an 52 Tagen, 2008 an 216 Tagen und 2009 durchgängig bis August arbeitsunfähig, unter anderem wegen Depression. Die Klage ging Ende Dezember 2010 bei Gericht ein.

 

Die Vorinstanz hat einen möglichen Schmerzensgeldanspruch allein wegen Verwirkung abgelehnt. Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Eine Verwirkung, die nur unter ganz besonderen Umständen zu bejahen ist, scheide nach Ansicht des BAG hier aus. Ein bloßes Zuwarten sei nicht als „treuwidrig“ anzusehen. Ein Unterlassen begründe nur dann ein Umstandsmoment, wenn aufgrund zusätzlicher besonderer Umstände eine Pflicht zur zeitnahen Geltendmachung bestehe. In der vorzunehmenden Gesamtabwägung dürfe nicht auf eventuelle Beweisschwierigkeiten aufseiten des Anspruchsgegners abgestellt werden. Das durch Richterrecht geschaffene Institut der Verwirkung dürfe in seiner Anwendung nicht dazu führen, dass die gesetzliche Verjährung unterlaufen werde. Das Landesarbeitsgericht wird nunmehr zu prüfen haben, ob tatsächlich ein Mobbinggeschehen festzustellen ist (BAG, Urteil vom 11.12.2014, 8 AZR 838/13).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

KFZ KostenDer Verkäufer haftet nur auf Schadenersatz, wenn ihn ein Verschulden trifft. Das kann fehlen, wenn er das Fahrzeug geerbt und daher keine Kenntnis von dem Unfallschaden hatte.

 

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz im Rechtsstreit über die Rückabwicklung eines Autokaufs. Die Richter begründeten Ihre Entscheidung damit, dass das Wissen des Erblassers dem Erben nach den erbrechtlichen Gesetzesvorschriften nicht zugerechnet werden könne. Ihn treffe daher kein Verschulden, das zu einer Rückabwicklung wegen falscher Angaben im Kaufvertrag führen könne (OLG Koblenz, Urteil vom 5.6.2014, 5 U 408/14).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Assistant stood with bossWer unberechtigt mit einem Mietfahrzeug ins Ausland fährt muss damit rechnen, dass das Fahrzeug bei Diebstahlsverdacht stillgelegt wird und die Kosten für den entstandenen Aufwand tragen.

 

Diese Entscheidung traf das Amtsgericht München im Fall eines Mannes, der einen Porsche 997 Turbo Cabrio für eine zweitägige Fahrt bei der beklagten Autovermietung in München angemietet hatte. Er zahlte am gleichen Tag Miete für den PKW in Höhe von 1.300 EUR brutto sowie eine Kaution in Höhe von 5.000 EUR in bar. Im Mietpreis waren 1000 kostenlose Kilometer enthalten. Als Rückgabezeit war der 28.4.13, 18.00 Uhr vereinbart. Er fuhr mit dem PKW nach Österreich und Italien. In dem schriftlichen Mietvertrag war lediglich die Einreise nach Österreich erlaubt.

 

Über die GPS-Überwachung bemerkte die beklagte Autovermietung am Morgen des 28.4.13, dass sich das Fahrzeug in Mailand befand. Der Kläger war telefonisch nicht erreichbar. Die Autovermietung ging von einem Diebstahl aus, legte den PKW still und beauftragte einen Abschleppdienst mit dem Rücktransport des Fahrzeugs. Als der Fahrer der Abschleppfirma schon fast in Mailand war, bemerkte die Autovermietung in München über das GPS, dass sich das Fahrzeug bewegte. Die beklagte Autovermietung ging nun davon aus, dass das Fahrzeug abtransportiert wird. Der Ehemann der Inhaberin der Autovermietung machte sich daraufhin auf den Weg nach Mailand und befand sich bereits auf Höhe des Brenners, als der Kläger anrief. Der Kläger gab den PKW am 28.4.13 um 20.00 Uhr bei der Autovermietung zurück. Diese behielt einen Teil der Kaution für die bei ihr entstanden Unkosten ein. Es sind unter anderem Kosten für das Abschleppunternehmen und die Fahrt des Ehemanns der Inhaberin Richtung Italien entstanden. Der Kläger fordert mit der Klage die nicht zurückbezahlte Kaution in Höhe von 3.363,80 EUR zurück. Die beklagte Autovermietung rechnet dagegen ihre Unkosten auf.

 

Die Richterin gab im Wesentlichen der Autovermietung recht und wies den Großteil der Klage ab. Der Kläger bekommt von der Kaution nur noch 54,55 EUR zurück. Das Gericht führte aus, dass er seine vertraglichen Pflichten verletzt hat, indem er ohne Genehmigung nach Italien gefahren ist. Die Autovermietung durfte aufgrund der GPS-Daten und der Unerreichbarkeit des Klägers von einem Diebstahl ausgehen. Im Mietvertrag sei der Kunde darauf hingewiesen worden, dass bei nicht genehmigten Auslandsfahrten das Fahrzeug umgehend von der Beklagten eingezogen und die noch offene Miete und Kaution als Schadenersatz einbehalten werden können. Aufgrund der Erfahrung der beklagten Autovermietung, dass in Italien, insbesondere in Mailand, viele Autos gestohlen würden und Autoschieber tätig seien, sei das Auto stillgelegt und ein Fahrer mit einem Abschlepp-LKW nach Italien geschickt worden. Der Abschlepp-LKW sei erforderlich gewesen, da man auf diesen einen PKW auch ohne Schlüssel verladen könne und die Räder bei einem kleineren Abschlepp-LKW noch rollen können müssen. Die Autovermietung habe nicht wissen können, in welchem Zustand der PKW angetroffen werde.

 

Aus der Sicht des Gerichts sei es auch vertretbar gewesen, dass sich der Ehemann der Inhaberin der Autovermietung eigenständig zusätzlich auf den Weg nach Italien machte, um vor Ort mit Hilfe des GPS-Treckers das Fahrzeug aufzuspüren und anzuhalten. Zu berücksichtigen sei insbesondere, dass es sich um ein besonders hochwertiges Fahrzeug gehandelt habe, sodass der betriebene Aufwand nicht unverhältnismäßig erscheine. Zudem habe sich der Vorfall an einem Sonntag ereignet und die Beklagte habe nachvollziehbar dargelegt, dass weder über die deutschen noch über die italienischen Behörden eine schnelle und effektive Hilfe zu erwarten gewesen sei (Amtsgericht München, Urteil vom 15.4.2014, 182 C 21134/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

ParagraphDas Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat als erstes Finanzgericht über die Frage entschieden, ob Scheidungskosten nach der ab 2013 geltenden Neuregelung als außergewöhnliche Belastung steuermindernd berücksichtigt werden können. Danach sind Prozesskosten für die Ehescheidung selbst abzugsfähig, nicht aber die sogenannten Scheidungsfolgesachen.

 

Zum Hintergrund

Nach der langjährigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) waren Zivilprozesskosten – mit Ausnahme von Scheidungskosten – grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen steuerlich abziehbar.

 

In 2011 hatte der BFH seine Rechtsprechung jedoch geändert und entschieden, dass Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind, wenn der Steuerpflichtige darlegen kann, dass die Rechtsverfolgung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

 

Diese günstige Rechtsprechung hat der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2013 ausgehebelt. Nunmehr heißt es: „Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.“

 

Strittig ist nun, ob

• mit der Neuregelung „nur“ die Rechtslage vor der steuerzahlerfreundlichen Rechtsprechung des BFH wieder hergestellt werden sollte oder

 

• damit auch die Sonderbehandlung der Ehescheidungskosten entfällt.

 

Entscheidung des Finanzgerichts

Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) Rheinland-Pfalz sind die Prozesskosten für eine Ehescheidung auch nach der Neuregelung als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Denn der Gesetzestext knüpft exakt an eine Formulierung aus der bis 2010 geltenden Rechtsprechung des BFH an. Diese Anknüpfung weist darauf hin, dass der Gesetzgeber keine neuartigen, sondern die dieser Rechtsprechung zugrunde liegenden Wertungen in das Gesetz einfließen lassen wollte.

 

Unter „Verlust der Existenzgrundlage“ ist auch der Verlust der seelischen Existenzgrundlage zu verstehen, die nach der Zerrüttung einer Ehe ohne Scheidung anzunehmen ist. Daher ist die Zwangsläufigkeit bei Ehescheidungen grundsätzlich zu bejahen.

 

Dagegen stellen die (prozessualen) Kosten für Scheidungsfolgesachen (Unterhalt, Ehewohnung und Haushalt, Güterrecht, Sorgerecht, Umgangsrecht) keine außergewöhnlichen Belastungen dar. Die Zwangsläufigkeit solcher Kosten ist u.a. deshalb zu verneinen, da sie der Steuerpflichtige dadurch vermeiden kann, dass er die Einbeziehung von Folgesachen in den Scheidungsverbund nicht beantragt.

 

Praxishinweise

Auch für Veranlagungszeiträume ab 2013 sollten Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung in der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden. Da die Finanzverwaltung diese Aufwendungen jedoch vorerst nicht berücksichtigen und den Ausgang des Revisionsverfahrens abwarten wird, sollte unter Hinweis auf das anhängige Verfahren Einspruch eingelegt und das Ruhen des Verfahrens beantragt werden.

 

Darüber hinaus ist zu beachten, dass sich außergewöhnliche Belastungen nur dann steuermindernd auswirken, wenn sie die im Gesetz festgelegte zumutbare Belastung übersteigen. Die Höhe der zumutbaren Belastung hängt dabei u.a. vom Gesamtbetrag der Einkünfte ab (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.10.2014, 4 K 1976/14, Rev. BFH VI R 66/14).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Fotolia_41480871_XSEin Berufskraftfahrer verletzt seine arbeitsvertraglichen Pflichten in erheblichem Maße, wenn er das ihm überlassene Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr unter Alkohol­einfluss führt. Beruht dieses Verhalten jedoch auf einer Alkoholabhängigkeit, ist dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Vertragspflichtverletzung kein Schuldvorwurf zu machen.

Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg im Fall eines Berufskraftfahrers hin. Dieser hatte mit seinem Lkw unter Alkoholeinfluss (0,64 Promille) einen Unfall verursacht. Dabei gab es Verletzte und größeren Sachschaden. Das Arbeitsgericht hat die ordentliche Kündigung auch ohne Abmahnung für sozial gerechtfertigt gehalten. Die Alkoholerkrankung könne den Arbeitnehmer nicht entlasten. Ihm sei weiterhin vorzuwerfen, eine Fahrt mit dem Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss angetreten und hierdurch andere gefährdet zu haben.

 

Dem ist das LAG nicht gefolgt. Die Richter verwiesen darauf, dass eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nur dann möglich sei, wenn anzunehmen ist, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten dauerhaft nicht nachkommen könne. Hieran fehle es, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Kündigung ernsthaft zu einer Alkoholtherapie bereit war. Im Übrigen könne bei einer bestehenden Therapiebereitschaft von dem Arbeitgeber in der Regel erwartet werden, das Fehlverhalten abzumahnen und das Arbeitsverhältnis fortzusetzen (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.8.2014, 7 Sa 852/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Holzstempel auf Dokument: VerweigertBestehen begründete Zweifel an der tatsächlichen Nutzung einer Wohnung durch einen Leistungsempfänger nach dem SGB II („Hartz IV“), ist das Jobcenter zur Überprüfung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Leistungen für Unterkunft und Heizung berechtigt, die tatsächliche Nutzung durch Inaugenscheinnahme der Wohnung (Hausbesuch) zu überprüfen.

 

Hierauf wies das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hin. Die Duldung des Hausbesuchs könne zwar nicht mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden. Verweigere allerdings ein Leistungsempfänger den Hausbesuch, trage er, soweit die tatsächliche Nutzung der Wohnung nicht durch andere Beweismittel festgestellt werden könne, die Beweislast für diese Nutzung. Lasse sich die Nutzung also nicht anderweitig klären, müsse das Jobcenter Miete und Heizkosten nicht übernehmen (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 2.7.2014, L 3 AS 315/14 B ER).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Architecture plan house isolated on whiteEinem Bauunternehmer kann kein Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht vorgeworfen werden, wenn die von ihm geschaffene Gefahr gut erkennbar war und er den Geschädigten auch auf die Gefahr aufmerksam gemacht hatte.

 

Diese Klarstellung traf das Landgericht (LG) Coburg im Fall eines Anwohners, der im ersten Obergeschoss eines Gebäudes wohnte. Der Zugang zur Wohnung war direkt über eine Treppe und einen brückenartigen Steg möglich. Im Rahmen von Bauarbeiten, die der beklagte Bauunternehmer durchführte, wurde dieser Steg abgerissen. Vor einer Wohnungstür des Klägers war ein Abgrund. Der Bauunternehmer wies den Anwohner an, seine Haustür während der Bauarbeiten nicht mehr zu benutzen. Der Zugang zur Wohnung erfolgte über das Erdgeschoss und eine Treppe im Inneren des Gebäudes. Die Baufirma verkeilte vor der Haustür des Klägers zwei Holzbretter in der Laibung. Der Anwohner öffnete trotz der Anweisung die Wohnungstür und stürzte in die Tiefe. Dabei wurde er schwer verletzt und zog sich eine Vielzahl von Brüchen zu.

 

Er gab an, dass er die Haustür geöffnet habe, um seinen Briefkasten zu leeren. Dieser Briefkasten sei trotz der Bauarbeiten beliefert worden. Die Postlieferungen seien über ein mit Flatterband abgesperrtes Flachdach erfolgt. Der Kläger meinte, da der Bauunternehmer die Postanlieferung nicht unterbunden und auch nicht für eine gebotene Absturzsicherung an der Wohnungstür gesorgt habe, sei er ihm zum Schadenersatz verpflichtet. Er verlange zudem ein Schmerzensgeld in einer Größenordnung von 25.000 EUR.

 

Der beklagte Bauunternehmer wies darauf hin, dass er vom Briefkasten keine Kenntnis gehabt habe. Er habe vielmehr dem Anwohner geraten, während der gesamten Dauer der Bauarbeiten die Wohnungstür abzusperren und den Schlüssel wegzulegen.

 

Das LG wies die Klage ab. Es kam zum Ergebnis, dass die Unfallverhütungsvorschriften nicht zugunsten des Anwohners eingreifen würden. Die Unfallverhütungsvorschriften sollen verhindern, dass Bauarbeiter an potenziellen Absturzstellen geschädigt werden. Der Anwohner wusste aber seit Beginn der Bauarbeiten, dass er seine Haustür nicht benutzen könne und diese verschlossen werden solle. Das Gericht ging davon aus, dass er der Gefahrenstelle hätte leicht fernbleiben können, indem er die Tür einfach nicht öffnet. Die Beweisaufnahme ergab auch nicht, dass der Bauunternehmer Kenntnis von der Postanlieferung hatte. Dieses Problem war ihm nicht bewusst. Das Gericht ging davon aus, dass es Sache des Anwohners gewesen wäre zu verlangen, den Briefkasten an eine ungefährliche Stelle ummontieren zu lassen. Er hätte für den Zeitraum der Bauarbeiten auch die Briefpost bei der Poststation abholen können.

 

Daher habe der Bauunternehmer die ihm auferlegten Verkehrssicherungspflichten nicht verletzt. Eine Pflichtverletzung scheidet aus, wenn die Gefahrenquelle vor sich selbst warnt. Dem Anwohner war bewusst, dass er den Bereich vor seiner Haustür nicht mehr betreten kann. Dieser Zustand war bereits eine Woche vor dem Unfall eingetreten. Ihm musste auch bewusst sein, welche Gefahr es für ihn bedeutet, wenn er seine Post aus dem Briefkasten nahm und dabei seinen Körper über den Abgrund neigen musste. Dass die beiden verkeilten Bretter auch keinen Schutz gegen einen Absturz bieten würden, war ebenfalls offensichtlich. Dennoch ist er diese Gefahr eingegangen. Entsprechend trug er die Verantwortung für seinen Sturz selbst (LG Coburg, Urteil vom 22.7.2014, 22 O 107/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

aquaplanage circuitEin Abschleppunternehmer, der im Auftrag der Polizei ein Fahrzeug nach einem Unfall sicherstellt und verwahrt, hat nach Aufhebung der Sicherstellungsmaßnahme keinen Anspruch auf Standgeld gegenüber dem Fahrzeughalter.

 

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf begründete seine Entscheidung damit, dass es schlichtweg an einer Anspruchsgrundlage fehle. Denn das Fahrzeug wurde nicht für den Halter verwahrt, sondern aufgrund einer ordnungsrechtlichen Maßnahme für die öffentliche Hand (OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.2.2014, I-1 U 86/13).

 

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl