Verletzt ein Bauunternehmer die Pflicht zur Einholung einer verkehrsrechtlichen Anordnung vor dem Beginn der Bauarbeiten, kann dies seine Haftung gegenüber einem Verkehrsteilnehmer begründen, der infolge einer unklaren Beschilderung einen Unfall erleidet.

Diese Entscheidung traf das Landgericht (LG) Saarbrücken im Fall eines Bauunternehmers, der in einem Kreuzungsbereich Straßenbauarbeiten durchführte. Dabei änderte er die Beschilderung der Vorfahrtstraße durch das Zusatzzeichen „abknickende Vorfahrt“. Versehentlich wurde jedoch das dort ebenfalls vorhandene Verkehrszeichen mit der angegebenen Höchstgeschwindigkeit 70 km/h nicht abgedeckt. Als ein Pkw-Fahrer geradeaus über die Kreuzung fuhr, kam es zum Zusammenstoß mit einem von rechts kommenden Auto. Der Pkw-Fahrer verlangte den Ersatz seines entstandenen Schadens vom Bauunternehmer. Er habe im Hinblick auf das Verkehrsschild mit der angegebenen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h darauf vertraut, dass er auch beim Geradeausfahren Vorfahrt habe. Im Übrigen sei die Abänderung der vorhandenen Beschilderung am Tag des Unfalls nicht genehmigt gewesen.

Mit dieser Argumentation hatte er vor dem LG Erfolg. Die Richter machten deutlich, dass der Bauunternehmer unter Vorlage eines Verkehrszeichenplans vor Beginn der Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, behördliche Anordnungen einholen und befolgen müsse. Das habe er hier jedoch unterlassen. Daher treffe ihn hier die Haftung (LG Saarbrücken, 13 S 161/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Kommunen sind grundsätzlich berechtigt, in ihrem Gebiet ein Fütterungsverbot von frei lebenden Tieren wie Tauben oder Wasservögeln anzuordnen, um Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren (z.B. Verschmutzung durch Exkremente).

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz in einer Bußgeldsache hin. Betroffen waren zwei Bürger, die sich nicht an das Verbot gehalten und Schwäne am Moselufer und im Stadtpark gefüttert hatten. Die Stadt setzte daraufhin Bußgelder von 300 bzw. 500 EUR fest.

Der 1. Strafsenat – Senat für Bußgeldsachen – des OLG wies zunächst darauf hin, dass die Gefahrenabwehrverordnung wirksam sei. Sie beruhe auf einer hinreichenden gesetzlichen Ermächtigung und sei auch verhältnismäßig. Die Verbandsgemeinde sei berechtigt, durch eine solche Verordnung bestimmte Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwenden. Hier sei insbesondere der Umstand in den Blick genommen worden, dass Wasservögel an den Menschen gewöhnt würden und vermehrt öffentliche Wege und Plätze betreten würden, um Futter zu verlangen. Dies könne zu nicht unerheblichen Verschmutzungen von Gehwegen, Straßen und Gebäuden durch Exkremente sowie letztlich zu Substanzschäden an öffentlichem und privatem Eigentum führen. Dennoch hat der Senat das Urteil aufgehoben. Es sei nach den Feststellungen des Amtsgerichts nicht ersichtlich gewesen, dass die Verstöße tatsächlich auf öffentlichen Straßen oder in öffentlichen Anlagen erfolgt sind. Dies müsse im Rahmen einer neuen Verhandlung geklärt werden. Zudem wies der Senat darauf hin, dass unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falles und der Beweggründe der Betroffenen die Höhe der Geldbuße unangemessen hoch sein könnte. Die Betroffenen seien ehrenamtlich engagiert im Bereich der Schwanenpflege und des Schwanenschutzes. Es könnte auch eine Einstellung des Verfahrens in Betracht gezogen werden (OLG Koblenz, 2 SsBs 114/11 und 1 SsBs 105/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Großeltern können ihren Enkeln im Wege der Ersatzhaftung Unterhalt schulden.

Allerdings ist die Ersatzhaftung nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm nicht bereits begründet, wenn der grundsätzlich zur Unterhaltszahlung verpflichtete Elternteil nicht leistungsfähig ist. Erforderlich ist auch, dass dem betreuenden Elternteil die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zumutbar ist.

Diese Voraussetzungen lagen in dem vorliegenden Fall nach Feststellung der Richter nicht vor. Dort hatten drei durch ihre Mutter betreute minderjährige Kinder im Alter von 11, 9 und 6 Jahren von ihrem Großvater väterlicherseits Unterhalt verlangt. Der getrennt lebende Vater konnte aufgrund einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit nur einen Teil des Kindesunterhalts zahlen. Die Mutter übte eine geringfügige Beschäftigung aus. Der Großvater ist dem Anspruch unter Hinweis auf einer der Mutter obliegenden gesteigerten Erwerbsobliegenheit entgegengetreten. Nach Auffassung des OLG hat er die Unterhaltszahlungen zu Recht abgelehnt. Großeltern würden unterhaltsbedürftigen minderjährigen Kindern nur nachrangig nach den Eltern haften. Ihre Unterhaltspflicht komme erst in Betracht, wenn beide Eltern leistungsunfähig seien. Insoweit könne auch die die Kinder betreuende Mutter verpflichtet sein, Barunterhalt zu leisten. Dazu müsste sie ggfls. eine Erwerbstätigkeit ausüben. Davon könne nur abgesehen werden, wenn dies aus Gründen des Kindeswohls unzumutbar sei. Das habe die Mutter hier aber nicht nachgewiesen. Auch wenn sie drei minderjährige Kinder zu betreuen habe, sei die Notwendigkeit einer durchgehenden persönlichen Betreuung der Kinder nicht erkennbar, zumal das jüngste Kind bereits 6 Jahre alt sei. Es sei nicht ersichtlich, dass der Mutter die Aufnahme einer über den Umfang einer geringfügigen Beschäftigung hinausgehenden, mindestens halbschichtigen Erwerbstätigkeit zur Sicherstellung des Barunterhalts der Antragsteller nicht möglich sei (OLG Hamm, II-6 WF 232/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Bewerber für den Polizeidienst darf nicht deshalb abgelehnt werden, weil er an beiden Armen große Tätowierungen von der Schulter bis zu den Unterarmen aufweist.

Hierauf wies das Verwaltungsgericht (VG) Aachen im Fall eines Mannes hin, der sich für den Polizeidienst beworben hatte. Das Landesamt für die Polizeiausbildung im Kreis Unna hatte ihn wegen seiner Tätowierungen für ungeeignet gehalten. Deutlich sichtbare Tätowierungen seien mit der Neutralität eines Polizeibeamten nicht in Einklang zu bringen. Nach einem Erlass des Innenministeriums aus dem Jahre 1995, bestätigt durch einen Erlass vom August 2012, stellten Tätowierungen, die beim Tragen von Hemden mit kurzen Ärmeln zu sehen seien, einen Eignungsmangel dar.

Das sah das VG jedoch anders. Der generelle Ausschluss des Klägers vom Auswahlverfahren verstoße gegen dessen Grundrechte. Der Kläger könne sich auf sein Persönlichkeitsrecht und das Recht auf Zugang zum öffentlichen Dienst berufen. Zwar könnten Grundrechte eingeschränkt werden, um die Funktionsfähigkeit der Polizei zu erhalten. Im Falle des Klägers gehe die Einschränkung aber zu weit. Als milderes Mittel käme z.B. in Betracht, den Kläger auch im Sommer verpflichtend ein Hemd mit langen Ärmeln tragen zu lassen. Der Kläger darf nun, wenn er sich im kommenden Jahr wieder für den Polizeidienst bewerben sollte, nicht wegen seiner Tätowierungen zurückgewiesen werden (VG Aachen, 1 K 1518/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer einen Mietwagen tatsächlich in nennenswertem Umfang benutzt hat, hat ihn auch gebraucht.

Das ist die Ansicht des Amtsgerichts (AG) Leipzig im Rechtsstreit eines Unfallgeschädigten, dem der gegnerische Versicherer den Mietwagen nicht erstatten wollte. Der Versicherer hatte behauptet, der Geschädigte hätte den Mietwagen gar nicht gebraucht, er wäre auch so zurecht gekommen. Er müsse erst mal beweisen, dass die Anmietung unumgänglich gewesen sei. Der zuständige Richter löste den Rechtsstreit ganz lebensnah. Wer knapp 500 Kilometer mit dem Mietwagen gefahren sei, habe allein dadurch gezeigt, dass er ihn brauche (AG Leipzig, 106 C 3272/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Im Rahmen einer Nachlassvollstreckung ist häufig unbekannt, dass ein Nachlassgläubiger, der seine Forderung später als fünf Jahre nach dem Erbfall dem Erben gegenüber geltend macht, einem ausgeschlossenen Gläubiger gleichsteht. Ausnahme: Die Forderung ist dem Erben vor dem Ablauf der fünf Jahre bekannt geworden oder im Aufgebotsverfahren angemeldet.

Die Folge für eine solche Nachlässigkeit eines Nachlassgläubigers besteht darin, dass der Erbe nicht mit seinem Eigenvermögen haftet. Der Erbe haftet diesem Gläubiger gegenüber nur mit dem sogenannten Nachlassüberschuss.

Es ist daher unbedingt erforderlich, dass Nachlassgläubiger die bekannten Erben von ihren anspruchsbegründenden Tatsachen gegen den Erblasser schnellstmöglich – nachweisbar – informieren, um sich somit einen Zugriff auf das Eigenvermögen des Erben zu sichern.

Hinweis: Für die Einrede des Erben spielt es keine Rolle, ob der Gläubiger seine Forderung überhaupt geltend machen konnte oder an der Geltendmachung – gleich aus welchen Gründen – verhindert war. Voraussetzung ist jedoch, dass der Nachlassgläubiger seine Forderung weder gerichtlich noch außergerichtlich gegenüber dem Erben irgendwie behauptet hat.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl