Wird für eine Eigentumswohnung ein sittenwidrig überhöhter Kaufpreis gezahlt, hat der Käufer ein Recht auf Rückabwicklung des Vertrags.

Mit dieser Entscheidung bestätigte das Kammergericht (KG) in einem Berufungsurteil ein Urteil des Landgerichts, durch das die Verkäuferin zur Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückübertragung des Wohnungseigentums verurteilt worden war. Die Sittenwidrigkeit ergebe sich nach Ansicht der Richter aus einem auffälligen Missverhältnis zwischen dem verlangten Kaufpreis und dem tatsächlichen Wert der Wohnung. Einem Kaufpreis in Höhe von 76.200 EUR habe ein sachverständig festgestellter Wohnungswert in Höhe von lediglich 29.000 EUR für die knapp 33 m² große Wohnung gegenübergestanden. Zu Recht habe das Landgericht daraus auf eine „verwerfliche Gesinnung“ der Verkäuferin geschlossen. Diese könne sich nicht mit einem Bericht über die Einschätzung des Verkehrswerts rechtfertigen, den sie seinerzeit eingeholt habe und der zu einem durchschnittlichen Marktwert in Höhe von 1.790 EUR/m² gelangt sei. Dieser Bericht beruhe erkennbar auf der Annahme, dass vor dem Verkauf noch umfangreiche Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten durchgeführt würden. Nach dem Urteil muss sich die Klägerin allerdings auf ihren zurückverlangten Kaufpreis Mieteinnahmen aus der Wohnung in Höhe von 11.063,25 EUR ebenso anrechnen lassen wie Nutzungsvorteile, die sie dadurch erlangt hat, dass sie die Wohnung zeitweilig selbst genutzt hat (KG, 11 U 18/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Das Gericht muss den Betroffenen von seiner Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbinden, wenn dieser seine Fahrereigenschaft eingeräumt und im Übrigen angekündigt hat, sich in der Hauptverhandlung nicht weiter zur Sache zu äußern. Das gilt auch, wenn es sich bei dem Betroffenen um einen Heranwachsenden handelt.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. in einem entsprechenden Fall hin. Die Richter bestätigten damit eine feststehende Rechtsprechung. Von Bedeutung ist dabei der Hinweis des OLG darauf, dass die Entbindungspflicht auch bei einem Heranwachsenden gilt. Auch bei ihm kann also nicht mit dem Hinweis auf den erforderlichen persönlichen Eindruck die Erlaubnis, der Hauptverhandlung fernzubleiben, verweigert werden (OLG Frankfurt a.M., 2 Ss OWi 181/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Träger eines Kindergartens muss einem Autofahrer Schadenersatz wegen der Beschädigung seines Autos durch Kindergartenkinder zahlen, wenn die Erzieherinnen der betreffenden Kita ihre Aufsichtspflicht verletzt haben.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz im Fall eines Autofahrers, der sein Fahrzeug am Rande des Außenbereichs einer Kindertagesstätte geparkt hatte. Auf dem Freigelände der Kita hielt sich eine Gruppe von acht Kindern auf, die von einer Erzieherin betreut wurden. Drei Kinder verließen die Gruppe und begaben sich in Richtung des Außenzaunes, der zur unmittelbar angrenzenden Parkfläche durchlässig ist. Sie nahmen Steine in die Hand und warfen diese gegen das parkende Auto des Klägers. Es handelte sich um so viele Steine, dass insgesamt 21 Dellen im Fahrzeug festgestellt wurden.

Die Richter betonten in der Urteilsbegründung zwar, dass eine permanente und lückenlose Überwachung der Kinder „auf Schritt und Tritt“ in einer Kita nicht zu gewährleisten und auch nicht geboten sei. Für die Frage der Aufsichtspflichtverletzung müssten daher immer die Besonderheiten des einzelnen Falls in den Blick genommen werden, wie etwa die Eigenheiten der jeweiligen Kinder, die örtlichen Gegebenheiten und die Aufsichtssituation. Die Beschaffenheit des Freigeländes (lockere große Kieselsteine, durchlässiger Zaun zur unmittelbar angrenzenden Parkfläche) habe in diesem speziellen Fall ein konkretes Gefahrenpotenzial für fremdes Eigentum entstehen lassen. Wenn sich dann drei spielende Kinder aus ihrer Gruppe eigenmächtig in Richtung Zaun entfernten, dürften diese nicht – wie hier – länger andauernd unbeobachtet bleiben. Ein Zeuge hatte zudem angegeben, die Steine seien „wie bei einem Maschinengewehr“ auf das Auto geprallt. Die Erzieherinnen auf dem Außengelände hingegen hatten bekundet, nichts von alledem mitbekommen zu haben. In der Gesamtschau all dieser Umstände sah das OLG eine Verletzung der Aufsichtspflicht und verurteilte den Kindergartenträger zum Ersatz des Schadens (OLG Koblenz, 1 U 1086/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die achtjährige Tochter einer deutsch-amerikanischen Staatsangehörigen und eines Amerikaners muss sofort in die USA zurückgebracht werden. Die Mutter ist nicht berechtigt, das Kind in Deutschland gegen den Willen des gemeinsam mit der Mutter sorgeberechtigten Vaters zurückzuhalten.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle im Falle einer Familie entschieden, die bis zum Sommer 2010 gemeinsam in den USA gelebt hatte. Nach einer Urlaubsreise von Mutter und Tochter in jenem Sommer weigerte sich die Mutter, mit dem Kind in die USA zurückzukehren. Zwar verpflichtete sie sich im Rahmen des daraufhin vom Vater in Deutschland eingeleiteten Gerichtsverfahrens, das Kind spätestens zu Beginn des Jahres 2012 in die USA zurückzubringen. Zu einer Rückkehr kam es aber nicht.

Der für Verfahren nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen (HKÜ) zuständige Familiensenat des OLG hat nun die sofortige Rückführung angeordnet. Das unter anderem für die grenzüberschreitende Kindesentziehung zwischen den USA und Deutschland, aber auch im Verhältnis zu 85 weiteren Staaten geltende internationale Übereinkommen dient der raschen Beendigung grenzüberschreitender Kindesentziehungen. Es sieht vor, dass das Gericht die Rückführung des Kindes anzuordnen hat, wenn das Kind unter Verletzung des Sorgerechts eines Elternteils widerrechtlich in einem Staat zurückgehalten wird. Das war nach Ansicht der Richter hier der Fall. Sie machten deutlich, dass die Mutter nicht einwenden könne, dass sich das Kind binnen des fast zweijährigen Aufenthalts in Deutschland an die Umgebung gewöhnt habe. Denn die Unterbrechung der gegenwärtigen Situation sei typische Folge der von dem entführenden Elternteil einseitig und widerrechtlich herbeigeführten Lage, auf die sich der Entführende nicht berufen könne, weil sie allein durch sein Handeln hervorgerufen würde. Auch die Trennung von der Mutter sei kein gegen eine Rückführung sprechendes Argument. Es stehe der Mutter frei, ebenfalls in die USA zurückzukehren. Mit dem Beschluss setze das OLG das Recht des Vaters durch, der genau die gleichen Rechte wie die Mutter habe. Kindesentführungen dürften im Verhältnis westlicher Rechtsstaaten keinen Bestand haben, weil sie letztlich eine Form der Selbstjustiz darstellen (OLG Celle, 18 UF 171/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Mieter muss die Möglichkeit haben, Wäsche zu waschen und zu trocknen. Das gehört bei der Vermietung einer Wohnung zum Kernbereich des Mietgebrauchs.

Das schrieb das Amtsgericht (AG) Wiesbaden einem Vermieter ins Stammbuch. Dieser hatte zuvor in der Waschküche des Mietshauses die Wäscheleinen entfernt und den Mietern verboten, weiterhin Wäsche im Keller aufzuhängen. Der Mietvertrag sieht vor, dass in der Wohnung keine Wäsche getrocknet werden darf. Es gab auch keinen gesonderten Trockenraum. Zudem verfügten die Wohnungen nicht über einen Balkon.

Der Richter entschied auf die Klage der Mieter, dass der Vermieter in der Waschküche wieder Wäscheleinen anbringen müsse. Es gehöre zum Kernbereich des Mietgebrauchs bei der Vermietung für Wohnzwecke, dass die Mieter eine Wasch- und Trockenmöglichkeit hätten. Da das Trocknen in der Wohnung verboten sei, müsse den Mietern eine alternative Möglichkeit geboten werden. Der Vermieter könne auch nicht von den Mietern verlangen, einen Wäschetrockner zu kaufen. Zum einen würden hierdurch zusätzliche Kosten anfallen, zum anderen seien viele Wäschestücke nicht trocknergeeignet. Auch das Aufstellen von Flügelwäscheständern sei für Mieter unzumutbar. Die Wäsche hänge darauf enger als bei aufgespannten Wäscheleinen. Somit dauere das Trocknen in unbeheizten Räumen erheblich länger. Zudem könnten große oder dickere Wäschestücke, z.B. Bettwäsche oder Jeans, nur schlecht oder gefaltet aufgehängt werden (AG Wiesbaden, 91 C 6517/11 (18) ).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Arbeitet ein Architekt unzuverlässig, kann er aus der Architektenliste gestrichen werden.

Das musste sich ein Architekt vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen sagen lassen. Die Richter sahen ihn als unzuverlässig an, da er mehrfach fehlerbehaftete Bauanträge eingereicht hatte. Zudem hatte er als verantwortlicher Entwurfsverfasser fahrlässig unrichtige Erklärungen für genehmigungsfreie Wohngebäude abgegeben und den Beginn einer noch nicht genehmigten Baumaßnahme veranlasst. Die Summe dieser Fehlleistungen kostete ihn nun die Eintragung in die Architektenliste (OVG Niedersachsen, 8 LA 198/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ist der Arbeitnehmerin eine Hebammentätigkeit feststehend nicht mehr möglich, weil sie gesundheitlich dazu nicht mehr in der Lage ist und muss sie deshalb geringerwertiger eingesetzt werden, ist im Arbeitszeugnis der Grund für die Umsetzung anzugeben, um nicht den Anschein der Degradierung aus von der Arbeitnehmerin zu vertretenden Gründen zu erwecken.

So entschied das LAG Baden-Württemberg in einem entsprechenden Fall. Die Richter trafen auch noch zwei weitere wichtige Aussagen zum Arbeitszeugnis:

Wird nach Ausspruch einer arbeitgeberseitigen Änderungskündigung auf Vorschlag der ArbN ein Aufhebungsvertrag gegen Abfindung geschlossen, kann die ArbN verlangen, dass der ArbG ein Ausscheiden auf Wunsch der ArbN im Zeugnis bestätigt.

Die ArbN hat dagegen keinen Anspruch darauf, dass der ArbG ein Bedauern über das Ausscheiden der ArbN im Zeugnis wiedergibt.

(LAG Baden-Württemberg, 11 Sa 43/11)

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Kollision eines Einkaufswagens mit einem parkenden Pkw auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz ist ein „Unfall im Straßenverkehr“ im Sinne des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 StGB).

Diese auch für Fußgänger wichtige Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf. Es hob damit eine Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf auf, das die Frage genau anders gesehen hatte. Das OLG geht davon aus, dass Fahrzeuge auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz, auf dem auch Einkaufswagen bewegt werden, einer erhöhten Gefährdung durch wegrollende Einkaufswagen ausgesetzt seien. Es handele sich damit um eine typische Situation des Straßenverkehrs, dem auch parkende Fahrzeuge zuzurechnen seien. Das spezifische Gefahrenpotenzial eines Einkaufswagens bestehe nur in dieser typischen Verkehrssituation. Daher realisiere sich letztlich im Schadensfall ein typisches Verkehrsrisiko (OLG Düsseldorf, III-1 RVs 62/11).

Hinweis: Auch als Fußgänger kann man damit eine „Unfallflucht“ begehen. Rempeleien auf dem Supermarktparkplatz sollte man daher nicht auf die leichte Schulter nehmen

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Befindet sich auf einer Pizza ein Metallteil, ist diese mangelhaft und weist einen Fabrikationsfehler auf. Beißt der Kunde auf das Metall und bricht dadurch ein Teil des Zahnes ab, schuldet der Pizzabäcker Schadenersatz und Schmerzensgeld.

Diese Entscheidung traf das Amtsgericht (AG) München im Fall eines Mannes, der in einer Pizzeria zwei Pizzen für sich und seine Lebensgefährtin gekauft hatte. Als die Lebensgefährtin in ihre Pizza biss, knackte und knirschte es im Bereich der hinteren linken Backenzähne. In ihrem Mund fand sie ein Metallstück und einen Teil des Backenzahnes, der abgebrochen war. Die zahnärztliche Behandlung wurde von der Versicherung nur zu einem Teil ersetzt. Die restlichen 1127 EUR verlangte die Frau nun vom Inhaber des Pizzaservices, genauso wie auch Schmerzensgeld. Das lehnte dieser ab.

Daraufhin erhob die Frau Klage. Die zuständige Richterin gab ihr recht und verurteilte den Inhaber des Pizzaservice zur Zahlung der 1127 EUR und zu 300 EUR Schmerzensgeld. Die Pizza sei mangelhaft gewesen. Darüber hinaus hafte der Inhaber nach den Grundsätzen der Produkthaftung, da ein Fabrikationsfehler vorliege. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Pizzas in einem Karton transportiert wurden. Der Freund der Geschädigten habe die Hälfte gegessen und zwar ohne Gabel, Messer und Teller. Der Rest blieb im Karton und wurde von seiner Lebensgefährtin ebenfalls ohne Gabel, Messer und Teller konsumiert. Das unstreitig vorhandene Metallteil könne daher nicht durch einen der beiden auf die Pizza gelangt sein. Da allerdings in einer Pizzeria Dosen geöffnet werden, können hier durchaus Teile davon auf eine Pizza kommen. Der Zahnarzt hatte angegeben, dass eine erhebliche Gewaltanwendung auf den Zahn ausgeübt wurde, die zu einem Beißen auf ein Metallteil passen würde. Ein Mitverschulden der Frau liege auch nicht vor. Es habe sich um eine bunt belegte Pizza gehandelt, auf der das Teil nicht sofort erkennbar war. Wer Speisen verzehre, müsse schon aus lebensmittelrechtlichen Gesichtspunkten nicht damit rechnen, dass diese verunreinigt seien (AG München, 231 C 7215/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Pflichtteilsansprüche eines entfernteren Abkömmlings werden nicht durch letztwillige oder lebzeitige Zuwendungen des Erblassers geschmälert, die dieser einem trotz Erb- und Pflichtteilsverzichts testamentarisch zum Alleinerben bestimmten näheren Abkömmling zukommen lässt, wenn beide Abkömmlinge demselben Stamm gesetzlicher Erben angehören und allein dieser Stamm bedacht wird.

Das ist das Ergebnis eines Klageverfahrens vor dem Bundesgerichtshof (BGH), das eine Frau gegen ihre Mutter geführt hatte. Sie hatte darin Pflichtteilsansprüche nach dem verstorbenen Vater (Erblasser) ihrer Mutter – also ihrem Großvater – geltend gemacht. Der Erblasser hatte mit seiner Frau im Jahr 1987 ein notarielles gemeinschaftliches Testament errichtet. Darin hatten sich die beiden gegenseitig zum alleinigen und ausschließlichen Erben und ihre Enkelkinder zu Schlusserben eingesetzt. Dem Überlebenden des Erstversterbenden wurde das Recht vorbehalten, aus dem Kreis der gemeinschaftlichen Abkömmlinge oder deren Abkömmlinge abweichende Schlusserben zu bestimmen. Am selben Tag verzichtete die Beklagte ihren Eltern gegenüber allein für ihre Person, nicht aber für ihre Abkömmlinge, auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht. Nach dem Tod seiner Ehefrau setzte der Erblasser im Jahr 2000 die Beklagte mit notariellem Testament zu seiner alleinigen und ausschließlichen Erbin ein. Er ernannte die Klägerin zur Ersatzerbin. Die Parteien sind die einzigen Abkömmlinge des Erblassers und seiner vorverstorbenen Ehefrau. Mit der Klage verlangte die Klägerin von der Beklagten Zahlung in Höhe von 85.000 EUR nebst Zinsen sowie Auskunft über den Bestand des Nachlasses.

Die Richter am BGH entschieden, dass die Klägerin pflichtteilsberechtigt sei. Dem stehe nicht entgegen, dass ihre Mutter der nähere und als solcher grundsätzlich vorrangige Abkömmling des Erblassers sei. Jedoch gelte sie infolge ihres Erb- und Pflichtteilsverzichts als vorverstorben im Sinne des Erbrechts. An ihrer Stelle sei ihre Tochter, die Klägerin, in die gesetzliche Erb- und Pflichtteilsfolge eingerückt. Ihre Position als gesetzliche Erbin ihres Großvaters sei der Klägerin durch dessen Testament aber wieder entzogen worden. Der Erblasser sei durch den Erbverzicht nicht daran gehindert gewesen, die Beklagte als Erbin einzusetzen. Das Berufungsgericht habe zu Unrecht in der Annahme des testamentarisch zugewendeten Erbes eine auf den Pflichtteilsanspruch anzurechnende Entgegennahme eines der Beklagten „Hinterlassenen“ i.S. des Erbrechts gesehen. Wie eine Betrachtung der Entstehungsgeschichte der Vorschriften zum Pflichtteil und zum Erbverzicht ergebe, war es erklärtes Ziel des Gesetzgebers zu verhindern, dass demselben Stamm zweimal ein Pflichtteil gewährt würde. So sollte eine Pflichtteilsvervielfältigung zulasten des Nachlasses ausgeschlossen werden. Von diesem Normzweck werde die Erbfolge nach dem Vater bzw. Großvater der Parteien nicht erfasst. Soweit der trotz Erb-und Pflichtteilsverzichts zum gewillkürten Alleinerben bestimmte nähere Abkömmling und der entferntere Pflichtteilsberechtigte dem einzigen Stamm gesetzlicher Erben angehören, würden die Zuwendungen nur das Innenverhältnis dieses Stammes berühren. Blieben solche Zuwendungen – hier die testamentarische Erbeinsetzung der Beklagten – bei der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen unberücksichtigt, drohe dem Nachlass keine Vervielfältigung der Pflichtteilslast, wie sie das Gesetz gerade vermeiden will (BGH, IV ZR 239/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl