Verlangt die Behörde wegen einer Trunkenheitsfahrt die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens und kommt der Betroffene dieser Anordnung nicht nach, muss ihm die Behörde das Führen jeglicher Fahrzeuge ohne Einschränkung untersagen.

Das gelte nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Neustadt/Weinstraße auch für fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge. Dies sei nötig, um die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen und die Sicherheit des Straßenverkehrs aufrechtzuerhalten. Sei die Ungeeignetheit erwiesen, könne es üblicherweise nicht ausreichen, das Führen von Fahrzeugen lediglich zu beschränken oder nur Auflagen zu erteilen. Mit dem Feststellen der Nichteignung habe sich nämlich grundsätzlich eine generelle, abstrakte Gefährlichkeit des Betroffenen für den Straßenverkehr manifestiert. In diesen Fällen müsse die Fahrerlaubnisbehörde das Fahrzeugführen untersagen. Ihr Auswahlermessen habe sich auf null reduziert (VG Neustadt/Weinstraße, 3 L 1166/11.NW).

Hinweis: Die Vogel-Strauß-Methode hilft dem Betroffenen in diesem Fall also nicht weiter und verschlimmert seine Position nur. Mit anwaltlicher Beratung kann dagegen das richtige Vorgehen im Einzelfall abgestimmt werden.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ob Geburtsurkunde, Sozialversicherungsausweis oder Unterlagen zur Hausratversicherung: Zur Hand nehmen muss man diese Dokumente nur selten und es ist so herrlich einfach, sie in der Schreibtischschublade verschwinden zu lassen. Das spätere Wiederfinden gestaltet sich dann aber umso schwieriger. Gut, wenn man in dringenden Fällen weiß, wo zu suchen ist. Wer den Überblick nicht verlieren will, kann in wenigen Schritten Ordnung schaffen. Die Übersicht erklärt, worauf zu achten ist und welche Dokumente nicht voreilig entsorgt werden sollten.

Tipp 1: Schluss mit der Zettelwirtschaft

Alle Unterlagen sollten am besten so sortiert und abgeheftet werden, dass sie schnell griffbereit sind. Einzelne, nach Themen getrennte Ordner schaffen einen guten Überblick. Zusammengehörige Dokumente wie Geburts- oder Heiratsurkunden sollten gemeinsam aufbewahrt werden. Daneben lassen sich die Unterlagen rund ums Haus oder die Wohnung sowie Bank- oder Versicherungsdokumente in entsprechenden Ordnern sammeln.

Tipp 2: In doppelter Ausführung

Es ist ratsam, von wichtigen Dokumenten Kopien anzufertigen und diese getrennt vom Original zu hinterlegen. Um sich für den Fall eines Einbruchs oder Hausbrands abzusichern, lässt sich für die Originale ein Safe oder Bankschließfach nutzen. Gut aufbewahrt werden sollte auch eine Liste mit allen wertvollen Einrichtungsgegenständen. „Die Aufstellung hilft der Hausratversicherung im Schadenfall, die Kosten zu beziffern“, sagt Sabine Kreutzer-Martin, Expertin bei CosmosDirekt.

Tipp 3: Regelmäßiger Unterlagencheck

Damit die Papierberge nicht zu groß werden, sollte man alle drei bis fünf Jahre einen Blick in die Ordner werfen und zum Beispiel alte Rechnungen oder Kontoauszüge aussortieren. Dabei ist zu beachten, dass einige Unterlagen länger aufbewahrt werden sollten als andere (siehe Tabelle). Also genau hinschauen, was weg kann – und was nicht.

Tipp 4: Richtig entsorgen

Dokumente mit sensiblen Daten wie Kontonummern oder Kreditkartendaten sollten nicht einfach im Papierkorb entsorgt, sondern zuvor geschreddert werden. Immer wieder nutzen Identitätsdiebe private Informationen für ihre Betrügereien. Deshalb ist stets Vorsicht geboten.

Tipp 5: Digitale Dokumentenablage nutzen

Mit der wachsenden Bedeutung des Internets werden Dokumente immer häufiger digital zur Verfügung gestellt. Per E-Mail empfangene Dokumente, zum Beispiel Rechnungen, sollten in speziell eingerichteten, thematischen Ordnern gespeichert werden. Es ist sicherer, wichtige Dokumente immer an zwei getrennten Orten abzulegen – etwa auf der internen und zusätzlich auf einer externen Festplatte.

Noch praktischer sind Online-Plattformen, zum Beispiel von Banken und Versicherungen, auf denen Kontoauszüge und Schreiben hinterlegt sind. Der Vorteil der digitalen Dokumentenablage ist es, dass die Unterlagen jederzeit abrufbar sind – ob zu Hause am Computer oder unterwegs auf dem Smartphone. Um die Daten optimal zu schützen, ist das Passwort genauso vertraulich zu behandeln wie die Konto-PIN.

Empfehlung für Privathaushalte: In der Regel reicht es aus, folgende Aufbewahrungsfristen* einzuhalten:

Ein Leben lang

Standesamtliche Urkunden (z.B. Geburts- oder Heiratsurkunden, Sterbeurkunden von Angehörigen)

Schul- und Hochschulzeugnisse, Berufsabschlüsse

Ärztliche Gutachten

Belege über Wohneigentum

Mindestens bis zur Rente

Unterlagen, die den beruflichen Werdegang dokumentieren (z.B. Arbeitsverträge, Kündigungen, Gehaltsabrechnungen, Sozialversicherungsnachweise)

Für die gesamte Laufzeit

Versicherungsunterlagen für jegliche Policen

Unterlagen zu Finanz- und Vorsorgeprodukten (z.B. Tagesgeld, Lebensversicherung oder Sparplan)

Für die gesamte Gebrauchsdauer

Nachweise für die Hausratversicherung (z.B. Belege über Möbel, Elektronik oder Schmuck)

30 Jahre

Gerichtsurteile, Mahnbescheide

Kreditunterlagen

4 Jahre

Kontoauszüge oder Überweisungen (Bankunterlagen)

3 Jahre

Alte Mietverträge, Übergabeprotokolle, Kautionsquittungen

2 Jahre

Kassenbelege (Garantiezeit in der Regel zwei Jahre)

Handwerkerrechnungen

* Bitte beachten Sie, dass in Einzelfällen Ausnahmen gelten können.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine Erbschaft ist als Einkommen bei der Bemessung der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch II anzurechnen, wenn die Erbschaft nach Antragstellung anfällt.

Diese Entscheidung traf das Bundessozialgericht (BSZ) in einem entsprechenden Fall. Die Erbschaft wird daher voll mit dem Arbeitslosengeld II, das sog. Hartz IV, verrechnet. Grund genug, durch ein notarielles Testament rechtzeitig Vorsorge zu treffen, wenn die eigenen Erben bereits Bezieher von derartigen Sozialleistungen sind. Eine besondere Gestaltung und juristische Beratung bei der Testamentserrichtung ist angezeigt, wenn die Erben aufgrund von Alter, Krankheit, Behinderung oder – wie in dem der Entscheidung des BSG zugrundeliegenden Fall – Arbeitslosigkeit auf Sozialleistungen angewiesen sind. „Zwar können auch diese Personen ohne Weiteres Erben werden“, sagt Daniel Wassmann, Geschäftsführer der Notarkammer Pfalz, „doch kommt dann der Nachlass nicht ihnen, sondern letztlich der Staatskasse zugute.“ Denn im Sozialrecht gilt der sog. Nachranggrundsatz. Dieser bedeutet, dass Sozialleistungen nur dann gewährt werden, wenn der Anspruchsteller seinen Lebensunterhalt nicht aus eigener Kraft, also durch eigenes Vermögen oder Einkommen, bestreiten kann.

Eigenes Einkommen ist dabei grundsätzlich in vollem Umfang auf die beantragten Sozialleistungen anzurechnen. Beim Vermögen wird hingegen zwischen sog. Schonvermögen, wie z.B. einer angemessenen, selbstgenutzten Immobilie oder Vermögen zum Aufbau einer angemessenen Alterssicherung, und dem sonstigen, anrechnungspflichtigen Vermögen unterschieden. „Die durch das BSG vorgenommene Einordnung einer Erbschaft als Einkommen führt also dazu, dass die Verschonungsvorschriften für bestimmte Vermögensarten keine Anwendung finden und die Erbschaft komplett auf die Sozialleistungen anzurechnen ist“, gibt Wassmann zu bedenken. Eine Enterbung des Beziehers von Sozialleistungen ist hierbei auch keine geeignete Lösung. Denn diesem stehen, wenn es sich um ein Kind des Erblassers handelt, Pflichtteilsansprüche zu, die der Sozialleistungsträger auf sich überleiten und damit geltend machen kann. Zwar ist es auch möglich, einen notariellen Pflichtteilsverzichtsvertrag zu schließen. Doch ist noch nicht sicher abzusehen, ob ein solcher Vertrag in allen Fällen vor Gericht Bestand hätte oder als sittenwidrig verworfen würde. Hinzu tritt, dass häufig die vollständige Enterbung und der Pflichtteilsverzicht des hilfebedürftigen Kindes weder dem Willen des Erblassers noch dem Wunsch des Kindes entsprechen dürften.

Hinweis: „Es gibt verschiedene Wege, die Ziele des Erblassers mit der sozialrechtlichen Problematik in Einklang zu bringen. Die in diesem Zusammenhang häufig erwähnte Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft mit gleichzeitiger Testamentsvollstreckung ist nur eine dieser Möglichkeiten“, erläutert Wassmann. „Der mit der Testamentsgestaltung beauftragte Notar muss daher stets den konkreten Einzelfall mit allen seinen Facetten betrachten und im Gespräch mit den Beteiligten eine maßgeschneiderte Lösung erarbeiten“ (BSG, B 14 AS 101/11 R).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Jeder Arbeitnehmer hat nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) in jedem Kalenderjahr auch dann Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, wenn er im gesamten Urlaubsjahr arbeitsunfähig krank war. Dies gilt auch, wenn er eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung bezogen hat und eine tarifliche Regelung bestimmt, dass das Arbeitsverhältnis während des Bezugs dieser Rente auf Zeit ruht.

So entscheid das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer als schwerbehindert anerkannten Arbeitnehmerin. Diese war von 2001 bis 2009 in der Rehabilitationsklinik der Beklagten als Angestellte beschäftigt. Im Jahr 2004 erkrankte sie und bezog ab Dezember 2004 eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung. Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nahm sie ihre Tätigkeit für die Beklagte nicht mehr auf. Nach dem TVöD, der auf das Arbeitsverhältnis Anwendung fand, ruht das Arbeitsverhältnis während des Bezugs einer Rente auf Zeit. Zudem vermindert sich die Dauer des Erholungsurlaubs einschließlich eines etwaigen tariflichen Zusatzurlaubs für jeden Kalendermonat des Ruhens um ein Zwölftel. Die Arbeitnehmerin beanspruchte die Abgeltung von 149 Urlaubstagen aus den Jahren 2005 bis 2009. Die Vorinstanzen haben der Klage bezüglich der Abgeltung des gesetzlichen Erholungsurlaubs und des Zusatzurlaubs für schwerbehinderte Menschen stattgegeben, hinsichtlich der Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs dagegen abgewiesen.

Die Revision der Beklagten hatte vor dem BAG größtenteils Erfolg. Nach dem BUrlG habe die Arbeitnehmerin nur Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Erholungsurlaubs und Zusatzurlaubs aus den Jahren 2008 und 2009. In den Jahren 2005 bis 2007 seien die nicht abdingbaren gesetzlichen Urlaubsansprüche trotz des Ruhens des Arbeitsverhältnisses zwar entstanden. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch stehe nämlich nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien. Die tarifliche Regelung sei daher unbeachtlich. Allerdings stehe der Abgeltung entgegen, dass die Ansprüche vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 31. März des zweiten auf das jeweilige Urlaubsjahr folgenden Jahres verfallen sind. Bei langjährig arbeitsunfähigen Arbeitnehmern sei die Bestimmung des BUrlG, wonach im Fall der Übertragung der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden muss, unionsrechtskonform so auszulegen, dass der Urlaubsanspruch 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfalle (BAG, 9 AZR 353/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Kann eine Leistung (z.B. die Verlegung von Naturstein) auf mehrere Arten ausgeführt werden (hier: übliches Verlegen oder Verlegung kalibrierter Natursteine), ist der Auftragnehmer jedenfalls dann zu einer umfassenden Beratung des Auftraggebers verpflichtet, wenn dieser besondere Qualitätserwartungen an die auszuführende Leistung hat und selbst nicht fachkundig ist.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hin. Die Richter machten auch die Konsequenzen deutlich, wenn der Auftragnehmer dieser Beratungspflicht nicht nachkommt und die Ausführung nicht den erkennbaren Qualitätserwartungen des Auftraggebers entspricht. In diesem Fall ist der Auftragnehmer sogar dann zum Schadenersatz in Höhe der Kosten einer erneuten Verlegung verpflichtet, wenn die ausgeführte Leistung handwerklich weitestgehend mangelfrei ist (OLG Hamm, 21 U 89/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Vermieter darf dem Mieter, der die durch die Anpassung der Betriebskostenvorauszahlungen entstandenen Mieterhöhungen nicht entrichtet, bereits fristlos kündigen, bevor er ihn auf Zahlung der Erhöhungsbeträge verklagt hat und dieser rechtskräftig zur Zahlung der Erhöhungsbeträge verurteilt worden ist.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall einer Mieterin. In deren Mietvertrag waren neben der Grundmiete zwei genau bezifferte Beträge als Vorauszahlungen für Betriebskosten und für die Heiz- und Warmwasserkosten vereinbart. Letztere wurden in den folgenden Jahren mehrfach erhöht. Ab November 2003 zahlte die Mieterin die Erhöhungsbeträge und Teile der Grundmiete nicht. Der Vermieter kündigte wegen der im Zeitraum November 2003 bis Dezember 2004 aufgelaufenen Rückstände das Mietverhältnis fristlos. Ein Kündigungsgrund ist allerdings nur gegeben, wenn man die Erhöhungsbeträge der Betriebskostenvorauszahlungen berücksichtigt.

Die Mieterin hat den Vermieter auf Zahlung von Schadenersatz wegen mehrerer Mängel in Anspruch genommen. Der Vermieter hat im Gegenzug die Zahlung von Mietrückständen und Räumung und Herausgabe der Wohnung verlangt. In beiden Instanzen ist die Klage abgewiesen worden. Der Widerklage des Vermieters ist weitgehend stattgegeben worden, insbesondere ist die Mieterin zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt worden. Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass die Kündigung nicht deshalb ausgeschlossen sei, weil sich der Mietrückstand teilweise aus Mieterhöhungen wegen der Anpassung von Betriebskostenvorauszahlungen errechne.

Die Revision der Mieterin blieb ohne Erfolg. Der BGH entschied, dass die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses durch den Vermieter wegen eines Zahlungsrückstands mit Beträgen, um die der Vermieter die Betriebskostenvorauszahlungen einseitig erhöht hat, nicht voraussetze, dass der Mieter zuvor im Wege der Zahlungsklage in Anspruch genommen und rechtskräftig zur Zahlung der Erhöhungsbeträge verurteilt worden sei. Ein solches Erfordernis ergebe sich weder aus dem Gesetz noch aus einem schutzwürdigen Interesse des Mieters. Der Mieter sei hinreichend geschützt. So müsse im Räumungsprozess geprüft werden, ob der Vermieter die Vorauszahlungen auf die von ihm festgesetzte Höhe anpassen durfte (BGH, VIII ZR 1/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wer auf seine Vorfahrt verzichtet, um einem anderen Verkehrsteilnehmer die Ausfahrt aus einer untergeordneten Straße zu ermöglichen, darf nicht einfach wieder losfahren, wenn der Begünstigte nicht sofort reagiert.

Kommt es dabei zu einem Unfall, haftet der Vorfahrtsberechtigte mit, entschied das Amtsgericht (AG) Germersheim. Der Richter bewertete diese Mithaftung mit 20 Prozent. Der Vorfahrtsberechtigte hätte sich vor dem Weiterfahren davon überzeugen müssen, dass der Verpflichtete die veränderte Situation bemerkt hat (AG Germersheim, 1 C 473/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Halter eines Tieres haftet für Schäden, die durch typisches Tierverhalten wie etwa das Beißen eines Hundes oder Austreten eines Pferdes verursacht werden.

Dies gilt nach einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Celle selbst dann, wenn das Tier die Schäden verursacht, während es sich in der Obhut einer anderen Person – etwa eines Tierarzts – befindet und der Halter damit keinerlei Möglichkeit hat, steuernd auf sein Tier einzuwirken. In dem entsprechenden Fall hatte die Halterin eines Schäferhunds diesen in die Kleintierklinik des Klägers gebracht. Dort wurde der Hund für die Behandlung narkotisiert. Beim Erwachen aus der Narkose biss das Tier den Tierarzt in die rechte Hand und verursachte schwere Verletzungen. Für diese Verletzungen verlangte der Tierarzt Schadenersatz und Schmerzensgeld im sechsstelligen Bereich, weil er durch die Handverletzungen seine tierchirurgische Tätigkeit nicht mehr ausüben könne. Die beklagte Hundehalterin meinte, für die Schäden nicht einstehen zu müssen, weil sie keine Möglichkeit gehabt hätte, auf ihren Hund Einfluss zu nehmen. Diese Möglichkeit hätte allein der Kläger gehabt, der als Tierarzt über eine besondere Sachkunde verfügt und sich dem Risiko, von dem Hund angegriffen zu werden, bewusst ausgesetzt habe.

Dieser Argumentation folgte das OLG jedoch nicht. Die Richter entschieden vielmehr, dass allein der Umstand, dass man sein Tier zum Zweck der Behandlung o.Ä. in die Obhut einer anderen Person gebe, nicht dazu führen könne, dass die Haftung des Halters ausgeschlossen sei. Denn die Haftung des Tierhalters bestehe unabhängig von der Möglichkeit seiner Einflussnahme. Allerdings könne die Haftung beschränkt werden, wenn der Geschädigte durch inadäquates Verhalten zu der Verletzung selbst beigetragen habe. Da Hunde während des Erwachens aus der Narkose mitunter außergewöhnlich und aggressiv reagieren würden, hätte der Tierarzt im zu entscheidenden Fall besondere Vorsicht beim Herangehen an den Hund walten lassen müssen. Das habe er jedoch nicht getan. Dementsprechend könne er nur einen Teil der geltend gemachten Schäden ersetzt verlangen (OLG Celle, 20 U 38/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Rückständige Unterhaltsforderungen unterliegen der Verwirkung. Sie müssen deshalb binnen Jahresfrist geltend gemacht werden. Anderenfalls droht die Verwirkung, d.h. der rückständige Unterhalt kann nicht mehr geltend gemacht (eingeklagt oder auch vollstreckt) werden.

Hierauf wies noch einmal das Thüringer Oberlandesgericht (OLG) hin. Die Richter mussten über die Beschwerde einer zwischenzeitlich 23 Jahre alten Tochter entscheiden. Diese hatte Ende 2009 Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus einem bereits 2001 gegen ihren Vater ergangenen Unterhaltstitel ergriffen. Gegen die späte Vollstreckung rückständiger Unterhaltsforderungen für die Jahre 2000 bis 2008 in Gesamthöhe von rund 15.000 EUR hat sich der Vater erfolgreich zur Wehr gesetzt. Schon das Amtsgericht hatte die Zwangsvollstreckung auf seine Klage hin für unzulässig erklärt.

Die Richter am OLG bestätigten diese Entscheidung und wiesen den Antrag der Tochter auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurück. Zur Begründung machten sie deutlich, dass Ansprüche auf rückständigen Unterhalt für die Zeit bis Mai 2008 wegen nicht zeitnaher Durchsetzung verwirkt seien. Für Unterhaltsrückstände gelte nichts anderes als für andere in der Vergangenheit fälligen Ansprüche. Sie unterlägen daher der Verwirkung, wenn sich ihre Geltendmachung unter Berücksichtigung von Zeit- und Umstandsmoment der (vorherigen) Nichtgeltendmachung als unzulässige Rechtsausübung darstelle. Das Zeitmoment sei bereits nach etwas mehr als einem Jahr erfüllt. Anderenfalls könnten Unterhaltsrückstände zu einer erdrückenden Schuldenlast anwachsen. Das Umstandsmoment frage danach, ob sich der Schuldner mit Rücksicht auf das Verhalten des Gläubigers darauf einrichten durfte und auch darauf eingerichtet habe, dass das Recht auch künftig nicht mehr geltend gemacht werde. Von einem Unterhaltsgläubiger müsse eher als von einem Gläubiger anderer Forderungen erwartet werden, dass er sich zeitnah um die Durchsetzung seines Anspruchs kümmere. Unterhalt solle nämlich der Befriedigung des aktuellen Lebensbedarfs dienen. Die Vollstreckung jahrelang aufgelaufener – also nicht der Deckung des laufenden Bedarfs dienender – Rückstände sei rechtsmissbräuchlich. Daher seien hier die Unterhaltsansprüche der Tochter bis einschließlich Mai 2008 verwirkt. Denn sie habe erstmals im November 2009 Aktivitäten zur Zwangsvollstreckung aller rückständigen Unterhaltsforderungen veranlasst. Zu diesem Zeitpunkt sei die jüngste Unterhaltsforderung (für Mai 2008) aber schon mehr als ein Jahr alt gewesen (OLG Thüringen, 2 UF 385/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Führt der Arbeitnehmer unerlaubt private Telefonate mit seinem Diensttelefon, rechtfertigt dies nicht immer eine außerordentliche Kündigung.

Das machte das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm im Fall eines Arbeitnehmers deutlich. In dem Betrieb bestand eine Telefonanlage, bei der man durch Eingabe eines vierstelligen Geheimcodes private Telefonate gesondert erfassen lassen konnte. Diese wurden dann auf der Gehaltsabrechnung ausgewiesen. Allerdings hatte es der Arbeitgeber über Jahre unterlassen, eine klare, unmissverständliche Regelung zum Führen der kostenpflichtigen privaten Telefonate über den vierstelligen Geheimcode aufzustellen. So sei bereits in der Vergangenheit die Frage aufgeworfen worden, ob auch ein privates Telefonat vorliege, wenn der Arbeitnehmer mitteilen möchte, er komme aus dienstlichen Gründen später nach Hause. Das war durch den Arbeitgeber in der Folgezeit nicht geklärt worden. Dieses Untätigbleiben dürfe dem Arbeitnehmer nach Ansicht der Richter aber nicht zum Nachteil gereichen. Es sei für ihn nicht erkennbar gewesen, welche Telefonate als privat und welche als dienstlich eingeordnet würden (LAG Hamm, 13 TaBV 30/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl