Der im Versicherungsvertragsgesetz vorgeschriebene auffällige Hinweis auf eine Leistungsfreiheit des Versicherers bei einem Zahlungsverzug des Versicherungsnehmers mit der Erstprämie muss in aller Regel bereits auf der Vorderseite des Versicherungsscheins erfolgen.

Diese Ansicht vertritt das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg. Eine Ausnahme lassen die Richter allerdings zu. Findet sich auf der Vorderseite ein durch Fett- oder Großdruck hervorgehobener Hinweis auf die später folgende Belehrung, reicht dies ebenfalls aus. Fehlt dieser Hinweis auf der Vorderseite allerdings, so könne sich der Versicherer meist nicht auf eine Leistungsfreiheit wegen Zahlungsverzugs berufen. So reiche eine Belehrung auf den Folgeseiten alleine selbst mit einer Überschrift im Fettdruck nicht aus, wenn diese Hervorhebung durch andere, merklich unwichtigere, ebenfalls im Fettdruck gehaltene Hinweise im Gesamtkontext des Versicherungsscheins abgeschwächt werde (OLG Naumburg, 4 U 94/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Selbstständige, die unterhaltsberechtige Personen finanziell unterstützen, dürfen pro Jahr bis zu 8.004 EUR als außergewöhnliche Belastung abziehen. Dieser Höchstbetrag mindert sich, wenn die Einkünfte des Selbstständigen zu niedrig sind (Opfergrenze).

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt die Opfergrenzen-Berechnung der Finanzverwaltung, die für Selbstständige ungünstig war, für ungültig erklärt. Das Finanzamt hat bei der Ermittlung der Opfergrenze bisher nur den Gewinn des Jahres angesetzt, in dem die Zahlungen geleistet wurden. Das war für Selbstständige tendenziell ungünstig, weil deren Einkünfte erheblich schwanken. Der BFH hat dieser Berechnungsweise jetzt auch eine Absage erteilt. Künftig sollen die Finanzämter die Einkünfte eines Dreijahreszeitraums bei der Ermittlung der Opfergrenze heranziehen (BFH, VI ZR 31/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Kernsanierung eines Mehrfamilienhauses aus den 1950er Jahren im Jahr 2008 führt bei einer späteren auf den Münchener Mietspiegel gestützten Mieterhöhung nicht zu einer Baujahresänderung. Das Gebäude ist bei Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach dem Mietspiegel nach wie vor mit dem ursprünglichen Baujahr einzustufen.

Das entschied jetzt rechtskräftig das Landgericht (LG) München I im Fall einer Vermieterin, die im Jahr 2009 eine denkmalgeschützte Wohnsiedlung übernommen hatte. Bereits in den Jahren 2007/2008 war das Ensemble unter energetischen Gesichtspunkten generalsaniert worden. Im Juli 2010 verlangte die Vermieterin daraufhin von einem Wohnungsmieter unter Bezugnahme auf den Münchener Mietspiegel eine Mieterhöhung um 20 Prozent und stufte das sanierte Gebäude wegen der durchgeführten Baumaßnahmen mit dem Baujahr 2008 ein. Dies führte im Ergebnis zu einer höheren ortsüblichen Vergleichsmiete gegenüber der Einordnung mit dem Erbauungsjahr. Eine Energieeinsparung von mehr als 60 Prozent sei durch Fassadensanierung, Wärmedämmung, neue Fenster und Türen und weitere Maßnahmen erreicht worden, behauptet die klagende Vermieterin.

Die Richter am LG sahen das jedoch anders. Nach ihrer Ansicht führe die Generalsanierung des Gebäudes nicht zu einer Änderung der Baujahresklassifizierung nach dem Münchener Mietspiegel. Das Gebäude sei nach wie vor mit dem ursprünglichen Baujahr 1955 einzustufen. Die durchgeführten Verbesserungen und Veränderungen würden im Rahmen der Mietspiegelberechnung nur durch eine bessere Beschaffenheit und Ausstattung der Wohnung berücksichtigt, führte die Kammer unter Bezugnahme auf die Dokumentation zum Münchener Mietspiegel aus. Mit dem Mietspiegel werde nach verschiedenen Kriterien (z.B. Grundpreis nach Alter des Gebäudes und Wohnungsgröße, Zu- oder Abschläge für Wohnlage, bestimmte Gebäudetypen, Ausstattungsmerkmale und andere Faktoren) die ortsübliche Vergleichsmiete ermittelt. Im Ergebnis sei die Mieterhöhung daher insgesamt nur teilweise begründet (LG München I, 14 S 16973/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Für die Ausübung seines gesetzlichen Überwachungsrechts im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements muss der Betriebsrat den betroffenen Personenkreis kennen. Er kann daher die Offenlegung der Namen der betroffenen Arbeitnehmer verlangen.

Mit dieser Entscheidung stärkte das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Stellung des Betriebsrats. Von der Entscheidung betroffen war der Betrieb eines Arbeitgebers, der auf dem Gebiet der Luftfahrttechnik tätig ist. Dort besteht eine Betriebsvereinbarung über die Durchführung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements. Diese regelt u.a., dass der Betriebsrat quartalsweise ein Verzeichnis der Mitarbeiter enthält, die im Jahreszeitraum mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig krank waren. Der Arbeitgeber möchte die Namen dieser Mitarbeiter gegenüber dem Betriebsrat nur bei Erteilung des Einverständnisses der betroffenen Arbeitnehmer offenlegen.

Der 1. Senat des BAG hat klargestellt, dass der Betriebsrat die Angabe der Namen sämtlicher Arbeitnehmer, die für die Durchführung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements in Betracht kommen, verlangen könne. Der Arbeitgeber dürfe die namentliche Benennung auch nicht vom Einverständnis dieser Arbeitnehmer abhängig machen. Da der Betriebsrat in Ausübung seines gesetzlichen Überwachungsrechts das Betriebliche Eingliederungsmanagement allen Beschäftigten anzubieten hat, die im Jahreszeitraum mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig krank gewesen sind, muss er diesen Personenkreis auch kennen. Entsprechend könnten einer namentlichen Benennung im Ergebnis weder datenschutzrechtliche Gründe noch das Recht der Europäischen Union entgegenstehen (BAG, 1 ABR 46/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wurden bei einem neu errichteten Haus Nachbesserungen am Dach vorgenommen, kann der Bauherr trotzdem gegen die offenen Werklohnforderungen mit einem Ersatz des merkantilen Minderwerts des Hauses aufgrund dieser Fehlerhaftigkeit aufrechnen.

Das machte das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart deutlich. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass wegen des Mangels die komplette Dachlattung geändert werden musste. Dies stelle trotz Reparatur einen Mangel des Gebäudes dar. Sei der Konstruktionsfehler bekannt, würde ein großer Teil der maßgeblichen Verkehrskreise auch bei ordnungsgemäßer Durchführung der Sanierungsarbeiten nur einen niedrigeren Preis für die Immobilie zahlen. Grundsätzlich werde von einer Dachkonstruktion nämlich ein geringer Reparaturbedarf erwartet. Vorliegend sei dies jedoch unsicher, da die Auswirkungen des Mangels nicht absehbar seien. Zudem sei eine vollständige Überprüfung der Sanierungsarbeiten meist nicht möglich. Eine erneute Öffnung des Dachs zur Prüfung sei wiederum mit hohen Kosten und Schadensrisiken verbunden (OLG Stuttgart, 12 U 74/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bei der fiktiven Abrechnung von Reparaturkosten ist nur die Umsatzsteuer herauszurechnen, nicht jedoch weitere Abgaben und Steuern.

So entschied das Amtsgericht (AG) Stuttgart-Bad Cannstatt und wies damit einen Haftpflichtversicherer in seine Grenzen. Dieser hatte eine zehnprozentige Kürzung der Netto-Reparaturkosten damit begründet, dass in den Reparaturkosten Lohnnebenkosten und Sozialabgaben kalkuliert seien, die, ebenso wie die Umsatzsteuer, nur erstattungsfähig seien, wenn sie tatsächlich anfallen.

Diesen Standpunkt wies das AG jedoch zurück. Aus dem Gesetzeswortlaut, der Gesetzesbegründung und der Entstehungsgeschichte gehe klar hervor, dass der Gesetzgeber lediglich die fiktive Umsatzsteuer gekappt sehen wolle. Der Versicherer müsse daher die vom Sachverständigen ermittelten Netto-Reparaturkosten vollständig und ungekürzt erstatten (AG Stuttgart-Bad Cannstatt, 2 C 79/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Gerade zur Reisezeit passiert es häufiger, dass Flüge überbucht sind, annulliert werden oder sich verspäten. Auch ist es nicht selten, dass Reisegepäck verloren geht oder beschädigt bzw. verspätet abgeliefert wird. In all diesen Fällen haben Fluggäste umfangreiche Ansprüche gegen die Fluggesellschaften. Diese Ansprüche nutzen in der Praxis aber nur wenig, wenn sie nicht auch tatsächlich schnell, kostengünstig und unbürokratisch durchgesetzt werden können. Hier setzt der Anfang Juni vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzesentwurf zur Schlichtung im Luftverkehr an. Das geplante Gesetz soll dafür sorgen, dass sich künftig jeder Fluggast an eine Schlichtungsstelle wenden kann, um seine Ansprüche außergerichtlich geltend zu machen. Von dem Schlichtungsverfahren profitieren auch die Luftfahrtunternehmen. Die Vermeidung eines Gerichtsverfahrens ist oft auch für sie die kostengünstigere Lösung und dient dem Erhalt der Kundenbeziehungen. In anderen Wirtschaftszweigen, etwa bei den Versicherungen, ist Schlichtung bereits ein Erfolgsmodell.

Vor einigen Monaten konnte mit den Verbänden der deutschen und der ausländischen Fluggesellschaften eine Einigung auf eine freiwillige Teilnahme an einer Schlichtung erzielt werden. Die Freiwilligkeit der Teilnahme lässt erwarten, dass auch die Schlichtung im Luftverkehr ein Erfolgsmodell wird. Eine gesetzlich verordnete Schlichtung gegen den Willen der Unternehmen wäre zum Scheitern verurteilt gewesen, weil niemand gesetzlich gezwungen werden kann, Schlichtungsvorschläge zu akzeptieren.

Zum Hintergrund: Fluggäste haben aus dem internationalen, europäischen und nationalen Recht umfangreiche Ansprüche gegen die Fluggesellschaft in Fällen der Nichtbeförderung, Annullierung und Verspätung von Flügen sowie der Beschädigung oder des Verlustes von Gepäck. Hieraus erwachsende Zahlungsansprüche bis zu 5.000 EUR schnell, kostengünstig und durch eine unabhängige Stelle schlichten zu können, ist das Ziel des Gesetzesentwurfs. Da Voraussetzung für das Funktionieren der Schlichtung ihre Akzeptanz durch die Luftfahrtunternehmen ist, hat die Bundesregierung intensive Gespräche mit den Luftfahrtunternehmen und ihren Verbänden geführt. Dabei ist es letztlich gelungen, sich auf gemeinsame Eckpunkte für eine Schlichtung im Luftverkehr zu verständigen.

Inhaltlich basiert der Gesetzesentwurf auf den Eckpunkten und setzt diese um, soweit dies durch Gesetz erfolgen muss. Dabei setzt die Bundesregierung zunächst auf eine freiwillige Schlichtung durch privatrechtlich, d.h. durch die Luftfahrtunternehmen organisierte Schlichtungsstellen. Erfüllen sie die gesetzlich festgelegten Anforderungen, insbesondere an die Unparteilichkeit der Stelle und die Fairness des Verfahrens, können sie von der Bundesregierung anerkannt werden (§ 57 Luftverkehrsgesetz (LuftVG). Unternehmen, die sich nicht freiwillig an der Schlichtung beteiligen, werden einer behördlichen Schlichtung überantwortet (§ 57a LuftVG). Das Verfahren ist für den Fluggast – abgesehen von Missbrauchsfällen – kostenlos.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

In den letzten Jahren haben sich die Formen des Zusammenlebens von Familien rasant geändert. Der Anteil der nichtehelich geborenen Kinder hat sich von 15 Prozent im Jahr 1995 auf etwa 33 Prozent im Jahr 2010 mehr als verdoppelt. Die Zahlen zeigen, dass ein modernes Sorgerecht erforderlich ist, das die Interessen aller Beteiligten angemessen berücksichtigt.

Das Bundeskabinett hat daher einen Gesetzesentwurf zur Reform der elterlichen Sorge nicht verheirateter Eltern beschlossen. Durch die geplante Neuregelung soll unverheirateten Vätern der Zugang zum Sorgerecht für ihre Kinder vereinfacht werden. Der Vater soll nunmehr die Mitsorge auch dann erlangen können, wenn die Mutter dem nicht zustimmt. Für ein Kind sind grundsätzlich beide Eltern wichtig. Ein Kind soll nach Möglichkeit in seinem persönlichen Leben beide Elternteile als gleichberechtigt erleben. Nach dem neuen Leitbild des Entwurfs sollen daher grundsätzlich beide Eltern die Sorge gemeinsam tragen, wenn das Kindeswohl dem nicht entgegensteht.

Das neue Sorgerechtsverfahren soll schnell und unbürokratisch funktionieren. Es ist vorgesehen, dass der Vater mit einem Antrag beim Familiengericht die Mitsorge beantragen kann. Äußert sich die Mutter zu dem Antrag nicht oder trägt sie lediglich Gründe vor, die erkennbar nichts mit dem Kindeswohl zu tun haben, wird die Mitsorge in einem vereinfachten Verfahren rasch gewährt, wenn dem Gericht auch sonst keine der gemeinsamen Sorge entgegenstehenden Gründe bekannt sind. Unbeachtlich kann zum Beispiel der pauschale Einwand der Mutter sein, sie wolle alleine entscheiden können, weil sie nur eine kurze Beziehung zum Kindsvater gehabt habe oder keinen Kontakt mehr mit ihm haben wolle.

Die gemeinsame Sorge ist nur dann zu versagen, wenn sie dem Kindeswohl widerspricht. Mit diesem Prüfungsmaßstab soll die Neuregelung der gesellschaftlichen Entwicklung Rechnung tragen. Sie appelliert auch an nicht miteinander verheiratete Eltern, die gemeinsame Verantwortungsübernahme im Interesse ihres Kindes möglichst im Wege der einvernehmlichen gemeinsamen Sorge zu ermöglichen.

Zum Hintergrund:

Nach altem Recht erhielten Eltern, die nicht miteinander verheiratet waren, das gemeinsame Sorgerecht nur, wenn sie heirateten oder sich übereinstimmend für die gemeinsame Sorge entschieden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sah darin einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen Grundrechte. Das Bundesverfassungsgericht hatte in seiner Entscheidung vom 21. Juli 2010 festgestellt, dass der Gesetzgeber „dadurch unverhältnismäßig in das Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes eingreift, dass er ihn generell von der Sorgetragung für sein Kind ausschließt, wenn die Mutter des Kindes ihre Zustimmung zur gemeinsamen Sorge mit dem Vater oder zu dessen Alleinsorge für das Kind verweigert, ohne dass ihm die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung am Maßstab des Kindeswohls eingeräumt ist.“

Die geplante Neuregelung ermöglicht die gemeinsame Sorge immer dann, wenn das Wohl des Kindes nicht entgegensteht. Um zügig Klarheit über die Sorgerechtsfrage zu ermöglichen, findet das normale familiengerichtliche Verfahren nur statt, wenn tatsächlich Kindeswohlfragen zu klären sind. Geplant ist folgendes abgestuftes Verfahren:

Erklärt die Mutter nicht von selbst ihr Einverständnis mit der gemeinsamen Sorge, hat der Vater die Wahl: Er kann zunächst zum Jugendamt gehen, um doch noch eine Einigung mit der Mutter zu erreichen. Der Gang zum Jugendamt ist aber nicht verpflichtend. Wenn der Vater diesen Weg nicht oder nicht mehr für Erfolg versprechend hält, kann er auch jederzeit das Familiengericht anrufen.

Im gerichtlichen Verfahren erhält die Mutter Gelegenheit zur Stellungnahme zum Antrag des Vaters. Die Frist dafür endet frühestens sechs Wochen nach der Geburt. Durch diese Frist soll sichergestellt werden, dass die Mutter nicht noch unter dem Eindruck der Geburt eine Erklärung im gerichtlichen Verfahren abgeben muss.

Das Familiengericht entscheidet in einem beschleunigten und überdies vereinfachten Verfahren, bei dem eine Anhörung des Jugendamts und eine persönliche Anhörung der Eltern entbehrlich sind, sofern die Mutter entweder gar nicht Stellung nimmt oder sich zwar äußert, wobei die Gründe, die sie gegen die gemeinsame Sorge vorträgt, aber solche sind, die mit dem Kindeswohl nicht im Zusammenhang stehen. Derartige kindeswohlrelevante Gründe dürfen dem Gericht auch sonst nicht bekannt sein. Eine umfassende gerichtliche Prüfung ist mithin nur dort vorgesehen, wo sie zum Schutz des Kindes wirklich erforderlich ist. Der Entwurf trägt damit gleichzeitig einer rechtstatsächlichen Untersuchung Rechnung, wonach es in vielen Sorgerechtsstreitigkeiten weniger um das Kindeswohl geht. Es kann nämlich auch eine nachgeholte Beziehungsauseinandersetzung Quelle für den Rechtsstreit sein.

Das Familiengericht spricht dem Vater das Sorgerecht zu, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht (negative Kindeswohlprüfung).

Dem Vater wird der Zugang zur Alleinsorge auch ohne Zustimmung der Mutter eröffnet. Voraussetzung dafür ist, dass eine gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

Gegenüber dem Referentenentwurf haben sich noch gewisse Änderungen ergeben. Die Änderungen betreffen zum einen den einvernehmlichen Wechsel der Alleinsorge von der Mutter auf den Vater. Der Regierungsentwurf entscheidet sich nunmehr dafür, die gegenwärtige rechtliche Regelung beizubehalten, wonach bei Einvernehmen der Eltern über den Wechsel der Alleinsorge eine gerichtliche Kontrolle des Kindeswohls zu erfolgen hat. An der insoweit anderslautenden Fassung des Referentenentwurfs wurde nicht festgehalten. Das Bedürfnis für eine gerichtliche Kontrolle ergibt sich aus dem Umstand, dass es zu einem vollständigen Austausch des Sorgeberechtigten kommt. Der bisher an der Sorge nicht beteiligte Vater übernimmt alleine die Sorgeverantwortung; die bisher allein sorgeberechtigte Mutter scheidet vollständig aus der Sorgeverantwortung aus. Dies wird für das Kind regelmäßig mit größeren Veränderungen verbunden sein, als dies lediglich beim Ausscheiden eines von zwei bisher gemeinsam Sorgeberechtigten der Fall ist.

Anders als nach der bisher geltenden Regelung des § 1672 BGB soll künftig aber lediglich eine negative Kindeswohlprüfung stattfinden; es soll nicht mehr erforderlich sein, dass die Übertragung der Alleinsorge auf den Vater dem Kindeswohl dient. Dies entspricht dem neuen gesetzlichen Leitbild, wonach der nicht mit der Mutter verheiratete Vater dort, wo es dem Kindeswohl nicht widerspricht, an der elterlichen Sorge teilhaben soll.

Außerdem sieht der Entwurf nunmehr vor, dass der Antrag auf Übertragung der gemeinsamen Sorge dem anderen Elternteil zuzustellen ist. Weiter wurde die Pflicht des Antragstellers zur Angabe des Geburtsorts des Kindes aufgenommen. Dies erleichtert der mitteilungspflichtigen Stelle die Ermittlung des Geburtsjugendamts. Schließlich soll im normalen, nicht vereinfachten Verfahren nunmehr grundsätzlich auf Einvernehmen hingewirkt werden.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Im Gewerberaummietverhältnis bedarf die Umlage von Betriebskosten auf den Mieter einer inhaltlich bestimmten und eindeutigen Vereinbarung.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hin. Die Richter machten in der Entscheidung deutlich, dass Unklarheiten zulasten des Vermieters gehen würden. Für den Mieter müsse sich aus der Vereinbarung ergeben, welche Betriebskostenarten er tragen müsse. Nur so könne er sich ein jedenfalls grobes Bild von den auf ihn zukommenden zusätzlichen Kosten machen. Die Umlage könne allerdings auch durch eine hinreichend konkrete Bezugnahme auf den Betriebskostenkatalog der Anlage 3 zu § 27 der II. Betriebskosten-Verordnung vereinbart werden (OLG Schleswig, 4 U 7/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Begründet ein Arbeitgeber seine Maßnahme gegenüber dem Arbeitnehmer, muss diese Auskunft zutreffen. Ist sie dagegen nachweislich falsch oder steht sie im Widerspruch zum Verhalten des Arbeitgebers, kann dies ein Indiz für eine Diskriminierung bedeuten.

Hierauf wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer türkischstämmigen Arbeitnehmerin hin. Diese war zunächst befristet für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Dezember 2008 als Sachbearbeiterin eingestellt worden. Im Oktober 2008 fand ein Personalgespräch statt, in dem es auch um Arbeitsfehler der Arbeitnehmerin ging. Im November 2008 wurde die Verlängerung der befristeten Beschäftigung für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Januar 2010 vereinbart. Im September 2009 teilte der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin mit, dass eine Verlängerung oder Entfristung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. Februar 2010 nicht erfolgen werde. Die Arbeitnehmerin machte, auch mit Hinweis auf den geringen Anteil von Beschäftigten nichtdeutscher Herkunft, eine Diskriminierung wegen ihrer ethnischen Herkunft geltend. Dies verneinte der Arbeitgeber, weitere Begründungen lehnte er ab. Am 31. Januar 2010 erstellte der Arbeitgeber ein Arbeitszeugnis mit der Leistungsbeurteilung „zu unserer vollsten Zufriedenheit“. Gegen die von der Klägerin angestrengte Klage auf Entschädigung wegen ethnischer Diskriminierung verteidigte sich der Arbeitgeber mit dem Argument, die Entfristung sei wegen der nicht genügenden Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin abgelehnt worden.

Anders als das Arbeitsgericht hat das Landesarbeitsgericht den Arbeitgeber zur Zahlung einer Entschädigung von 2.500 EUR und von Schadenersatz verurteilt. Dessen Revision hatte Erfolg. Die Verurteilung könne nach Ansicht des BAG nicht auf die vom Landesarbeitsgericht gegebene Begründung gestützt werden. Das Landesarbeitsgericht werde aber aufzuklären haben, ob die vom Arbeitgeber erteilten Auskünfte über die Gründe der Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses Indizwirkung für eine Diskriminierung der Arbeitnehmerin (Klägerin) haben, weil diese Auskünfte möglicherweise falsch waren oder im Widerspruch zu dem sonstigen Verhalten des Beklagten standen. Das Landesarbeitsgericht müsse zudem prüfen, ob das erteilte Zeugnis falsch war oder die Begründung, eine Entfristung sei wegen der Leistungsmängel der Arbeitnehmerin nicht möglich gewesen. Auch wird dem Vortrag der Arbeitnehmerin nachzugehen sein, zuvor sei eine andere, ebenfalls nicht zutreffende Auskunft erteilt worden. Die Arbeitnehmerin soll zunächst auf einen Wegfall ihres Arbeitsplatzes wegen einer bevorstehenden Fusion hingewiesen worden sein (BAG, 8 AZR 364/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl